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Internationale Hybrid-Tagung „Mobile Dentistry & Radiology“

Initiatoren und Referenten der ersten deutsch-österreichischen Hybrid-Tagung „Mobile Dentistry & Radiology“: (linke Reihe von unten) Prof. Dr. Margrit-Ann Geibel, Harald Hauke, Dr. Christoph Blum, (Mitte, von unten) Dr. Dirk Leisenberg, Dr. Dr. Constanze Keutel, (rechte Reihe, von unten) Christiane Bornemann, Daniela Kneip, Prof. Dr. Ina Nitschke und Vapula Haukongo

(c) ZWP Zahnarzt Wirtschaft Praxis – 10/2022

Bis ins hohe Alter eine gute Mundhygiene und angemessene zahnärztliche Versorgung zu gewährleisten sein, ist Selbstverständlichkeit und Herausforderung zugleich. Wie die Fünfte Deutsche Mundgesundheitsstudie (DMS V) zeigt, haben Senioren über 75 Jahren im Vergleich zu früher deutlich mehr Zähne, jedoch auch gleichzeitig eine höhere Prävalenz für eine Parodontitis-Erkrankung. Mehr als 250.000 Menschen davon leben in Deutschland in Alten- und Pflegeheimen (Stand 2019).

Vor diesem Hintergrund kommt der „Mobile Dentistry“ eine hohe Bedeutung zu, nicht zuletzt für den Erhalt der mentalen Gesundheit, denn auch diese Patienten haben ein Recht auf korrekte zahnmedizinische Versorgung und Schmerzfreiheit. Die Länder Japan, USA oder Schweden zeigen uns, dass es Möglichkeiten gibt, um Zahnarztbesuche zu erleichtern und die Mundgesundheit zu verbessern.

Am 30. September 2022 fand in der Fortbildungsakademie für Zahnmedizin Hessen (FAZH) in Frankfurt am Main die erste Internationale Hybrid-Tagung „Mobile Dentistry & Radiology“ unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr. Margrit Geibel MME, Mit-Initiatorin der Tagung, statt. In der gut frequentierten Pilottagung wurden praxisrelevante Inhalte aufgezeigt und mögliche Versorgungskonzepte diskutiert, wie und warum „Mobile Dentistry“ intensiviert, umgesetzt und verstärkt etabliert werden kann.

Möglichkeiten der mobilen Versorgung

Einen Überblick zu den Möglichkeiten der mobilen Versorgung boten die Zahnärzte Dr. Christoph Blum (Mit-Initiator Praxis Bad Ems und Montabaur) und Vapula Haukongo (mozahm München). Flottillenärztin Christiane Bornemann vom Kommando Sanitätsdienst der Bundeswehr, Falckenstein-Kaserne Koblenz, präsentierte die fachliche Leitlinie für sanitätsdienstliche Einsatzversorgung von Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr, die die zahnärztliche Versorgung im Einsatz hinsichtlich Notfallbehandlung sowie Wiederherstellung der Einsatzfähigkeit umfasst. Neben der Erstversorgung von Kiefer- und Gesichtsverletzungen, einschließlich der Durchführung von Maßnahmen zur Herstellung der Transportfähigkeit, bestehen die Schwerpunkte in allgemeiner Diagnostik, zahnärztlich-chirurgischen Grundversorgungen, dringliche konservierende beziehungsweise parodontologische Versorgungen sowie gegebenenfalls präventive und kleinere prothetische Maßnahmen.

Mentale Gesundheit und Lebensqualität

Ein Schwerpunkt der Referate lag auf der Frage, inwieweit durch „Mobile Dentistry“ eine Verbesserung der Lebensqualität durch bessere Mundgesundheit von multimorbiden und nicht transportfähigen Patienten zu Stande kommt. Diverse Studien aus verschiedenen Ländern wurden beleuchtet und die Zusammenhänge zwischen Zahnverlust und kognitiven Störungen untersucht – mit dem eindeutigen Ergebnis, dass Zahnverlust enormen Einfluss auf die kognitiven Funktionen hat. Er verändert nicht nur das äußere Erscheinungsbild und vermindert die Kau- und Sprechfähigkeit, sondern beeinträchtigt die mentale Gesundheit und Lebensqualität enorm.

Management einer altersgerechten Versorgung

Ass.-Prof. OA Dr. med. dent. Florian Pfaffeneder-Mantai MA, aus dem Zentrum für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der Danube Private University in Krems legte den entscheidenden Fokus darauf, wie wichtig das Management einer altersgerechten zahnmedizinischen Versorgung ist. Durch steigende Lebenserwartung, Verschiebung von Erkrankungsbildern, Rückgang der Zahnlosigkeit und vor allem auch zunehmende Komplexität der prothetischen Versorgung sei ein erhöhter zahn-/medizinischer Pflegeaufwand in Pflegeheimen zu erwarten. Am Beispiel der Ist-Situation in Pflegeheimen in Niederösterreich wurden die bis dato genutzten mobilen zahnärztlichen Behandlungsmöglichkeiten erläutert und deren ressourcenschonende Integration in den Pflegealltag betont.

Die juristische Einordnung einer mobilen Zahnmedizin und Beispiele für mögliche „Pit-Falls“ referierte der Fachanwalt für Medizinrecht, Dr. Karl-Heinz Schnieder. Er plädierte für eine vorausschauende Vertragsgestaltung und juristische Absicherung bei der aufsuchenden Zahnmedizin.

Möglichkeiten und Grenzen der „Mobile Radiology“

Im zweiten Teil der internationalen Hybrid-Tagung kam es zu einem intensiven grundsätzlichen Fachaustausch über die Möglichkeiten und Grenzen der „Mobile Radiology".  Dr. Dr. Constanze Keutel informierte über Indikationen zur mobilen Radiologie im MKG-chirurgischen und zahnärztlichen Konsiliardienst einer Universitätsklinik. Im Konsiliardienst treten als häufige Fragestellungen eine Fokussuche bei Infektionsgeschehen, Ursachensuche bei Beschwerdeangaben der Patienten oder Traumata mit dentaler Beteiligung auf, die zahnärztliche Bildgebung verlangen. Steht eine leitliniengerechte intraorale Aufnahme mit einem dentalen Tubusgerät nicht zur Verfügung, basieren Therapieentscheidungen allein auf der klinischen Untersuchung, eventuell ergänzt durch vergangene Röntgendiagnostik.

Standards der Radiologie

Prof. Dr. Margit-Ann Geibel MME, markierte Qualitätsanforderungen an die mobile Radiologie, die den Standards der intraoralen Radiologie in der zahnärztlichen Praxisroutine entsprechen. Dies betreffe sowohl die Bildqualität als auch die Dosisaspekte. Schilddrüsenschutz und Haltersysteme seien auch im mobilen radiologischen Einsatz verwendbar, befundungsrelevante Qualitätsmängel gering und in der Häufigkeit vergleichbar mit der intraoralen Röntgentechnik in der Zahnarztpraxis. Der praxisreife Einsatz der „Handhold-Radiologie“ werde in internationalen Studien belegt. Ihr Nutzen für die zahnärztliche Untersuchung im mobilen Einsatz sei unbestritten, zumal auch die Anzahl der im Zahnfilm-Röntgen gefundenen Nebenbefunde für diesen Einsatz sprechen. Ziel müsse es sein, Standards aus der ambulanten Zahnarztpraxis in das mobile Setting übertragen zu können und den diagnostischen Anforderungen an die orale Medizin gerecht zu werden.

Senioren profitieren von Vor-Ort-Behandlung

Prof. Ina Nitschke, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Alterszahnmedizin, zeigte die Heterogenität der Gruppen der Senioren auf. Gerade Menschen mit Pflegebedarf stellten Zahnmediziner einerseits vor diffizile Herausforderungen, profitierten andererseits in der Regel von einer Vor-Ort-Behandlung. Aus den Erfahrungsberichten vieler Kolleginnen und Kollegen zeigt sich, dass es sehr unterschiedliche Versorgungskonzepte gibt.

Blick in andere Länder

Den Blick in internationale Versorgungskonzepte und damit den Vergleich mit der USA, Japan, Schweden und der Schweiz machten Diplomanden der DPU der Abteilung Gender Specific Dentistry: Elisabeth Brodowski, Marie-Sophie Rehnig, Anna Rosoni und Lucas Smith. Hier werde „Mobile Dentistry“ schon seit Jahrzehnten erfolgreich angewandt und könne als Vorbild für Deutschland und Österreich dienen. Neben mobilen Zahnkliniken, die bis zur Haustür vorfahren, gibt es in den USA sogar Firmen, die Zimmer in Unternehmen zu Zahnarztpraxen umbauen.

Den besonders praxisorientierten Akzent setzten zum Abschluss der Sachverständige im Strahlenschutz, Jochen Grimm, und Harald Haucke, die sich mit den verschiedenen behördlichen Zulassungsverfahren und Auflagen zum Betrieb dentaler intraoral Röntgensysteme und ihrer Anwendungspraxis beschäftigten. Die beiden Referenten gaben abschließend hilfreiche und wertvolle Tipps und Hinweise, was es vor, während und nach der Anschaffung eines mobilen intraoralen Röntgensystems für daran interessierte Zahnmedizinerinnen und Zahnmediziner beziehungsweise Betreiberinnen und Betreiber zu beachten gilt.

Am Ende der Pilotveranstaltung war man sich darin einig, dass zukünftig der Austausch und die Zusammenarbeit zum Thema Mobile Dentistry & Radiology enger werden müssen, um die Qualität der Angebote und die Umsetzung im Sinne einer bedarfsgerechten oralen Medizin zu erfüllen.

Dr. Katharina Dobbertin, Frankfurt (Main)

Dr. Katharina Dobbertin
Dr. Katharina Dobbertin
Foto: privat
Dr. Katharina Dobbertin (Jahrgang 1994), Frankfurt (Main), studierte Zahnmedizin an der Semmelweis-Universität Budapest und der Danube Private University im österreichischen Krems. Sie erhielt im August 2022 ihre zahnärztliche Approbation und promovierte im September 2022 mit Auszeichnung. Sie ist seit 2019 freie Autorin für den Quintessenz Verlag und Mitglied des Editorial Boards der Zeitschrift „Qdent“.

 

Alterszahnmedizin Praxis

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