Antibiotika werden in der Zahnmedizin häufig eingesetzt, ihr Einsatz hat weitreichende Implikationen für den individuellen Patienten. Übergeordnete Aspekte, zum Beispiel die Resistenzentwicklung, sollten allerdings ebenfalls berücksichtigt werden, doch die Daten der vergangenen Jahrzehnte zeigen, dass diese Balance nicht immer optimal eingehalten wird. Bemerkenswert ist in dem Zusammenhang die häufige Verordnung des Reserveantibiotikums Clindamycin, das nur bei bestehenden Allergien gegen Penicilline indiziert ist.
Indikationen
Akute Infektionen
Antibiotika und Parodontitis:
Was die neuen Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Parodontologie (DG Paro) zur adjuvanten systemischen Antibiotikagabe empfehlen, erklärt Prof. Dr. Ulrich Schlagenhauf (Würzburg), im Video: Antibiotika in der PAR-Therapie: Das empfehlen die neuen Leitlinien.
Endokarditisprophylaxe
Angeborene oder erworbene Schäden (zum Beispiel Herzklappenfehler wie Aortenstenose oder künstliche Herzklappen) resultieren zum Teil in der Ausbildung von Blutplättchen/Fibrin-Thromben, die sich an den kardialen Strukturen anheften. Ihre raue Oberfläche bietet eine optimale Angriffsfläche, die sich durch eine Bakteriämie zu einer bakteriellen Endokarditis entwickeln kann. Operationen und zahnärztliche Eingriffe können zu Bakteriämie führen und die hämatogene Streuung dieser Bakterien kann zu einer Besiedelung des vorgeschädigten Herzens führen. Antibiotika eliminieren diese Keime und verhindern so die bakterielle Endokarditis. In den vergangenen Jahren zeigten multiple Studien, dass normale alltägliche Aktivitäten wie Zähneputzen ebenfalls zu einer physiologischen Bakteriämie führen (Abb. 1) [5].
Gelenkprothesen
Vor der Implantation von Gelenkendoprothesen sollte eine zahnärztliche Untersuchung und Sanierung möglicher Infektionsquellen durchgeführt werden, um eine Besiedlung des eingebrachten Fremdmaterials zu verhindern. Antibiotika sind hier nicht indiziert.
Antibiotikaprophylaxe vor Zahnimplantationen
Untersuchungen zeigen, dass in Europa und den USA 75 Prozent der Zahnärzte routinemäßig und ohne individuelle Indikation Antibiotika zur Prophylaxe bei Zahnimplantaten anwenden [9-11]. Studien zeigen allerdings, dass Antibiotika zur Prophylaxe den Outcome nicht verbessern, aber Zahnärzte fälschlicherweise glauben, eine lokale Infektion oder systemische Bakteriämie damit zu verhindern [12]. Eine aktuelle Studie aus 2015 verglich den Outcome bei 337 Patienten mit 1.273 Implantaten. Die Prophylaxegruppe erhielt 3 x 750 mg Amoxycillin für eine Woche und spülte zweimal täglich mit Chlorhexidin. Es fand sich kein statistischer Unterschied bezüglich der postoperativen Infektionen, und kein Unterschied bei der erfolgreichen Einheilung der Implantate [13].
Fazit
Antibiotika führen oft nicht zu einem verbesserten Outcome und das Indikationsspektrum wird zunehmend enger gesteckt. Zahnärzte fußen ihre Entscheidung, Antibiotika zu verordnen, zunehmend auf evidenzbasierte Studien und erreichen so das Ziel, ihre Patienten optimal zu behandeln, ohne die Resistenzentwicklung aus den Augen zu verlieren.
Ein Beitrag von Dr. med. Frank G. Mathers, Köln, und Dr. Dr. Wolfgang Jakobs, Speicher
Literatur
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11. Froum, S.J., Weinberg, M.A. An Evaluation of Antibiotic Use in Periodontal and Implant Practices. Int J Periodontics Restorative Dent, 2015. 35(4): p. 481-7.
12. Ireland, R.S., et al., An investigation of antibiotic prophylaxis in implant practice in the UK. Br Dent J, 2012. 213(8): p. E14.
13. Camps-Font, O. et al., Postoperative Infections After Dental Implant Placement: Prevalence, Clinical Features, and Treatment. Implant Dent, 2015. 24(6): p. 713-9.