„Es steht uns gut zu Gesicht, uns jetzt auf unsere oralmedizinische Kompetenz zu besinnen“, so DGZMK-Präsident Prof. Roland Frankenberger in seinem Vortrag beim Deutschen Zahnärztetag „Mein Kongress – online kompakt“. Mit der Resonanz auf das Vortragsangebot zeigt er sich sehr zufrieden. Wer das Programm verpasst hat, kann es noch bis Mitte Dezember 2020 abrufen.
Der digital präsentierte Wissenschaftliche Kongress des Deutschen Zahnärztetags unter dem Titel „Mein Kongress – online kompakt“ zum hoch aktuellen Thema „Orale Medizin und Immunkompetenz“ hat mit bislang rund 3.700 Abrufen (Stand 17. November 2020) auf der Homepage des Deutschen Zahnärztetags (www.dtzt.de) und Facebook die Erwartungen der Veranstalter – Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK), Landeszahnärztekammer Hessen (LZKH) sowie Quintessenz Verlag – deutlich übertroffen. 385 Teilnehmerinnen und Teilnehmer nutzten das Angebot, das Programm über Zoom zu verfolgen, Fragen zu stellen und CME-Punkte zu erwerben. Die Aufzeichnungen der Vorträge und des Team-Programms sowie des Zukunftskongresses stehen im Kongress-Blog und auf der Internetseite des Deutschen Zahnärztetags noch bis Mitte Dezember kostenfrei zum Abruf zur Verfügung, die Zahl der Zugriffe wird also noch weiter steigen.
„Ich freue mich sehr über das große Interesse an zahnmedizinischer Fortbildung zu einem wichtigen und zukunftsweisenden Thema in diesen schwierigen Zeiten! Schweren Herzens haben wir im Frühjahr den Präsenzkongress absagen müssen. Die Entscheidung, für die Kolleginnen und Kollegen ein kompaktes Online-Angebot zu einem aktuellen Thema zu entwickeln, war absolut richtig“, so DGZMK-Präsident Prof. Dr. Roland Frankenberger.
Rolle der ZahnMedizin in der Pandemie
Frankenberger selbst stellte in seinem Vortrag die Bedeutung und Zukunft der Zahnmedizin als Orale Medizin, ihre Systemrelevanz und die vor ihr stehenden Herausforderung heraus. „Es steht uns gut zu Gesicht, uns jetzt auf unsere oralmedizinische Kompetenz zu besinnen“, so Frankenberger. „Wir sind die Gesund-Erhalter der Immunbarriere.“ Zahnärzte seien oft der erste Detektor für Erkrankungen wie Diabetes mellitus und müssten auch in der Diskussion um die Zuckerreduktion künftig noch eine stärkere Rolle spielen.
Er verwies auf die zügig erarbeitete S1-Leitlinie zu aerosol-übertragbaren Infektionen in der Zahnmedizin, die ständig nach den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen aktualisiert werden wird. Die aktuellen Erkenntnisse aus der Corona-Pandemie seien auch in das neue Positionspapier der DGZMK „Perspektive Zahnmedizin 2030” eingeflossen, in dem die aktuellen Probleme und Herausforderungen und die Perspektiven für die Zahnmedizin als Orale Medizin analysiert und Lösungswege und Handlungsaufforderungen formuliert worden sind.
„Common Trunk“ von Medizin und Zahnmedizin
Es führe kein Weg an einer engeren Verbindung von Medizin und Zahnmedizin vorbei, auch wenn die aktuelle Situation und die Vorhaben in der Ausbildung von Medizinern und Zahnmedizinern und die wirtschaftliche Lage an den Hochschulen dies erschwerten. Es müsse einen „Common Trunk“ von Zahnmedizin und Medizin in der Ausbildung geben. „Mediziner müssen mehr über die Mundhöhle lernen, sie wissen viel zu wenig darüber“, so Frankenberger. Auch gelte es, die jungen Kolleginnen und Kollegen auf die steigende Zahl multimorbider Patienten vorzubereiten.
Unis chronisch unterfinanziert
„Gute Ausbildung kostet Geld, aber das muss auch fließen“, so seine Forderung. Die deutsche Universitätsmedizin sei chronisch unterfinanziert, für die Zahnmedizin gelte das in extremer Form. „Dabei behandeln wir reale Patienten, und wir müssen dies in der Ausbildung tun“, so Frankenberger, denn „ohne manuelles Geschick geht es nicht.“ Welche hohe Relevanz die Zahnmedizin für die Gesundheit hat, machte der an den Beispielen Sepsis, Osteoporose und COPD fest. „Wir sind ZahnMediziner – und wir sollten uns auch so verhalten“, lautete sein Appell an die Kolleginnen und Kollegen,
Gesunderhaltung steht im Fokus
Dr. Klaus-Dieter Bastendorf fasste praxisnah die Empfehlungen für ein zeitgemäßes klinisches Protokoll für PZR/UPT/GBT zusammen und räumte dabei mit einigen lange gepflegten Praktiken und Fehlinterpretationen, zum Beispiel des Aerosolbegriffs im Zusammenhang mit dem Sars-CoV-2-Virus auf. Im Kern stehe bei allen Maßnahmen Gesunderhaltung im Fokus. Entscheidend seien für PZR/UPT und GBT die Qualität der erbrachten Leistungen, die Compliance des Patienten und die Ausbildung des Ausführenden. Er erläuterte die Protokolle und ihre wissenschaftlichen Hintergründe und wies auf die entscheidenden Faktoren hin.
Gruppe der Senioren in den Praxen wächst
Prof. Dr. Sebastian Hahnel befasste sich mit der Mundgesundheit im demografischen Wandel und lenkte den Blick zunächst auf die demografische Entwicklung und die daraus resultierenden Anforderungen an die zahnärztliche Praxis und die Wahl der Therapie. Die Inanspruchnahme zahnärztlicher Leistungen sei bei den über 65-Jährigen in den vergangenen 25 Jahren deutlich gestiegen, das sei erfreulich. Die Studierenden müssten früh an die Gerontostomatologie herangeführt werden und praktische Erfahrungen sammeln können, da Patienten ab 65 künftig einen großen Teil des Praxisklientels stellen werden.
Geeigneten Zahnersatz perspektivisch wählen
Stehe in dieser Altersgruppe ab 65 zum Beispiel eine Neuversorgung mit Zahnersatz an, sollte nicht nur der aktuelle Gesundheitszustand, sondern auch die mögliche Perspektive in den Blick genommen werden. Oft erweise sich hier ein herausnehmbarer Zahnersatz als bessere Option. Mit Blick auf das Pneumonie-Risiko durch schlecht gepflegte Prothetik empfahl er, bei hochbetagten Patienten nachts die Prothese herauszunehmen.
Erstmals politische Diskussionsrunde integriert
Ergänzt wurde das Programm erstmals durch eine politische Diskussionsrunde mit dem Präsidenten der Bundeszahnärztekammer, Dr. Peter Engel, und dem Vorstandsvorsitzenden der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung, Dr. Wolfgang Eßer. „Die aktuelle Situation und Position der ZahnMedizin und der Zahnärztinnen und Zahnärzte in der Corona-Pandemie sollte nicht unbearbeitet und unkommentiert bleiben. Diese politische Diskussionsrunde war eine wichtige Ergänzung des fachlichen Angebots“, so Frankenberger.
Hoffnung auf das kommende Jahr
„Aber noch größer als meine Freude über diesen Erfolg ist die Hoffnung, dass wir im kommenden Jahr wieder einen lebendigen Kongress mit persönlichen Kontakten haben werden“, blickt der DGZMK-Präsident bereits voraus. Dann steht am 5./6. November 2021 in Frankfurt (Main) der Wissenschaftliche Kongress des Deutschen Zahnärztetags unter dem Thema „Herausforderungen“ an. Das ursprünglich bereits für 2020 vorbereitete Kongressthema wird dann in aktualisierter Form zu erleben sein.