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Zahnschmerzen, dentogene Infektionen und vorzeitiger Milchzahnverlust beeinträchtigen die mundbezogene Lebensqualität

Die (frühkindliche) Karies zählt weltweit zu den am meisten verbreiteten Erkrankungen im Kindesalter. Daraus resultierende endodontische Folgeerkrankungen und akute Zahnschmerzen sind nach wie vor der häufigste Anlass für die Vorstellung von Kleinkindern beim Zahnarzt. Diese Patienten lassen sich aufgrund ihrer psychoemotionalen Entwicklung und des Umfangs der notwendigen Maßnahmen oft nur in Allgemeinanästhesie behandeln. Nicht erhaltungsfähige kariöse Milchzähne müssen extrahiert werden, um die Provokation akuter Exazerbationen und die Entwicklung von Schmelzstrukturstörungen der bleibenden Zähne zu vermeiden. Zur Vorbeugung von Störungen der Gebissentwicklung sind bei einem vorzeitigen Milchzahnverlust eine Lückenkontrolle und gegebenenfalls die Eingliederung eines Lückenhalters indiziert. Darüber hinaus gehen Zahnschmerzen, Probleme beim Kauen und Schlafen, Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust, Verhaltensänderungen sowie Aktivitätseinschränkungen mit erheblichen Beeinträchtigungen der Lebensqualität der betroffenen Kinder und ihrer Eltern einher. Die Autoren Prof. Dr. Roswitha Heinrich-Weltzien und Prof. Jan Kühnisch stellen in ihrem Beitrag für die Quintessenz Zahnmedizin 5/19 die gravierenden Folgen der unbehandelten frühkindlichen Karies vor, welche sich vielfach bis in die bleibende Dentition erstrecken und fordern eine konsequente Umsetzung intersektoraler und interdisziplinärer präventiver Betreuungsstrategien, damit Kleinkinder kariesfrei aufwachsen können.

Die „Quintessenz Zahnmedizin“, Monatszeitschrift für die gesamte Zahnmedizin, ist der älteste Titel des Quintessenz-Verlags, sie wurde 2019 wie der Verlag selbst 70 Jahre alt. Die Zeitschrift erscheint mit zwölf Ausgaben jährlich. Drei Ausgaben davon sind aktuelle Schwerpunktausgaben, die zusätzlich einen Online-Wissenstest bieten mit der Möglichkeit, Fortbildungspunkte zu erwerben. Abonnenten erhalten uneingeschränkten Zugang für die Online-Version der Zeitschrift und Zugang zur App-Version. Mehr Infos, Abo-Möglichkeit sowie ein kostenloses Probeheft bekommen Sie im Quintessenz-Shop.

Einleitung

Weltweit ist die unbehandelte Karies im Milchgebiss die zehnthäufigste Erkrankung, von der 621 Millionen Kinder betroffen sind13. Da sich in den vergangenen 20 Jahren bezüglich der Häufigkeit in keiner Region der Welt Veränderungen ergeben haben, wird die un­behandelte Karies trotz der Unterschiede zwischen den Industrie- und den Entwicklungsländern als ein globales Gesundheitsproblem charakterisiert13. Die Weltorganisation der Zahnärzte (FDI World Dental Federation) forderte deshalb bereits 2012 in ihrer „Global Caries Initiative“ eine Priorisierung der zahn­ärztlichen Betreuung auf die Altersgruppe der 0- bis 3-Jährigen und die Ausrottung der frühkindlichen Karies (Early Childhood Caries, ECC) bei unter 3-jährigen Kindern9.

Die ECC ist eine chronische, multifaktorielle Erkrankung, die von der American Academy of Pediatric Dentistry (AAPD) als das Vorhandensein eines oder mehrerer kariöser (nicht kavitierte oder kavitierte Läsionen) bzw. aufgrund von Karies fehlender Zähne oder gefüllter Milchzahnflächen eines Kindes unter 6 Jahren definiert wird2. Eine schwere Form der ECC (Severe Early Childhood Caries) liegt vor (Abb. 1), wenn Zeichen einer Glattflächenkaries bei Kindern un­ter 3 Jahren auftreten und im Alter von 3 bis 5 Jahren ein Kariesbefall von ≥ 1 dmft, eine Glattflächenfüllung an oberen Milchfrontzähnen sowie ein Kariesbefall von ≥ 4 dmft mit 3 Jahren, von ≥ 5 dmft mit 4 Jahren oder von ≥ 6 dmft mit 5 Jahren zu verzeichnen sind2.

Um die Folgen der unbehandelten Karies von Milch- und bleibenden Zähnen differenzierter beurteilen zu können, führten Monse et al.21 den pufa/PUFA-Index ein. Dieser Index ergänzt beziehungsweise untersetzt die d/D- Komponente des dmft/DMFT-Index mit der Erfassung von dentogenen Infektionen der Pulpa und des umliegenden Zahngewebes. Hierbei werden die Diagno­sen „Visuell erkennbare Pulpaeröffnung des kariösen Zahnes (p/P)“, „Ulzerationen der Gingiva und Schleimhaut (u/U) um den betroffenen Zahn“, „Fistel ausgehend vom kariösen Zahn (f/F)“ und „Abszess ausgehend vom kariösen Zahn (a/A)“ erfasst (Abb. 2). Die Häufigkeit von dentogenen Infektionen und Zahn­schmerzen steht dabei in einem direkten Zusammen­hang mit der Schwere des Kariesbefalls im Milchgebiss der Kinder7,8,12,24. Die bislang einzige deutsche Studie, die die klinischen Konsequenzen der unbehandelten ECC bei 5-Jährigen untersuchte10, ermittelte eine pufa-Prävalenz von 4,4 Prozent bei einer Kariesverbreitung von 26 Prozent; nur 39 Prozent der Karies war behandelt. Mehr als ein Drittel aller kariösen Milchzähne (34 Prozent) wies eine Pulpabeteiligung auf, die entwe­der eine endodontische Behandlung oder die Extraktion der betroffenen Zähne erforderte.

Zahnschmerzen, dentogene Infektionen und vorzeitiger Milchzahnverlust

Da der Kariesbefall im Milchgebiss dem Zahndurchbruch folgt, sind bei der ECC zuerst die oberen Milchschneidezähne und dann die ersten Milchmolaren betroffen. Bei Frühgeborenen können häufig auf­tretende Hypoplasien an den Milchzähnen die ECC-Entwicklung begünstigen26 (Abb. 3). Wird die zahnschädigende Ernährungsweise – Verabreichung hochkalorischer kariogener und/oder erosiver Getränke via Saugerflasche insbesondere in der Nacht – fortgeführt und das tägliche Zähneputzen durch die Eltern unterlassen, treten nachfolgend auch rasch kari­öse Läsionen beziehungsweise Kavitationen an den Milcheckzähnen und zweiten Milchmolaren auf (Abb. 4a und b).

Zahnschmerzen infolge unbehandelter Karies und daraus resultierende endodontische Folgeerkrankun­gen mit oder ohne ausgedehnte Zerstörung der klini­schen Krone sind die häufigsten Ursachen, die Eltern veranlassen, ihre Kinder beim Zahnarzt vorzustellen. So ermittelten Bauer et al.3 unbehandelte kariöse Kavita­tionen als Schmerzursache bei 61 Prozent der unter 6-jährigen deutschen Patienten, die in einer kinderzahnärztlichen Praxis vorgestellt wurden, gefolgt von akuten und chronischen apikalen Parodontitiden bei 16 Prozent der betroffenen Kinder. Bei fast einem Viertel dieser Patienten war eine endodontische Behandlung oder eine Extraktion der schmerzenden Zähne er­forderlich, welche vorrangig in Allgemeinanästhesie erfolgte. Aufgrund von Zahnarztangst und fehlender Compliance bei Kleinkindern mit einer Schmerz­symptomatik muss zur Schmerzbeseitigung und zur Sicherung eines langfristigen Therapieerfolges gewöhnlich in Allgemeinanästhesie behandelt werden27. Insofern überrascht es nicht, dass die ECC die häufigste Ursache für eine chirurgische Intervention und eine Krankenhauseinweisung bei Kleinkindern ist3,16.

Während bei unter 3-Jährigen die Extraktion nicht erhaltungsfähiger oberer Milchschneidezähne vorherrscht, dominiert bei älteren Kindern die Extraktion der Milchmolaren5,27. Zahnbezogene Verteilungsmuster dentogener Infektionen – Fistelbildung und dentale Abszesse – zeigen, dass die ersten Milchmolaren am häufigsten betroffen sind und der Extraktion bedürfen3,10,20. Um das Risiko einer Bakteriämie zu reduzieren, welche mit rezidivierenden Abszedierungen oder akuten Exazerbationen insbesondere bei belassenen trepanierten Milchzähnen auftreten kann (Abb. 5), ist die Extraktion dieser nicht erhaltungs­fähigen Zähne die Kausaltherapie der Wahl14,24.

Im Fall von dentogenen Abszessen sollte ein orales Antibiotikum verabreicht werden14. Die Paul-Ehrlich- Gesellschaft empfiehlt, bei Kindern unter 6 Jahren als Antibiotikum vorzugsweise ein Phenoxymethylpenicillin anzuwenden26. Bei Schulkindern und Jugend­lichen ist die Kombination eines Aminopenicillins mit einem Betalactamaseinhibitor (Clavulansäure) indiziert1,18. Eine systemische Antibiose und eine stationäre Aufnahme sind bei schweren Entzündungsverläufen und einem reduzierten Allgemeinzustand des Kindes das Vorgehen der Wahl.

Für die Behandlung in Allgemeinanästhesie sollten Therapiemaßnahmen ausgewählt werden, die sich in einer Sitzung abschließen lassen und der Forderung nach einer hohen Erfolgsrate gerecht werden14,27. Anschließend ist bei einem ECC-bedingten vorzeitigen Milchzahnverlust die Lückenkontrolle indiziert14. Dabei können Einzelzahnlücken nach der Extraktion sofort mit einem festsitzenden Lückenhalter versorgt werden11 (Abb. 6a und b). Im Fall eines beidseitigen Milchzahnverlustes oder des Verlustes mehrerer Zähne in einem Quadranten ist die Eingliederung eines herausnehmbaren Lückenhalters angezeigt11, wenn eine Lückeneinengung oder ein Lückenschluss für die Prämolaren vermieden werden soll (Abb. 7). Obwohl obere Milchschneidezähne im Gegensatz zu den Milcheckzähnen und -molaren keine Platzhalterfunktion besitzen, ist ihr Ersatz durch eine Kinderprothese häufig aus sprachfunktionellen und ästhetischen Gründen indiziert (Abb. 8a bis c). Es sollte dann auch die Entscheidung getroffen werden, ob der Zahnarzt selbst oder ein Kieferorthopäde für die Lückenkontrolle verantwortlich zeichnet.

Werden Milchzähne mit apikalen Parodontitiden und abgeklungenen Abszedierungen nicht extrahiert, können sich an den permanenten Nachfolgern Schmelzstrukturstörungen entwickeln. Auf diesen Zusammenhang wies Turner28 bereits im Jahr 1906 hin, so dass im Schrifttum beziehungsweise in der zahnärztlichen Praxis für strukturgestörte Prämolaren und bleibende Inzisivi auch der Begriff Turner-Zahn verwendet wird. Durch die räumliche Nähe der Bukkalflächen der sich entwickelnden bleibenden Frontzähne und karies­assoziierter apikaler entzündlicher Prozesse an den Wurzeln der Milchfrontzähne kommt es zu Störungen der Schmelzmatrixsekretion oder deren Mineralisation, die später als abgegrenzte Opazitäten oder hypoplastische Schmelzdefekte imponieren (Abb. 9a). Daher überrascht es nicht, dass eine zeitbezogene As­soziation zwischen kariösen Prozessen an den Milchfrontzähnen und abgegrenzten Opazitäten an den bleibenden Nachfolgern besteht4. Einer Studie von Broadbent et al.4 zufolge ist die Wahrscheinlichkeit von abgegrenzten Opazitäten an bleibenden Inzisivi mehr als doppelt so hoch (Odds Ratio 2,2; 95-Prozent-Konfidenzintervall 1,1 bis 4,3), wenn die Milchfrontzähne kariös waren. Damit wurden die Ergebnisse einer Studie von Lo et al.17 bestätigt, die eine signifikant höhere Prävalenz abgegrenzter Opazitäten (7,5 Prozent versus 3,8 Prozent) und Hypoplasien (1,9 Prozent versus 0,4 Prozent) an den bleibenden Zähnen beobachteten, wenn deren Milchzahnvorgänger kariös waren. Darüber hinaus ermittelten die Autoren einen statistisch hoch signi­fikanten Zusammenhang zwischen der Größe der kariösen Defekte an den oberen Milchfrontzähnen im Alter von 3 bis 5 Jahren und dem Vorkommen von Schmelzstrukturstörungen an den bleibenden Nachfolgern. So betrug die Häufigkeit abgegrenzter Opazitäten an den oberen bleibenden Frontzähnen 21,6 Prozent und von Hypoplasien 9,8 Prozent, wenn die Milchfrontzähne kariös waren, während bei gesunden Milchfrontzähnen die entsprechenden Häufigkeiten lediglich 6 Prozent bzw. 3,5 Prozent betrugen. Neben den oberen bleibenden Inzisivi waren vor allem die oberen Prämolaren von Schmelzstrukturstörungen betroffen. Am häufigsten zeigten sich Opazitäten (16 Prozent) und Hypoplasien (12 Prozent) an den Prämolaren, wenn die Milchmolaren im Alter von 4 Jahren große kariöse Läsionen aufwiesen. An den Milchmolaren hat die exponierte Pulpa periapikale bzw. interradikuläre Parodontitiden zur Folge, die im Einzelfall bis zur Freilegung des sich entwickelnden Zahnkeims führen (Abb. 9b und c). Dabei begünstigen häufig vorkommende akzessorische Wurzelkanäle in der Furkationsregion der Milchmolaren die rasche Ausbreitung des Infektionsprozesses auf die Zahnkeime der Prämolaren17.

Somit untermauert die Ätiopathogenese dieser exo­gen bedingten Schmelzstrukturstörungen nochmals deutlich, dass für Milchzähne mit apikalen Parodontitiden die Extraktion die Kausaltherapie per se ist. Aus wissenschaftlicher Sicht sind in diesem Zusammenhang prospektive epidemiologische Studien von Interesse, die nicht nur im Milchgebiss die Folgen der unbehandelten Karies mit dem pufa-Index differenziert erfassen, sondern weiterführend auch Schmelzstrukturstörungen und deren Schweregrad registrieren, wenn die Betroffenen ein Alter von etwa 12 Jahren erreicht haben. Daraus ließen sich Schlussfolgerungen über ein möglicherweise erhöhtes Ka­riesrisiko beziehungsweise einen erhöhten Behandlungsbedarf der strukturgestörten Zähne ableiten. Bislang liegen im Schrifttum keine diesbezüglichen Daten vor.

Mundbezogene Lebensqualität

Dass die Mundgesundheit ein integraler Bestandteil der Allgemeingesundheit ist, gilt heute als unumstritten9. Jüngste Studien, die den Einfluss oraler Erkran­kungen, insbesondere der Karies, auf die mundbezogene Lebensqualität (MbL) von Kindern untersucht haben, untermauern einen deutlichen Zusammenhang6,15,19,22. Die Einschätzung der MbL erfolgte fragebogenbasiert, wobei die Domänen „orale Symptome“, „funktionelle Einschränkungen“, „emotionales Wohlbefinden“ und „soziales Wohlbefinden“ in Bezug zu vorliegenden oralen Erkrankungen betrachtet wurden. Von Interesse war dabei der Einfluss der Mundgesundheit auf die MbL der Kinder, aber auch ihrer Familien.

In einer ersten Studie zeigten Leal et al.15 die Auswirkung unbehandelter Karies auf die MbL von 2- bis 6-Jährigen. Bei Kindern, die unter Zahnschmerzen litten und eine Milchzahnextraktion wegen einer kariös exponierten Pulpa, einer Fistel oder eines dentalen Abszesses hinter sich hatten, war die negative Beeinträchtigung ihrer Lebensqualität und der ihrer Familien am größten. Weiterhin wurde berichtet, dass Zahnschmerzen sowie Beschwerden beim Trinken kalter bezi8ehungsweise warmer Getränke und beim Essen am häufigsten und stärksten die MbL von 2- bis 6-jährigen Kindern und deren Eltern beeinträchtigten6. Für die Eltern waren die Einschränkungen der MbL ihrer Kinder von größerer Bedeutung als deren ästhetisches Aussehen. Die Ursache für eine stärkere Beeinträchtigung der MbL bei den 5- bis 6-Jährigen im Vergleich zu den 2- bis 4-Jährigen sehen die Autoren einerseits in dem altersbedingten schwereren Kariesbefall und andererseits in den besseren kommunikativen Fähigkeiten älterer Kinder, ihre Beschwerden zu äußern. Diese Beobachtung signalisiert jedoch, dass Eltern kleiner Kinder den negativen Einfluss der ECC auf die MbL nicht wahrnehmen und so deren sichere Erfassung erschweren.

Dass ein vorzeitiger Verlust der Milchmolaren infolge einer ECC negative Auswirkungen auf die MbL von 8- bis 9-jährigen Schulkindern hat, wurde in einer kürzlich publizierten Studie aufgezeigt22. Im Vergleich zu Gleichaltrigen ohne vorzeitigen Verlust der Milchmolaren beeinträchtigte nicht nur der frühe Verlust der Milchmolaren, sondern auch der Kariesbefall weiterer Zähne die MbL der 8- bis 9-Jährigen insgesamt. Dabei wurde der negative Einfluss auf die MbL vor allem in den Domänen „orale Symp­tome“, „funktionelle Einschränkungen“ und „emotionales Wohlbefinden“ deutlich. Dass die Domäne „soziales Wohlbefinden“ keine Beeinträchtigung zeigte, erklären die Autoren mit der reduzierten Wahrnehmung eines Zahnverlustes im Seitenzahnbereich als ästheti­sches Problem. Die negativen Auswirkungen der ECC auf die MbL der betroffenen Kinder, welche für den Zahnarzt eine Herausforderung bei der Behandlung darstellen, sind vor allem die Verhaltens- und Koope­rationsprobleme, die wiederum mit Zahnschmerzen, Schwierigkeiten bei der Nahrungsaufnah­me, Appetit­losigkeit, Gewichtsverlust, Schlafproblemen sowie Beeinträchtigungen der kindlichen Entwicklung und der täglichen Aktivitäten einhergehen23.

Aus den Ergebnissen der vorgestellten Studien zur MbL von Kindern mit ECC lässt sich die Schlussfolgerung ziehen, dass die alleinige Erfassung von klinischen Parametern nur begrenzt die Schwere der Karies und ihrer Auswirkungen auf die Lebenswirklichkeit der betroffenen Kinder zu charakterisieren vermag. Insofern sollten diese Studien nicht nur die Zahnärzte sensibilisieren, sondern auch deren Anstrengungen bezüglich der ECC-Prävention und der Behandlung der betroffenen Kinder fördern.

Schlussfolgerungen

Die (frühkindliche) Karies ist weltweit eine der am meisten verbreiteten Erkrankungen im Kindesalter. Endodontische Folgeerkrankungen und akute Zahnschmerzen sind der häufigste Grund für die Vorstellung von Kleinkindern beim Zahnarzt. Viele Kleinkinder lassen sich aufgrund ihrer psychoemotionalen Entwicklung und des oft großen Umfangs der notwendigen Maßnahmen nur in Allgemeinanästhesie behandeln. Um akute Exazerbationen und die Entwicklung von Schmelzstrukturstörungen der bleiben­den Zähne zu vermeiden, müssen nicht erhaltungsfähige kariöse Milchzähne extrahiert werden. Zur Vorbeugung von Störungen der Gebissentwicklung erfordert der vorzeitige Milchzahnverlust eine Lücken­kontrolle. Im Seitenzahngebiet gilt, dass die Indikation für die Eingliederung eines Lückenhalters umso dringender ist, je früher der Milchzahnverlust eintritt. Weiterhin gehen Zahnschmerzen, Probleme bei der Nahrungsaufnahme und beim Schlafen, Verhaltens­änderungen sowie Aktivitätseinschränkungen mit er­heblichen Beeinträchtigungen der Lebensqualität der betroffenen Kinder und ihrer Eltern einher. Da die unbehandelte frühkindliche Karies mit gravierenden Folgen bis in die bleibende Dentition verbunden sein kann, sind präventive Betreuungsstrategien, die Zahn­ärzte, Pädiater, Betreuungspersonal von Kindertages­stätten und Eltern einbeziehen, von großer Wichtigkeit, damit Kleinkinder kariesfrei aufwachsen können.

Literatur auf Anfrage über news@quintessenz.de

Ein Beitrag von Prof. Dr. Roswitha Heinrich-Weltzien, Jena, und Prof. Dr. Jan Kühnisch, München

Reference: Zahnmedizin

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