Alles ist teurer geworden: Strom, Gas, Miete, Einkaufspreise. Auch in den Praxen – und das schon seit Jahren. Hinzu kommen gestiegene Personalkosten, denn auch Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen müssen eine regelmäßige Inflationsangleichung erhalten. Ärzte und Zahnärzte fordern daher, dass nicht nur Kliniken und Pflegeheime, sondern auch Arzt- und Zahnarztpraxen finanzielle Hilfen bekommen.
Gab es schon während der Coronahochphasen allein für die Zahnmedizin keinen Rettungsschirm – für alle anderen Bereiche ambulant und stationär schon –, gibt es nun auch keinen Coronabonus für die Angestellten niedergelassener Zahnarztpraxen – im Gegensatz zu Krankenhäusern und Pflege, so die Bundeszahnärztekammer. Mit dem GKV-Finanzstärkungsgesetz solle das Budget nun sogar noch gedeckelt werde. „Dabei arbeiten alle Beschäftigten im Gesundheitswesen mit großem Engagement daran, die aktuellen Herausforderungen, auch immer noch jene der Pandemie, zu bewältigen“, so die BZÄK.
Der ambulante Bereich entlaste Kliniken, es wird der Großteil aller Patienten in Deutschland im ambulanten Bereich versorgt. „Allerdings wird dem ambulanten Bereich weniger Respekt gezollt als den anderen Berufsgruppen. In der aktuellen Situation die Praxen mit den hohen Energie- und Einkaufspreisen allein zu lassen, sogar zu budgetieren, ist absolut unverständlich“, so die BZÄK.
Finanzielle Auswirkungen genauso berücksichtigen wie bei Kliniken
„Üblicherweise und in der Pandemie besonders wird nach jeder Behandlung in den Zahnarztpraxen gründlich gelüftet, gleichzeitig muss eine Mindesttemperatur sichergestellt werden, da Patientinnen und Patienten oft recht lange liegen. Die Bundeszahnärztekammer fordert daher, dass die finanziellen Auswirkungen der massiven Preissteigerungen auch im ambulanten Bereich abgefedert werden. Alle Zahnarztpraxen sollen analog zu den zugesicherten Hilfen des Bundesministeriums für Gesundheit für Kliniken und Pflegeheime ebenfalls berücksichtigt werden. So könnte zum Beispiel das bereits existierende Energiekostendämpfungsprogramm für die Industrie auch für kleinere und mittlere Unternehmen geöffnet werden und eben auch für den ambulanten zahnmedizinischen Bereich“, so die Bundeszahnärztekammer.
Steuerfinanzierte Energiekostenzulage auch für die Praxen
Die Forderung nach Hilfen für die Praxen kommt auch von der Bundesärztekammer. „Wir brauchen jetzt dringend eine steuerfinanzierte Energiekostenzulage für Kliniken und auch für Praxen, damit in unseren Gesundheitseinrichtungen nicht buchstäblich die Lichter ausgehen.“ Das fordert Bundesärztekammer-Präsident Dr. Klaus Reinhardt in der aktuellen Debatte über Soforthilfen für Gesundheitseinrichtungen aufgrund stark steigender Energiepreise und der allgemeinen Kostenentwicklung.
Konkret schlägt er einen gestaffelten Zuschuss auf Grundlage der Gas- und Stromrechnungen aus dem Vorjahr vor. Operativ umgesetzt werden könnte eine solche Zulage als zusätzlicher Bundeszuschuss über den Gesundheitsfonds oder durch den Einbezug von Gesundheitseinrichtungen in das Energiekostendämpfungsprogramm der Bundesregierung.
Reglementierte Vergütung, rasant steigende Kosten
Reinhardt warnt, dass neben den Kliniken auch viele niedergelassene Ärztinnen und Ärzte als Kleinunternehmer vor enormen Herausforderungen stehen. Die Kostensteigerungen für Energie träfen auf reglementierte Preise, weshalb Zuwächse bei Energiekosten und die gegenwärtige Inflationsentwicklung über die reguläre Vergütung nicht mehr ausgeglichen werden könnten. Reinhardt erinnert daran, dass die in den vergangenen Monaten bis auf 8 Prozent gestiegene Inflation bei der aktuellen Honoraranpassung für das Jahr 2023 unberücksichtigt geblieben ist. Hinzu komme, dass der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung durch das geplante GKV-Finanzstabilisierungsgesetz von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach rund 400 Millionen Euro entzogen werden sollen, so der BÄK-Präsident.
Gesundheitswesen krisenfest ausgestalten
„Wenn zusätzlich von den Praxen nun noch Kostensteigerungen für Gas und Strom von 100 Prozent und mehr gestemmt werden müssen, ist dies eine enorme Belastung. Gerade angesichts der anstehenden Grippewelle und saisonal steigender Coronazahlen im Winter muss das Gesundheitswesen krisenfest ausgestaltet werden“, so Reinhardt.
Zahntechniker initiieren Petition
Auch die zahntechnischen Labore leiden unter den steigenen Kosten für Materialien und Energie. Die Mitteldeutsche Zahntechniker-Innung und die Südbayerische Zahntechniker-Innung haben daher eine Petition beim Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags gestartet, die unter anderem eine Aufhebung der Preisregulierung zahntechnischer Preise in der Gesetzlichen Krankenversicherung und eine Orientierung am tatsächlichen Bundesmittelpreis fordert. Die Petition kann online noch bis 10. Oktober 2022 mitgezeichnet werden. Am 27. September 2022 sollen bereits Unterschriftenlisten dazu im Bundesministerium für Gesundheit in Berlin übergeben werden.