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ZTM Dominik Kruchen, Präsident des Verbands der Deutschen Zahntechniker-Innungen, im Gespräch

Dominik Kruchen ist seit Ende Mai 2018 Präsident des Verbands Deutscher Zahntechniker-Innungen. Der Zahntechnikermeister ist seit Jahren Obermeister der Zahntechniker-Innung für den Regierungsbezirk Düsseldorf und Inhaber des Dentallabors Kruchen Zahntechnik in Düsseldorf. Kruchen ist auch alternierender Vorsitzender des Verwaltungsrats der Techniker Krankenkasse. Was ihn und das Zahntechnikerhandwerk beschäftigt, sagt er im Gespräch mit Dr. Marion Marschall, Chefredakteurin der Quintessence News.

Herr Kruchen, Sie sind Ende Mai auf dem Verbandstag in Düsseldorf zum neuen Präsidenten des Verbands der Deutschen Zahntechniker-Innungen, kurz VDZI, gewählt worden, mit einem beeindruckenden Wahlergebnis. Offensichtlich sind Sie so etwas wie ein Hoffnungsträger in einem Verband, der in den vergangenen Jahren auch von internen Richtungsstreitigkeiten betroffen war?

ZTM Dominik Kruchen: Ich weiß nicht, ob ich ein Hoffnungsträger bin. Ich habe in den vergangenen Jahren ja bereits im Vorstand mitgearbeitet, zuletzt als Vizepräsident, und kenne die Situation im Verband. Mit dem Amt des Präsidenten übernimmt man noch mal ein höheres Maß an Verantwortung. Besonders im Zahntechniker-Handwerk müssen eine Vielzahl an Herausforderungen bewältigt werden. Selbstverständlich habe ich mir die Entscheidung zur Kandidatur im Vorfeld also gut überlegt. Die überwältigend hohe Zustimmung in einer geheimen Wahl ist ein Zeichen, dass man mir die Aufgabe auch zutraut. Und das freut mich natürlich.

Was sind für Sie die wichtigsten Ziele nach innen, in den Verband hinein?

Kruchen: Oberste Priorität ist die Einheit des Verbands, vor allem im Auftreten nach außen. In der Vergangenheit funktionierte dies aus verschiedenen Gründen oftmals leider nicht so, wie man sich das eigentlich wünschen würde. Es ist für Glaubwürdigkeit und Wirkung nicht gut, wenn unterschiedliche Ziele nach außen vertreten werden. Aber die Fraktionen im VDZI sind bereits wieder enger zusammengerückt. Die Hauptthemen sind für uns klar. Hinsichtlich der Randthemen gibt es bei Einzelnen schon unterschiedliche Gewichtungen, aber das ist auch ganz normal in einer großen Innungsgemeinschaft.

„Wir sind nicht weit auseinander“

Es sind ja auch Innungen nicht mehr im VDZI, jüngst ist die Innung Nordbayern ausgetreten. Wollen Sie die ausgetretenen Innungen wieder zurückholen?

Kruchen: Natürlich hätten wir gerne wieder alle Innungen mit an Bord. Aber es bestehen da eben auch Differenzen, die man nicht von einem Tag auf den anderen rückgängig machen kann. Wir führen Gespräche, bleiben in Kontakt, mit dem einen oder anderen gibt es deutliche Annäherungen. Mehr können und wollen wir dazu im Augenblick nicht sagen.

Wir alle haben dieselben Herausforderungen in der berufspolitischen Arbeit zu bewältigen und es fehlt überall an Nachwuchs für die politische Arbeit und auch für die Besetzung der Innungsvorstände. Hier gibt es Schnittmengen und wir sind nicht weit auseinander.

Der VDZI steht innerhalb des Zahntechnikerhandwerks und auch auf der politischen Bühne nicht mehr unangefochten als die Vertretung der Zahntechniker da, nicht zuletzt, weil nicht mehr alle Innungen Mitglied sind. Und es bilden sich neue Gruppierungen wie ein Arbeitgeberverband Zahntechnik und eine Vertretung der angestellten Zahntechniker im Verband der medizinischen Fachberufe. Wie sehen Sie die Rolle des VDZI?

Kruchen: Wir sind laut Gesetz der einzige Verhandlungspartner gegenüber Zahnärzten und Krankenkassen. Wir wirken an der Arbeit im Gemeinsamen Bundesausschuss mit. Diesen Anspruch vertreten wir auch. Unser Engagement wirkt auf alle Marktteilnehmer. Je geschlossener und stärker wir hier auftreten können, desto besser ist es auch für die Betriebe vor Ort.

Wir sind auf der politischen Ebene gut vernetzt und werden uns künftig ganz auf Berlin konzentrieren. Mit dem Zentralverband des Deutschen Handwerks arbeiten wir gut zusammen und sind hier und gemeinsam mit den vier anderen Gesundheitshandwerken auch bei allen übergeordneten Themen des Handwerks stark positioniert.

Keine Praxislabore in MVZ

Herr Kruchen, auch der VDZI sieht in den Medizinischen Versorgungszentren und der wachsenden Zahl von Investoren in der Zahnmedizin eine Gefahr für die zahnärztliche Versorgung und die gewerblichen Dentallabore. Sie erklären immer wieder, dass Sie hier ganz nah bei der zahnärztlichen Standespolitik sind, die diese Mono-MVZ und Investoren ablehnt. Warum?

Kruchen: Wir sehen, dass diese MVZ, nicht zuletzt die von Investoren betriebenen, das Erfolgsmodell des freiberuflich tätigen niedergelassenen Zahnarztes zerstören. Sie verändern den Wettbewerb, und zwar negativ auch für die Patienten, die in der Fläche versorgt werden müssen. Die Praxen werden zudem mit immer mehr Auflagen belastet, viele geben auf oder möchten sich unter diesen Bedingungen nicht mehr niederlassen. Das kann die Politik nicht wollen. In einer älter werdenden Gesellschaft sind die Praxis vor Ort und das Labor in der Nähe alternativlos.

Die gewerblichen Labore sind die Partner der niedergelassenen Zahnärzte. Diese Zahnärzte sind unsere Kunden. Größere Praxisstrukturen und natürlich auch viele MVZ betreiben immer häufiger große Praxislabore. Besonders die Investoren sehen darin Chancen, zusätzliche Gewinne zu machen. Mit dem Marketing dieser Konstrukte können die gewerblichen Labore und die niedergelassenen Zahnärzte oft nicht konkurrieren, das verzerrt den freien Wettbewerb. Aus unserer Sicht sollten MVZ kein Praxislabor betreiben dürfen, weil sie keine Zahnarztpraxen im Sinne des ursprünglichen Rechts des Zahnarztes auf Betreiben eines Praxislabors mehr sind. Das sehen viele zahnärztliche Standesvertreter ebenso.

Ich bin ja auch ehrenamtlich im Verwaltungsrat einer großen deutschen Krankenkasse – dort ist man für die Auswirkungen noch nicht so sensibilisiert, anders als zum Beispiel der Sachverständigenrat der Bundesregierung für das Gesundheitswesen. Dabei zeigt sich bereits im ärztlichen Fachbereich der Urologie/Nephrologie, hier bei den Dialyse- und Laborketten, was diese Konzernbildung für das Gesundheitswesen in Deutschland bedeutet.


Kruchen: „Bei den Krankenkassen ist man für die Auswirkungen noch nicht so sensibilisiert.“ (Foto: Knittel/ZID)

Welche Themen stehen für den neuen VDZI-Vorstand noch auf der Agenda? Sie haben sich ja Mitte Juni zu einer ersten Vorstandsrunde getroffen.

Kruchen: Ja, das ist richtig. Wir haben eine Vielzahl an Themen auf unserer Agenda, die es dringend zu bearbeiten gilt. Eines davon sind die wirtschaftliche Entwicklung und die Preise für zahntechnische Leistungen. Wir bereiten uns aktuell auf die diesjährigen Preisverhandlungen für die zahntechnischen Preise vor. Der VDZI ist hier – wie bereits beschrieben – der gesetzliche Verhandlungspartner.

Wir haben in den vergangenen Jahren bei den Vereinbarungen zum Bundesmittelpreis mit den Krankenkassen die gesetzlich maximal mögliche Veränderungsrate verhandelt. Erstmals 2018 mussten wir, da es keine aus unserer Sicht faire Verhandlungsbasis gab, vor das Schiedsamt. Wie die Zahnärzte auch, werden auch wir uns um eine nochmalige, kostenaufwendige Verbesserung der Datenbasis bemühen müssen. Daher müssen auch alle Betriebe in die Innungen und den VDZI unterstützen.

„Wir kämpfen um faire Preise“

Wir kämpfen weiter für alle um faire Preise, und dies ist auch dringend notwendig. Wir sehen, wie der Lohnabstand zu den anderen Handwerksberufen immer größer wird. Hier ist aus unserer Sicht auch der Gesetzgeber gefordert

Die für uns wichtige Arbeit nach innen - hinein in die Innungen und in den VDZI – habe ich ja schon angesprochen. Aber es gibt noch eine Fülle weiterer Themen. Die Entwicklung der Laborlandschaft ist beispielsweise eines, das wir im Auge behalten müssen, und hier gilt es, die Betriebe zu unterstützen. Schließlich haben wir nicht nur große zahntechnische Labore, denen es oft wirtschaftlich gut geht. Vielmehr gibt es viele kleine Labore, von denen zwar viele durchaus profitabel arbeiten, die aber ebenso den Technologiesprung in die Digitalisierung bewältigen müssen und allen voran die damit verbundenen Kosten.

Nachfolgeproblem und Ausbildungsordnung

Nicht zu vergessen ist das Nachfolgeproblem, welches derzeit handwerksübergreifend besteht. Die meisten Labore sind in den 1980er-Jahren gegründet worden, die Inhaber finden häufig niemanden, der ihr Labor zukünftig übernehmen wird. Eng verknüpft mit dem Thema ist die Frage der Ausbildung angesichts des rasanten technischen Wandels. Wir brauchen dringend eine neue Ausbildungsordnung für unser Handwerk. Dies kann nur in Zusammenarbeit mit Pädagogen, zuständigen Ministerien und den übrigen relevanten Berufsverbänden geschehen. Die Ausbildungsordnung zu ändern – und dies auch erfolgreich –, bedeutet einen sehr langer Weg zu bewältigen. Wir werden und müssen sie an die technischen Entwicklungen schnellstmöglich anpassen, das steht außer Frage. Anschließend wird es eine Anpassung der Meisterprüfungsordnung geben um dem Beruf die Zukunft zu sichern.

Die hier angesprochenen Themen sind tatsächlich nur eine kleine Auswahl an Arbeitsfeldern, die der Vorstand derzeit bearbeitet.

Welche Rolle spielen die angestellten Zahntechniker, die sich jetzt ja auch organisieren?

Kruchen: Es gibt keine Tarifverträge im Zahntechnikerhandwerk, auch wenn ich mir das durchaus vorstellen könnte. Das ist aber nur sinnvoll, wenn man das auf einer allgemeineren Ebene verhandeln kann und die Tarifpartner groß genug sind. Die Arbeitgeberseite könnte dann von den Innungen und dem VDZI vertreten werden. Noch ist aber die Arbeitnehmerseite nicht groß genug.

Eine faire Bezahlung muss aber auch jetzt gegeben sein. Der VDZI distanziert sich zudem deutlich von den schwarzen Schafen, die mit verschiedenen „Konstrukten“ versuchen, bei den Löhnen zu drücken oder gar unter dem gesetzlichen Mindestlohn zu bleiben versuchen.

Sie haben schon in Ihrer Zeit als VDZI-Vizepräsident den „Patientenkontakt von Zahntechnikern“ thematisiert. Warum?

Kruchen: Die zahnmedizinische und zahntechnische Welt verändert sich auch durch die Digitalisierung enorm. Gleichzeitig verändern sich die Ansprüche der Patienten an den Zahnersatz, die Ästhetik spielt eine viel wichtigere Rolle als früher. Und komplexe Fälle werden heute anders versorgt und geplant. Der Zahntechniker übernimmt hier oft ganz neue Aufgaben.

Es ist – aller Digitalisierung und digitalen Kommunikation zum Trotz – damit ein vermehrter Austausch zwischen Zahnarzt und Zahntechniker über den individuellen Fall erforderlich. Und der Zahntechniker muss mehr vom umgebenden Gewebe, von den „Habits“ und Bewegungen des Patienten wissen, um die neuen prothetischen Möglichkeiten auch entsprechend einsetzen zu können. Das verlangt aus unserer Sicht einen intensiveren und anderen Kontakt zwischen Zahntechniker und Patient. Und das wird heute in vielen Laboren und Praxen schon praktiziert, auch wenn die gesetzlichen Vorgaben das nicht vorsehen.

„Alle Seiten brauchen wieder Sicherheit“

Viele Zahntechniker und Zahnärzte bewegen sich hier in einer rechtlichen Grauzone. Muss das Zahnheilkundegesetz diesbezüglich geändert werden?


Kruchen: „Wer entsprechend ausgebildet ist, soll bestimmte Dinge auch tun dürfen.“ (Foto: Knittel/ZID)

Kruchen: Für die zahnärztlichen Standespolitik ist derzeit beim Lippenrot Schluss: In der Praxis gibt es heute jedoch ganz andere Erfordernisse, auch im Interesse des Patienten. Uns ist es wichtig, über diese veränderten Umstände und die daraus resultierenden neuen Formen und Möglichkeiten des Patientenkontakts mit den Zahnärzten zu sprechen und vor allem diese rechtlichen Grauzonen zu beseitigen. Alle Seiten brauchen hier wieder Sicherheit. Wenn dafür das Zahnheilkundegesetz geändert werden muss, dann ist das so.

Im Übrigen ist diese Diskussion um den Patientenkontakt des Zahntechnikers und die Argumentation mit der Patientensicherheit oft nicht mehr nachzuvollziehen. Niemand möchte doch den Dentisten wieder einführen oder den Zahntechniker alleine oder gar invasiv am Patienten arbeiten lassen.

Ich selbst habe auch eine Ausbildung zum Epithetiker absolviert – da arbeiten Sie ganz allein am Patienten und haben bei Tumor- oder Unfallpatienten oft komplexe Situationen mit empfindlichen, offenliegenden Strukturen im Gesicht vor sich. Da spielt das Thema Patientensicherheit in der Form, wie es von Zahnärzten gegenüber Zahntechnikern argumentiert wird, gar keine Rolle. Sie sind dafür ausgebildet und machen das. Nichts anderes soll es in der Zahntechnik sein – wer entsprechend ausgebildet ist, soll bestimmte Dinge auch tun dürfen.

Vor knapp zwei Jahren hat sich auch die Fachgesellschaft für Zahntechnik, die FZT, gegründet, die nicht nur auf fachlicher Ebene, sondern auch bei politischen Themen wie der oben schon angesprochenen Zusammenarbeit zwischen Zahnarzt und Zahntechniker oder dem Verhältnis zur Dentalindustrie aktiv ist. Sie waren als Vizepräsident bei FZT-Initiativen dabei und werden auf dem FZT-Kongress Mitte September in Kornwestheim als VDZI-Präsident als Referent dabei sein. Wie ist das Verhältnis zur FZT?

Kruchen: Es ist aus unserer Sicht positiv, dass es eine solche Fachgesellschaft gibt, die sich ja auch um den Berufsnachwuchs kümmert. Wir suchen mit allen das Gespräch, die das Zahntechnikerhandwerk voranbringen wollen, Probleme benennen und nach Lösungen suchen. Ich bin in Kornwestheim dabei, weil ich diese Themen mit den Zahntechnikerinnen und Zahntechnikern dort diskutieren möchte und ihnen die Positionen des VDZI als ihrer politischen Vertretung vermitteln möchte.

Wir sind die Vorreiter in der Digitalisierung in der Zahnmedizin und bei den neuen Technologien, daraus ergeben sich für uns auch viele Chancen. Die Zahntechnik hat unbedingt Zukunft. Aber wir müssen unsere Kräfte bündeln, um für unser Handwerk etwas zu erreichen.

Titelbild: Dominik Kruchen im Gespräch mit Dr. Marion Marschall, Quintessence News (Foto: Knittel/ZID)
Zahntechnik Politik Unternehmen Dentallabor

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