Die Zahnmedizin hat sich in den letzten Jahren zunehmend zur Oralmedizin entwickelt. Diese umfasst nicht nur Diagnostik und Therapie dentaler Probleme – auch viele systemische Erkrankungen zeigen Symptome in der Mundhöhle.
ZFA-Fortbildungstagung und zwei Spezialpodien
Der wissenschaftliche Kongress „Von der Zahnheilkunde zur Oralmedizin“, der vom 8. bis 10. Mai 2025 in Rust stattfindet, trägt dieser Entwicklung Rechnung. Parallel dazu finden auch die 35. Fortbildungstagung für Zahnmedizinische Fachangestellte, das 7. Spezialpodium Oralchirurgie sowie das 8. Spezialpodium Kieferorthopädie statt. Wie im Vorjahr werden zu dieser überregional bekannten Veranstaltung rund 2.000 Teilnehmende erwartet.
Breites Themenspektrum
Bereits zum zehnten Mal lädt die Bezirkszahnärztekammer Freiburg in das von Beginn an gut angenommene Confertainment-Center am Eingang des Europa-Parks in Rust ein. Dr. Norbert Struß, Vorsitzender der Bezirkszahnärztekammer (BZK) Südbaden, betont in seiner Einladung die zentrale Rolle der oralen Medizin für die Gesundheit und das Wohlbefinden der Patientinnen und Patienten. Die renommierte Fortbildungsveranstaltung unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Dr. Elmar Hellwig, Freiburg, bietet ein breites Themenspektrum: von der personalisierten Medizin über Schlaf- und Sportmedizin bis hin zur Anwendung Künstlicher Intelligenz und neuester bildgebender Verfahren in der zahnärztlichen Praxis.
Patientenorientierte Medizin
Die Kernthemen der Tagung sind stark patientenorientiert. So stehen unter anderem die Diagnostik und Therapie von Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation (MIH), die Frage nach der Rolle des oralen Biofilms („Freund oder Feind?“) sowie die zahnmedizinische Betreuung von onkologischen Patientinnen und Patienten im Fokus. Besonders eindrücklich spiegelt der Vortrag von PD Dr. Dr. Matthias Tröltzsch, Ansbach, den Paradigmenwechsel hin zur Oralmedizin wider: Unter dem Titel „Symptomatische Merkmale von Allgemeinerkrankungen in der Mundhöhle“ erläutert er, welche systemischen Erkrankungen sich in der Mundhöhle manifestieren können. Oft handelt es sich um Erstmanifestationen – der zahnärztliche Blick kann daher entscheidend für eine frühzeitige Diagnose und Therapieeinleitung sein. Ziel des Vortrags ist es, dem Auditorium praxisrelevante Techniken zur Diagnostik und Therapie entsprechender Erkrankungen zu vermitteln.
Tumorpatienten zahnärztlich betreuen
Die besonderen Anforderungen bei der zahnärztlichen Behandlung von onkologisch erkrankten Menschen beleuchtet Dr. Urs Mücke, Hannover. Jährlich erhalten rund eine halbe Million Menschen in Deutschland die Diagnose Krebs – ein Grund mehr, sich in der zahnärztlichen Praxis auf diese Patientengruppe einzustellen. Dr. Mücke hebt insbesondere die Entwicklungen in der Krebstherapie und ihre Auswirkungen auf die zahnärztliche Betreuung hervor. Ein besonderes Augenmerk gilt dabei der Kinderonkologie. Hier betont Mücke die Bedeutung der interdisziplinären Zusammenarbeit und der strukturierten Teamarbeit innerhalb der Praxis.
Auch Prof. Dr. Dr. Hendrik Terheyden, Kassel, spricht über personalisierte Medizin – mit Fokus auf Krebspatientinnen und -patienten. Diese profitieren besonders von individualisierten Therapiewegen, die auf genetischer Diagnostik basieren und eine passgenaue Chemotherapie ermöglichen.
Vorausschauendes Denken
Ein Highlight der Tagung ist der Festvortrag von Dr. Thomas Müller, Wien, einem der renommiertesten Kriminalpsychologen Europas. Unter dem Titel „Es ist nicht so entscheidend, was Sie im Leben tun, die Frage ist hauptsächlich: wann!“ plädiert er für einen vorausschauenden Umgang mit Krisen – seien sie monetärer, ökonomischer, soziologischer oder psychologischer Natur. Gerade in den letzten Jahren haben solche Herausforderungen viele Entscheidungen beeinflusst. Müller ist überzeugt: Antizipation – das gedankliche Vorbereiten auf das Mögliche wie Unmögliche – ist die „schärfste intellektuelle Waffe“, um Krisen zu begegnen.
Gut besuchte Spezialpodien
Die Spezialforen Kieferorthopädie und Oralchirurgie unter der Leitung von Dr. Georg Bach präsentieren auch 2025 wieder hochkarätige Referierende. Im Forum Kieferorthopädie stehen unter anderem Kiefergelenkerkrankungen sowie die Bedeutung radiologischer Analysen für Diagnose, Behandlungsplanung und Verlaufskontrolle im Fokus. Im Forum Oralchirurgie geht es unter anderem um die Implantologie im Alter sowie um Sofortimplantationen. Diese Beiträge richten sich an Spezialistinnen und Spezialisten, sind aber auch für interessierte Allgemeinzahnärzte aus Baden-Württemberg und den angrenzenden Regionen attraktiv.
Ein Pre-Kongress mit 13 praxisnahen Themen sowie Seminare für Studierende und niederlassungsinteressierte junge Zahnärztinnen und Zahnärzte, Aktualisierungskurse in Notfallmedizin und Strahlenkunde sowie ein Ergonomie-Seminar ergänzen das Angebot.
Gemeinsame Fortbildung
Auch die 35. Fortbildungstagung für zahnmedizinisches Fachpersonal greift das Leitthema Oralmedizin auf. Themen wie „Schnarchen und Atemaussetzer“, „Personalisierte Medizin“ und „Mundgeruch“ stehen auf dem Programm. Viele der Referierenden aus dem wissenschaftlichen Hauptprogramm bereiten ihre Themen speziell für das Praxispersonal auf und sorgen so für Wissenstransfer auf Augenhöhe.
Ein Besuch der Dentalausstellung mit rund 70 beteiligten Firmen bietet zahlreiche Anregungen für den Praxisalltag. Und auch der kollegiale Austausch kommt nicht zu kurz: mit einem zwanglosen Get-together, dem traditionellen Gesellschaftsabend und vielen Gelegenheiten zur persönlichen Begegnung, schafft die BZK Freiburg einen stimmigen Rahmen für eine rundum gelungene Tagung.