0,00 €
Zum Warenkorb
  • Quintessence Publishing Deutschland
Filter
838 Views

Potsdamer Institut analysiert Computersimulationen von „Degrowth“-Ansätzen –

Befürworter einer Wirtschaft ohne Wachstum argumentieren seit langem, dass Wirtschaftswachstum als solches der Umwelt schadet. Jetzt haben Forschende gezeigt, dass eine Eindämmung des Wachstums allein unser Ernährungssystem nicht nachhaltig machen würde – wohl aber eine Änderung unserer Ernährung und ein Preisschild für Emissionen in der Landwirtschaft.

Die Kombi machts

Dafür hat eine Gruppe unter Leitung des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) in einer Computersimulation erstmals untersucht, welche Auswirkungen so genannte „Degrowth“-Ansätze und Effizienzsteigerungen auf die Treibhausgasemissionen des Lebensmittelsektors haben könnten. Ihr Ergebnis: Eine Kombination aus Ernährungsumstellung, Emissionsbepreisung und internationalen Einkommenstransfers kann die Erzeugung und den Konsum von Lebensmitteln zum Ende dieses Jahrhunderts emissionsneutral machen und gleichzeitig eine gesündere Ernährung für eine wachsende Weltbevölkerung bieten.

Emissionen bepreisen

 „Wenn wir unser System der Produktion und Konsum von Nahrungsmitteln schrumpfen statt wachsen ließen, würde das im Ergebnis dem Klima gar nicht so viel nützen. Stattdessen müssen wir dieses Systems selbst von Grund auf verändern“, sagt Benjamin Bodirsky, Forscher in Potsdam und am World Vegetable Center in Taiwan, einer der Autoren der Studie. „Das bedeutet einerseits, dass die Menschen nur das konsumieren, was sie benötigen, um ihren Nährstoffbedarf zu decken; dass sie weniger Lebensmittel wegwerfen und sich ausgewogener ernähren, mit viel mehr Gemüse und weniger tierischen Produkten. Auf der anderen Seite bedeutet solch eine qualitative Veränderung mehr Effizienz, also Lebensmittel umweltfreundlicher produzieren, zum Beispiel durch gezielteres Düngen  und ertragreichere Pflanzen. Wenn außerdem Kohlenstoff einen Preis bekäme, könnte das Landwirte dazu anreizen, emissionsärmer zu produzieren, einfach weil weniger Emissionen dann geringere Kosten bedeutet. Zusammengenommen könnte das den Ausstoß von Treibhausgasen drastisch senken.“

Das Sytem nicht reduzieren, sondern ändern

Wie wir unser Land bewirtschaften und Lebensmittel produzieren, macht vom Acker bis zum Teller bis zu ein Drittel der weltweiten Treibhausgasemissionen entlang aller Lieferketten aus. „Wir analysierten, wie dieses System in einer hypothetischen Welt ohne Wirtschaftswachstum aussehen würde: Auf Grundlage in der Wissenschaft diskutierter ,Degrowth‘-Ansätze haben wir Szenarien erstellt, die wir in eine Computersimulation für Ernährungs- und Landsysteme eingespeist haben“, erklärt David Chen, Forscher am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und Autor der Studie. „Wir sind einen Schritt zurückgetreten von den hitzigen normativen Debatten über Post-Wachstum oder ‚Degrowth‘. Unser Ergebnis zeigt, dass das derzeitige Ernährungssystem im Grunde nie wirklich nachhaltig ist, egal mit welcher Wachstumsrate.“
Demnach würde eine einfache Drosselung des Wachstums in reichen Ländern keine nennenswerten Vorteile für die Nachhaltigkeit des Ernährungssystems bringen. Einkommenstransfers von reichen in ärmere Länder könnten die Treibhausgasemissionen sogar erhöhen. Der Grund ist, dass der Konsum umweltschädlicher Lebensmittel dann am deutlichsten steigt, wenn sich Länder von niedrigen zu mittleren Einkommen entwickeln.

„Degrowth“ als Ergebnis

Als die Forschenden jedoch Konsumveränderungen plus Effizienzgewinne durch Emissionsbepreisung in die Computersimulation fütterten, war das Ergebnis eine gesündere Ernährung für alle und geringere Treibhausgasemissionen, sowie in der Folge auch weniger Produktionsaufwand in der Landwirtschaft. „Für das Ernährungssystem können wir sagen: In gewisser Weise wäre ein bisschen ‚Degrowth‘ das Ergebnis der nachhaltigen Transformation, nicht der Ausgangspunkt“, sagt Hermann Lotze-Campen, Mitautor vom Potsdam-Institut. „Im Grunde geht es also nicht einfach um weniger Wachstum, sondern um ein anderes Wachstum.“

Wichtig ist, dass eine nachhaltige Transformation des Ernährungssystems, die alle Kosten für die Umwelt berücksichtigt, einen leichten Anstieg der Lebensmittelpreise nach sich ziehen würde – was vor allem die Armen zu spüren bekämen, so die Forschenden. Deswegen müssen jegliche Transformationen  von einem gut durchdachten Mix aus intelligenten Steuersystemen, sozialem Ausgleich für die Emissionsbepreisung und auch internationalen Ausgleichszahlungen flankiert werden. Denn es erfordert Investitionen, die Landwirtschaft klimafreundlicher zu machen, etwa durch ein besseres Management der Stickstoff-Düngung in den Anbauflächen. Unterm Strich werden diese Kosten werden jedoch wahrscheinlich durch den Wert und die Leistungen intakter Ökosysteme ausgeglichen.

Reference: Bunte Welt Menschen

AdBlocker active! Please take a moment ...

Our systems reports that you are using an active AdBlocker software, which blocks all page content to be loaded.

Fair is fair: Our industry partners provide a major input to the development of this news site with their advertisements. You will find a clear number of these ads at the homepage and on the single article pages.

Please put www.quintessence-publishing.com on your „adblocker whitelist“ or deactivate your ad blocker software. Thanks.

More news

  
8. May 2024

Acht neue „Klug entscheiden“-Empfehlungen in der Medizin

Initiative der Deutschen Gesellschaft für innere Medizin (DGIM) hilft, unnötige Prozeduren und Kosten zu vermeiden
7. May 2024

StIx Index 2023: Deutschland klettert auf den vierten Platz

Ein Vergleich, wie gut Staaten weltweit funktionieren, zeigt überraschend gute Ergebnisse für Deutschland
7. May 2024

Gesundheitsrisiken durch den Klimawandel

Ältere Menschen und Kleinkinder sind besonders gefährdet
7. May 2024

Jeder dritte kardiovaskuläre Todesfall geht auf falsche Ernährung zurück

Studie des Kompetenzclusters „nutriCARD“ über den Zusammenhang von Fehlernährung und Herz-Kreislauf-Erkrankungen
3. May 2024

Reiseversicherungen – welche sind notwendig?

Schutzengel für Reisen oder Unglücksbringer fürs Portemonnaie? Reiseversicherungen auf dem Prüfstand
2. May 2024

Kein Anspruch auf eine Schlussformel in einem Arbeitszeugnis

Grundrechte beider Parteien sind zu beachten – Interesse des Arbeitgebers ist höher zu bewerten
2. May 2024

2. Mai 2024: Ab heute verbraucht Deutschland mehr Ressourcen als nachwachsen

Erdüberlastungstag in Deutschland: Wenn alle so lebten wie wir, bräuchten wir drei Erden
2. May 2024

„Wir können uns kontinuierlich weiterentwickeln“

„ladies dental talk“ am 15. Mai 2024 zum 21. Mal in Düsseldorf – Talkgästin Dr. Linda Amalou-Döpke, Leiterin Personalcontrolling und -entwicklung, Stadtwerke Düsseldorf AG