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In vielen Fällen kann eine insuffiziente Restauration kostengünstig und in kurzer Zeit repariert werden – ein Überblick

Reparatur einer Kompositfüllung. Zur Wiederherstellung des Approximalkontakts nach Chipping der Randleiste wurde die Kompositoberfläche unter Kofferdam sandgestrahlt und silanisiert. Es folgte die Phosphorsäureätzung der Zahnhartsubstanz. Anschließend wurde ein Adhäsivsystem appliziert und photopolymerisiert, schließlich eine suffiziente Randleiste aus dem Reparaturkomposit modelliert und ebenfalls lichtpolymerisiert.

Reparaturen erhöhen die Lebensdauer partiell insuffizienter Restaurationen16, weisen ein niedriges Komplikationsrisiko auf und tragen zu einem langfristigen Zahnerhalt bei18. Die Herstellung von Reparaturrestaurationen führt in vielen Fällen zu einer reduzierten Behandlungszeit10 im Vergleich zur Anfertigung von Ersatzrestaurationen und ist meist auch mit niedrigeren initialen Behandlungskosten verbunden14. Daher ist es nicht verwunderlich, dass Reparaturmaßnahmen von Patienten und Patientinnen geschätzt werden13. Als gut etablierte Behandlungsmethode ist die Durchführung von Reparaturmaßnahmen mittlerweile an einem Großteil der zahnmedizinischen Fakultäten fest in der Lehre verankert und wird von den meisten Zahnärzten als Behandlungsstrategie anerkannt17. Trotzdem werden weiterhin weitaus häufiger Ersatzrestaurationen angefertigt und nur wenige Reparaturen durchgeführt, was möglicherweise an unzureichendem Wissen über das Thema liegt17. Dr. Jana Biermann und Prof. Dr. Annette Wiegand geben in ihrem Beitrag für die Quintessenz Zahnmedizin 1/22 eine Übersicht zum Thema Kompositreparatur und präsentieren einen Leitfaden zur Durchführung von Reparaturen an partiell insuffizienten Kompositrestaurationen.

Die „Quintessenz Zahnmedizin“, Monatszeitschrift für die gesamte Zahnmedizin, ist der älteste Titel des Quintessenz-Verlags, sie wird 2024 wie der Verlag selbst 75 Jahre alt. Die Zeitschrift erscheint mit elf Ausgaben jährlich. Drei Ausgaben davon sind aktuelle Schwerpunktausgaben, die zusätzlich einen Online-Wissenstest bieten mit der Möglichkeit, Fortbildungspunkte zu erwerben. Abonnenten erhalten uneingeschränkten Zugang für die Online-Version der Zeitschrift und Zugang zur App-Version. Mehr Infos, Abo-Möglichkeit sowie ein kostenloses Probeheft bekommen Sie im Quintessenz-Shop.

Langlebigkeit und Kosteneffektivität reparierter Kompositrestaurationen

Die Lebensdauer von Kompositfüllungen und damit langfristig auch die Lebenszeit des restaurierten Zahns können durch eine Reparatur signifikant verlängert werden16. So wurde die mittlere 10-Jahres-Versagensrate für Komposit­restaurationen mithilfe der Durchführung einer einzigen Reparatur von 3,7 auf 2,5 Prozent, mittels mehrerer Reparaturen sogar auf 2,2 Prozent gesenkt16. Auch die Langlebigkeit von Ersatzrestaurationen profitiert von Reparaturmaßnahmen, hier sinkt die mittlere 10-Jahres-Versagensrate von 7,0 auf 3,9 Prozent durch eine Reparatur beziehungsweise auf 3,0 Prozent durch mehrere Reparaturmaßnahmen16. Die Lebensdauer von Milchzahnrestaurationen bei Kindern mit hohem Kariesrisiko scheint ebenfalls durch Reparaturmaßnahmen verlängert werden zu können27.

In einem Untersuchungszeitraum von bis zu 12 Jahren konnten hinsichtlich der Langlebigkeit, des Auftretens von Sekundärkaries und Randverfärbungen sowie des Randschlussverhaltens keine Unterschiede zwischen Reparaturrestaurationen und Ersatzrestaurationen aus Komposit festgestellt werden4,6,16. Insgesamt scheint die Prognose von reparierten Restaurationen aufgrund von Sekundärkaries besser zu sein, als wenn eine Fraktur ursächlich ist23.

Die initial entstehenden Kosten sind für die Anfertigung von Ersatzrestaurationen höher als bei der Durchführung einer Reparatur14. Werden zusätzlich auch Folgekosten beachtet, kann kein signifikanter Unterschied hinsichtlich der Kosteneffektivität von Ersatz- und Reparaturrestaurationen festgestellt werden. Reparaturen können also empfohlen werden, um die initial entstehenden Behandlungskosten zu reduzieren, ohne dass langfristig mit Nachteilen zu rechnen ist14.

Obwohl Reparaturrestaurationen unbestritten in der Lage sind, die Lebensdauer von Restaurationen zu verlängern, und keine Einschränkungen hinsichtlich der Kosteneffektivität ermittelt werden konnten, muss in jedem Fall natürlich patienten- und defektindividuell entschieden werden, ob eine Reparatur als Alternative zum vollständigen Ersatz sinnvoll ist. Die häufigsten Versagensursachen für Kompositrestaurationen im Seitenzahngebiet sind Frakturen und Sekundärkaries24, im Frontzahnbereich kommen neben ästhetischen Einschränkungen auch Frakturen aufgrund von Traumata und Retentionsverlust hinzu3.

Eine Ersatzrestauration ist in diesen Fällen die bessere Wahl, wenn der zu reparierenden Restauration ein systematischer Fehler zugrunde lag, unbehandelter Bruxismus zum Versagen der Originalrestauration geführt hat, die sichere Rekonstruktion des Approximalkontakts durch eine Reparatur nicht gegeben ist oder die korrekte Durchführung der notwendigen Konditionierungsschritte (siehe unten) nicht möglich scheint7.

Anwendung

Die Zahl der Zahnärztinnen, die in Umfragen angeben, in ihrem Arbeitsalltag regelmäßig Reparaturen durchzuführen, scheint kontinuierlich zuzunehmen. So geben aktuell ca. zwei Drittel der befragten Zahnärzte weltweit an, Reparaturrestaurationen anzufertigen17. Am häufigsten werden Kompositfüllungen repariert, gefolgt von Keramik- und Metallrestaurationen (Abb. 1). Eine Reparatur von Amalgamfüllungen erfolgt seltener13, ist aber prinzipiell möglich12. Unabhängig vom Material der Originalrestauration kommt als Reparaturmaterial in der Regel Komposit zum Einsatz13. Als Hauptgründe für die Durchführung einer Reparatur werden Verlängerung der Lebensdauer der Originalrestauration, Erhalt von Zahnhartsubstanz und Kostensenkung für die Patientinnen genannt17.

Die Zahl der tatsächlich durchgeführten Reparaturen spiegelt diesen Trend jedoch nicht wider. Nur ein Drittel der insuffizienten Restaurationen wurde repariert, die Mehrzahl stattdessen durch eine neuangefertigte Restauration ersetzt17. In einer Umfrage gaben Zahnärzte unter anderem fehlendes Wissen bezüglich der Durchführung von Reparaturen und schlechte Erfahrungen mit Reparaturrestaurationen als Gründe an, die dazu führen, dass sie eher Ersatz- als Reparaturrestaurationen anfertigen17. Interessanterweise scheinen sich Zahnärztinnen eher zugunsten einer Reparatur und entgegen eines vollständigen Ersatzes zu entscheiden, wenn sie die Originalrestauration selbst hergestellt haben17.

Durchführung einer Kompositreparatur

Reparaturareale sind selten rein kompositbegrenzt (Abb. 2), vielmehr schließen sie meist neben der Originalrestauration auch die umliegende Zahnhartsubstanz ein (Abb. 3). Für eine langfristig suffiziente Reparaturrestauration muss also ein stabiler Verbund vom Reparaturkomposit zu beiden Oberflächen gewährleistet sein20.

Konditionierung der Originalrestauration

Eine mechanische Vorbehandlung der zu reparierenden Kompositoberfläche wird empfohlen und kann mittels Diamantschleifer, Aluminiumoxid-Sandstrahler oder Silikatisierung erfolgen19. Sie resultiert in einer Vergrößerung der Reparaturoberfläche und führt somit zu einer verbesserten Benetzbarkeit für die anschließende chemische Konditionierung6. Bei der Silikatisierung werden zusätzlich Silikatpartikel in die Restaurationsoberfläche eingelagert, an die Silanmethacrylate der gegebenenfalls später aufgetragenen Silanlösung binden können25. Sandstrahlen mit Aluminiumoxid lieferte in vielen Studien höhere Reparaturhaftwerte als eine Silikatisierung der Kompositoberflächen19. Beide Methoden zeigen in vitro bessere Reparaturhaftwerte als das alleinige Anrauen der Restaurationsoberfläche mit Diamantschleifern26.

Für die chemische Konditionierung der Reparaturoberfläche werden bei Kompositrestaurationen Silanlösungen empfohlen5. Diese verbessern die Benetzbarkeit der Oberfläche1 und können einen chemischen Verbund zu den Füllerpartikeln im Komposit eingehen28. Die chemische Konditionierung anderer Restaurationsmaterialien erfordert verschiedene Primer mit unterschiedlichen funktionellen Monomeren. Der vereinfachten Anwendung und besseren Übersicht halber bietet es sich daher an, Universalprimer zu verwenden, die verschiedene funktionelle Monomere (unter anderem auch Silanmethacrylate) enthalten und somit für alle Restaurationsoberflächen anwendbar sind19.

Das anschließend aufgetragene Adhäsivsystem bindet an die Methacrylatgruppen der Silanlösung oder des Universalprimers25 und trägt somit ebenfalls zu einem stabilen Verbund bei. Zusätzlich können Adhäsive durch ihre niedrige Viskosität Oberflächen besonders gut benetzen und verbessern den Reparaturverbund weiter11,20. Die mechanische Vorbehandlung sowie die Applikation eines geeigneten Adhäsivsystems scheinen jedoch einen weitaus größeren Einfluss auf die Reparaturhaftwerte von Kompositrestaurationen zu nehmen als das Auftragen einer Silanlösung19,26.

Konditionierung der angrenzenden Zahnhartsubstanz

Grenzt das Reparaturareal an Zahnhartsubstanz an, muss diese wie bei der Anfertigung einer Primärrestauration vorbehandelt werden. Bei Schmelzbeteiligung sollte vor Anwendung des Adhäsivsystems eine separate Phos­phor­säureätzung erfolgen, um optimale Haftwerte zu erreichen. Bei reiner Dentinbegrenzung kann auf einen separaten Ätzvorgang verzichtet werden, sofern selbstkonditionierende Adhäsivsysteme angewendet werden21. Eine Kontamination des Originalkomposits mit Phosphorsäure scheint keine Beeinträchtigung des Reparaturverbunds nach sich zu ziehen20. Die Phosphorsäureätzung sollte erst nach der mechanischen Konditionierung der Reparaturoberfläche durchgeführt werden5. Im Anschluss erfolgt dann die chemische Konditionierung, bei der – nach eventueller Silananwendung auf dem Komposit – das Adhäsivsystem sowohl auf die Restaurations- als auch auf die Zahnoberfläche aufgetragen wird5.

Mögliche Kontamination der Zahnhartsubstanz

Für die Vorbereitung einer Reparatur werden Zahn- und Restaurationsoberfläche separat vorbehandelt (siehe oben). In der Praxis lassen sich beide Anteile jedoch kaum vonein­ander getrennt bearbeiten, sodass eine mögliche Kontamination der Zahnhartsubstanzen durch Konditionierungsmaßnahmen der Reparaturoberfläche den Verbund zum Reparaturkomposit beeinflussen könnte. So zeigen sich zum Beispiel auf silikatisiertem Schmelz und Dentin signifikant schlechtere Komposithaftwerte9,22. Eine anschließende Phosphorsäureätzung scheint diesen Effekt jedoch wieder aufzuheben15. Die Kontamination von Zahnhartsubstanz mit Universalprimern oder Silanlösungen scheint keinen Einfluss auf die Verbundstärke zu Komposit zu nehmen, wenn im Anschluss noch ein Adhäsivsystem aufgetragen wird2,9.

Beeinträchtigungen des Haftverbunds durch eine mögliche Kontamination der Zahnhartsubstanzen können mit dem Konzept der zweiphasigen Reparaturrestauration vermieden werden8. In Phase 1 wird zunächst die exponierte Zahnhartsubstanz mit Komposit abgedeckt. Dabei wird wie bei der Herstellung einer Primärrestauration die Zahnoberfläche gegebenenfalls mit Phosphorsäure geätzt und dann ein geeignetes Adhäsivsystem angewendet. Nach Fertigstellung der Kompositabdeckung wird die zu reparierende Restaurationsoberfläche mit einem Diamantschleifer von Adhäsiv- und Kompositresten befreit. Am Ende von Phase 1 ist das Reparaturareal rein restaurationsbegrenzt, Zahnhartsubstanz liegt nicht mehr frei. In Phase 2 erfolgt nun die Konditionierung der Restaurationsoberfläche (siehe oben), die Zahnhartsubstanz ist jetzt vor Kontamination geschützt und die Reparaturrestauration kann ohne Einschränkungen fertiggestellt werden.

Fazit

Die Lebensdauer von Restaurationen kann durch (mehrfache) Reparaturen signifikant verlängert werden. Reparaturrestaurationen werden von Zahnärztinnen sowie von Patienten gut akzeptiert und zeigen nach sorgfältiger Abwägung der Indikation keine Nachteile gegenüber Neuanfertigungen. Vielmehr sind sie im Vergleich zahnhartsubstanzschonender, weniger zeitaufwendig und weisen ein niedrigeres Komplikationsrisiko auf. Trotzdem werden vergleichsweise wenige Reparaturrestaurationen angefertigt. Ein Grund dafür besteht eventuell in fehlenden Kenntnissen zu einem optimalen und einfach durchzuführenden Reparaturprotokoll. Für Kompositrestaurationen kann folgende Vorgehensweise empfohlen werden:

  • Sandstrahlen mit Aluminiumoxid oder Silikatisierung der zu reparierenden Kompositoberfläche,
  • Phosphorsäureätzung der begrenzenden Zahnhartsubstanz,
  • gegebenenfalls Anwendung einer Silanlösung beziehungsweise eines Universalprimers auf der Restaurationsoberfläche,
  • Applikation eines geeigneten Adhäsivsystems sowohl auf den Komposit- als auch auf den Schmelz- und Dentinarealen,
  • Aufbringen des Reparaturkomposits.

Eine Kontamination der Zahnhartsubstanz durch Kon­ditionierungsmaßnahmen der ­Restaurationsoberfläche resul­tiert möglicherweise in einem schlechtere Reparaturverbund, kann aber mit der Technik der 2-­Phasen-­Reparaturrestauration verhindert werden.

Ein Beitrag von Dr. Jana Biermann und Prof. Dr. Annette Wiegand, Göttingen

Literatur auf Anfrage über news@quintessenz.de

Reference: Zahnmedizin Restaurative Zahnheilkunde

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