Die große Bedeutung der Mundgesundheit besonders für Menschen im Alter oder bei Pflegebedarf für eine gute Lebensqualität steht im Zentrum der wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Anliegen, welche die Deutsche Gesellschaft für AlterszahnMedizin (DGAZ) in den Mittelpunkt ihrer Arbeit stellt. Schon deshalb begrüßen DGAZ-Präsidentin Prof. Dr. Ina Nitschke und Vizepräsident Prof. Dr. Christoph Benz das diesjährige Motto zum bundesweiten Tag der Zahngesundheit „Gesund im Mund – bei Handicap und Pflegebedarf“. Speziell den Menschen, die ihre eigene Mundpflege nicht mehr richtig durchführen können, müsse durch ambulante oder aufsuchende Betreuung dabei geholfen werden.
Demographischer Anstieg Pflegebedürftiger
„Das Interesse an Gesundheit und medizinischer Versorgung im Alter wächst, erfreulicherweise auch zunehmend im Bereich der Zahnmedizin. Dies ist deshalb so wichtig, weil die Mundgesundheit pflegebedürftiger Menschen noch deutlich schlechter ist als bei gleichaltrigen fitten Senioren. So ist das Risiko für Karies-, Parodontal- und Mundschleimhauterkrankungen überdurchschnittlich hoch", konstatieren beide in einem gemeinsamen Statement zum Tag der Zahngesundheit. Angesichts der demographischen Entwicklung in Deutschland werde die Zahl Pflegebedürftiger von derzeit rund drei Millionen weiter ansteigen.
Pflege am Wohnort
Die Herausforderung für die Zahnmedizin bestehe darin, die Betreuung der Pflegebedürftigen außerhalb der eigenen Praxis an deren Wohnort zu organisieren. Die Zahnärzteschaft sollte die individuell sehr unterschiedlichen Anforderungen annehmen und ihnen in richtiger Weise begegnen. „Gerade im letzten Lebensabschnitt geht es nicht mehr um therapeutische Eingriffe und neuen Zahnersatz, sondern darum, zu erhalten, was vorhanden ist. Die neuen präventiven zahnmedizinischen Leistungen, die Menschen mit Pflegegrad ab dem 1. Juli 2018 zur Verfügung stehen, sind deshalb besonders wichtig, wenngleich weiter ausbaufähig“, stellen beide in ihrem Statement fest. Sie sehen einen Teil des in partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit Bundeszahnärztekammer (BZÄK) und Kassenzahnärztlicher Bundesvereinigung (KZBV) bereits 2010 verabschiedeten Aktionsplans „Mundgesundheit trotz Handicap und hohem Alter“ bereits erfüllt. Der dort aufgestellte Katalog für Leistungen im Rahmen der gesetzlichen Krankversicherung bedürfe aber der weiteren Umsetzung.
Vorhandene Grundlagen jetzt umsetzen
Die wissenschaftlichen und konzeptionellen Grundlagen für das weitere Vorgehen der Zahnmedizin in Bezug auf diese Klientel seien gelegt, es müssten aber mehr Kolleginnen und Kollegen bereit sein, diese auch anzunehmen und umzusetzen. „Kontraproduktiv ist dabei, wenn Fehlinterpretationen von Krankenkassen-Daten – wie aktuell im Zahnreport der Barmer – benutzt werden, um zu suggerieren, die Zahnmedizin werde ihren Aufgaben nicht gerecht. Die sachkundige Analyse zeigt gerade auch im Barmer-Report, dass das Gegenteil der Fall ist“, kritisieren Nitschke und Benz.
Aufnahme in Studienpläne
Eine Aufgabe in der Zukunft wird sein, die Pflege intensiver in der Ausbildung der Pflegekräfte rund um die Mundhygiene zu unterstützen und mit den Geriatern interdisziplinär zusammenzuarbeiten. Als besonderes Anliegen der DGAZ stellen sie heraus, dass Studierende der Zahnmedizin die neuen Aufgaben in der Pflege früh als relevant und „normal“ kennenlernen. So ließen sich Berührungsängste leichter abbauen. Dazu müsse die Seniorenzahnmedizin an möglichst allen Universitäten gelehrt werden, dies sei bislang erst an einigen Standorten der Fall. Für die DGAZ halten die beiden Vorsitzenden fest: „Der diesjährige Tag der Zahngesundheit ist als Meilenstein einer Entwicklung zu sehen, die uns bereits lange begleitet. Es ist ein wichtiges Signal, dass die Bevölkerung auf die Veränderungen in der zahnmedizinischen Versorgung bei Pflegebedürftigkeit aufmerksam gemacht wird. Gleichzeitig sollen Pflegebedürftige erfahren, dass uns ihre Mundgesundheit am Herzen liegt: ,Gesund im Mund – bei Handicap und Pflegebedarf'.“