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RA Prof. Dr. Thomas Ratajczak: Bei rein elektronischer Dokumentation müssen alle Daten einfach zusammenzustellen/auszudrucken sein
RA Prof. Dr. Thomas Ratajczak fordert von den PVS-Anbietern Bewegung beim Thema „Patientenakte“
(c) Ratajczak & Partner mbB
Der Frust, den ich seit Jahren mit Praxisverwaltungssystemen mit mir als Anwalt herumtrage, sitzt tief. Es geht mir um das offenbar völlige Unverständnis der Branche, dass eine rein elektronische Aktenführung nicht nur am Bildschirm komfortabel, sondern auch in der Lage sein muss, alle (eine bekannte Richterin am Landgericht Stuttgart pflegte die Bedeutung des Wortes „alle“ mit der Frage zu unterstreichen, welcher Buchstabe von „alle“ nicht verstanden werde) Informationen, die der Bildschirm zu einem Patienten zeigt beziehungsweise die im System vorhanden sind, auf einfache, simple, absolut narrensichere Weise abzuspeichern und auszudrucken.
Der Druck und Speichervorgang muss mit einem Befehl absolut alle Informationen, die zu einem bestimmten Patienten in der EDV vorhanden sind, für jeden befugten Dritten, der das lesen darf, verständlich wiedergeben können. Befugter Dritter in diesem Sinne ist auch der Patient. Davon sind wir unverändert weit entfernt.
Dieser Beitrag stammt aus dem Fachjournal „pip - Praktische Implantologie und Implantatprothetik 2/25". „pip“ fasst in jeder Ausgabe „Kurz & Schmerzlos“ für ein spezifisches Thema die internationalen Veröffentlichungen nach Relevanz untergliedert und kommentiert zusammen. Die Redaktion monitort über 170 nationale und internationale wissenschaftliche Fachzeitschriften aus den Bereichen Implantologie, Oralchirurgie, MKG-Chirurgie, Prothetik und restaurative Zahnheilkunde, Parodontologie, Endodontie, Kieferorthopädie, Orthopädie, Angiologie, Biotechnologie und Pharmazie und fasst in Exzerpten und Kommentaren die für den implantologisch tätigen Zahnarzt wichtigsten Neuigkeiten leicht lesbar zusammen. Reich illustrierte Anwenderstudien, eine Doppelseite „tipp in pip“ mit hilfreichen Kollegentricks und -tipps, ein heißes „Pro & Contra“ und Berichte zu „pip vor Ort“ bieten eine kurzweilige und praktisch hilfreiche Fortbildungslektüre.
Vollständigkeit entscheidend für alle rechtlichen Auseinandersetzungen
Für die Zahnarzthaftungsfälle brauchen wir bei elektronischer Aktenführung vollständige, in sich logische Wiedergaben insbesondere von: Erstbefund, Anamnese, Untersuchungsbefund, Begründung für weitere Untersuchungen, insbesondere Röntgenaufnahmen, gegebenenfalls DVT, gegebenenfalls CT (Indikation!), die schriftliche Ausbefundung der bildgebenden Diagnostik, die Besprechung mit dem Patienten zu den Befundergebnissen, die in einer Diagnose enden, die Diagnose(n), den/die Therapievorschläge, die Aufklärung des Patienten (Risikoaufklärung, Alternativenaufklärung, gegebenenfalls wirtschaftliche Aufklärung), die Entscheidung des Patienten, wie er/sie sich behandeln lassen will (Einwilligung), die Durchführung der Behandlung (was wurde gemacht, gab es Auffälligkeiten), das Ergebnis der Behandlung, die Information des Patienten über das Behandlungsergebnis, die dem Patienten für die Post-Behandlungsphase gegebenen Empfehlungen (Sicherungsaufklärung), der Wiedervorstellungstermin. Dasselbe brauchen wir für die Strafverfahren, die Wirtschaftlichkeitsprüfung nach Paragrafen 106 ff. Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), und, und, und.
Gebührenordnungsziffern sind keine Behandlungsdokumentation
Was wir in einer Behandlungsdokumentation nicht brauchen, ist die Widergabe der Texte für die Ziffern der Gebührenordnung. Klassiker ist insoweit die Nr. 12 BEMA (bmF). Was soll ein Richter, was ein Staatsanwalt mit der Information anfangen, dass am xx.xx.XXXX „Besondere Maßnahmen beim Präparieren oder Füllen, je Sitzung, je Kieferhälfte oder Frontzahnbereich“ durchgeführt wurden? Das ist aber keine Behandlungsdokumentation. Behandlungsdokumentation wäre es, wenn dort stünde, was genau gemacht wurde. Mit etwas Glück sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Praxis so geschult, dass sie das als Freitext eingeben, der dann allerdings weder bei noch anstelle des Gebührenordnungstextes erscheint. Häufig genug bleibt es aber bei der bloßen Wiedergabe der Gebührenordnung.
Warum ist es so schwierig, zu verstehen, dass es für Inhalte der Dokumentation darauf ankommt, dass Behandler und Nachbehandler weitermachen können? Die Abrechenbarkeit der Leistungen folgt der Behandlungsdokumentation, der umgekehrte Weg ist eine Sackgasse.
Bringt Zahnärzte und Berater in die Bredouille
Die Ausdrucke der Behandlungsdokumentation seitenweise mit dem Text von Gebührenziffern zu füllen, aber die wichtigen Informationen zum eigentlichen Behandlungsgeschehen im Ausdruck nicht zur Verfügung zu stellen, allen voran die Informationen zu Anamnese und Befunden, erweckt bei Richtern und Staatsanwälten den Eindruck, es ginge hier nur ums Geld verdienen, nicht ums Behandeln. Vor allem aber bringt es die Zahnärzte und ihre Berater in die Bredouille, immer mehr erklären zu müssen, warum die zunächst dem Patienten auf Anforderung nach Paragraf 630g BGB übersandten Unterlagen leider vollständig unvollständig waren, warum das mit dem Ausdruck und Abspeichern nicht gelang, und dass die jetzt vorgelegten Unterlagen unverändert und nunmehr vollständig sind.
Nonchalance der Branche für Nutzer gefährlich
Wer je in einem Strafverfahren, in dem der Gutachter aufgrund solcher unvollständig beschlagnahmter Akten ein verheerendes Bild der Behandlung zeichnete, das deshalb seinen Weg zur Anklage bei der Großen Strafkammer eines Landgerichts mit der dort üblichen Straferwartung nicht unter drei Jahren Freiheitsstrafe nahm, die nachträgliche Vorlage umfangreichster – und für die Entkräftung des Tatvorwurfs entscheidender – Behandlungsunterlagen gegen den Vorwurf der nachträglichen Manipulation und der Vertuschung verteidigen musste, findet die Nonchalance, die in der Branche nach wie vor dazu gepflegt wird, nicht lustig. Vertuschung kann den Zahnarzt in Untersuchungshaft bringen.
Hersteller müssen ihre Policies ändern und schulen
Landauf, landab wurden und werden Spezialeinheiten der Staatsanwaltschaften gegründet, um solche Delikte zu verfolgen. Von den Herstellern der Praxis-EDV erwarte ich Verständnis für diese Situation und eine Änderung ihrer Policies. Es kann doch nicht angehen, dass die Antwort auf die Frage, ob die vollständigen Patientenunterlagen ausdruck- beziehungseise speicherbar sind, in einem „Ja“ besteht – wenn man die dafür erforderlichen zahlreichen Sonderbefehle kenne, die aber nicht geschult würden, weil das nicht nachgefragt werde.
KZBV bei den Zertifizierungen gefragt
Wenn sich das nicht grundlegend ändert, wobei hier auch die Mitwirkung der KZBV bei der Zertifizierung gefragt ist, werden wir es mit nur noch elektronischen Behandlungsunterlagen regelmäßig erleben, dass die Polizei dann halt den Server mitnimmt. Wenn’s nicht anders geht, darf sie das. Was das für die betroffene Praxis bedeutet, muss ich hier nicht ausmalen.
RA Prof. Dr. Thomas Ratajczak, Böblingen
Prof. Dr. Thomas Ratajczak ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht, Fachanwalt für Sozialrecht in der Kanzlei Ratajczak & Partner Rechtsanwälte und Justiziar des BDIZ EDI. Er ist regelmäßiger Autor in Fachzeitschriften, unter anderem in der „Quintessenz Zahnmedizin“ und in der „pip“. Kontakt zum Autor unter E-Mail: ratajczak@rpmed.de
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