Das „Einfrieren“ des Nerven, der dem Gehirn mitteilt, dass der Magen leer ist, hat in einer Pilotstudie zu einer nachhaltigen Gewichtsabnahme geführt. US-Radiologen haben ihre Methode auf der Jahrestagung der Society of International Radiology 2018 in Los Angeles vorgestellt, berichtete das Ärzteblatt vom 29. März.
Verfahren bisher gegen Vorhofflimmern angewendet
Ernährungswissenschaftler sehen in einem vergrößerten Magen einen wesentlichen Grund für den Kontrollverlust beim Essen, zu dem es bei vielen Menschen mit Adipositas kommt. Tatsächlich kann ein leerer Magen ein imperatives Hungergefühl auslösen, dem viele Menschen nicht widerstehen können. Gegenmaßnahme ist zum Beispiel die chirurgische Verkleinerung des Magens, die als Sleeve-Gastrektomie heute an vielen Zentren die bevorzugte bariatrische Operation ist. Eine andere Möglichkeit ist, die Kommunikation zwischen Magen und Gehirn zu unterbrechen. Die Signale werden beim Menschen über den Truncus vagalis posterior geleitet, der beim Menschen ventral vor dem Ösophagus verläuft. Das ist ein von außen schwer erreichbarer Ort, doch für interventionelle Radiologen gibt es kaum eine Stelle, die sie mit Kathetern und Punktnadeln nicht erreichen können, wenn ihnen die Computertomographie den Weg weist. Da sich vor der Speiseröhre das Mediastinum und die Lunge befinden, musste das Team um David Prologo von der Emory University School of Medicine in Atlanta ihre Sonde vom Rücken aus in Richtung Ösophagus vorschieben. In den Hohlraum der Sonde leiteten die Radiologen flüssiges Argon (minus 40° C) in den Bereich des Truncus vagalis posterior. Diese Argon-Kryotherapie, die auch zur Behandlung von Vorhofflimmern oder Tumoren eingesetzt wird, führte zur Lähmung des Eingeweidenerven.
Langfristige Wirkung unklar
Bislang haben sich laut Prologo 10 Patienten der perkutanen CT-geführten Kryoablation unterzogen. Der Eingriff dauert etwa eine halbe Stunde, die „Vereisung“ des Nerven selbst nur 2 Minuten. Die Behandlungen werden ambulant durchgeführt.
Gleich nach dem Eingriff waren die Patienten von ihrem quälenden Hungerreiz befreit. Schon nach sieben Tagen hatten sie 4,5 % ihrer überflüssigen Pfunde verloren. Nach 45 Tagen hatten sie das Übergewicht um 9,7 % und nach 90 Tagen um 13,9 % reduziert.
Bislang seien alle Behandlungen komplikationslos verlaufen, erklärte Prologo auf der Tagung. Angesichts der geringen Teilnehmerzahl sei jedoch noch unklar, ob sich die Behandlung für den breiteren klinischen Einsatz eignet, und – ob der Behandlungserfolg von Dauer ist. Die Kryotherapie kann zwar die Nervenfasern zerstören, sie kann allerdings nicht verhindern, dass neue Axone sich den Weg zum Magen bahnen und demnächst erneut Hungersignale zum Gehirn übertragen.