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Fachkräftemangel, iMVZ, Bürokratie und mehr – Konstantin von Laffert, Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer, im Gespräch

„Ich bin immer noch gerne Zahnarzt und unseren Eid und unsere Ethik halte ich nach wie vor für nicht verhandelbar.“ Konstantin von Laffert, Vizepräsident der Bundeszahnärztekamme

(c) BZÄK/Axentis.de

Von Zuckersteuer bis iMVZ, ZFA und Bürokratie – Konstantin von Laffert hat als Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer eine breite Palette von Themen zu bearbeiten. Was an Werbemaßnahmen für den Beruf Zahnmedizinische Fachangestellte läuft, was er von der neuen Ernährungsstrategie der Bundesregierung hält, warum nur Transparenz bei den investorengeführten MVZ zu wenig ist und warum ihn die Bürokratie auf die Palme bringt – über diese und weitere Themen sprach er mit Dr. Marion Marschall, Chefredakteurin „Quintessence News“. „Es hört sich vielleicht ein bisschen altmodisch an, aber ich bin immer noch gerne Zahnarzt und unseren Eid und unsere Ethik halte ich nach wie vor für nicht verhandelbar.“
 
 
Ein neues White Paper der EFP hat jetzt noch einmal die hohe Krankheitslast und die hohen Kosten für die eigentlich vermeidbare Karies verdeutlicht. Neben der Prävention ist hier das Thema Zucker und Nahrungsmittelhersteller angesprochen, weil Zucker auch ein Risikofaktor für viele nichtübertragbare Krankheiten ist. In Deutschland warten wir aber immer noch auf Maßnahmen, den hohen Zuckerkonsum und den hohen Zuckergehalt vieler Nahrungsmittel zu reduzieren – wie ist der Stand aus Sicht der Bundeszahnärztekammer?

Konstantin von Laffert: Um es mit einem Wort zu sagen: enttäuschend. Ende Januar ist im Kabinett etwas verabschiedet worden mit dem Titel „Gutes Essen für Deutschland“, aber aus zahnärztlicher Sicht ist das wirklich enttäuschend. Wir warten seit Jahren darauf, dass die Politik handelt, und weisen darauf hin, dass viele verarbeitete Produkte zu viel Salz, Fett und vor allem Zucker – das ist ja unser Thema – enthalten. Die letzte Bundesregierung hat auf die freiwillige Zuckerreduktion der Industrie gesetzt, aber dieses Projekt muss man wohl aus zahnärztlicher Sicht als gescheitert ansehen.

Für die Zahnmedizin sind Strategien zu Reduzierung von Zucker wichtig – ob das nun spezielle Herstellerabgaben auf Getränke oder Lebensmittel sind und mehr Bildung in den Schulen und Kitas. Aber in der neuen Ernährungsstrategie der Bundesregierung ist dazu aus unserer Sicht zu wenig Konkretes drin. Eine Zuckersteuer auf Softdrinks wie in Großbritannien ist erfolgreich, das ist ja jetzt auch wissenschaftlich erwiesen.

Positiv sehen wir, dass diese an Kinder gerichtete Werbung für Produkte mit hohem Zucker-, Fett- oder Salzgehalt reguliert werden soll. Auch die Förderung von guter Ernährung in Gemeinschaftseinrichtungen, Kliniken und Pflegeheimen und von Ernährungskompetenz ist sicher ein guter Ansatz. Aber insgesamt ist das aus Sicht der Bundeszahnärztekammer wirklich viel zu wenig und da hatten wir uns eigentlich gerade von dieser Bundesregierung mehr erwartet.

„Es wäre sehr frustrierend, wenn wir wirklich nur Transparenz bekämen.“

Sie haben sich besonders intensiv mit dem Thema Fremdinvestoren in der Medizin/Zahnmedizin befasst. Eine gesetzliche Regelung, die von Bundesgesundheitsminister Lauterbach Ende 2022 groß angekündigt wurde, steht immer noch aus. Die Gesundheitsministerkonferenz (GMK) hat ihn jetzt erneut zum Handeln aufgefordert, der Deutsche Ärztetag ebenfalls, und er hat erneut angekündigt, dass was kommen soll. Nach außen war es jetzt länger eher ruhig, auch wenn die Lobbyisten im Hintergrund weiter aktiv sind. Wie stellt sich die Situation für die iMVZ in der Zahnmedizin aktuell dar? Welche Maßnahmen sollte die Politik ergreifen und warum?

von Laffert: Wir hören die Ankündigungen, aber es gibt keine Information darüber, dass es jetzt konkret werden könnte. Aktuell gehen wir davon aus, dass die Grenze von 500 investorengeführten Medizinischen Versorgungszentren, iMVZ, in der Zahnmedizin geknackt wurde. Und wir haben auch schon 14 Großinvestoren im Markt. Man kann also nicht sagen, dass es für die Investoren nicht mehr so interessant ist.

Mehr als 95 Prozent der zahnärztlichen iMVZ haben ein Krankenhaus als Träger. Die ursprüngliche Idee des Gesetzes, dass ein Krankenhaus mit einer MKG-chirurgischen Abteilung zum Beispiel in der Nähe ein MVZ eröffnet für die prothetische Versorgung, ist ja nicht falsch gewesen. Aber dieser Gedanke ist völlig gescheitert und wird von den Fremdinvestoren missbraucht. Deshalb erneut die Forderung, die wir gemeinsam mit der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung immer wieder erheben: Es muss einen räumlichen und fachlichen Bezug der MVZ zu den Krankenhäusern geben, die als Träger fungieren.

Es ist nach wie vor so, dass die iMVZ in der Zahnmedizin nahezu keinen Beitrag zur zahnärztlichen Versorgung in der Fläche leisten, mehr als 80 Prozent sind in Ballungsräumen angesiedelt. Auch das Abrechnungsverhalten, gerade jetzt unter der Budgetierung, ist aus unserer Sicht auffällig, es werden oft mehr Leistungen pro Patient abgerechnet als in den Einzelpraxen. Die von den Investoren viel beschworene bessere Work-Life-Balance für die angestellten Zahnärztinnen und Zahnärzte kann ich zumindest hier in Hamburg nicht erkennen – ganz im Gegenteil. Die vorliegenden Zahlen der KZVen zeigen bislang, dass die Teilzeitquote in den iMVZ sogar geringer ist als in den niedergelassenen Praxen.

All diese Argumente haben wir immer wieder vorgetragen und waren damit auch erfolgreich: Wir haben in den Ländern viele Politiker und Politikerinnen überzeugt und das hat sich auch in der GMK niedergeschlagen mit den einstimmigen Beschlüssen und der Forderung an Bundesminister Prof. Lauterbach, das umzusetzen. Wir hoffen, dass er darauf eingeht und nicht nur das Trostpflaster „Transparenz“ verteilt. Dann würden die Investoren – entgegen seinen Versprechungen – doch noch einmal das nächste schöne Weihnachten feiern. Es wäre sehr frustrierend, das sage ich ganz ehrlich, wenn wir wirklich nur Transparenz bekämen. Die sollte selbstverständlich sein und auch ins Gesetz kommen. Aber wenn das alles sein soll, dann ist das nicht die von den Ländern und uns geforderte notwendige Regulierung.

 

Zu Ihrem Aufgabengebiet im Vorstand gehört auch das Thema Ausbildung für das Fachpersonal. Die Ausbildung zur/zum Zahnmedizinischen Fachangestellten stand auch 2023 wieder auf Platz 3 bei den neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen. Doch viele Verträge werden wieder gelöst, nicht alle Ausbildungen erfolgreich abgeschlossen und viele ZFA verlassen früher oder später den Beruf und wechseln in andere, häufig besser bezahlte Bereiche. In vielen Kammern gibt es inzwischen Angebote, mit denen Praxen und Azubis unterstützt werden sollen. Ziel des GV war es ja, solche Best Practice-Ideen allen zugänglich zu machen. Funktioniert das? Wie steht es zum Beispiel um die Werbekampagne, die jetzt bundesweit laufen soll?

von Laffert: Wir haben jetzt die Kampagne, die von der Zahnärztekammer Nordrhein entwickelt wurde, auf die Bundesebene geholt, auch mit neuen Videos, die dann auf Social Media laufen. Wir müssen die jungen Menschen da abholen, wo sie sich aufhalten – da habe ich mit meinen Teenager-Töchtern sozusagen die Beraterinnen im eigenen Haus.

Unterstützt wird das – was ich ganz charmant finde – auch auf Facebook, wo sich eher die älteren Generationen tummeln. So sprechen wir auch die Eltern und Großeltern der Zielgruppe an. Auf der Landingpage der Kampagne kann man sich das anschauen. Das Angebot auf der Seite werden wir noch erweitern, zum Beispiel um Material für die Praxen.

Und natürlich führen auch die einzelnen Kammern ihre eigenen Projekte vor Ort weiter. Wir in Hamburg haben auch ein Video produziert, das gut ankommt. Das bringen wir jetzt alles auch auf Bundesebene ein und stellen es den anderen Kammern zur Verfügung. Ähnlich geschieht das bei den anderen Kammern, die eigene Kampagnen aufgelegt haben.

Der Fachkräftemangel gehört auf jeden Fall zu den Top 3 der wichtigsten Themen für die Praxis. Ich sehe das in meiner eigenen Praxis. Wie soll das weitergehen mit qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, wenn wir nicht vernünftig ausbilden? Wir müssen uns um die potenziellen Azubis bemühen und wir müssen vernünftige Ausbilder finden – das gehört ebenfalls dazu. Da müssen wir auch Selbstkritik üben, was das Auflösen der Ausbildungsverträge angeht und den Wechsel in einen anderen Beruf nach der Ausbildung. Wir müssen unsere Ausbildungsqualität verbessern und die jungen Menschen im Beruf halten. Da hat sich zum Glück schon viel getan, die Beschwerden von Azubis über Missstände in der Ausbildung sind deutlich weniger geworden. Aber die jungen Leute wechseln auch viel früher, wenn es für sie nicht passt.

Die Mehrheit der Kolleginnen und Kollegen hat das erkannt. Wir als Kammern können und müssen die Kolleginnen und Kollegen da noch mehr unterstützen, gerade die jungen, die sich gerade niedergelassen haben. In unserer Hamburger Kammer machen wir regelmäßig Ausbilderseminare, die auch gut laufen. Früher haben wir das vorwiegend für Praxen angeboten, wo es Schwierigkeiten gab. Heute kommen viele freiwillig, gerade die jüngeren Praxen, und informieren sich, was es zu beachten gibt, was neu ist etc.

„Die Zusammenarbeit mit dem Verband medizinischer Fachberufe finde ich sehr angenehm.“

Der Fachkräftemangel wird allgemein beklagt. Von den Delegierten der Bundesversammlung im November 2023 in Berlin wurden Anträge, die zum Beispiel den BZÄK-Vorstand beauftragen wollten, einmal zu prüfen, welche Vorteile eine bundesweite tarifvertragliche Regelung für ZFA bringen würde, zerredet und abgeschmettert. Wie sehen Sie das Thema Tarifvertrag, bei dem es ja nicht nur um die Gehälter, sondern auch um Regelungen für die Arbeitsrahmenbedingungen insgesamt geht?

von Laffert: Die Zusammenarbeit mit dem Verband medizinischer Fachberufe, der ja die Gewerkschaft für die ZFA ist, und uns als Arbeitgebern finde ich sehr angenehm und vernünftig. Die Gespräche mit Frau König und Frau Gabel sind wirklich immer von beiderseitigem Verständnis geprägt. Natürlich setzen sie sich für die Interessen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein, das ist richtig und wichtig so.

Beim Thema Tarifvertrag könnte ich mich in Hamburg zurücklehnen und sagen: Hamburg ist seit ewigen Zeiten in diesem Tarifverbund drin. Der umfasst aktuell fünf Kammern – neben Hamburg auch Westfalen-Lippe, Hessen, Niedersachsen und das Saarland. Meiner Meinung nach ist das mit dem Tarifvertrag, der ja mehr regelt als nur die Gehaltsanpassungen, eine gute Sache, und ich mache in der Präsidentenrunde regelmäßig Werbung dafür.

Aber man muss auch differenzieren können. Die Diskussion in der Bundesversammlung im November 2023 hat mir nicht gefallen, das zeugte teilweise von wenig Wertschätzung. Auf der anderen Seite stecken die Praxen jetzt in der Inflationsfalle und haben Sorge, dass sie mit einer ständigen Tarifanpassung nicht überleben können. Die Mitarbeiterinnen haben – auch bei mir – in den vergangenen zwei Jahren deutlich mehr Gehalt gefordert und bekommen. Das ist auch wichtig, sie müssen von dem Gehalt auch leben und häufig alleine eine Familie finanzieren können. Aber die Einnahmen der Praxen sind wegen der Budgetierung und der deutlich gestiegenen Kosten für eigentlich alles eben auch unter Druck.

Dennoch ist das Thema nicht vom Tisch. Wir sprechen darüber auch in der Runde der Kammerpräsidenten immer wieder. Der Tarifvertrag definiert nur eine Untergrenze. In Städten wie München, Frankfurt oder Hamburg wird häufig mehr als das bezahlt, um Mitarbeiterinnen zu gewinnen. Viele Kammern, die nicht im Tarifverbund sind, geben für ihren Bereich Orientierungswerte für die Ausbildungsvergütungen etc. an.

Und natürlich ist es schade, dass sich die Diskussion, wie beispielsweise in Berlin, dann immer nur um den Gehaltsaspekt der Tarifverträge dreht. Die anderen Regelungen, die ja beiden Seiten Sicherheit geben, werden da leider oft übersehen.

 

Das Interesse an Aufstiegsfortbildungen ist bei den ZFA – zum Glück, muss man sagen – immer noch groß. Die Vielfalt der Angebote ist ebenfalls groß, die Qualität unterschiedlich. Jetzt gibt es eine neue Muster-Fortbildungsordnung der BZÄK für den „Bachelor Professional in Dentalhygiene“. Was hat es damit auf sich?

von Laffert: Der Bachelor Professional in Dentalhygiene ist die logische Folge der Novellierung der ZFA-Ausbildungsverordnung von 2021/2022 und der Auswirkungen auf die Aufstiegsfortbildungen. Der „Bachelor Professional“ stärkt die berufliche Bildung gegenüber den akademischen Ausbildungen. Im sogenannten Qualifikationsrahmen ist das die Stufe sechs von acht.

Der Bachelor Professional soll auch den Wert des Ausbildungsberufs ZFA und der Karrieremöglichkeiten hervorheben. Der Beruf ZFA bietet ein großes Potenzial in der beruflichen Fortbildung, und das ist ein Punkt, den wir schon bei den Azubis bei der Entscheidung für den Beruf ganz stark in den Mittelpunkt stellen müssen. In diesem Beruf können sie viel erreichen, wenn sie möchten und Ehrgeiz haben.

„Es passiert genau das Gegenteil. Es kommt immer noch was on top.“

Wie erfolgreich sind die Bemühungen, den Bürokratiewust auf Bundes- und Landesebene einzudämmen? Aus Baden-Württemberg wird zum Beispiel gerade eine Verschärfung der Begehungen berichtet, mit 15-seitigen Prüfberichten …?

von Laffert: Das ist ein ständiges und leidiges Thema. In unseren Sitzungen hört man immer wieder völlig irrsinnig anmutende Forderungen, die nur unerfreulich sind. Wenn man sich anschaut, was wir tatsächlich beim Thema Bürokratie an Verbesserung haben, muss man ehrlich sagen: Das ist, höflich formuliert, sehr überschaubar. Eigentlich wird es immer schlimmer und selbst der Normenkontrollrat musste kürzlich eingestehen, dass der Bürokratieabbau gescheitert ist.

Wir haben uns vonseiten der Zahnärzteschaft an der Ideensammlung des Bundesministeriums für Justiz zum Bürokratieabbau beteiligt. Aber Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach ist dann ausgeschert und hat für den Bereich Gesundheit ein eigenes Projekt aufgelegt. Auch da haben wir unsere Vorschläge eingebracht. Herausgekommen ist im Papier des Ministeriums unter dem Strich nichts, was die Zahnarztpraxen wirklich entlasten würde. Da wird viel von Digitalisierung geschrieben, zum Beispiel für Überweisungen, die dann über die TI und mit KIM verschickt werden können. Aber wie viele Überweisungen machen wir tatsächlich? Die Erleichterung gegenüber „Zettel ausfüllen“ ist da aus meiner Sicht eher übersichtlich.

Wir haben gemeinsam mit der KZBV ein eigenes Papier erstellt zum Bürokratieabbau mit ganz konkreten Forderungen – davon ist keine einzige angefasst worden. Auch nochmaliges Nachfassen hat nichts gebracht. Irgendwie ist das für die Politik so ein Modethema. Man hört in jedem Gespräch ‚wir müssen Bürokratie abbauen‘, aber es passiert genau das Gegenteil. Es kommt immer noch was on top.

Und da kommen Themen dazu, wo man sich fragt, wer sich das ausgedacht hat. Zuletzt war es die „validierte Wischdesinfektion“. Das ist nicht mehr nachvollziehbar. Das würde nur die Praxen belasten, ohne eine wirklich verbesserte Hygiene und einen besseren Infektionsschutz für Personal und Patienten zu bringen. Zum Glück konnten wir das vorläufig erst einmal abwenden.

Manchmal hat man das Gefühl, dass einige Behörden und Ämter mit ihrem aufgestockten Personalbestand nach der Corona-Pandemie neue Betätigungsfelder suchen. Das führt dann auch dazu, dass wir von Bundesland zu Bundesland und auch in den Regionen und Kreisen ganz unterschiedliche Anforderungen erleben, gesetzliche Vorgaben unterschiedlich ausgelegt werden. Das ist für die Praxen sehr belastend.

„Was mich wirklich umtreibt, ist diese grausame Bürokratie“

Die tägliche Arbeit der BZÄK wird vielfach von dem bestimmt, was aus Ministerien und Politik in Deutschland und auf europäischer Ebene an „Ideen“ auf die Zahnärzteschaft einprasselt. Wie man darauf, auch als Vorstand der Bundeszahnärztekammer, reagiert, hängt auch von dem Leitbild, von den eigenen Werten und von der Idee ab, die man von der Berufsausübung einer Zahnärztin, eines Zahnarztes in der Zukunft hat. Sie sind Präsident der Zahnärztekammer Hamburg und selbst als Zahnarzt tätig. Wie sehen Sie diese Zukunft, welche Ideen und Werte treiben Sie an?

von Laffert: Ja, ich habe eine recht große Praxis mit mehreren Kolleginnen zusammen. Es hört sich vielleicht ein bisschen altmodisch an, aber ich bin immer noch gerne Zahnarzt und unseren Eid und unsere Ethik halte ich nach wie vor für nicht verhandelbar. Natürlich ist es nicht einfacher geworden, mit Budgetierung und veralteter GOZ eine Praxis auch wirtschaftlich auskömmlich zu führen. Aber Patienten Leistungen nur anzubieten, weil man damit Geld verdienen will – wie es manche „Berater“ empfehlen –, geht für mich gar nicht.

Was mich wirklich umtreibt, ist diese grausame Bürokratie, von der wir eben gesprochen haben, diese ganzen explodierenden Hygienevorschriften. Obwohl es keine Gründe oder dokumentierten Fälle gibt, die diese Verschärfungen rechtfertigen würden. Aber mit dieser Argumentation kommt man oft nicht durch bei den Behörden. Ähnliches gilt beim Thema Digitalisierung, wir haben eben darüber gesprochen. Wir brauchen Anwendungen, die in der Praxis sinnvoll sind und funktionieren, keine von oben verordneten Vorgaben, die eben nicht funktionieren. Dafür mache ich mich stark – ich erlebe es ja selbst in der Praxis.

Trotz all dieser kritischen Themen: Es ist immer noch so, dass ich diesen Beruf noch einmal wählen würde, und ich den Freien Beruf und die freie unternehmerische Entscheidung auch wichtig und gut finde. Wenn meine Kinder überlegen würden, Zahnmedizin zu studieren, würde ich ihnen immer empfehlen, diesen Beruf zu wählen.

Tja, warum Berufspolitik: Nehmen wir zum Beispiel eine Bezirksgruppen-Versammlung, wo 20, 25 Leute sitzen, die mich aus Hamburg kennen und mir auch unverblümt an den Kopf werfen, was sie alles stört. Aber ich bin einer von ihnen, ich kenne die Probleme natürlich auch und sie gehen mir genauso gegen den Strich. Wir können versuchen, etwas daran zu ändern, wenn wir aktiv werden. Das habe ich schon erlebt und deshalb mache ich das auch für die Praxen, für die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen und die Angestellten dort. Das macht mir immer noch Spaß und der direkte Kontakt ist mir sehr wichtig.

Nicht immer haben wir Erfolg, wie zuletzt beim Thema Amalgam, wo die Politik trotz durchaus erfolgreicher Überzeugungsarbeit am Ende anders entschieden hat. Aber auch dafür werden wir Lösungen finden – und wir müssen das auch. Sonst entscheiden andere für uns.

 

Reference: Politik Menschen Studium & Praxisstart Praxis

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