Jeder 5. Teilnehmer der britischen „Children of the 90s“-Studie hatte im Alter von Mitte 20 bereits eine Fettleber, so eine Meldung des Ärzteblatts Mitte Januar. Bei einem von 40 Untersuchten wurde laut der Publikation in Lancet Gastroenterology & Hepatology (2020; doi:10.1016/S2468-1253(19)30419-4) sogar eine Leberfibrose gefunden.
Die nichtalkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD) gehört in den reicheren Ländern mit einer hyperkalorischen Ernährung der Bevölkerung zu den am meisten unterschätzten Gesundheitsstörungen. Die Erkrankung kann zur nichtalkoholischen Steatohepatitis (NASH) und schließlich zur Leberzirrhose fortschreiten. Ein Fünftel aller Leberkrebserkrankungen lassen sich mittlerweile auf eine NAFLD zurückführen und die NASH-bedingte Leberzirrhose gehört heute zu den häufigen Indikationen für eine Lebertransplantation. Gleichzeitig sinkt infolge von NAFLD und NASH die Qualität der Spenderorgane. Wie verbreitet die Störung bereits bei jungen Erwachsenen mittlerweile ist, zeigt eine Untersuchung von Teilnehmern der Avon Longitudinal Study of Parents and Children (ALSPAC), die auch als „Children of the 90s“-Studie bezeichnet wird, weil sie eine Kohorte der Jahrgänge 1991 und 1992 seit ihrer Geburt begleitet. Inzwischen haben die Teilnehmer das Erwachsenenalter (23 bis 25 Jahre) erreicht.
Bei der letzten Untersuchung zwischen Juni 2015 und Oktober 2017 wurde bei etwa 4.000 Teilnehmern eine transiente Elastographie durchgeführt. Bei dieser Untersuchung misst ein Ultraschallsensor die Ausbreitung einer Vibrationswelle im Lebergewebe. Sie nimmt mit zunehmender Verfestigung des Gewebes zu, was ein indirekter Hinweis auf eine Steatose (Fettleber) und im späteren Stadium für eine Fibrose ist.
Eine Steatose lag nach den von Kushala Abeysekera von der Universität Bristol und Mitarbeitern mitgeteilten Ergebnissen bei 20,7 Prozent der Teilnehmer (95-%-Konfidenzintervall 19,4 bis 22,0) vor. Bei 2,7 Prozent (2,2 bis 3,2) der Teilnehmer zeigten die Messwerte sogar eine Fibrose an.
Untersuchung der „Children of the 90s“
Damit hatte jeder 5. Teilnehmer eine Fettleber und einer von 40 Teilnehmern bereits eine Leberfibrose, aus der sich im späteren Leben eine Leberzirrhose entwickeln kann. Die Ergebnisse entsprechen in etwa den Zahlen, die in den USA ermittelt wurden. In der National Health and Nutrition Examination Survey (NHANES), einer regelmäßigen Stichprobenuntersuchung der US-Bevölkerung, hatten zuletzt 25 Prozent der 18- bis 35-Jährigen eine NAFLD, wobei die Diagnose allerdings nur auf der Bestimmung der Leberenzyme beruhte, die als unsicher eingestuft wird (Hepatology 2016; 64: 1386-87). In der ALSPAC waren erwartungsgemäß Übergewicht und Adipositas die wichtigsten Risikofaktoren für eine Fettleber.
Adipositas-Epidemie bei jüngeren Menschen
Abeysekera ermittelt für das Überwicht eine Odds Ratio von 5,17 (4,11 bis 6,50) und für eine Adipositas eine Odds Ratio von 27,27 (20,54 bis 36,19), wobei hier der Einfluss des Alkoholkonsums aus den Berechnungen herausgenommen wurde. Der wichtigste Risikofaktor für die Fibrose war dann die Kombination aus Fettleber und Alkoholkonsum mit einer Odds Ratio von 4,02 (1,24 bis 13,02).
Die Ergebnisse der „Children of 90s“-Studie sind nach Einschätzung von Abeysekera alarmierend. Die derzeitige Adipositas-Epidemie bei jüngeren Menschen gefährde die Gesundheit einer ganzen Generation. Ohne Gegenmaßnahmen werde es in den nächsten Jahrzehnten zu einem deutlichen Anstieg der NASH-bedingten Zirrhosen und der Leberkrebserkrankungen kommen, befürchtet Abeysekera.