Zum neunten Mal wurde am 17. November 2023 in Berlin der Herbert-Lewin-Preis zur Aufarbeitung der Geschichte der Ärzteschaft in der Zeit des Nationalsozialismus verliehen. Der Forschungspreis wird vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG), der Bundesärztekammer (BÄK), der Bundeszahnärztekammer (BZÄK), der Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) ausgeschrieben.
Ziel des Herbert-Lewin-Preises ist die Förderung der historischen Aufarbeitung der Rolle der Ärzteschaft im Dritten Reich. Zugleich soll er an engagierte Ärztinnen und Ärzte und Zahnärztinnen und Zahnärzte erinnern, die in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt und ermordet wurden. Der Preis trägt mit dazu bei, Erfahrungen aus der Vergangenheit erlebbar und für die Zukunft nutzbar zu machen, damit sich Geschichte nicht wiederholt. Dies sei in Zeiten des brutalen Terrors gegen Jüdinnen und Juden sowie weltweiter antisemitischer Übergriffe wichtiger denn je, betonen die Initiatoren.
Tiefgehender Eindruck vom Leid der Betroffenen
(c) Marten Ronneburg
So werde abgebildet, welchen Schmerz die Verfolgten erleiden mussten, als ihnen die berufliche Integrität mit dem Entzug der Zulassung zu den Krankenkassen genommen, die ärztliche Approbation aberkannt und der Doktorgrad entzogen wurde. Aber auch welche unvorstellbaren Qualen die Verfolgten durch den Verlust der Heimat und von Familienangehörigen erlebten. Die Opferperspektive lasse sich auf die Fläche des gesamten damaligen Reichsgebiets spiegeln.
Akteure verblieben in einflussreichen Positionen
(c) Marten Ronneburg
Die Arbeit könne als Muster und Anregung sowie politisches Signal für andere Standesorganisationen dienen, ihre Geschichte proaktiv aufzuarbeiten und sich mit ihr und den belasteten ehemaligen Mitgliedern nach nunmehr fast 80 Jahren nach Kriegsende auseinanderzusetzen, so die Jury.
Lebendige Erinnerungen gegen das Vergessen
Insgesamt 15 Arbeiten wurden eingereicht – darunter auch das Digitale Projekt „Gegen das Vergessen – Lebendige Erinnerungen gegen das Vergessen“ der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS). Die Jury lobt das Projekt „als innovativen, interaktiven und zukunftsweisenden Weg, geschichtliche Aufarbeitung für einen größeren Personenkreis greifbar und sichtbar zu machen“. Die Zusammenarbeit mit Schülerinnen und Schülern, die mit eigenen Recherchen zu diesem Projekt beigetragen haben, unterstreiche die Breitenwirkung dieser Initiative.
Jede teilnehmende Einzelperson/jede Arbeitsgruppe darf eine Arbeit einreichen
Die Preisträger werden von einer unabhängigen Jury ausgewählt, deren Mitglieder von den Trägerorganisationen und dem Zentralrat der Juden in Deutschland benannt wurden. An der Ausschreibung des Forschungspreises konnten (Zahn-)Ärztinnen und (Zahn-)Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten als Einzelpersonen, in Kooperationen oder in Gemeinschaften teilnehmen. Die Ausschreibung richtete sich auch an Studierende der Zahn- oder Humanmedizin und an Wissenschaftler, die an zahn- und humanmedizinischen Fakultäten oder medizinhistorischen Instituten tätig sind. Jede teilnehmende Einzelperson und jede Arbeitsgruppe konnte jeweils eine Arbeit einreichen.
Weitere Informationen zu dem Preis sowie zu früheren Preisträgern und deren Arbeiten.