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„Es ist an der Zeit, den Standort der prothetischen Zahnmedizin neu zu definieren“ – Prof. Dr. Florian Beuer zum Programm der Jahrestagung der DG Pro in Berlin

Vom 3. bis 5. Mai 2018 wird Berlin zum Treffpunkt nicht nur für prothetisch interessierte Zahnärzte und für Zahntechniker: Die DG Pro – die Deutsche Gesellschaft für prothetische Zahnmedizin und Biomaterialien – lädt zu ihrer 67. Jahrestagung ein. Was es mit dem besonderen Tagungsthema auf sich hat, was die Digitalisierung verlangt und was Zahnmedizinstudenten lernen müssen, darüber gibt Prof. Dr. Florian Beuer im Interview mit Quintessence News Auskunft.

Herr Professor Beuer, Sie haben die wissenschaftliche Leitung der diesjährigen 67. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für prothetische Zahnmedizin und Biomaterialien vom 3. bis 5. Mai in Berlin. „Wo steht die prothetische Zahnmedizin im Dialog mit den Nachbardisziplinen?“ lautet das Thema. Warum dieses Thema und warum jetzt?


Prof. Dr. Florian Beuer (Foto: QTV)

Prof. Dr. Florian Beuer: Ich denke, es ist an der Zeit, den Standort der prothetischen Zahnmedizin neu zu definieren und alte Vorurteile und Dogmen kritisch zu beleuchten und zu hinterfragen. Der Prothetik hängt etwas „Überholtes“ und „Un-Modernes“ an, weil jeder die klassische Totalprothese vor Augen hat, wenn er an das Thema Prothetik denkt. Wenn man aber die attraktiven Dauerbrennerthemen der restaurativen Zahnheilkunde betrachtet – und ich denke dabei an die ästhetische Zahnheilkunde oder die Implantologie –, dann ist der Großteil oder sogar alles klassische prothetische Zahnmedizin.

Wir – die DGPro, die Nexte Generation der DGI und die FZT – wollten mit dem Thema den Akzent setzen, dass es eigentlich in keiner Teildisziplin der Zahnmedizin ohne die Prothetik oder gewisse prothetische Grundkenntnisse geht.

Ein weiterer Grund, warum das Thema gerade jetzt brandaktuell ist, ist die Neufassung der Approbationsordnung. Hier werden die zahnmedizinischen Inhalte vor allem auf Kosten der prothetischen Ausbildung reduziert. Ob dies unsere künftigen Kollegen zu besseren Zahnärzten machen wird und die Zahnmedizin insgesamt nach vorne bringt, wird die Zukunft zeigen. Sicher bin ich mir da nicht.

Wichtig ist der Dialog, verbunden mit Kenntnissen aus den jeweiligen Teildisziplinen, und da ist sehr viel Prothetik mit dabei. Ich freue mich auf alle Fälle auf unsere Sessions, die eine Teildisziplin aus den unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchten werden.

Die 67. Jahrestagung der DG Pro findet vom 3. bis 5 Mai 2018 in Berlin statt. Weitere Informationen zum Programm, zu den Referenten, erste Abstracts und Anmeldung unter quintessenz.de.


Die Probleme sind dieselben geblieben

Mitunter bekommt man den Eindruck, dank CAD/CAM und neuer Materialien gebe es in der Prothetik fast keine Probleme mehr. Die Praxis sieht aber oft anders aus, selbst wenn mit CAD/CAM-Verfahren gearbeitet wird. Woran liegt es?

Beuer: Die Themen Digitalisierung und CAD/CAM haben mich ganz persönlich, die prothetische Zahnmedizin, aber auch die komplette Zahnheilkunde in der vergangenen Dekade stark beeinflusst. Die Probleme blieben aber fast dieselben: Planung, Präparation, Abformung (ganz egal, ob analog oder digital), Eingliederung und Nachsorge sind immer noch meist analoge Herausforderungen, die Erfahrung, Wissen, Können und Verantwortung erfordern. Echte Fortschritte wurden hauptsächlich im zahntechnischen Labor gemacht, denn die Fertigung änderte sich komplett.

Ich denke, dass es einfach interessanter für das Auditorium ist, neue Dinge zu hören, als sich mit alten Problemen auseinander zu setzen. Trotzdem ersetzt die Technik nicht fehlende zahnärztliche Fähigkeit.

 

Ist es so schwer, neue Workflows und Anforderungen, zum Beispiel in der Präp-Technik, im Alltag umzusetzen?

Beuer: Gute Zahnmedizin ist anstrengend, für alle Beteiligten. Da macht es eigentlich kaum einen Unterschied, ob ich analog oder digital arbeite. Aus meiner Position des Universitätsprofessors rede ich vielleicht auch leichter, als mancher niedergelassene Kollege. Und deshalb denke ich schon, dass jede neue Technik wieder neue Anstrengung bedeutet und im Alltag unter wirtschaftlichen Bedingungen manchmal schwer umzusetzen ist.

Demut vor der Natur

Die zahntechnische Ausbildung soll mit der neuen Approbationsordnung, auf die wir immer noch warten, im Zahnmedizinstudium weniger Gewicht bekommen. Blickt man auf die Anforderungen, die die Nachbardisziplinen an die Prothetik stellen – was müssen angehende Zahnmediziner heute schon lernen, um gute, präventions- und patientenorientierte Prothetik machen zu können?

Beuer: Die zahntechnische Ausbildung schult vor allem das präzise Arbeiten, insofern bin ich mir nicht sicher, ob es sinnvoll ist, hier zu reduzieren. Natürlich wird kein Zahnarzt später eine Totalprothese komplett selbst herstellen, aber für das Grundverständnis, was passiert, wenn ich zum Beispiel einen Zahn drehe, halte ich es nach wie vor für sinnvoll. Ich denke nicht, dass zukünftig nur Fissuren versiegelt und Zahnreinigungen kontrolliert werden müssen. Unsere Patienten werden älter und komplexer, sie stellen höhere Anforderungen an ihren Zahnersatz. Dem muss im Ausbildungssystem – ob prä- oder postgradual – Rechnung getragen werden.

Das Wichtigste für den angehenden Zahnmediziner ist aus meiner Sicht Demut vor der Natur: Das bedeutet präzise Planung, ob ein Zahn überhaupt und wenn ja, wie minimal-invasiv er beschliffen werden kann für eine suffiziente Versorgung und maximale Schonung des Zahnhalteapparats. Das sollte auch mit der neuen Approbationsordnung möglich sein. Werden diese Grundregeln als Maxime befolgt, spielen das Material oder die Technik eine untergeordnete Rolle.

Was ist für Sie ganz persönlich das spannendste Thema bei diesem Kongress? Worauf freuen Sie sich am meisten?

Beuer: Als wissenschaftlicher Leiter des Kongresses begeistere ich mich für jedes Thema und jede Session, finde aber den Samstagvormittag mit dem Thema, wie viel Zahntechnik in der Zahnmedizin und wie viel Zahnmedizin in der Zahntechnik nötig ist, extrem spannend. Ich persönlich freue mich am meisten auf die Referenten, die in dieser Zusammensetzung so schnell nicht mehr auf einer Bühne zu sehen sein werden.

Und warum sollten Zahnärzte und Zahntechniker möglichst zahlreich zur DG Pro nach Berlin kommen?

Beuer: Berlin ist der beste Ort für einen Kongress in Deutschland, das Programm und die Themen sind hochaktuell und die Referenten sind die kompetentesten und renommiertesten in ihrem Bereich. Also nur Superlative. Ich freue mich. Auf den Kongress. Und auf viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer.

Titelbild: Einflügelige Adhäsivbrücken aus Vollkeramik zum Ersatz von 12 und 22 (Foto: Beuer)
Prothetik Fortbildung aktuell Interdisziplinär

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