Am Wochenende endeten die Special Olympics World Games in Berlin, die erstmals in Deutschland stattfanden. Mehr als 7.000 Menschen mit geistiger Behinderung aus über 190 Nationen traten in 26 Sportarten an. Darin eingebettet war das Gesundheitsprogramm Healthy Athletes. Denn gesundheitliche Einschränkungen sind bei Menschen mit geistigen Beeinträchtigungen häufiger, gleichzeitig ist oft der Zugang zur Gesundheitsversorgung erschwert. Mehr als 5.000 Athletinnen und Athleten wurden insgesamt untersucht, 12.500 Screenings wurden gemacht. Der Part für die Mundgesundheit wird Special Smiles genannt, Ehrenamtliche aus der Zahnmedizin halfen vor Ort.
Das Gesundheitsprogramm wurde von Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach, MdB, eröffnet. Der Präsident der Bundeszahnärztekammer (BZÄK), Prof. Dr. Christoph Benz, wies bei der Eröffnung darauf hin, dass Menschen mit Behinderung zur Hochrisikogruppe für Zahnkaries, Zahnfleischerkrankungen und Zahnschmerzen gehören. Ihre Mundgesundheit müsse verbessert werden, dazu seien auch bessere politische Rahmenbedingen nötig. Der Zugang zur Gesundheitsversorgung müsse barriereärmer werden. Die Special Olympics World Games seien ein wichtiger Schritt für die Inklusion hierzulande, so Benz. Der Zugang vulnerabler Bevölkerungsgruppen zur zahnärztlichen Versorgung bleibe ein Anliegen der BZÄK.
Konkreter politischer Handlungsbedarf besteht bei der zahnärztlichen Versorgung von Patientinnen und Patienten mit besonderem Unterstützungsbedarf. Auch der diesjährige Tag der Zahngesundheit am 25. September wird das Thema gesundheitliche Teilhabe aufgreifen. Für eine uneingeschränkte Partizipation bittet die Bundeszahnärztekammer die Gesundheitspolitik, sich für die erforderlichen Lösungen einzusetzen. Dafür hatte sie schon im April 2022 6 Vorschläge formuliert:
Vorschläge der BZÄK zur Verbesserung der Versorgung
Konkreter politischer Handlungsbedarf besteht bei der zahnärztlichen Versorgung von Patientinnen und Patienten mit besonderem Unterstützungsbedarf. Für eine uneingeschränkte Partizipation bittet die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) die Gesundheitspolitik, sich für die erforderlichen Lösungen einzusetzen:
- Versorgung in stationären Behinderteneinrichtungen:
Immer wieder müssen Kooperationsverträge in Behinderteneinrichtungen abgelehnt werden, weil diese auf Pflegeeinrichtungen begrenzt sind. Hier ist eine Erweiterung auf Behinderteneinrichtungen sinnvoll.- Medizinische Behandlungszentren und Sozialpädiatrische Zentren
Der Gesetzgeber hat für die medizinische Betreuung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderung Sozialpädiatrische Zentren (SPZ) geschaffen, für erwachsene Patientinnen und Patienten mit Behinderung Medizinische Zentren für Erwachsene mit Behinderung (MZEB), in denen bislang keine Zahnmedizin stattfinden darf. Eine Weiterentwicklung ist erforderlich.- Ambulant tätige Anästhesisten
Pflegebedürftige Ältere und Personen mit geistiger Behinderung benötigen häufig eine zahnärztliche Behandlung in Allgemeinanästhesie. Es ist sehr schwierig, für diese oft in ambulanten OP-Zentren durchgeführten Behandlungen Anästhesisten zu gewinnen. Grund ist deren Budget-Deckel. Der Gesetzgeber muss diese Formen der Allgemeinanästhesie außerhalb der Gesamtvergütung einordnen.- Schnittstelle Zahnmedizin und Krankenhaus
Bei vielen Patientinnen und Patienten mit Behinderung liegen große allgemeinmedizinische Beeinträchtigungen vor, so dass die zahnärztliche Behandlung in Allgemeinanästhesie nur unter stationären Bedingungen möglich ist, ebenso bei Pflegebedürftigen und Patienten mit schweren Allgemeinerkrankungen. Die stationäre Versorgung hält jedoch keine gesetzlichen Rahmenbedingungen dafür vor. Es existieren weder passende DRGs noch die gesetzliche Möglichkeit, dass Zahnärztinnen und Zahnärzte als Belegzahnärzte in Krankenhäusern tätig werden können. Eine Gesetzesänderung ist erforderlich.- Vergütung von Leistungen bei Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderungen
Die ambulante zahnmedizinische Behandlung von Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderung im Wachzustand ist sehr aufwändig, bindet viel Personal und Zeit. Dies wird nicht abgebildet.- Betreuung von Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderungen
Die zahnärztliche und präventive Betreuung von Pflegebedürftigen und Personen mit Behinderung muss weiter intensiviert werden, da ihre Mundgesundheit signifikant schlechter ist als allgemein. Die Approbationsordnung Zahnmedizin und die Curricula könnten dies berücksichtigen.Weitere Schnittstellen wären akutgeriatrische Krankenhausstationen und die Entwicklung weitergehender Konzepte in der aufsuchenden Versorgung.