ScienceSeiten: 185-202, Sprache: Englisch, DeutschUtz, Karl-Heinz / Lückerath, Walter / Schwarting, Peter / Noethlichs, Wolfgang / Büttner, Ralph / Grüner, Manfred / Fuß, Edgar / Stark, HelmutZiel: Unsere Studie hatte das Ziel, neben den Distanzen auch die räumlichen Beziehungen zwischen der zentrischen Kondylenposition und der maximalen Interkuspidation im Kiefergelenkbereich zu ermitteln und Konsequenzen für die zahnärztliche Praxis aufzuzeigen.
Material und Methoden: Die Untersuchungen erfolgten durch vier approbierte Kollegen an 81 Probanden, deren zentrische Kondylenpositionen mit sechs verschiedenen Arten von Checkbiss-Registraten festgelegt wurden. Die Oberkiefermodelle wurden nach individueller schädelbezogener Gesichtsbogenübertragung in Dentatus-Artikulatoren montiert, die Unterkiefermodelle mit einem Stützstiftregistrat exakt auf der Pfeilwinkelspitze zugeordnet. Die Messungen erfolgten mithilfe eines fünften Kollegen durch Umsetzen der Modelle in einen speziellen Messartikulator im Kondylarbereich. Aus je drei Registrierungen der zentrischen Kondylenposition mit jedem der sechs Registrate und je zweimaligem Zusammensetzen der Modelle in maximaler Interkuspidation bildeten wir Mittelwerte, auf deren Grundlage die Distanz- und die räumlichen Berechnungen erfolgten.
Ergebnisse: Die mittlere Entfernung der zentrischen Kondylenposition von der maximalen Interkuspidation betrug mit dem Mittelwert aller Registrate berechnet räumlich 0,86 ± 0,52 mm (Min: 0,05 mm; Max: 3,14 mm). Die entsprechende mittlere rein sagittale Distanz betrug 0,47 mm. Die Positionen der Kondylen in zentrischer Kondylenposition lagen im Mittel geringfügig dorsal und kranial der maximalen Interkuspidation, jedoch mit erheblichen Abweichungen in alle Raumrichtungen.
Schlussfolgerungen: Die maximale Interkuspidation führt die Kondylen aus der zentrischen Kondylenposition heraus in eine Lage, die räumlich um 0,8–0,9 mm und rein sagittal ca. 0,5 mm von der zentrischen Kondylenposition entfernt und im Mittel etwas anterior sowie kaudal liegt. Die räumliche Lage der Kondylen in maximaler Interkuspidation weist große Variationen in Bezug zu ihren zentrischen Positionen auf. Das kann erhebliche praktische Auswirkungen auf die zahnärztliche Tätigkeit beispielsweise bei
Präparationen endständiger Molaren oder bei der Interpretation von Ergebnissen aus Kondylenpositions-Messinstrumenten haben.
Schlagwörter: Statische Okklusion, maximale Interkuspidation, zentrische Kondylenposition, Reproduzierbarkeit, Kondylenpositionsmessinstrument, Kiefergelenk-Kompression, Kiefergelenk-Distraktion, freedom-in-centric
ScienceSeiten: 203-224, Sprache: Englisch, DeutschReißmann, Daniel R. / Anderson, Gary C. / Heydecke, Guido / Shiffman, Eric L.Zielstellung: In dieser Studie sollte untersucht werden, ob eine verkürzte Zahnreihe (shortened dental arch, SDA), charakterisiert als fehlende Okklusionskontakte auf den Molaren, ein Risikofaktor für das Fortschreiten von Kiefergelenkserkrankungen, bestimmt mittels bildgebender Verfahren, ist.
Methodik: In diese prospektive Multicenter-Beobachtungsstudie mit einem durchschnittlichen Beobachtungszeitraum von 7,9 Jahren wurden insgesamt 345 Teilnehmer eingeschlossen, welche mindestens eine Diagnose einer Kiefergelenkserkrankung bei Studienbeginn aufwiesen. Eine verkürzte Zahnreihe wurde definiert als fehlende okklusale Abstützung bei statischer Okklusion im Bereich der Molaren, wobei die linke und rechte Kieferseite separat erhoben wurden. Die Erhebung erfolgte zu Studienbeginn mittels Shimstock-Folie. Strukturelle Erkrankungen der Kiefergelenke und die spezifischen Diagnosen wurden an allen drei teilnehmenden Studienzentren zu Basis- und Nachuntersuchungen von kalibrierten und verblindeten Radiologen bestimmt. Dazu wurden bei jeweils beiden Kiefergelenken eine Magnetresonanztomografie (MRT) für die Darstellung der Weichgewebe bei Diskusverlagerungen und eine Computertomografie (CT) bzw. eine digitale Volumentomografie (DVT) zur Darstellung der Hartgewebe bei degenerativen Gelenkveränderungen (Osteoarthrose) durchgeführt.
Ergebnisse: Zu Studienbeginn unterschied sich der Status der Kiefergelenke nicht wesentlich in Bezug auf das Vorliegen einer verkürzten Zahnreihe, unabhängig davon, ob diese auf der gleichen Seite oder auf der Gegenseite vorlag (alle p > 0,05). Auch stellte das Vorliegen einer verkürzten Zahnreihe zu Studienbeginn keinen wesentlichen Risikofaktor für die Progression des Status der Kiefergelenke zu den Folgeuntersuchungen dar (alle p > 0,05).
Schlussfolgerung: Die Ergebnisse der Studie legen nahe, dass eine verkürzte Zahnreihe keinen wesentlichen Effekt auf das Fortschreiten von Kiefergelenkserkrankungen hat. (Originalartikel publiziert im J Oral Facial Pain Headache 2018;32:329–337. doi: 10.11607/ofph.1910)
Schlagwörter: Verkürzte Zahnreihe, shortened dental arch, Kiefergelenk, Gelenkerkrankungen, Beobachtungsstudie, Risikofaktor
ReviewSeiten: 225-247, Sprache: Englisch, DeutschTürp, Jens C.Ein Monat Patientenbehandlung mit Professor TürpTrotz vielfältiger Fortbildungsaktivitäten auf dem Gebiet der Funktionsstörungen und des orofazialen Schmerzes (Kurse, Kongresse, Publikationen) ist kaum bekannt, wie die jeweiligen Dozenten und Autoren bei der Behandlung ihrer eigenen Patienten im Detail vorgehen. Um einen Teil dieser Wissenslücke zumindest ansatzweise zu schließen, wird das Patientenspektrum vorgestellt, das sich im Januar 2021 in der Sprechstunde des Autors im Universitären Zentrum für Zahnmedizin Basel eingefunden hatte: Neuüberweisungen, laufende Fälle und Recall-Patienten, von einfach bis komplex, von lehrbuchhaft bis exzeptionell. Anhand summarischer Beschreibungen und einzelner Kasuistiken wird das nachweisgestützte diagnostische und therapeutische Vorgehen des Autors erläutert; zudem werden viele Tipps gegeben. Eine Monatsstatistik und abschließende Gedanken runden den Beitrag ab.
Schlagwörter: Unterkieferbeweglichkeit, Kiefermuskeln, Kiefergelenke, orofazialer Schmerz, kraniomandibuläre Dysfunktion, okklusale Störungen, Anamnese, bildgebende Verfahren, orale Schienen, evidenzbasierte Zahnmedizin