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57. Bodenseetagung der BZK Tübingen zum Thema Zahnmedizin minimalinvasiv im September in Lindau

Dr. Wilfried Forschner (links), Vorsitzender der BZK Tübingen, und Prof. Bernd Haller freuen sich auf die Bodenseetagung Mitte September in Lindau.

(c) IZZ Bamberger

Unter der Leitung von Prof. Dr. Bernd Haller, dem Ärztlichen Direktor der Klinik für Zahnerhaltungskunde und Parodontologie des Universitätsklinikums Ulm, findet am 16. und 17. September in Lindau die 57. Fortbildungstagung der Bezirkszahnärztekammer Tübingen statt. Im Mittelpunkt der zehn hochkarätigen Vorträge steht minimalinvasives Vorgehen in der Zahnheilkunde.
Was in der Chirurgie schon seit längerem etabliert ist, kommt zunehmend auch in der Zahnarztpraxis zur Anwendung: Therapien, die eine maximale Schonung von Zahnhartsubstanz und umgebendem Gewebe anstreben, ohne dabei die Behandlungserfolge aus dem Auge zu verlieren.

Ganz ohne Bohrer

Zu den bekanntesten Verfahren, die bei Kindern, aber zunehmend auch bei Erwachsenen Anwendung finden, gehört die Kariesinfiltration. Bei diesem mikroinvasiven Verfahren bei Karies im Frühstadium wird in den befallenen Zahn dünnflüssiger Kunststoff eingebracht. Im Laufe einiger Stunden härtet der Kunststoff aus und verschließt die feinen Kanäle im Dentin, wodurch die Karies sich nicht mehr weiter ausbreiten kann. Bei dieser neuen Technik der Zahnerhaltung muss kein Loch gebohrt werden, eine Präparation des Zahns ist also nicht notwendig. Regelmäßige Mundhygiene und Kontrollbesuche beim Zahnarzt garantieren den Behandlungserfolg. „Management initialkariöser Läsionen – von Remineralisation bis Infiltration“ lautet der Vortrag von Prof. Annette Wiegand, Göttingen, bei dem die Referentin auch auf geeignete Remineralisierungsstrategien eingeht, mit denen ohne restaurative Intervention einer invasiven Therapie vorgebeugt werden kann.

Doch Zahnhartsubstanz kann nicht nur durch Säuren aus dem Stoffwechsel von kariesverursachenden Bakterien angegriffen werden. Auch durch direkte Einwirkung von Säuren aus Speisen und Getränken kann es zu einer Demineralisation der Zahnoberflächen kommen. Damit einher geht eine verminderte Härte der Zahnoberflächen, die zu sichtbaren Erosionen führt. Der erste Schritt in der Behandlung der Erosionen ist, die Ursache zu ergründen und aufzuklären. Der übermäßige Konsum von sauren Getränken, spezielle Ernährungsgewohnheiten, aber auch eine häufige Einwirkung von Magensäure bei chronischer Refluxkrankheit gehören zu den häufigsten Ursachen, die es zu vermeiden gilt. Wie die Zahnhartsubstanz vor einer weiteren Demineralisierung und vor einer Reduktion der Oberflächenhärte geschützt werden kann, zeigt in ihrem Vortrag Prof. Dr. Nadine Schlüter, Hannover. Beschichtungen mit Adhäsivsystemen und Kompositmaterialien sind wirksame minimal- und noninvasive Konzepte, die durch neue Mundhygienestrategien ergänzt werden.

Lifestyle-Medizin in der Zahnheilkunde

Dass Risikofaktoren wie Rauchen, Ernährung und Stress einen deutlichen Einfluss auf die Mundgesundheit haben, ist schon länger bekannt. Vor allem Parodontalerkrankungen wie Gingivitis und Parodontitis sind auf Faktoren zurückzuführen, die das heutige Leben in den Industrienationen bestimmen. Kein Wunder, dass hierzulande rund die Hälfte der erwachsenen Bevölkerung an moderater bis schwerer Parodontitis leidet. Prof. Dr. Johan Wölber, Freiburg, Zahnarzt und Ernährungswissenschaftler, macht mangelndes Ernährungsbewusstsein für Parodontalerkrankungen verantwortlich und zeigt in seinem Referat „Präventive Parodontologie und Lebensstilmedizin“ auf, welchen Einfluss Makro- und Mikronährstoffe auf die orale und die allgemeine Gesundheit haben. Diese Erkenntnisse können sehr gut genutzt werden, um in der zahnärztlichen Praxis und auf Bevölkerungsebene kausale Prävention anzubieten, die neben Mundhygiene auch Ernährungsberatung, Raucherentwöhnung und eine Förderung von gesunden Lebensstilen beinhaltet.

Minimalinvasiv bis in die Wurzeln

Doch auch bei stark geschädigten Zähnen, die zahnärztlichen Eingriffen wie einer Wurzelbehandlung bedürfen, gibt es inzwischen minimalinvasive Vorgehensweisen. Neben Nickel-Titan-Instrumenten, die auf maximalen Zahnhartsubstanzschonung hin entwickelt wurden, kommen auch Hightech-Mikroskope zum Einsatz, die eine starke Vergrößerung des Arbeitsfelds erlauben und das Sichtfeld optimal ausleuchten. Dennoch geht es weiterhin darum, entzündetes oder abgestorbenes Gewebe zu entfernen, die Wurzelkanäle zu reinigen und sie anschließend mit einem bakteriendichten Material abzufüllen. Um wurzelbehandelte Zähne möglichst lang erhalten zu können, ist es wichtig, den Zahn anschließend adäquat zu restaurieren. In den vergangenen Jahren gab es im Bereich der Adhäsive und der Restaurationsmaterialien zahlreiche Neuentwicklungen, die eine substanzschonende Zahnbehandlung ermöglichen. Das Prinzip besteht darin, dass ein dünnflüssiger Kunststoff einen Verbund zwischen der Zahnhartsubstanz und dem entsprechenden Füllungs- oder Restaurationsmaterial eingeht. Der Vortrag von Priv.-Doz. Dr. Kerstin Bitter, Berlin, befasst sich daher mit verschiedenen Restaurationsoptionen, darunter auch der Anwendung der Adhäsivtechnik.

Adhäsivtechniken kommen auch beim Schließen von Einzelzahnlücken im Front- und Seitenzahnbereich zum Einsatz. Mit einer neuen minimalinvasiven Restaurationsmethode in Form von direkten metall-, keramik- und glasfaserfreien Zahnanhängern aus Kompositkunststoff kann man Patientinnen oder Patienten schonend und kostengünstig versorgen. Vorteil dieser Methode ist die Verbesserung der Gebissverhältnisse hinsichtlich des Aussehens, der Hygienefähigkeit und der Funktion bei überschaubarem Aufwand. In seinem Vortrag „Lücken schließen - minimalinvasiv mit konservierend-restaurativen Methoden“ schildert Prof. Dr. Dr. Hans Jörg Staehle, Heidelberg, die Vorteile für die Alterszahnheilkunde und für Patientinnen und Patienten mit schweren Grunderkrankungen, bei denen invasive Versorgungen wie Implantate nicht in Frage kommen. Angesichts der steigenden Anzahl älterer, multimorbider und dementsprechend eingeschränkter Menschen gewinnen einfache und möglichst belastungsarme Lösungen zunehmend an Bedeutung. Informationen und die Möglichkeit zur Anmeldung gibt es hier.

Quelle: BZK Tübingen Zahnmedizin Fortbildung aktuell

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