Der Verband medizinischer Fachberufe e.V. (vmf) begrüßt zahlreiche Vorhaben im aktuellen Koalitionsvertrag der Bundesregierung als Schritte in die richtige Richtung für Medizinische, Tiermedizinische und Zahnmedizinische Fachangestellte sowie Zahntechnikerinnen/Zahntechniker. Insbesondere in den Bereichen Arbeitszeitflexibilität, Tarifbindung, betriebliche Alterssicherung und Gesundheitsbildung sieht der Verband Potenzial zur Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen seiner Mitglieder.
Der Koalitionsvertrag enthalte zwar zahlreiche gute Ansätze, bleibe aber in der konkreten Umsetzung und bei der Gleichstellung der nichtärztlichen Gesundheitsberufe hinter den Erwartungen zurück. Der Verband medizinischer Fachberufe e.V. appelliert daher an die Politik, die Umsetzung konsequent im Sinne der Fachkräfte zu gestalten – mit mehr Mitbestimmung, fairer Bezahlung, gezielter Förderung und echter Anerkennung. Der Verband hat dazu auch eine ausführliche Stellungnahme vorgelegt.
Zu Kernforderungen und einzelnen Bewertungen
Fachkräftesicherung braucht mehr als gute Absichten: So ist die Erhöhung der Erwerbsbeteiligung von Frauen grundsätzlich sinnvoll – sie greift für die vom vmf vertretenen Berufe mit hohem Frauenanteil aber zu kurz. MFA, ZFA, TFA und Zahntechnikerinnen/Zahntechniker stemmen täglich den Spagat zwischen Beruf, Familie und Care-Arbeit. Das geplante „Familienbudget für Alltagshelfer“ reicht als Hilfe nicht aus – zumal es vorerst nur geprüft werden soll, so der vmf in der Stellungnahme. Vielmehr wird der flächendeckende Ausbau von Kinderbetreuung, verlässlichen Schulzeiten und bezahlbarem Wohnraum mit guter Verkehrsanbindung gefordert. Nur so werde Vereinbarkeit zur Realität. Gleichzeitig brauche es bessere Arbeitsbedingungen. „Fachkräftesicherung gelingt nur, wenn die Politik Maßnahmen umsetzt, die Lebenswirklichkeit der Beschäftigten ernst nehmen“, erklärt dazu vmf-Vizepräsidentin Patricia Ley.
Mindestlohnniveau für Ausbildungsberufe zu wenig
Faire Bezahlung – Tariflöhne mit Abstand zum Mindestlohn: Die Ankündigung, dass ein Mindestlohn von 15 Euro bis 2026 erreichbar ist, begrüßt der vmf. Für qualifizierte Fachkräfte wie MFA TFA, ZFA und Zahntechnikerinnen/Zahntechniker ist das Mindestlohnniveau aber nicht ausreichend. Diese Berufe erfordern eine drei- beziehungsweise dreieinhalbjährige Ausbildung und tragen hohe Verantwortung. Eine Vergütung knapp über Mindestlohn ist dieser Qualifikation nicht angemessen und würde weiterhin trotz Vollzeitarbeit zu Altersarmut führen.
Der Berufsverband fordert deshalb flächendeckende, verbindliche Tarifverträge mit deutlich höheren Löhnen. Das Bundestariftreuegesetz und die geforderte Tariftreue bei der Vergabe von Bundesaufträgen sollten auch für Ausgaben im Bereich der gesetzlichen Sozialversicherung gelten. Parallel dazu fordert der vmf eine Stärkung von verbindlichen bundesweiten Tarifverträgen oder Branchenmindestlöhne mit der entsprechenden Gegenfinanzierung, um im ambulanten Gesundheitswesen ein deutliches Signal zur Fachkräftesicherung zu setzen. „Der seit 2010 für Pflegefachkräfte gültige Branchenmindestlohn und dessen Gegenfinanzierung haben die Gehaltssituation der Beschäftigten deutlich verbessert. Der vmf fordert daher auch für die Gesundheitsberufe in Arzt- und Zahnarztpraxen und in der Zahntechnik faire Gehälter und deren Gegenfinanzierung analog dem Vorbild Pflege“, erläutert vmf-Präsidentin Hannelore König.
Einbindung der Berufsvertretung in politische Entscheidungsprozesse
Gleichstellung und Sichtbarkeit: Die Forderung nach Einbindung der Berufsvertretung der MFA, TFA, ZFA und Zahntechnikerinnen/Zahntechniker in politische Entscheidungsprozesse, Kommissionen und Modellprojekte bleibt zentral. Bisherige Maßnahmen fokussieren zu einseitig auf ärztliche und pflegerische Berufe.
Gesundheitsschutz & Umwelt: Der vmf fordert die nachhaltige Forschung, um gesundheits- und umweltschädliche Chemikalien wie PFAS in Medizinprodukten rasch vom Markt nehmen zu können und warnt vor politischen Zugeständnissen an Lobbyinteressen.
Schutz für alle Gesundheitsberufe
Recht & Sicherheit: Der erweiterte strafrechtliche Schutz muss explizit auch Gesundheitsberufe einschließen. Gewalt gegen MFA, TFA, ZFA und alle anderen Gesundheitsberufe ist real und fordert systematische Prävention und strafrechtlichen Schutz.
Gesellschaftlicher Wandel: Themen wie mentale Gesundheit, sexualisierte Gewalt und Selbstbestimmung bei Schwangerschaftsabbrüchen dürfen nicht weiter tabuisiert, sondern müssen aktiv angegangen werden.
Stärkung des Ehrenamts: Das Anheben der Ehrenamtspauschale ist ein erster Schritt zur Anerkennung der ehrenamtlichen Arbeit. Viele Bereiche in Gesundheits- und Sozialwesen – darunter Berufsbildung, Prüfungswesen und Berufsverbände – beruhen auf dem Engagement von tausenden ehrenamtlich Tätigen. Angesichts des Fachkräftemangels ist die höhere Freigrenze ein wichtiges Signal, um diese tragende Säule zu entlasten und zu erhalten. Ein zweiter guter Schritt wäre, über ein jahrzehntelanges nachweislich ehrenamtliches Engagement einen Rentenpunkt zu vergeben.