0,00 €
Zum Warenkorb
  • Quintessence Publishing Deutschland
Filter
7711 Views

Kürzungen rechtens – FVDZ fordert Anreize und Überzeugung statt Honorarkürzung und rät zur TI-Anbindung

(c) Bundessozialgericht/Dirk Felmeden

Am 6. März 2024 standen zwei Verfahren zur Telematikinfrastruktur (TI) auf der Tagesordnung des höchsten deutschen Sozialgerichts. Der 6. Senat des Bundessozialgerichts in Kassel sollte sich mit den Honorarkürzungen für eine ärztliche Praxis wegen Nichtanbindung an die Telematikinfrastruktur und der Erstattung der Betriebskosten der TI für eine Kinderarztpraxis befassen. Erfolgreich waren die Kläger aber nicht. Der Kläger zum Thema Betriebskosten zog die Klage zurück. Die Revisionsklage wegen der Honorarkürzungen wurde von den Kasseler Richtern abgewiesen.

„Die Honorarkürzung für das Quartal 1/2019 erfolgte zu Recht. Die Verpflichtung der Klägerin zur Anbindung an die Telematikinfrastruktur stellte in der Anfang 2019 geltenden Ausgestaltung des Regelungskonzepts keinen unverhältnismäßigen Eingriff in ihre ärztliche Berufsfreiheit dar“, heißt es im Terminbericht des BSG. Damit folgt das Gericht seiner bisherigen Rechtsprechung und den Entscheidungen der Sozialgerichtsbarkeit, die bislang stets eine Rechtmäßigkeit der Honorarkürzungen für Vertrags(zahn)ärzte bei Nichtanbindung an die TI/bewusster Nicht-Nutzung von gesetzlich verpflichtenden TI-Anwendungen bejaht hat.

Keine Verstöße gegen die DSGVO

Die Klägerin hatte für ihre Weigerung, die Praxis für den Versichertenstammdatenabgleich (Versichertenstammdatenmanagement – VSDM) an die TI anzuschließen, unter anderem vorgebracht, dass sie mit einer Anbindung bis Oktober 2020 gegen die Datenschutzgrundverordnung hätte verstoßen müssen. Dem widersprachen die Kasseler Richter. Im Terminbericht heißt es dazu: „Die Datenverarbeitung durch Vertragsärzte bei Durchführung des Versichertenstammdatenabgleichs entspricht den besonderen Anforderungen an die Verarbeitung von personenbezogenen Daten im Gesundheitsbereich. Sie ist durch hinreichende Ermächtigungsgrundlagen insbesondere in Artikel 9 und 6 Datenschutz-Grundverordnung in Verbindung mit §§ 1, 22 Bundesdatenschutzgesetz und §§ 291 ff. SGB V gedeckt.“

Datensicherheit auch 2019 schon ausreichend

Auch den Verweis auf europäisches Recht ließen die Richter nicht gelten: „Bereits Anfang 2019 entsprach das Normkonzept des SGB V den Vorgaben aus dem europäischen Recht zur Gewährleistung einer ausreichenden Datensicherheit. Es wies keine solche systemischen Mängel auf, die ärztliche Leistungserbringer von der Verpflichtung zur Anbindung an die Telematikinfrastruktur hätten freistellen können. Eine vorherige Datenschutz-Folgenabschätzung war für die Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung nicht zwingend erforderlich. Die Verantwortlichkeit für den Bereich der dezentralen Telematikinfrastruktur-Komponenten lag nach der Datenschutz-Grundverordnung auch ohne gesonderte nationale Regelung im Quartal 1/2019 bei den Vertragsärzten.“

Kein unverhältnismäßiger Eingriff in die Berufsfreiheit

Die Verpflichtung der Klägerin zur Durchführung des Versichertenstammdatenabgleichs diene dem legitimen Zweck, Leistungsmissbrauch durch die Identifizierung ungültiger, verlorener oder gestohlen gemeldeter elektronischer Gesundheitskarten zu verhindern, und sei verhältnismäßig, so der Senat. „Auch die mit der Nichtbefolgung der Verpflichtung verknüpfte Honorarkürzung stellt keinen unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsfreiheit der Klägerin dar. Der Senat konnte dabei offenlassen, ob neben dem Schutz des Grundgesetzes auch die Grundrechtecharta der Europäischen Union greift, da bei Anwendung der jeweiligen Grundrechte hier kein unterschiedliches Schutzniveau besteht.“

Der Freie Verband Deutscher Zahnärzte (FVDZ) kommentierte das so: „Honorarkürzungen für TI-Verweigerer sind rechtens“. Die Verhandlung sei mit Spannung erwartet worden, da die Entscheidung „Signalwirkung für alle Praxisinhaber hat, die bisher den Anschluss an die TI verweigern“.

FVDZ: Honorarkürzung kein probates Mittel

„Wir können nur auch allen niedergelassenen Zahnärztinnen und Zahnärzten empfehlen, sich an die TI anzuschließen“, sagte Dr. Christian Öttl, Bundesvorsitzender des Freien Verbandes Deutscher Zahnärzte (FVDZ), nach den ersten Verlautbarungen aus dem Gerichtssaal. „Die Honorarkürzung als Sanktionsmittel gegen die Praxen sehen wir allerdings weiterhin nicht als probates Mittel, um Ärztinnen und Ärzte von der TI-Anbindung zu überzeugen.“
Dass der Gesetzgeber mit Sanktionen die Anbindung an die TI zu erzwingen will, ist für den FVDZ-Bundesvorsitzenden das eigentliche Problem. Wenn die niedergelassenen Ärzte und Zahnärzte von Sinn, Zweck und Nutzen der TI überzeugt gewesen wären, hätte sich niemand verweigert.

Unding, das Datenschutz auf die Praxen abgewälzt wird

„Es ist immer sinnvoller, Überzeugungen und Anreize zu schaffen, als etwas zu verordnen, das viel Geld kostet und dessen Nutzen für die Praxen völlig unklar bleibt“, sagt Öttl. Dass die gesamte Datenschutzverantwortung auf die Ärzte und Zahnärzte in ihren Praxen abgewälzt wird, hält er für ein Unding, ebenso dass die Kosten für den Betrieb der TI allein durch die Praxen gestemmt werden müssen. „Die TI-Pauschale, die von den Krankenkassen gezahlt wird, deckt das alles nur in geringem Maße ab.“ Leider sei der Revisionsantrag eines Klägers zur Erstattung der Betriebskosten der TI-Anbindung zurückgezogen worden.  

 

Reference: Telematikinfrastruktur Praxis Politik Nachrichten

AdBlocker active! Please take a moment ...

Our systems reports that you are using an active AdBlocker software, which blocks all page content to be loaded.

Fair is fair: Our industry partners provide a major input to the development of this news site with their advertisements. You will find a clear number of these ads at the homepage and on the single article pages.

Please put www.quintessence-publishing.com on your „adblocker whitelist“ or deactivate your ad blocker software. Thanks.

More news

  
30. May 2025

Kurz und knapp

Kurznachrichten und Informationen aus der (dentalen) Welt – Mai 2025
19. May 2025

Ablaufendes Sicherheitszertifikat bringt TI in die Bredouille

KZBV hatte Gematik bereits Ende 2024 gewarnt – Austausch von Hardwarekomponenten und Heilberufsausweisen in den Praxen wäre bis Ende 2025 erforderlich
16. May 2025

Korrekt abrechnen und sicher dokumentieren

Neue kostenfreie On-Demand-Webinare rund um die Abrechnung von Permadental
30. Apr 2025

FVDZ zur ePA: Klarer Fahrplan in ungewisse Zukunft

Aufklärung der Patienten kann nicht in der Praxis laufen – Parameter stimmen noch nicht
24. Apr 2025

Gemischte Gefühle gegenüber KI am Arbeitsplatz

Repräsentative Umfrage unter mehr als 2.000 Erwerbstätigen zeigt gespaltenes Echo
16. Apr 2025

ePA für ZahnÄrzte spätestens ab 1. Oktober 2025 verpflichtend

„ePA für alle“ soll ab 29. April 2025 bundesweit „hochgefahren“ werden – Übergangsfrist für „Leistungserbringende“ sollte für Einarbeitung genutzt werden
9. Apr 2025

ePA: Noch-Gesundheitsminister Lauterbach kündigt schrittweise Einführung an

In den nächsten Wochen „Hochlaufphase“ außerhalb der Testregionen und weitere Testung – Nutzung für Ärzte vorerst freiwillig
7. Apr 2025

ePA weiter testen statt direkt bundesweit ausrollen

KZBV: Probleme bei der elektronischen Patientenakte noch nicht gelöst – Softwareanbieter sehen weiterhin Schwierigkeiten in der zentralen ePA-Struktur