Die Kassenärztliche Bundesvereinigung sieht Zeit und Kosten bei der Anbindung an die Telematikinfrastruktur (TI) kritisch. KBV-Vorstandsvize Dr. Thomas Kriedel berichtete am 28. März in Berlin vor Journalisten, aktuell seien erst zwischen 7.500 und gut 10.000 der mindestens 100.000 Arztpraxen in Deutschland an die TI angeschlossen. Es sei unrealistisch, alle Praxen bis Ende 2018 anzubinden, so Kriedel. Daher fordert die KBV von der neuen GroKo eine Fristverlängerung um mindestens sechs Monate.
Markteintritt neuer Anbieter nicht sicher
Ab 1. Januar 2019 sind für Zahnärzte und Ärzte Abschläge beim Honorar vorgesehen, wenn sie nicht an die TI angebunden sind. Zudem sinken laut Vereinbarungen der KBV und der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) die Kostenerstattungen für die Praxen von Quartal zu Quartal, da man davon ausgegangen war, dass mit mehr Wettbewerb bei den Komponentenanbietern auch die Preise sinken. Diesen Wettbewerb gebe es aber nach wie vor nicht, so Kriedel, aktuell biete nur die CGM zugelassene TI-Komponenten an. Erst für das zweite Quartal 2018 hätten weitere Anbieter ihren Markteintritt angekündigt, dies sei aber auch unsicher.
Kostenrisiko für Praxen vermeiden
Ärzte könnten in dieser Situation bei der bisherigen Regelung daher im schlimmsten Fall auf Investitionskosten in vierstelliger Höhe sitzen bleiben, so Kriedel. Daher verhandele man jetzt erneut mit dem GKV-Spitzenverband, um die aktuelle Marktsituation bei der Finanzierung der TI-Komponenten zu berücksichtigen. Parallel zur Fristwahrung habe die KBV das Schiedsamt angerufen, so Kriedel. Auch die KZBV ist für die Zahnärzte im Gespräch mit dem GKV-Spitzenverband.
Schuld liegt nicht bei den Ärzten
Um das Sanktionsrisiko zu entschärfen, will die KBV außerdem beim Gesetzgeber eine erneute Fristverlängerung um mindestens ein halbes Jahr, also bis Mitte 2019, erwirken. „Ursprünglich waren ohnehin zwei Jahre für den technischen Rollout der TI vorgesehen. Die Schuld, dass dieser Zeitraum immer weiter zusammengeschrumpft ist und die Fristen nicht eingehalten werden können, liegt nicht bei den Ärzten, sondern es ist der Markt, der aktuell nicht ausreichend liefern kann“, betonte Kriedel.
Elektronische Patientenakte sinnvoll anlegen
Eine weitere Baustelle bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens ist die elektronische Patientenakte (ePA). Zum Inhalt der ePA sagte Kriedel: „Laut Gesetz soll die ePA Arztbriefe, die Notfalldaten und den Medikationsplan enthalten. Das ist auf mittlere Sicht für eine echte Patientenakte natürlich zu wenig. Ein elektronischer Impfpass sowie weitere medizinische und pflegerische Informationen gehören ebenfalls dazu. Außerdem brauchen wir einen separaten Bereich für hochsensible Informationen, zum Beispiel psychiatrische Diagnosen.“
ePA braucht einheitliche Standards
Damit die Patientenakte im Sinne der Interoperabilität funktioniert müssen folgende Anforderungen aus Sicht der KBV erfüllt sein:
• Für jeden Patienten darf es nur eine Akte geben,
• keine Insel- oder Parallellösungen,
• einheitliche technisch-semantische Standards sowie
• ein sinnvolles Zugriffs- und Berechtigungskonzept.
Gematik als zentraler Akteur
„Für technische Fragen und solche der Interoperabilität ist und bleibt aus unserer Sicht die gematik der zentrale Akteur. Die Inhalte und die damit verbundene Vergütung sollten aber diejenigen regeln, die die ärztliche Kompetenz haben sowie diejenigen, die die Finanzierung tragen, also KBV und Krankenkassen. Beides ist nicht getrennt zu behandeln. Dafür brauchen wir nicht lauter Einzelgesetze, sondern einen verbindlichen Rechtsrahmen, innerhalb dessen die Selbstverwaltung agieren kann“, so KBV-Vorstandsmitglied Kriedel.
Die KZBV hat angekündigt, sich ebenfalls in Kürze zum aktuellen Stand der Telematik und zu E-Health-Themen zu äußern (QN wird berichten).