Nach einem öffentlichen Konsultationsverfahren hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in der zweiten Januarwoche 2022 den aktualisierten Entwurf der globalen Strategie für Mundgesundheit vorgelegt. In die neue Version sind viele der Vorschläge aus der gemeinsamen Stellungnahme eingeflossen, die die Weltzahnärzteorganisation FDI mit Unterstützung von 65 Organisationen eingereicht hat, darunter auch die Aufnahme eines neuen strategischen Ziels für die Fachkräfte im Gesundheitswesen. Die WHO hatte auf ihrer 74. Generalversammlung 2021 die Entwicklung einer Strategie zur Mundgesundheit beschlossen.
Vom 24. bis 29. Januar 2022 wird auf der 150. Tagung des Exekutivrats der WHO (EB150) die aktualisierte Fassung der globalen Strategie für Mundgesundheit diskutiert (EB150/7, Anhang 3). Die FDI begrüßt viele der an der Strategie vorgenommenen Änderungen und hält sie für notwendig, um ein umfassenderes und integriertes Vorgehen im Bereich der Mundgesundheit zu gewährleisten. Allerdings werden die nationalen Zahnärzteverbände in der neuen Fassung fälschlicherweise als privater Sektor bezeichnet, obwohl die Berufsverbände in Wirklichkeit ein Kernelement der Zivilgesellschaft sind, wie die WHO bei vielen Gelegenheiten anerkannt hat. „Wir drängen darauf, diese falsche Einstufung zu korrigieren“, so die FDI in ihrer Information zu den WHO-Beratungen.
Neuer Fokus auf das Gesundheitspersonal für Mundgesundheit
Im Einklang mit der Säule 3 der Vision 2030 – Aufbau eines stabilen Fachkräftepotenzials für Mundgesundheit für eine nachhaltige Entwicklung – forderte die FDI in ihrem gemeinsamen Beitrag ein neues strategisches Ziel für die [Mund-]Gesundheitsfachkräfte, da es komplexer und umfassender Maßnahmen bedarf, um die Gesundheitsfachkräfte besser zu qualifizieren, damit die Bedürfnisse der Menschen im Bereich der Mundgesundheit befriedigt werden können.
Das neue strategische Ziel für die Arbeitskräfte im Gesundheitswesen legt den Schwerpunkt auf kompetenzbasierte Ausbildung, innovative Planungsmodelle und sowohl intra- als auch interprofessionelle Zusammenarbeit. Dazu muss der Tätigkeitsbereich der verschiedenen Gesundheitsberufe, die an der Mundgesundheitsförderung und -versorgung beteiligt sind, im Rahmen eines umfassenderen Teamansatzes definiert werden, und die Überweisungsmechanismen müssen verstärkt werden.
Dabei muss auch untersucht werden, wie die derzeitigen Vergütungsmodelle für Anbieter von Mundgesundheitsleistungen reformiert werden können, um eine Verlagerung hin zur Prävention in der Mundgesundheit zu fördern.
Stärkere Formulierung des Zusammenhangs mit nicht übertragbaren Krankheiten
Während der Konsultationsphase wies die FDI darauf hin, dass die Strategie von einer umfassenderen Beschreibung aller Auswirkungen profitieren würde, die die Zusammenhänge zwischen Mundgesundheit und allgemeiner Gesundheit für die Gesundheitssysteme haben. In der neuen Fassung wird nun die Komorbidität von oralen Krankheiten mit anderen nicht übertragbaren Krankheiten (NCDs) spezifiziert, wobei der Zusammenhang zwischen Parodontalerkrankungen und Krankheiten wie Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen hervorgehoben wird.
Wie in der jüngsten FDI-Briefing-Note mit der NCD Alliance dargelegt, ist es wichtig, dass eine schlechte Mundgesundheit auch als eigenständiger NCD-Risikofaktor dargestellt wird, da sie die Krankheitsverläufe und Behandlungsergebnisse beeinflussen kann.
Die FDI schlug auch ein neues Leitprinzip zur Nachhaltigkeit vor, da es sich auf die verschiedenen Elemente der Strategie auswirkt und die WHO und die Mitgliedstaaten für die Förderung einer nachhaltigen Mundgesundheitsstrategie verantwortlich sind. Anstelle eines neuen Grundsatzes enthält die aktualisierte Strategie nun einen eigenständigen Absatz zur Sensibilisierung für die ökologische Bedeutung des schrittweisen Ausstiegs aus der Verwendung von Zahnamalgam, der Verringerung des Verbrauchs natürlicher Ressourcen und der Verbesserung des Abfallmanagements.
Verweis auf Antibiotikaresistenzen noch nicht aufgenommen
Im Zusammenhang mit der Nachhaltigkeit habe die FDI einen Verweis auf die Rolle der Zahnmedizin bei den Bemühungen um die Verringerung der Antibiotikaresistenz (AMR) gefordert, unter anderem durch zahnärztliche Infektionsprävention und Antibiotika-Stewardship – da Zahnärzte derzeit bis zu 10 Prozent der Antibiotika für den menschlichen Gebrauch weltweit verschreiben. Dies wird in der neuen Fassung immer noch nicht anerkannt, obwohl implizit auf die Antibiotikaresistenz Bezug genommen wird, wenn es um die Auswirkungen von Covid-19 auf die grundlegenden Mundgesundheitsleistungen geht, unter anderem durch einen Anstieg der Antibiotikaverschreibungen.
Mehr Aufmerksamkeit für soziale Determinanten
Positiv zu vermerken ist jedoch, dass den sozialen Determinanten der Mundgesundheit nun mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird; verschiedene öffentliche Maßnahmen zur Verringerung des Zuckerkonsums und des Tabak-/Alkoholkonsums wurden aufgeführt; es wurden mehr Informationen über Noma, eine vernachlässigte bakterielle nekrotische Mundkrankheit, bereitgestellt; und es wird ausdrücklich auf die hohen Zuzahlungen und katastrophalen Gesundheitsausgaben hingewiesen, die speziell mit der Mundgesundheit verbunden sind.
Nationale Zahnärzteverbände sind Mitglieder der Zivilgesellschaft
Während die meisten Entwicklungen in der Strategie sehr positiv sind, gibt es einen großen Rückschlag in Bezug auf die Anerkennung der Rolle, die die Berufsvereinigungen im Bereich Mundgesundheit in der Gesellschaft spielt. Die WHO hat Berufsverbände immer als Mitglieder der Zivilgesellschaft anerkannt, und die FDI versteht nicht, warum „Nationale Zahnärzteverbände und andere Organisationen von Mundgesundheitsfachleuten“ dem privaten Sektor zugeordnet werden. Sie fordert daher eine Korrektur dieser falschen Einstufung.
Der FDI gehören fast 200 Organisationen an, die meisten davon nationale Zahnärzteverbände, die als unabhängige und gemeinnützige Organisationen die Mundgesundheit fördern, um die öffentliche Gesundheit in ihren Ländern und Regionen voranzubringen. Viele nationale zahnärztliche Vereinigungen, wie in Neuseeland oder Thailand, haben sich sehr aktiv für die Umsetzung öffentlicher Maßnahmen zur Reduzierung des Zuckerkonsums eingesetzt. „Wir fordern die WHO daher dringend auf, diesen Fehler zu korrigieren und den Absatz über nationale zahnärztliche Vereinigungen und andere Organisationen, die sich für die Mundgesundheit einsetzen, in die Kategorie Zivilgesellschaft und nicht in die des privaten Sektors aufzunehmen“, so die FDI.
Finale Abstimmung im Mai 2022 erwartet
Die aktualisierte Strategie wird Ende Januar auf der EB150 diskutiert und zur Genehmigung vorgelegt. Dort wird die FDI eine Erklärung abgeben, in der sie die wichtigsten Rückmeldungen zusammenfassen. Nach der Genehmigung durch den Exekutivrat kann die aktualisierte Strategie weiter überarbeitet werden und wird auf der 75. Sitzung der Weltgesundheitsversammlung im Mai 2022 zur endgültigen Annahme vorgelegt werden.
Darüber hinaus wird die FDI ihren Mitgliedern in den kommenden Tagen eine umfassende Analyse der aktualisierten Strategie im Vergleich zu den Empfehlungen in der gemeinsamen FDI-Stellungnahme zukommen lassen und das Netzwerk ermutigen, die Entwicklung und Umsetzung der WHO-Strategie und des anschließenden Aktionsplans für Mundgesundheit und des Überwachungsrahmens weiter zu unterstützen.