Beim ersten „Battle of Concepts“ der EAO am Donnerstag nachmittag ging es direkt um das Wesentliche: „Zähne oder Implantat?“ war die Frage, die die Referenten Prof. Dr. Niklaus Lang und Prof. Dr. Hannes Wachtel nach Vorstellung ihrer Patientenfälle zur Abstimmung per App an das Auditorium in der Messe Wien stellten. Die Chairmen Prof. Bjarni Pjetursson und Prof. Luca Cordaro stellten zu Beginn die Abstimmung der App vor, insgesamt konnten die Teilnehmer sieben Mal ihre Meinung abgeben.
„Give Teeth a Chance“
Prof. Niklaus Lang stellte sich als „All-on-Teeth“-Verfechter vor und zeigte, wie Zahnerhalt auch in parodontal geschädigten Situationen möglich ist. Er präsentierte unter anderem einen eindrucksvollen Patientenfall von 1977, der mit zahngetragenen Brücken im Oberkiefer und Unterkiefer über 30 Jahre lang in situ ist. Da es für einen solchen Patientenfall damals keine Möglichkeit der implantatgetragenen Versorgung gegeben hätte „mussten wir die Zähne benutzen“, so Lang. Das Publikum wurde dennoch gefragt, wie es heute entschieden hätte. Bei der Versorgung des Unterkiefers sprach sich ein Fünftel der Teilnehmer für eine zahngetragene Lösung aus, 45 Prozent für eine Kombination von zahngetragener und implantatgetragener Versorgung, 34 Prozent waren für Implantate. Im Oberkiefer entschieden sich 71 Prozent der Teilnehmer für eine Implantatgetragene Lösung.
Lang sprach sich auch gerade bei parodontal geschädigten Zähnen gegen eine kombinierte Zahn-Implantat-Lösung aus, denn „sobald ein Implantat eingesetzt wird, verändert sich die gesamte Biomechanik. Das Implantat trägt die gesamte Belastung aller prothetisch verbundenen Zähne. Die Pfeilerzähne werden mobil.“ Er empfiehlt bei kombinierten Lösungen kleinere Brücken. Angesprochen auf die Ästhetik der vorgestellten Lösungen erklärte Lang „wenn der Zahn kurz vor dem Rausfallen ist, kann man die Ästhetik nicht mehr zurückdrehen.“ Doch gerade parodontal reduzierte Situationen profitieren am meisten mit Überlebensraten von 92 Prozent. Entsprechend war sein Appell an das Auditorium (frei nach John Lennon): „Give Teeth a Chance“.
Wann ist der Zahn das bessere Implantat
Prof. Hannes Wachtel beim Battle of Concepts (Foto: Quintessence News)Prof. Hannes Wachtel vertrat im Battle die Gegenposition und sprach sich für den Einsatz von implantatgetragenen Lösungen aus. Seine Erfahrungen: Die Patienten 50+ stehen heutzutage wesentlich aktiver im Leben als noch vor einigen Jahrzehnten. Sie haben höhere Ansprüche, auch an sich, und wollen keine lockeren Zähne oder Schmerzen beim Kauen haben, sondern fest sitzende Zähne, die natürlich aussehen und ihnen das Sprechen, Essen und Lachen (wieder) ermöglichen. Dafür nehmen die Patienten auch längere Behandlungen in Kauf – eine Patientin, die Wachtel vorstellte wurde mit aufwendigen Augmentationen insgesamt über zwei Jahre behandelt, bis sie die endgültigen Versorgungen erhielt. Andere konnten mit Sofortimplantationen relativ schnell versorgt werden. Seine älteste Implantatpatientin war die ehemalige Politikerin Hildegard Hamm-Brücher, die mit 92 Jahren ihre feste Unterkieferversorgung als großen Gewinn an Lebensqualität bezeichnete. Allen gemeinsam war laut Wachtel, dass ihre Lebensqualität quasi hochgeschnellt sei und sich seitdem auf diesem Niveau befinde. Ein Patient mit mangelhafter Mundhygiene wurde komplett neuversorgt und putze nun wesentlich engagierter. Ein Knackpunkt sind natürlich die Kosten. Ein Patient hatte ein finanzielles Limit bei 25.000 Euro angegeben, wobei dieses Limit schon im oberen Bereich und außerhalb der Möglichkeiten der Normalbevölkerung liegen dürfte.
Beide Referenten stellten auch Fälle, in denen sie sich für die Gegenposition entschieden hatten, vor, so wurde auch in diesem interessanten Battle klar, dass die eingangs gestellte Frage für jeden Patienten neu beantwortet werden muss.
Die Session wurde als Lifestream auf der Facebookseite der EAO veröffentlicht, hier konnten per Facebook Fragen an die Referenten gestellt werden, die diese noch während der Session beantworteten.