0,00 €
Zum Warenkorb
  • Quintessence Publishing Deutschland
Filter
1592 Views

Neue DFG-Forschungsgruppe zu Materialwissenschaften in der Zahnmedizin an der Berliner Charité und der TU Berlin

(c) Zaslansky/Charité

Zahnärztliche Restaurationen, etwa Füllungen oder Kronen, beständiger machen – das wollen Forschende an der Charité – Universitätsmedizin Berlin und der Technischen Universität (TU) Berlin erreichen und hierfür Ansätze aus Materialwissenschaften und Zahnmedizin nutzen. Ziel ist es, die Zusammensetzung, Struktur und Belastung der Grenzzonen zwischen Zahngewebe und Werkstoffen besser zu verstehen und so einer Schädigung entgegenzuwirken. Die interdisziplinäre Forschungsgruppe „InterDent“ wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit 2,1 Millionen Euro zunächst für drei Jahre gefördert.

Eine Frage der Haftung

Künstliche Biomaterialien wie Keramiken, Metalllegierungen oder Komposite auf Kunststoffbasis werden für die Wiederherstellung – die sogenannte Restauration – beschädigter Zähne eingesetzt. Solche Materialien müssen über viele Jahre hinweg unter wiederholten, hohen Beanspruchungen funktionieren. Zur Verankerung ist ein enger Kontakt zum verbleibenden gesunden Zahngewebe durch die Bildung sogenannter Grenzzonen notwendig. Diese dreidimensionalen Strukturen, die Zwischenschichten mit unterschiedlicher Zusammensetzung, Mikrostruktur und Eigenschaften beinhalten, sind allerdings nie so beständig wie ihre natürlichen Vorbilder. Das ist ein Grund, warum Restaurationen zu oft frühzeitig versagen und sich ablösen können. Die Forschenden der neuen medizinisch-materialwissenschaftlichen DFG-Forschungsgruppe FOR2804 „InterDent“, an der auch das Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie (HZB) und das Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung (MPI-KG) in Potsdam beteiligt sind, möchten verstehen, wodurch diese Schwächen verursacht werden und so den Weg zu widerstandsfähigeren Grenzzonen ebnen (mehr dazu auf Quintessence News).

Vier Teilprojekte

„Die Forschungsgruppe vereint vier wissenschaftliche Teilprojekte und ein übergreifendes Koordinationsprojekt, welche als Basis für eine enge Interaktion zwischen Werkstoffwissenschaften und Zahnmedizin dienen. Durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit sollen die Schlüsselparameter bestimmt werden, die eine Vorhersage möglicher Degradation erlauben und sich auch auf die klinische Anwendung übertragen lassen“, erklärt der Sprecher der Forschungsgruppe, Dr. Paul Zaslansky, der Projektleiter am Institut für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde der Charité ist. Er ergänzt: „Berlin und Umgebung, wo hochmoderne Werkstofflabore und ein exzellentes zahnmedizinisches Umfeld nahe beieinander sind, bieten einen idealen Nährboden für eine inspirierende Kooperation und neuartige Erkenntnisse.“

Wenn Dentin altert

Mit dem Ziel, verbesserte Werkstoffe für die Zahnmedizin zu schaffen, werden die Wechselwirkungen verschiedener Materialien mit den umgebenden Geweben beleuchtet. In einem Teilprojekt soll die Vorhersage der Alterung harter Zahnbestandteile – der sogenannten Zahnhartsubstanz – in der Nähe von Zahnfüllungen in Abhängigkeit vom verwendeten Füllungsmaterial ermöglicht werden. Dazu werden die mikrostrukturellen und chemischen Eigenschaften des Dentins, die sich im Zuge der als Sklerosierung bezeichneten  Verhärtung zunehmend verändern, zerstörungsfrei und mit hoher Empfindlichkeit und Auflösung untersucht. „Auf diese Weise wollen wir ein Modellsystem für die Dentinsklerose schaffen, das uns ein besseres Verständnis der Veränderungen von Struktur und Element-Zusammensetzung ermöglichen soll“, sagt Dr. Ioanna Mantouvalou vom HZB, die das Teilprojekt gemeinsam mit Zaslansky leitet.

Zahnzement unter der Lupe

Die Struktur und Mechanik der besonders stark belasteten natürlichen Grenzzone zwischen dem Dentin und dem umgebenden Zahnzement im Wurzelbereich steht im Fokus eines anderen Teilprojekts. Obwohl diese Struktur bemerkenswert robust und ermüdungsfrei ist, sind ihre Mikrostruktur und mechanischen Eigenschaften bisher nur wenig untersucht. „Wir wollen den Aufbau und die Funktion der Grenzzonen in verschiedenen Spezies und Zahnarten, Wurzelbereichen sowie bei veränderter Belastung im Alter besser verstehen. Dadurch können wir allgemeine Prinzipien ableiten, die zur langanhaltenden Ermüdungsresistenz der Zement-Dentin-Grenze beitragen und die wir für bioinspirierte Ansätze der Materialentwicklung nutzen können“, sagt Prof. Claudia Fleck, Leiterin des Fachgebiets Werkstofftechnik an der TU Berlin und stellvertretende Sprecherin der Forschungsgruppe.

Bildung und Wachstum von Biofilm

Bei der bakteriellen Besiedlung der Zahnoberflächen wie auch der Biomaterialien, die zur Wiederherstellung eingesetzt werden, entsteht ein Biofilm – ein zusammenhängender Verbund von Mikroorganismen in einer von ihnen gebildeten Schleimschicht. „Unser Ziel ist die Bildung und das Wachstum von Biofilmen wissenschaftlich nachzuvollziehen, indem wir gezielt deren Zusammensetzung, Mikrostruktur und Grenzflächen mit dentalen Materialien erforschen“, sagt Dr. Cécile Bidan von der Abteilung Biomaterialien am MPI-KG, die dieses dritte Teilprojekt gemeinsam mit Prof. Dr. Sebastian Paris, Wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde der Charité, leitet. „Dazu untersuchen wir quantitativ und systematisch, wie sich Biofilme auf verschiedenen Oberflächen von dentalen Materialien räumlich und zeitlich entwickeln.“

Wurzelkanal bakteriendicht verschließen

Wie sich der Wurzelkanal des Zahns bei der Restauration gegenüber Bakterien versiegeln lässt, damit beschäftigt sich ein weiteres Teilprojekt. „Durch eine Kombination hochauflösender bildgebender Verfahren, digitaler Bildanalyse und mechanischer Testmethoden wollen wir Parameter, die für die Abdichtung der Grenzzone zwischen Biomaterialien und Zahnwurzel wesentlich sind, bestimmen und so die Grundlage für eine dauerhafte Versorgung am Wurzelkanal behandelter Zähne legen“, beschreibt PD Dr. Kerstin Bitter von der Abteilung für Zahnerhaltung und Präventivzahnmedizin an der Charité das gemeinsame Projekt mit Prof. Fleck.

Kultur der interdisziplinären Zusammenarbeit schaffen

Um die bestehenden Mängel und Limitierungen von zahnmedizinischen Biomaterialien zukünftig zu überwinden, ist eine abgestimmte Nutzung von Ressourcen und Proben sowie eine Integration der Erkenntnisse aus allen Teilprojekten notwendig. Ein Hauptziel des Koordinationsprojekts ist es daher, eine Kultur der Zusammenarbeit zwischen den Disziplinen zu schaffen – zum Vorteil eines besseren Verständnisses der Grenzzonen und schließlich einer besseren zahnmedizinischen Behandlung.

Das Titelbild zeigt, dass künstliche und natürliche Grenzzonen an einem mit dentalen Biomaterialien restaurierten Zahn verschiedenen mechanischen (links: Belastungen durch Druck, Zug und Scherung) und biologischen Einflüssen (rechts: Anhaftung und Eindringen von Bakterien, andere Wechselwirkungen mit biologischen Medien) ausgesetzt sind. Grafik: Zaslansky/Charité.
Reference: Interdisziplinär Restaurative Zahnheilkunde Materialien Zahnmedizin

AdBlocker active! Please take a moment ...

Our systems reports that you are using an active AdBlocker software, which blocks all page content to be loaded.

Fair is fair: Our industry partners provide a major input to the development of this news site with their advertisements. You will find a clear number of these ads at the homepage and on the single article pages.

Please put www.quintessence-publishing.com on your „adblocker whitelist“ or deactivate your ad blocker software. Thanks.

More news

  
Aus einer Papiertüte schauen eine Avocado, Tomaten, Spaghetti und Möhren heraus. Drum herum liegen Bananen, rote Paprika, eine Zucchini, Äpfel, Kiwis, Mandeln, Kichererbsen, Granatapfelkerne und Granatapfelkerne, verschiedene Bohnensorten, und eine Flasche mit oranger Flüssigkeit.
22. Aug 2025

Nicht nur einzelne chronische Erkrankungen beeinflussbar

Studie der Universität Wien: Pflanzenbasierte Ernährung kann das Risiko von Multimorbidität senken
Auf einer zahnärztlichen Ablage liegen zwei Untersuchungsinstrumente und eine Spritze, im HIntergrund ein hellgrüner Patientenstuhl vor einem Schrank mit türkisen Schubladen.
19. Aug 2025

Bei Lokalanästhesie: „Mit Patientinnen und Patienten reden, ihnen zuhören, sie im Blick haben“

Ein Blick auf mehr als 30 Jahre Erfahrung in der zahnärztlichen Lokalanästhesie mit Priv.-Doz. Dr. med. Dr. med. dent. Frank Halling
Ein mit orangenen Präpariernadeln gehaltenes präpariertes Stück menschlicher Schleimhaut in einer Versuchsapparatur mit einem Scangerät am oberen Bildrand.
18. Aug 2025

Neue Endo-Technik erkennt Speiseröhrenkrebs noch früher

Kombination zweier Verfahren detektiert mikroskopische Veränderungen auch unter der Schleimhautoberfläche
Eine blonde Frau sitzt erschöpft und hält eine Flasche mit Wasser in der linken Hand. Links beugt sich ein Mann zu ihr und hält ihr mit ein weißes Tuch an die Stirn. Rechts beugt sich eine junge Frau zu ihr und stützt ihr mit dem rechten Arm den Rücken. In der anderen Hand hält die junge Frau einen Strohhut.
14. Aug 2025

Mit Diabetes sicher durch die heißen Tage kommen

Körpereigene Temperaturregulation ist oft beeinträchtigt – Deutsches Diabetes-Zentrum gibt Verhaltenstipps
Auf einem hellgrünen Untergrund liegen oberhalb zwei gelbe Handeln, ein Schale mit geschnittenen Tomaten, Gurken und Salatblättern, ein Apfel und eine dunkelgrüne Trinkflasche mit zwei Scheiben Zitrone. In der unteren Hälfte liegen zwei weiße Sportschuhe, ein Zentimetermaß, ein Müsliriegel und eine Sporthose.
8. Aug 2025

Nur ein Drittel ernährt sich gesund – Sitzzeiten sind gestiegen

DKV-Report 2025: Nur 2 Prozent der deutschen Bevölkerung leben rundum gesund
Prof. Dr. Dr. Stefan Listl hält lächelnd seine gerahmte Urkunde in die Kamera. Er steht draußen, hinter ihm ist eine Gebäudewand und hohes Gras zu sehen, rechts neben ihm ein unscharfer Strauch oder Baum.
6. Aug 2025

IADR ehrt Prof. Dr. Dr. Stefan Listl

Internationaler Forschungspreis der Zahnmedizin geht ans Heidelberg Institute of Global Health
Säugling, dem ein Speichelfaden aus dem Mund läuft
4. Aug 2025

Spucke: Saft mit Superkraft

Tag der Zahngesundheit (TdZ) widmet sich der Bedeutung von Speichel
Die Grafik zeigt von links die digitale Rekonstruktion eines echten Zahns, den Zahn im Querschnitt und Wurzelkanäle mit Pulpa.
4. Aug 2025

Ein 3D-gedruckter Zahn, der alles kann

UK Würzburg setzt neue Maßstäbe in der zahnärztlichen Lehre – praxisnah, wissenschaftlich fundiert und zukunftsorientiert