Die European Association of Dental Technology (EADT e.V.) veröffentlicht in ihrem Blog regelmäßig aktuelle News rund um Prothetik, Werkstoffe und Technologien. Das Team der Werkstoffkundeforschung an der Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik der LMU München unterstützt den Verein regelmäßig mit der Aufarbeitung aktueller Forschungs- und Studienergebnisse, aktuell zum Thema „3D-Druck eines thermoplastischen Kunststoffs“.
Nachfolgend werden Einblicke in ein vom Zentralen Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) gefördertes Forschungsprojekt zwischen der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität (RPTU) in Kaiserslautern, dem Unternehmen Apium Additive Technologies in Karlsruhe und dem Team der Werkstoffkundeforschung der Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik des Klinikums der LMU gegeben. Gegenstand der Forschung sind der 3D-Druck und der Einfluss von silberbeschichteten Zeolith-Füllstoffen auf die chemischen und mechanischen Eigenschaften von Restaurationen aus PPSU.
Polyphenylensulfon (PPSU) ist ein thermoplastischer Kunststoff, der in der Zahnmedizin neuerdings Verwendung findet. Erste Untersuchungen haben hinsichtlich der mechanischen Eigenschaften dieses Materials vielversprechende Ergebnisse erbracht, die das Potenzial dieses Kunststoffs für die Herstellung von herausnehmbarem und festsitzendem Zahnersatz unterstreichen.
PPSU im 3D-Druckverfahren
Eine Schlüsseleigenschaft, die die Forschungsanstrengungen in diesem Bereich beflügelt hat, ist die Möglichkeit, PPSU im 3D-Druck zu verarbeiten. Um ein 3D-gedrucktes Objekt aus PPSU herzustellen, muss das Basismaterial in zwei Schritten verarbeitet werden.
- In einem ersten Schritt wird das Granulat zu Filamenten extrudiert, was eine strikte Einhaltung der Temperatureinstellungen und ein zuvor sorgfältig getrocknetes Material erfordert.
- Im zweiten Schritt wird das so gewonnene Filament mittels Fused Filament Fabrication (FFF) verarbeitet, wobei es sorgfältig erhitzt und extrudiert wird, um Schicht für Schicht eine 3D-Struktur zu bilden. In diesem Zusammenhang sind die Druckparameter entscheidend. Die Wechselwirkungen zwischen der Temperatur des Druckbetts, der Druckkammer und der Druckdüse sowie die Druckgeschwindigkeit und die Schichtdicke müssen sorgfältig aufeinander abgestimmt werden, um den Zusammenhalt zwischen den verschiedenen Schichten und eine hohe Präzision des gedruckten Objekts zu gewährleisten. Gleichzeitig muss eine gewisse wirtschaftliche Effizienz berücksichtigt werden, die sich in Zukunft in minimalen Wartezeiten für Zahntechniker, Zahnarzt und Patient niederschlagen wird.
PPSU: Optimierung der Werkstoffeigenschaften
Aktuell hat man sich darauf konzentriert, die Zusammensetzung von PPSU so zu verändern, dass eine antimikrobielle Wirkung erzielt und die Anhaftung von Belägen verringert wird. Zu diesem Zweck kann PPSU mit silberhaltigen Zeolith-Füllstoffen dotiert werden. Silber ist seit Jahrhunderten als antimikrobielles Mittel bekannt und wird in vielen verschiedenen Anwendungen, von medizinischen Geräten bis hin zu Kosmetika, erfolgreich eingesetzt. Der Zeolith, der aus mikroporösen Alumosilikaten besteht, die sich aus SiO4/2- und AlO4/2-Tetraedern zusammensetzen, wird als Trägermaterial verwendet, damit das dotierte PPSU das antimikrobielle Silber über einen gewissen Zeitraum freisetzen kann.
Die beabsichtigte Anwendung als Zahnersatzmaterial erfordert, dass PPSU
- ausreichende Oberflächeneigenschaften,
- eine hohe mechanische Festigkeit sowie
- eine erfolgreiche Haftung an anderen Dentalwerkstoffen aufweist.
Um erfolgreich als bioaktives Material zu fungieren, sollte PPSU über einen längeren Zeitraum antimikrobielle Substanzen abgeben. Für eine qualitative Oberflächencharakterisierung können REM- und EDX-Analysen eingesetzt werden. Die Bestimmung der Martens-Parameter von PPSU kann für eine quantitative Oberflächencharakterisierung in Betracht gezogen werden. Die Untersuchung der Biegefestigkeit ermöglicht die Beurteilung der mechanischen Leistungsfähigkeit von PPSU, während die Bestimmung der Scherfestigkeit an einem Verblend- und Befestigungskomposit Rückschlüsse auf den Erfolg der Verblendung oder Befestigung von PPSU-Restaurationen zulässt. Durch die Untersuchung der Auslaugungseigenschaften kann das antimikrobielle Verhalten bestimmt werden, da diese Eigenschaft oft mit der Menge des aus dem Material freigesetzten Silbers zusammenhängt. Um eine Annäherung der In-vitro-Versuchsaufbauten an die klinische Situation zu ermöglichen, wurden entsprechende Alterungssimulationen mit einbezogen.
Die Untersuchung
Ziel der vorliegenden Untersuchung war es, die chemischen und mechanischen Eigenschaften von PPSU in Abhängigkeit von seiner Zusammensetzung (ungefüllt oder gefüllt mit silberbeschichteten Zeolithen) und von seinem Herstellungsprozess zu bestimmen, indem Granulat, Filament und 3D-gedruckte Objekte untersucht wurden.
Folgende Nullhypothesen wurden untersucht:
- die Materialzusammensetzung hat keinen Einfluss auf die Oberflächeneigenschaften von PPSU,
- weder die Materialzusammensetzung noch (3) die Alterung haben einen Einfluss auf die Martens-Parameter und die Biegefestigkeit,
- die Adhäsivsysteme haben keinen Einfluss auf die Scherfestigkeit zu einem Verblend- oder Befestigungskomposit und
- weder die Materialzusammensetzung noch
- der Verlauf der Freisetzungszeit der Silber-Ionen haben einen Einfluss auf die Auslaugungseigenschaften von PPSU.
Material und Methoden
Ungefüllte PPSU-Prüfkörper (PPSU1) und mit antimikrobiellen silberbeschichteten Zeolithen gefüllte Prüfkörper (PPSU2) wurden aus Granulat-GR oder Filament-FI oder 3D-gedruckt hergestellt (Abb. 1).
Es wurden rasterelektronenmikroskopische und röntgenspektroskopische Untersuchungen durchgeführt. Die Martenshärte, das elastische Eindringmodul und die Biegefestigkeit wurden initial und nach Alterung bestimmt. Die Scherfestigkeit zu Verblend- und Befestigungskompositen nach Konditionierung mit sieben Adhäsivsystemen wurde nach der Alterung untersucht. Die Silberauslaugung wurde nach 1, 3, 7, 14, 21, 28 und 42 Tagen getestet. Für die statistische Auswertung wurden Varianzanalysen, Kolmogorov-Smirnov, Kruskal-Wallis, Mann-Whitney U, ungepaarte t-Tests und Weibull-Modul durchgeführt (p < 0,05).
Ergebnisse
Es zeigte sich, dass die Zeolithe homogen im Kunststoff verteilt waren (Abb. 2). PPSU1-GR und PPSU1-FI zeigten die höchsten Martens-Parameter und das höchste elastische Eindringmodul, gefolgt von PPSU2-GR, PPSU1-3D und PPSU2-3D. PPSU2-FI wies die niedrigsten Martens-Parameter und das niedrigste elastische Eindringmodul auf und zeigte Mikrogrübchen. Die Alterung zeigte bei PPSU1 geringere Martens-Parameter und ein geringeres elastisches Eindringmodul und keine Auswirkungen auf PPSU2, während die Biegefestigkeit zunahm (PPSU1) oder abnahm (PPSU2). PPSU2-3D wies eine niedrigere Biegefestigkeit auf als PPSU1-3D. Mit Ausnahme des Adhäsivsystems PR wurden hohe Scherfestigkeiten für das Befestigungs- (7,0-16,2 MPa) und das Verblendkomposit (11,8-22,2 MPa) beobachtet. PPSU2-3D zeigte die höchste Silberfreisetzung (9,6 Prozent), wobei alle Zusammensetzungen über 42 Tage Silber abgaben.
Schlussfolgerung
Während des untersuchten Zeitraums von sechs Wochen wurden aus dem gefüllten PPSU antimikrobielle Silberionen freigesetzt. Die hohe Scherfestigkeit zwischen PPSU und Verblend-/Befestigungskomposit bestätigte die Machbarkeit der ästhetischen Verblendung und Befestigung von gefülltem PPSU. Um die gleichen mechanischen Eigenschaften wie bei ungefülltem PPSU zu erreichen, müssen die Verarbeitungsparameter von gefülltem PPSU verfeinert werden.
Diese Untersuchung liefert den prinzipiellen Beweis, dass PPSU erfolgreich mit silberbeschichteten Zeolithen dotiert werden kann. Die Kombination des 3D-Drucks mit einem antimikrobiellen Thermoplast stellt eine große Chance im Bereich der prothetischen Zahnmedizin dar. Mögliche Anwendungen sind Klammern für herausnehmbaren Zahnersatz, provisorischer oder festsitzender Zahnersatz und Implantataufbauten.
Untersuchung
Die hier präsentierten Ergebnisse stützen sich auf folgende Untersuchung:
Mayinger F, Lösch A, Reznikova E, Wilhelm C, Stawarczyk B. Influence of silver coated zeolite fillers on the chemical and mechanical properties of 3D-printed polyphenylene sulfone restorations. J Mech Behav Biomed Mater, 2025, 160:106756, https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1751616124003886?via%3Dihub