0,00 €
Zum Warenkorb
  • Quintessence Publishing Deutschland
Filter
2601 Views

Präventionskrise in Deutschland: DEGAM fordert, den Fokus endlich auf Vorsorge und Gesundheitskompetenz richten

Trotz häufiger Kontakte mit Ärztinnen und Ärzten fehlt die Zeit für Patientengespräche.

(c) goodluz /shutterstock.com

Die Lebenserwartung in Deutschland fällt im internationalen Vergleich auffällig niedrig aus, obwohl sich Deutschland eines der teuersten Gesundheitssystem der Welt leistet. Angesichts dieses ernüchternden Ergebnisses fordert die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM), den Fokus endlich mehr auf Prävention und Gesundheitskompetenz zu richten. Dazu gehören: Stärkung der Hausarztmedizin, Aufwertung der sprechenden Medizin und damit mehr Gesundheitsberatung, strengere Regeln im Umgang mit Tabak- und Alkoholwerbung, gesundes Schul- und Kita-Essen, mehr Sportangebote etc.

Kardiovaskuläre Erkrankungen besonders häufig

Bei den Ausgaben für das Gesundheitssystem liegt Deutschland auf den vorderen Plätzen, bei der Lebenserwartung gehört es zu den Schlusslichtern. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung in Rostock, in der die Lebenserwartung in sechs Ländern mit hohem Einkommen verglichen wurden. Es zeigten sich erhebliche Unterschiede: In den bestplatzierten Ländern (Frauen: Spanien, Männer: Schweiz) werden die Menschen im Durchschnitt gleich mehrere Jahre älter als in Deutschland. In Deutschland ist, so die Studie, vor allem die erhöhte Anzahl von Todesfällen aufgrund kardiovaskulärer (Herz-Kreislauf-)Erkrankungen auffällig.

Gerade angesichts der immensen Ressourcen, die hierzulande für die Gesundheit ausgegeben werden, müssen diese Zahlen aufrütteln: In Deutschland arbeiten überdurchschnittlich viele Ärztinnen und Ärzte, gleichzeitig gibt es mehr Krankenhaus- und Intensivbetten als in fast allen anderen verglichenen Ländern. Trotzdem sterben die Menschen in Deutschland früher.

Viele Kontakte, wenig Gespräche

„Wir setzen uns seit Jahren für mehr Prävention ein. Es wäre schon viel gewonnen, wenn die sprechende Medizin aufgewertet wird, so dass den hausärztlichen Kolleginnen und Kollegen endlich mehr Zeit für die Gesundheitsberatung zur Verfügung steht. Anders wird es nicht gelingen, gerade Risikogruppen zu erreichen. Das geht nur im Gespräch“, kommentiert Prof. Martin Scherer, Präsident der DEGAM. „In Deutschland gibt es ein krasses Missverhältnis: Die Anzahl der Arztkontakte pro Person ist extrem hoch – aber die Zeit pro Patientin oder pro Patient, um gesundheitsförderndes Verhalten zu besprechen, viel kürzer als in den verglichenen Ländern.“

Prävention als gesellschaftliche Aufgabe

Echte Prävention ist zudem viel mehr als eine medizinische – sie ist eine gesellschaftspolitische Aufgabe: „Deutschland ist führend im Pro-Kopf-Verbrauch von Zucker, hat immer noch eine überdurchschnittliche Alkohol- und Raucherquote (und als eines von wenigen Ländern weiterhin kein Werbeverbot für Zigaretten) und einen viel zu hohen Anteil an übergewichtigen und adipösen Menschen. Bei der Ernährung fällt die hohe Rate an tierischen Produkten auf. Auch bei der Bewegung gibt es Defizite,“ ergänzt Dr. Thomas Maibaum, stellvertretender Sprecher der DEGAM-Sektion Prävention.

Quelle:
Jasilionis, D., van Raalte, A.A., Klüsener, S. et al. The underwhelming German life expectancy. Eur J Epidemiol (2023).

Gleichzeitig warnt die Fachgesellschaft davor, die Verantwortung allein bei den Betroffenen abzuladen. „Es ist seit Jahren bekannt, dass eine reine Verhaltensprävention in erster Linie die Menschen erreicht, die sowieso schon gesundheitsbewusst leben. Bei der Verhältnisprävention, über die seit Jahren diskutiert wird, kommt Deutschland weder bei der Forschung noch in der Praxis der öffentlichen Gesundheitsfürsorge (Public Health) wirklich voran. Erste und längst überfällige Schritte wären: Einführung Zuckersteuer, Werbeverbot für Tabakprodukte, Raucherentwöhnung als Kassenleistung, Subventionierung von gesunder Ernährung in Kindergarten und Schule und mehr Sportangebote für jede Altersstufe“, fordert Martin Scherer. „Nur so können wir bei der Lebenserwartung zumindest den internationalen Durchschnitt erreichen.“

Auch öffentliche Gesundheitsfürsorge stärken

Hinsichtlich der Konsequenzen der Studie sieht die Autorengruppe insbesondere Defizite in der Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die DEGAM geht davon aus, dass die kardiovaskuläre Krankheitslast auch medikamentös effektiver reduziert werden kann: „Bei Menschen mit hohem absoluten und relativen Herzinfarkt-Risiko sollten verstärkt Statine verschrieben werden“, fasst Dr. Uwe Popert, Sprecher der DEGAM-Sektion Hausärztliche Praxis, den aktuellen Wissensstand zusammen. „In Deutschland liegt die Indikationsgrenze derzeit bei einem 20-prozentigen Risiko, dass innerhalb von 10 Jahren ein kardiovaskuläres Ereignis (zum Beispiel Herzinfarkt) auftritt. Im europäischen Ausland liegt die Indikationsschwelle meist bei 10 Prozent. Auch Deutschland sollte diesen Wert insbesondere für Jüngere bei 10 Prozent ansetzen, um eine problematische Verzögerung der Behandlung zu vermeiden.“

Reference: Nachrichten Menschen Bunte Welt

AdBlocker active! Please take a moment ...

Our systems reports that you are using an active AdBlocker software, which blocks all page content to be loaded.

Fair is fair: Our industry partners provide a major input to the development of this news site with their advertisements. You will find a clear number of these ads at the homepage and on the single article pages.

Please put www.quintessence-publishing.com on your „adblocker whitelist“ or deactivate your ad blocker software. Thanks.

More news

  
9. May 2025

Ungesunder Lebensstil verkürzt die Lebenserwartung

Hohe Versorgungsqualität kann ungesunde Lebensweise der Bevölkerung nicht auffangen
8. May 2025

So könnte die Ernährung der Zukunft aussehen

Fraunhofer Leitprojekt „FutureProteins“ gewinnt im Indoor-Anbau Proteine und Rohstoffe aus Pflanzen, Pilzen und Algen
8. May 2025

Hessische Kammerpräsidentin Seiz neue Generalsekretärin der ERO

European Regional Organisation (ERO) der World Dental Association (FDI) ist wichtiger Ort des internationalen Austauschs
8. May 2025

Kurz und knapp

Kurznachrichten und Informationen aus der (dentalen) Welt – Mai 2025
7. May 2025

Herausforderungen mit Engagement und Weitsicht angehen

Nina Warken ist neue Bundesgesundheitsministerin – Reaktionen aus Zahnärzteschaft, Zahntechnik und Gesundheitsbranche
7. May 2025

Immer mehr Hochbetagte im Krankenhaus

Krankenhausreport 2025 zeigt: Kliniken sind auf steigende Anzahl pflegeintensiver Patienten nicht vorbereitet
7. May 2025

Innovative Unterstützung für die Parodontitisbehandlung

Das Pocket-X® Gel, vertrieben von Geistlich, unterstützt die Heilung des Zahnfleischs und hemmt die Wiederbesiedelung der parodontalen Taschen
6. May 2025

Weniger Krebs durch umweltfreundliche Ernährung

Aktuelle Studie und Metaanalyse zeigen Zusammenhang zwischen nachhaltigen Ernährungsweisen und Krebsrisiko