Der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) gehen die geplanten Regelungen zu Medizinischen Versorgungszentren im geplanten Terminservice- und Versorgungsgesetz, kurz TSVG, nicht weit genug. Anlässlich der Anhörung zum Gesetz am 22. August 2018 haben KZBV und Bundeszahnärztekammer in ihrer gemeinsam formulierten Stellungnahme ihre daran bereits erhobene Kritik wiederholt. Die KZBV hat erneut auf die „dringende Notwendigkeit hingewiesen, die rasant fortschreitende Übernahme zahnärztlicher Versorgung durch Großinvestoren und Private-Equity-Fonds zu stoppen“.
„Gute zahnmedizinische Versorgung wird ruiniert“
Wer „den Ausverkauf zahnmedizinischer Versorgung an renditeorientierte Finanzjongleure und Spekulanten nicht stoppt, ist dafür verantwortlich, dass die mehr als 60 Jahre durch KZBV und Kassenzahnärztliche Vereinigungen sichergestellte flächendeckende, wohnortnahe und qualitätsgesicherte Versorgung unwiderruflich ruiniert wird. Es kann nicht sein, dass Großinvestoren und Private Equity-Fonds über den Erwerb von zumeist maroden Krankenhäusern, die keinerlei fachlichen oder räumlichen Bezug zur zahnmedizinischen Versorgung aufweisen, in großem Stil und ungehindert Zahnarzt-MVZ aufkaufen oder gründen können. Die ausgezeichnete Versorgung in Deutschland darf nicht einfach irgendwelchen Renditegelüsten geopfert werden“, erklärte der KZBV-Vorstandsvorsitzende Dr. Wolfgang Eßer.
Lösungsansatz für Investorenproblematik
Um der anhaltenden Kommerzialisierung und Vergewerblichung der Versorgung wirkungsvoll Einhalt zu gebieten, forderte Eßer für die gesamte Vertragszahnärzteschaft, Finanzinvestoren den Erwerb oder die Gründung reiner Zahnarzt-MVZ über den Erwerb von Kliniken nur dann zu ermöglichen, wenn diese auch eine direkte räumliche Beziehung zum Zahnarzt-MVZ aufweisen und schon vor dem Erwerb an der vertragszahnärztlichen Versorgung beteiligt waren. Zudem sollten in der vertragszahnärztlichen Versorgung in Zukunft wieder ausschließlich arztgruppenübergreifende MVZ zugelassen werden.
In der sehr ausführlichen Stellungnahme heißt es dazu: „Hinsichtlich der künftig noch verbleibenden Gründungsmöglichkeit von MVZ durch Krankenhäuser sollte deren Standortwahl einen räumlichen Bezug zum betreffenden Krankenhaus haben. Insoweit sollte die Gründung von (zahnärztlichen) MVZ durch Krankenhäuser nur möglich sein, wenn das MVZ in demselben zahnärztlichen Planungsbereich seinen Sitz hat wie das betreffende Krankenhaus. Darüber hinaus sollte in räumlicher Hinsicht eine Gründungsberechtigung von Krankenhäusern hinsichtlich MVZ nur noch in unterversorgten Gebieten gegeben sein, so wie im Referentenentwurf des TSVG für anerkannte Praxisnetze nach Paragraf 87b Absatz 4 SGB V vorgesehen. Abgesehen von rein wirtschaftlichen Interessen dürfte für Krankenhäuser im Regelfall kein nachvollziehbarer Grund für die Gründung eines MVZ in großer räumlicher Distanz zum eigenen Standort bestehen.
Durch die Einschränkung der Standortwahl dürfte der Aufkauf maroder Krankenhäuser zwecks Gründung von MVZ für allein Kapitalinteressen verfolgende Investoren voraussichtlich gänzlich an Attraktivität verlieren, ohne dass Krankenhäusern im Übrigen die Möglichkeit der Gründung von MVZ zur ambulanten Ergänzung ihres stationären Leistungsangebotes und zur Stärkung der ambulanten Versorgung im ländlichen Raum entzogen würde.“
Medizinisch-fachlicher Bezug verpflichtend
Hinsichtlich des fachlichen Bezugs heißt es weiter, der medizinisch-fachliche Bezug sollte „verpflichtend für die Gründung rein zahnärztlicher MVZ durch Krankenhäuser vorgesehen werden. Hierdurch stünde zahnärztlich tätigen Krankenhäusern die Möglichkeit einer Teilnahme an der ambulanten zahnärztlichen Versorgung offen, während der Zugang zum Dentalmarkt über die Gründung eines rein zahnärztlichen MVZ für nicht zahnärztlich tätige Gründungsberechtigte in sachgerechter Weise eingeschränkt würde.
Hierdurch würde nicht nur die Investorenproblematik wesentlich entschärft, sondern auch die Querfinanzierung maroder Krankenhausstrukturen durch die Teilnahme an der ambulanten zahnärztlichen Versorgung wirksam unterbunden.“
Bislang mehr als 600 Z-MVZ gegründet
Bis dato haben sich laut KZBV bundesweit mehr als 600 arztgruppengleiche MVZ – auch reine Zahnarzt-MVZ genannt – etabliert. Häufig finden sich solche Einrichtungen in Großstädten, Ballungsräumen und in einkommensstarken ländlichen Gebieten, heißt es weiter. „Die Dynamik dieser, besonders für die Versorgung im ländlichen, strukturschwachen Raum schädlichen Entwicklung ist ungebrochen. Zahnarzt-MVZ haben sich zu einem regelrechten Katalysator für Versorgungsengpässe entwickelt“, so die KZBV.
Viele positive Aspekte für zahnärztliche Versorgung
Aber es gibt nicht nur Kritik am geplanten neuen Gesetz. So wurden versorgungsverbessernde Elemente des TSVG von KZBV und BZÄK ausdrücklich anerkannt und begrüßt. Die mit dem Gesetz erfolgende Bestätigung des zwischen Krankenkassen und KZBV einvernehmlich geregelten Gutachterwesens und die Anhebung der Festzuschüsse bei Zahnersatz verbesserten aus Sicht der KZBV die Position der Patienten in der vertragszahnärztlichen Versorgung deutlich. Die Regelungen zur kieferorthopädischen Behandlung sorge für mehr Transparenz und durch die Abschaffung der Degression werden sinnvolle Impulse zur Verbesserung der Versorgung in ländlichen und strukturschwachen Gebieten gesetzt.
Ärzteschaft positioniert sich verhaltener
Aus Sicht der Ärzteschaft sind vor allem die im TSVG vorgesehene Ausweitung der Mindestsprechstundenzeiten der niedergelassenen Ärzte, deren Vergütung und die schärferen Regelungen zu den Terminservicestellen Hauptaspekte ihrer Argumentation.
Insgesamt positioniert sich die KBV zum Thema MZV etwas verhaltener. Zu den arztgruppengleichen MVZ und den Möglichkeiten für Investoren, über Klinikkäufe MVZ zu gründen oder zu erwerben, sieht auch die KBV eine Beschränkung auf das kliniknahe Umfeld und das in der Klinik angebotene ärztliche Leistungsspektrum als sinnvoll an. Gewünscht ist zudem, dass auch Kassenärztliche Vereinigungen Gründer von MVZ werden können und die Möglichkeiten von Praxisnetzwerken beschränkt werden, um eine Übernahme ganzer Regionen durch einzelne Anbieter zu verhindern.
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