0,00 €
Zum Warenkorb
  • Quintessence Publishing Deutschland
Filter
2867 Views

Forschungsteam klärt geringeren Zahnabrieb bei Wiederkäuern – Erkenntnisse für Funktion und Evolution der Zähne

Beim Schädel der Kuh erkennt man die Zähne, deren Zahnkronen im Vergleich mit anderen Pflanzenfressern niedrig sind.

(c) Jürgen Hummel

Wiederkäuer zeigen beim Fressen ein spezielles Verhalten: Sie schlucken ihre pflanzliche Nahrung grob zerkaut, würgen sie dann mehrmals hoch und kauen weiter. Das bringt einen entscheidenden Vorteil, wie ein Forschungsteam mit Beteiligung der Universität Göttingen zeigt: Der hochgewürgte Nahrungsbrei enthält weniger harte Silikate aus Sand und Staub als die anfangs aufgenommene Nahrung. Dadurch werden die Zähne beim Kauen nicht so stark abgeschliffen. Das kann erklären, dass die Zahnkronen von Wiederkäuern weniger ausgeprägt sind als bei anderen Pflanzenfressern. Die Erkenntnisse sind in der Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Science (PNAS) erschienen.

Sand und Staub werden im Pansen ausgewaschen

Mit Gras und Sand nimmt die Kuh Silikate auf. Diese führen wegen ihrer Härte besonders zum Abrieb der Zähne. Bild: Jürgen Hummel
Mit Gras und Sand nimmt die Kuh Silikate auf. Diese führen wegen ihrer Härte besonders zum Abrieb der Zähne. Bild: Jürgen Hummel
Die Forschenden gaben vier Kühen über mehrere Tage mit Sand versetztes Grasfutter und entnahmen Proben vom hochgewürgten Nahrungsbrei und vom Kot. Dann ermittelten sie den Gehalt an Silikaten. Diese Verbindungen aus dem Sand und Gras führen wegen ihrer Härte besonders zum Abrieb der Zähne. Der Kot enthielt ungefähr so viel Silikate wie das sandige Grasfutter, der hochgewürgte Nahrungsbrei dagegen deutlich weniger. Die Silikate verbleiben demnach im Magen, genauer gesagt im Pansen. Das ist der Teil des Magens, in dem die Nahrung durch Mikroorganismen aufgeschlossen wird.

Nahrungsbrei enthält weniger Silikate

Weil das aufwendige Kauen zum Teil auf Nahrungsbrei verlagert wird, der im Pansen „gewaschen“ wurde, werden die Zähne bei Wiederkäuern weniger abgenutzt als zum Beispiel bei Pferden. Diese zerkauen ihre Nahrung vollständig nach der Aufnahme, mitsamt der abschleifenden Anteile. Für die Forschenden passt die Beobachtung damit zusammen, dass Wiederkäuer vergleichsweise niedrige Zahnkronen haben. Durch die Leistung des Pansens bleiben die Zähne länger funktionsfähig. Das beeinflusst ihre Evolution: Es gibt keinen Druck zur Bildung von mehr Zahnmaterial.

Originalveröffentlichung:
Valerio et al. The Ruminant sorting mechanism protects teeth from abrasives. PNAS 2022. DOI: 10.1073/pnas.2212447119

Ein Kommentar in PNAS nimmt Bezug auf die Ergebnisse und diskutiert das Thema weiter:
Sanson G. D. Reassessing assumptions about the evolution of herbivore teeth. PNAS 2023. DOI: 10.1073/pnas.2219060120

Unterschiedliche Nahrungszerkleinerung bei großen Pflanzenfressern

„Die Studie klärt einen wenig beachteten, aber grundlegenden Aspekt der Nahrungszerkleinerung bei großen Pflanzenfressern und trägt zum Verständnis der Funktion und Evolution der Zähne bei“, erklärt Prof. Dr. Jürgen Hummel von der Abteilung Wiederkäuerernährung. Neben dem Verständnis der Verdauungsphysiologie ist das Ergebnis interessant für die Paläontologie: Zähne geben wegen ihrer guten fossilen Überlieferung oft die wichtigsten Hinweise bei der Rekonstruktion früherer Pflanzenfresser und ihrer Umwelt.

Reference: Bunte Welt

AdBlocker active! Please take a moment ...

Our systems reports that you are using an active AdBlocker software, which blocks all page content to be loaded.

Fair is fair: Our industry partners provide a major input to the development of this news site with their advertisements. You will find a clear number of these ads at the homepage and on the single article pages.

Please put www.quintessence-publishing.com on your „adblocker whitelist“ or deactivate your ad blocker software. Thanks.

More news

  
Was Dinozähne über das Leben vor 150 Millionen Jahren verraten
23. Jul 2025

Was Dinozähne über das Leben vor 150 Millionen Jahren verraten

Hinweise auf Migration, Umweltbedingungen und Nischenverteilung in Ökosystemen vor 150 Millionen Jahren
Empfehlungen zur Förderung akademischer Ausgründungen
22. Jul 2025

Empfehlungen zur Förderung akademischer Ausgründungen

Innovative biomedizinische Produkte und Technologien sollen möglichst zügig in die Anwendung gelangen
Wie gängige Medikamente Krankheitserregern den Weg ebnen
22. Jul 2025

Wie gängige Medikamente Krankheitserregern den Weg ebnen

Viele Nicht-Antibiotika schwächen die natürliche Schutzfunktion des Darms – krankmachende Bakterien können leichter ansiedeln
Ausbildung in diesem Jahr der beliebteste Bildungsweg nach der Schule
18. Jul 2025

Ausbildung in diesem Jahr der beliebteste Bildungsweg nach der Schule

Jugendliche haben häufig Vorurteile über das Gehalt – Schulen setzen vermehrt auf „Ausbildungsbotschafter“
Neue Stipendien-Infoseite hilft bei der Bewerbung
17. Jul 2025

Neue Stipendien-Infoseite hilft bei der Bewerbung

Universität des Saarlandes will Hemmschwelle beseitigen – der Weg zum passenden Stipendium
Größtes globales Sportfest für Studierende startet in Deutschland
16. Jul 2025

Größtes globales Sportfest für Studierende startet in Deutschland

FISU World University Games 2025: Spitzensport und akademische Gemeinschaft – Athletinnen und Athleten mit und ohne Beeinträchtigung
„Entwicklungen im Gesundheitswesen aktiv mitgestalten“
16. Jul 2025

„Entwicklungen im Gesundheitswesen aktiv mitgestalten“

BFS-Kampagne: „André taucht ein“ soll offenen Dialog über die Zukunft der Zahnmedizin fördern
Deutschlandstipendium – jetzt bewerben
15. Jul 2025

Deutschlandstipendium – jetzt bewerben

Uni Heidelberg: Förderung von monatlich 300 Euro – Bewerbungsfrist endet am 31. August