Antibiotika aus der Gruppe der Fluorchinolone sind hoch wirksam und gelten als Reservepräparate, wenn andere Antibiotika nicht mehr wirken. Sie können aber auch gravierende Nebenwirkungen mit dauerhaften Folgen haben. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in Bonn warnt jetzt in einem Rote-Hand-Brief an Ärzte vor diesen Nebenwirkungen und mahnt ein restriktives Vorgehen bei der Verordnung dieser Antibiotika an. Die Hersteller werden die Informationen zu diesen Präparaten entsprechend überarbeiten.
Risikobewertung auf europäischer Ebene
Aufgrund von Berichten über Nebenwirkungen hatte das Bonner Institut vor einigen Jahren bereits eine Risikobewertung auf europäischer Ebene angestoßen – mit den jetzigen Veröffentlichungen setzt es das Ergebnis für Deutschland um. Betroffen sind für Deutschland die Wirkstoffe Ciprofloxacin, Levofloxacin, Moxifloxacin, Norfloxacin und Ofloxacin in der systemischen Anwendung. Bei diesen Präparaten besteht das Risiko von die Lebensqualität beeinträchtigenden, lang anhaltenden und möglicherweise irreversiblen Nebenwirkungen, vor allem am Bewegungsapparat und Nervensystem.
Nicht bei einfachen Infekten einsetzen
Im Rote-Hand-Brief heißt es:
- Verschreiben Sie Fluorchinolone nicht zur Behandlung von nicht schweren oder selbstlimitierenden Infektionen (wie Pharyngitis, Tonsillitis und akuter Bronchitis),
- zur Prävention von Reisediarrhoe oder rezidivierenden Infektionen der unteren Harnwege,
- für nicht-bakterielle Infektionen, zum Beispiel nicht-bakterielle (chronische) Prostatitis,
- bei leichten bis mittelschweren Infektionen (einschließlich unkomplizierter Zystitis, akuter Exazerbation einer chronischen Bronchitis und chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD), akuter bakterieller Rhinosinusitis und akuter Otitis media), es sei denn, andere Antibiotika, die üblicherweise für diese Infektionen empfohlen werden, werden als ungeeignet erachtet,
- Patienten, die zuvor schwerwiegende Nebenwirkungen mit einem Chinolon-oder Fluorchinolon-Antibiotikum hatten.
Kritische Kombination mit Kortikosteroiden
Besondere Vorsicht sei geboten bei der Verschreibung für ältere Menschen, Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion, Patienten mit Organtransplantaten und solchen, die gleichzeitig mit Kortikosteroiden behandelt werden, da bei diesen Patienten das Risiko einer Fluorchinolon-induzierten Tendinitis und Sehnenruptur erhöht sein kann. Die gleichzeitige Anwendung von Kortikosteroiden mit Fluorchinolonen sollte vermieden werden.
Patienten sollen auf Nebenwirkungen achten
„Empfehlen Sie Ihren Patienten, die Behandlung zu beenden bei den ersten Anzeichen einer schwerwiegenden Nebenwirkung wie Tendinitis und Sehnenruptur, Muskelschmerzen, Muskelschwäche, Gelenkschmerzen, Gelenkschwellungen, peripherer Neuropathie und vom zentralen Nervensystem ausgehenden Beeinträchtigungen und sich zur weiteren Beratung an ihren Arzt zu wenden“, so das BfArM. Die Nebenwirkungen können innerhalb kurzer Zeit, aber auch noch mehrere Monate nach Einnahme der Präparate auftreten und dauerhaft sein.
Vor zwei Jahren hatte unter anderem „Der Spiegel“ unter der Überschrift „Zwei Tabletten Schmerz“ über die gravierenden Nebenwirkungen von Fluorchinolonen berichtet. Das BfArM hatte in dieser Zeit auf entsprechende Berichte reagiert und die Risikobewertung angestoßen. Schon damals wurde eindringlich darauf hingewiesen, diese Präparate nicht großzügig einzusetzen und nur bei enger Indikationsstellung zu verordnen.