Die Unzufriedenheit der Zahnärzteschaft mit der Telematikinfrastruktur sei „extrem hoch“, die Probleme der vergangenen Monate machten es nicht leicht, die Akzeptanz der TI in den Zahnarztpraxen zu fördern. Die KZBV stehe zur Digitalisierung im Gesundheitswesen – aber es müsse sich dringend etwas ändern, so der Dr. Karl-Georg Pochhammer, stellvertretender KZBV-Vorstandsvorsitzender.
Die Vertragszahnärzteschaft verstehe die Digitalisierung des Gesundheitswesens mehrheitlich als Chance und begrüße die Entwicklung grundsätzlich im Interesse von Patienten und Praxen. Das betont die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) anlässlich des aktuellen Umsetzungsstandes der Telematikinfrastruktur (TI) erneut in einem Pressestatement. Zugleich kritisiert sie das Vorgehen der für die TI verantwortlichen Gematik, deren Mehrheitsgesellschafter seit 2019 das Bundesministerium für Gesundheit ist.
Mangelhafte Kommunikation seitens der Gematik
„Mangelhafte Kommunikation seitens der Gematik und auch kürzlich die VSDM-Störung machen es uns schwer, Akzeptanz für die TI im Berufsstand zu fördern. Da wir als handelnder Akteur diese hochkomplexe Infrastruktur aber weiter voranbringen wollen, weisen wir auf immanente Risiken und Fehlentwicklungen hin. Die Unzufriedenheit der Zahnärzteschaft ist extrem hoch und nimmt noch zu, falls Deutschlands größtes Gesundheitsnetz weiter als kostentreibendes Ärgernis wahrgenommen wird“, so Pochhammer. Zahnärzte sollten endlich den versprochenen Mehrwert erleben. „Dies wird mit den Anwendungen Elektronischer Medikationsplan, Notfalldatenmanagement und dem Kommunikationsdienst KIM sowie später mit der Elektronischen Patientenakte möglich sein.“
Stabilen Betrieb der TI und der Anwendungen gewährleisten
Um die Mitwirkung der Heilberufe nicht zu verspielen, müsse insbesondere der stabile Betrieb der TI und ihrer medizinischen Anwendungen gewährleistet sein. „Wir fordern, dass künftig ausschließlich Anwendungen in die Fläche gehen, die ausreichend unter Praxisbedingungen getestet wurden und stabil und sicher laufen. Erst dann kann die maßvolle Einführung neuer Anwendungen angegangen werden.“
Kontraproduktiv hingegen sei die Reduktion von Feldtests bei wichtigen Komponenten und Diensten. „Schnelligkeit um jeden Preis vor Praktikabilität und Zuverlässigkeit darf nicht das Mittel der Wahl sein, um unrealistische gesetzliche Fristen zu halten.“
Fehler erst in von der KZBV geforderten Feldtests erkannt
So hatten von der KZBV geforderte Feldtests von KIM und der qualifizierten elektronischen Signatur mittlerweile behobene Fehler offenbart, die Labortests von Gematik und Herstellern nicht identifizieren konnten. „Ohne den Einsatz der Test-Praxen und Test-KZVen würde es einmal mehr viel Unmut beim Ausrollen von KIM geben. Die umsichtige Entwicklung nutzenbringender und nutzerfreundlicher Anwendungen ist wichtig. Ausführliche Tests und Evaluationen sind aber ein absolutes Muss, um Akzeptanz für digitale Neuerungen zu schaffen. Hier setzen wir auch auf die Rückendeckung anderer Gesellschafter und der Gematik gegenüber dem BMG.“
Die TI sollte für Heilberufe eine positive Ergänzung im Versorgungsalltag sein. „Sie muss zur Entlastung etwa bei Anamnesen und Diagnosen beitragen, so dass Zahnärzte mehr Zeit für Patienten haben, anstatt mühsam relevante Unterlagen anzufordern. Beschlüsse der Gematik werden zu häufig gegen uns gefasst, obwohl wir unverzichtbare Multiplikatoren sind. Auf uns wird es bei Anwendungen wie der ePA ankommen, wenn diese erfolgreich sein sollen.“
Anliegen der Praxen in der Gematik ernst nehmen
Wenn Gesellschafter Anliegen von Praxen übermitteln, dann sollten diese von der Gematik ernst genommen und konstruktiv gewürdigt werden: „Die Gematik muss zu einer von Vertrauen und Respekt geprägten Zusammenarbeit zurückfinden.“ So dürfe das Erstellen technischer Spezifikationen „am Reißbrett“ nicht losgelöst von aktuellen Ausstattungen der Praxen, sondern nur unter Einbeziehung bestehender Komponenten erfolgen. Als Beispiel nannte Pochhammer die sogenannten G0- oder Vorläufer-Karten, zu denen neben dem eZahnarztausweis auch die weit verbreiteten ZOD-Karten zählen. „Diese sollten als bewährter Vorläufer des elektronischen Heilberufeausweises der Stufe G2 ‚per Federstrich‘ zum Auslaufmodell werden! Daher haben wir uns bei Gematik und BMG intensiv für einen tragfähigen Kompromiss eingesetzt.“
Gematik soll auch nach außen Verantwortung übernehmen
Mit Blick auf die Störung des Versichertenstammdatenmanagements (VSDM) und die lange ungeklärte Finanzierung der Kosten mahnte Pochhammer eine verbesserte Kommunikation der Gematik an: „Nicht nur bei diesem ärgerlichen Vorfall hat es an erschöpfenden und rechtzeitigen Sprachregelungen für Landesebene und Praxen gemangelt.“ Angestrebt werden müsse deshalb die schnellere Bearbeitung von Themen, die für berechtigten Frust sorgen. „Wir befürworten eine Stärkung der Gematik dahingehend, dass sie nach außen Verantwortung übernimmt und im Sinne der Nutzer agiert.“