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Digitalisierung, Funktion, Ästhetik – International Esthetic Days von Straumann in Baden-Baden

Gabor Tepper zeigte Möglichkeiten auf, den Sinuslift zu vermeiden.

Dr. Marion Marschall

Auch wenn es bei diesem Kongress viel Digitales zu entdecken gab – unter anderem die Möglichkeiten der SmileCloud und der digitalen Planung in der Aligner-Therapie –, lag der Fokus der Vorträge darauf, die bessere, minimal-invasivere, ästhetischere Lösung für den Patienten zu erreichen. Die rund 900 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus 40 Ländern erlebten in zweieinhalb Tagen International Esthetic Days in Baden-Baden Mitte September hochkarätige internationale Referentinnen und Referenten mit vielen unterschiedlichen Ansätzen für die bessere Versorgung der Patienten.

Holger Haderer, Head Implantology Business Unit der Straumann Group, und Andreas Utz Geschäftsführer Straumann Deutschland, freuten sich über das rege Interesse. „Wir sind ausgebucht“, so ihre Begrüßung. Es gebe einen hohen Bedarf an digitalen Workflows, konstatierten sie. „Ästhetik gehört zum Wohlbefinden der Patienten“, so Haderer zum Hauptfokus des Kongresses, der 2024 eine Neuauflage erfahren soll, dann vom 19. bis 21. September auf Mallorca.
 

 

Zeit ist der wichtigste Faktor

Im internationalen Setting der Sessions und Referenten zeigte sich auch, dass die Erwartungen der Patientinnen und Patienten an Funktion und Ästhetik regional doch unterschiedlich sind, ebenso wie die Lösungen, die ihnen von den Zahnärztinnen und Zahnärzten dafür angeboten werden. Den Auftakt des Programms, in bewährter Weise moderiert von Kristina Sterz und Kai Vietor, machte eine Sessions zu den Erwartungen der Patienten, geleitet von Prof. Dr. Ronald Jung. Am Beispiel einer Patientin machte er deutlich, was nicht aus dem Fokus geraten darf: Der Patient ist Zentrum jedes Behandlungsplans.

Ausgangspunkt muss immer eine genaue Diagnosestellung und das Erfragen der Bedürfnisse und Vorstellungen der Patienten sein, so auch das Praxis- und Referententeam Laurence Adriaens und Fernando Franch in ihrem Vortrag. Zeit sei der wichtigste Faktor, so Adriaens, Zeit für eine gründliche Diagnostik – heute unterstützt durch die vielen neuen digitalen Anwendungen – und das Erfragen der Bedürfnisse der Patienten. „Sie sind nicht der, der am Ende entscheidet“, so ihre Position.

Die digitalen Möglichkeiten – Intraoralscans, Visualisierungstools, Planungs- und Austauschplattformen wie SmileCloud, neue Materialien und Fertigungsverfahren für Mock-ups, Provisorien und finale Restaurationen – seien Mittel zum Zweck. Es gelte, ihre Vorteile gut einzusetzen, um für die Patienten die passende Lösung zu finden. „Wir behandeln Menschen, nicht Zähne“, brachte es Franch auf den Punkt.

Besser ohne Sinuslift auskommen

Und diese Menschen haben oft Angst, gerade, wenn es um chirurgische Eingriffe geht. Gabor Tepper plädierte dafür, diese Ängste ernst zu nehmen und mit weniger invasiven Alternativen zu arbeiten. Er machte das am Sinuslift fest – das sei ein sehr gutes und hilfreiches Verfahren, aber auch sehr risikobehaftet. Angesichts moderner Implantatsysteme und neuer diagnostischer und operativer Möglichkeiten sei der Sinuslift in der überwiegenden Zahl der Fälle (85 bis 90 Prozent) für eine Implantatversorgung im Oberkiefer nicht mehr notwendig. „Die Patienten wollen das nicht“, so sein Credo, das seinen Niederschlag auch im „No Sinuslift-Concept“ (#NSLC) gefunden hat. Es gebe heute evidenzbasierte Alternativen.

Den vorhandenen Knochen weise nutzen

Tepper setzt auf die kurzen Implantate mit scharfen Gewinden (TLX Short) und das Tuberosity-Konzept mit gewinkelten (tilted) Implantaten, die auch von Straumann angeboten werden. Bei guter Primärstabilität und in Kombination mit verschraubter Prothetik seien so stabile Implantatversorgungen mit minimal-invasiven chirurgischen Eingriffen ohne Augmentationen auch im Oberkiefer ohne Sinuslift möglich. Es gelte, den vorhandenen Knochen gut zu analysieren und weise zu nutzen, so Teppers Appell. Die genaue Analyse der OPG-, DVT- und CT-Daten führe immer dazu, genug Knochen für diese Lösung zu finden. Er lud die Teilnehmer ein, sich auf seinem Instagram-Kanal zu diesem Thema umzuschauen.
 

 

Erfahrung trifft Digitalisierung: Eric van Dooren und Florin Cofar

Die zweite Session gehörte einem eingespielten Team aus Lehrer und Schüler – so Florin Cofar, der Kopf hinter SmileCloud, über Eric van Dooren. Beide führten ihr Publikum strukturiert und als ZahnMediziner vor dem Hintergrund ihres Wissens und ihrer Erfahrungen durch die Arbeit mit SmileCloud.

Als guter Zahnarzt behandle man seine Patienten mindestens zweimal mit einer umfangreicheren Therapie, denn ca. alle 20 Jahre stünden größere Behandlungen an, so van Dooren. Daher müsse man sich schon beim ersten Mal fragen, was dann beim nächsten Mal noch möglich sei. Das Implantat sei nur die letzte Lösung, oberstes Ziel sei der Zahnerhalt.

Eine Behandlung müsse also umfassender dargestellt werden, alle Beteiligten müssten ein gemeinsames Verständnis von dem haben, was notwendig ist und gemacht werden solle. Dafür sei SmileCloud ein sehr gut geeignetes Mittel.

Realistische Planung und patientenorientiertes Vorgehen

Van Dooren und Cofar sprachen sich für ein minimal-invasives und patientenorientiertes Vorgehen mit einer realistischen Planung aus, die von dem ausgehe, was da sei, und was realistisch zu erreichen sei. Dabei sei SmileCloud eine große Hilfe.

Sie plädierten bei Full-Arch-Versorgungen für geteilte prothetische Arbeiten, die das Risiko für Frakturen und Chippings reduzierten und leichter zu pflegen sind. Digital designte und gedruckte/gefräste PMME-Provisorien erlaubten ein langes Probetragen und seien leicht zu reproduzieren. Die finalen monolithischen Restaurationen sollten wie schon die Provisorien so anatomisch wie möglich gestaltet sein, so ihre Empfehlung.

Ihr Wissen versammeln sie auch in einer Buchreihe „Interdisciplinary Esthetic Dentistry“, die ab Ende dieses Jahres bei Quintessence erscheint. Vertiefen konnten die Teilnehmer des Kongresses ihren Einstieg in SmileCloud in einem eigenen Workshop am Samstag.

Full-Arch: Auf die Protokolle kommt es an

Die dritte Session der International Esthetic Days widmete sich unterschiedlichen Konzepten für Full-Arch-Implantatversorgungen. Barbara Sobczak, in Polen und Dubai tätige Zahnärztin, und der Belgier David Norré stellten ihre Konzepte vor. Sobczak arbeitet ebenfalls mit SmileCloud und kombiniert es mit Exocad. Sie betonte, dass das korrekte Scannen für den Erfolg bei ihren monolithischen, aus einem Stück gefertigten implantatgetragenen Versorgungen entscheidend sei. Es komme darauf an, das Protokoll sorgfältig zu befolgen.

Norré stellte sein STAR-Konzept mit zwei Bohrschablonen für die Übersetzung der Implantatplanung im Oberkiefer auf acht Implantaten vor. Bei der Patientin mit einem parodontal stark geschädigten Gebiss wurden dabei strategisch Zähne bei der Extraktion belassen, um Referenzpunkte für die erste Sofortimplantation zu haben. Auch Norré versorgte final mit einer Arbeit aus monolithischer Zirkoniumdioxidkeramik.

Keramik und Ästhetik

Die letzte Session am Freitag widmete sich der Ästhetik in der Front und den geeigneten Keramiken. Andre Chen hob die Vorteile der Keramikimplantate hervor, unter anderem die aus seiner Sicht bessere Adaptation des Weichgewebes und die Möglichkeit, die komplette Versorgung metallfrei aus Keramik zu gestalten. Für den Erfolg komme es aber auch hier auf die sorgfältige Analyse und digitale Planung an, gerade bei einteiligen Implantaten. Diese sollten nur „digital guided“ eingesetzt werden. Zweiteilige Keramikimplantate eröffneten mehr prothetische Freiheiten und mehr Möglichkeiten beim Vorgehen. Inzwischen seien komplette Workflows für Keramikimplantate verfügbar, Keramikimplantate böten gerade in der Front viele Vorteile. Die Evidenz komme, so Chen.

Irena Sailer befasste sich mit den adäquaten Materialien für die CAD/CAM-gefertigte Implantatprothetik. „Das ‚perfect smile‘ ist heute Teil der Lebensqualität“ so Sailer. Die Patienten profitierten von der Integration aller Komponenten in der SmileCloud. Was die Auswahl der Materialien angehe, so müssten die ästhetische und die klinische Kapazität betrachtet werden. Sie plädiert für CAD/CAM-gefertigte Mock-ups und individuelle Abutments auf Titanbasen. Dabei sei die Abutmentform wichtig für die Stabilität. Die Abutments müssen in der Größe zur Belastung passen.

Geringere Stabilität bei transluzentem Zirkoniumdioxid

Sailer verwies auf die Ergebnisse der letzten ITI-Konsensuskonferenz zum posterioren Bereich. Grundsätzlich seien monolithische Werkstoffe zu bevorzugen, im Seitenzahnbereich Zirkoniumdioxid. Voll verblendetes Zirkoniumdioxid sei nicht mehr zeitgemäß.

Bei den ästhetischen Versorgungen vor allem in der Front seien ästhetische Lithiumdisilikatkeramiken bewährte Werkstoffe. Bei den neuen, transluzenteren Zirkoniumdioxidkeramiken müsse man auf die reduzierte Stabilität achten: Je transluzenter, desto größere Probleme gibt es, so Sailer.

„Lassen Sie ihre Patienten richtig lächeln“, so Martin Gollner. Um die rote und weiße Ästhetik und die möglichen Probleme gut zu beurteilen, müsse der Patient richtig herzhaft und aus Freude lächeln. Auch gelte es, jeden einzelnen Zahn zu betrachten. Das größte Problem für die rot-weiße Ästhetik seien nach wie vor Fehlentscheidungen des Behandlers in der Planung, wie falsch platzierte Implantate.
 

 

Compliance für Aligner entscheidend

Der Samstag stand zunächst ganz im Zeichen der Kieferorthopädie und der Aligner-Therapie, und auch hier lag der Fokus auf den Patienten und vor allem auf der Funktion. Die Patienten heute hätten eher zu viele als zu wenige Informationen auch über Aligner-Behandlungen (Dr. Google), so Moderator Eirik Salvesen. Trotzdem müsse man immer zunächst fragen, ob das Problem überhaupt kieferorthopädisch und ob es dann mit Alignern behandelt werden sollte – ohne eine entsprechende Compliance und Bereitschaft des Patienten sei der Erfolg fraglich. Der Zahnarzt dürfe sich auch nicht einfach auf die Technik hinter den Alignern verlassen, denn nicht die Technik, sondern er behandle die Patienten und habe die Verantwortung dafür.

Die Funktion steht im Vordergrund

Alle drei Referenten – Daniel Neves, Rebecca Komischke und Andrea Bazzucchi – stellten die medizinischen Aspekte und die Wiederherstellung oder den Erhalt einer natürlichen Funktion als erstes Behandlungsziel heraus. Ohne eine gut eingestellte Funktion, die gerade in abradierten oder Erosionsgebissen, aber auch in reduzierter Bezahnung nur in der interdisziplinären Zusammenarbeit wieder herzustellen ist, wird ein ästhetisches Behandlungsergebnis nie langzeitstabil sein können. „Die Aufgabe ist nicht ein schönes Lächeln, sondern auch die Funktion“, so Neves. Und man müsse sich immer fragen, ob das Behandlungsziel mit Alignern überhaupt erreicht werden könne. „Planen Sie komplexe Behandlungen in Etappen“, so seine Empfehlung. Auch Hilfsmittel wie Gummis sollten nicht vergessen werden. „Scannen hilft“ bei der Dokumentation von Ausgangslage und Behandlungsschritten.

„Envelope of function“ beachten

Rebecca Komischke appellierte an die Zuhörer, auf den „functional space“, den „envelope of function“ zu achten. Der Patient müsse im Ergebnis der Behandlung wieder genug funktionalen Bewegungsraum für Ober- und Unterkiefer haben. Ohne eine verbesserte Funktion sei keine dauerhafte ästhetische Korrektur denkbar. So dürfe es keine Frontzahnkontakte in der Planung geben. „Ein Frontzahn steht immer in einer guten Position, diesen Zahn können Sie als Anker für Ihre Planung nehmen“, so ihre Empfehlung. Wichtig: Alle Patienten müssen darüber aufgeklärt werden, dass ohne das Tragen von Retainern das Behandlungsergebnis nicht stabil bleibe.

Die Kieferorthopädie gehört bei komplexen Fällen dazu

Die Kieferorthopädie sollte bei komplexeren Fällen immer einbezogen werden und der Patient müsse entscheidender Teil und Pilot der Behandlung sein, so Andrea Bazzucchi. Auch er wurde nicht müde, die Bedeutung der Funktion zu betonen: „Es geht nicht um das statische Bild, es geht um die Funktion.“ An einem Patientenfall mit starken Abrasionen im Seitenzahnbereich machte er deutlich, dass vor einem kieferorthopädischen Ansatz für die ästhetische Front die Gesamtsituation einbezogen werden müsse, um die Funktion, den neuromuskulären „envelope of function“, wieder harmonisch herzustellen. In diesem Fall sei die Rekonstruktion der Kauflächen und die Wiederherstellung der natürlichen Bisshöhe vor und mit einer kieferorthopädischen Korrektur durchzuführen. Für den Austausch über diese komplexere Behandlungsplanung sei die SmileCloud ein sehr gut geeignetes Tool.

Welche guten Dienste vorhandene Prothesen bei der Sofortimplantation oder Sofortversorgung leisten können, beleuchtete Armand Bedrossian in seinem Vortrag. Sie seien eine gute Basis für Provisorien, zumal, wenn sie digital kopiert und dann gefräst werden.

Scanprotokolle genau einhalten

Der Referent mahnte, die Scanprotokolle der verschiedenen Scanner sorgfältig zu studieren, zu üben und zu befolgen – davon hänge entscheidend die Genauigkeit der Scandaten und damit der Arbeitsgrundlage für alle weiteren digitalen Schritte ab. Für die genaue Wiedergabe der Implantatposition auch im Labor empfiehlt er die RevEx-Scanbodies im digitalen Workflow, die es in unterschiedlichen Formen gibt.

Rasanter Wandel hin zu digitalen Workflows

Die letzten Vorträge und Sessions dieser reichhaltigen International Esthetic Days am Samstagnachmittag führten die vielen neuen Möglichkeiten der digitalen gemeinsamen Planung zusammen und vermittelten einen Eindruck davon, wie der rasante Wandel hin zu digitalen Workflows die Zahnmedizin und Zahntechnik verändern wird.

Dr. Marion Marschall, Berlin

Reference: Fortbildung aktuell Ästhetische Zahnheilkunde Implantologie

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