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Strategische Planung und Fehlervermeidung – Verkauf eines Dentallabors oder die Übertragung an Nachfolgende (1)

(c) Microgen/Shutterstock.com

Der grundlegende Wandel im deutschen Dentalmarkt hat – aufgrund der bestehenden engen Verzahnung der gewerblichen Laborwelt mit der Praxislandschaft – auch den Prozess der Laborabgabe beziehungsweise der Laborübertragung erfasst. Während es in der Vergangenheit meist möglich war, leibliche Kinder, Verwandte oder den angestellten Meister/die Meisterin dafür zu begeistern, den aufgebauten Laborbetrieb fortzuführen, stehen abgabewillige Laborinhaberinnen und -inhaber heute vielfach vor der schwierigen Situation, überhaupt einen potenziellen Nachfolger/eine Nachfolgerin zu finden.

Vielerorts hat sich, wie aus anderen Branchen auch zu hören, eine gewisse „Müdigkeit“ in Sachen Selbstständigkeit breit gemacht. Die Ursachen sind vielfältig und sollen hier nicht weiter beleuchtet werden. Vielmehr geht es im Folgenden um die Suche nach Lösungsansätzen, wie sich eine Laborübertragung erfolgreich gestalten lässt, und dafür das notwendige Handwerkszeug aufzuzeigen und die erforderlichen Maßnahmen vorzuschlagen.

„Normale“ Grundsätze des Unternehmensverkaufs greifen zu kurz

Aufgrund der besonderen Rechtsbeziehungen der Labore zu ihren Praxen, wo es die rechtlichen Rahmenbedingungen nahezu verbieten, von gefestigten Kundenbeziehungen zu sprechen, die eine besondere ideelle Werthaltigkeit beinhalten könnten, sind diese Umstände bei allen Planungen und Handlungen zu berücksichtigen. Die ansonsten geltenden Grundsätze eines Unternehmensverkaufs greifen bei der Laborübertragung häufig zu kurz und machen eine spezielle, von Kenntnissen des deutschen Dentalrechts getragene Beratung notwendig.

In loser Folge sollen daher in einigen Beiträgen zunächst ein allgemeiner Überblick und im Folgenden dann vertiefende Einblicke in den Prozess der Laborübertragung gegeben werden.  In einer – nicht abschließenden – Übersicht werden einige häufige Fallstricke und Tipps zur Vermeidung besprochen.

Unzureichende Vorbereitung der Unterlagen

Einer der häufigsten Fehler ist es, den Verkaufsprozess zu beginnen, ohne die notwendigen Unterlagen vorzubereiten. Dazu gehören finanzielle Aufzeichnungen, Steuerunterlagen, Verträge mit Lieferanten, Praxen und Mitarbeitern sowie andere rechtliche Dokumente, beispielsweise bestehende Mietverträge. Potenzielle Käufer benötigen diese Informationen, um eine fundierte Entscheidung treffen zu können. Eine lückenhafte Dokumentation kann das Vertrauen der Käufer erschüttern und den Verkaufsprozess erheblich verlangsamen.

Tipp: Bevor Sie Ihr Dentallabor zum Verkauf anbieten, stellen Sie sicher, dass alle relevanten Unterlagen vollständig, aktuell und gut strukturiert sind. Hierbei sollten Sie unter anderem auf die Hilfe Ihres Steuerberaters zurückgreifen, welcher in der Regel einen guten Überblick über die wirtschaftlichen Daten (BWA, Jahresabschlüsse etc.) hat.

Fehlende Planung für Mitarbeiter und Praxen

Der Verkauf eines Dentallabors betrifft nicht nur den Eigentümer, sondern auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die Zahnarztpraxen, für die das Labor arbeitet. Ein plötzlicher Verkauf ohne angemessene Kommunikation und Planung kann zu Unsicherheiten und Unzufriedenheit führen. Mitarbeiter und Kunden möchten wissen, wie der Übergang ihre Positionen und Dienstleistungen beeinflussen wird.

Tipp: Informieren Sie Ihr Team frühzeitig über den Verkaufsprozess und klären Sie, wie Ihre Arbeitsplätze und Kundenbeziehungen geschützt werden können. Natürlich ist es verständlich und in vielen Fällen auch richtig, keine konkreten Details laufender Verhandlungen oder Bemühungen zu offenbaren. Aber der Umstand der Nachfolgersuche, sollte nicht verschwiegen werden. Die Mitarbeitenden haben feine Antennen für eine notwendig werdende Laborabgabe!

Ungenügende Wertermittlung

Eine falsche Einschätzung des Werts Ihres Dentallabors kann dazu führen, dass potenzielle Käufer abgeschreckt werden oder Sie finanzielle Verluste hinnehmen müssen. Es ist wichtig, eine umfassende Wertermittlung vorzunehmen, die nicht nur finanzielle Aspekte, sondern auch den Ruf, die Praxisbindungen, die Marktsituation und die besonderen rechtlichen Rahmenbedingungen berücksichtigt. Bedenken Sie auch, dass Bewertungswerte nicht automatisch Verkaufswerte sind.

Am Ende sind der Verkaufspreis und die Abwicklungsmodalitäten Verhandlungssache. Gerade im Hinblick auf die losen Geschäftsbeziehungen zu den Praxen sind Beweglichkeit und Geschick in den Verhandlungen und bei der Suche nach einer vertraglichen Einigung gefragt.

Tipp: Arbeiten Sie mit Fachleuten zusammen, um eine genaue und realistische Bewertung Ihres Dentallabors vorzunehmen.

Mangelnde Vertraulichkeit

Die Vertraulichkeit während des Verkaufsprozesses ist entscheidend, um den Geschäftsbetrieb und die Beziehungen zu den Praxen und Mitarbeitern nicht zu gefährden. Ein kursierendes Gerücht über den Verkauf könnte die Praxen verunsichern und das Geschäft negativ beeinflussen. Ferner verdienen Ihre wirtschaftlichen und privaten Geschäftsdaten einen besonderen Schutz.

Tipp: Setzen Sie klare Vertraulichkeitsvereinbarungen mit potenziellen Käufern durch und kommunizieren Sie den Verkaufsprozess nur intern, bis alles offiziell ist.

Unzureichende rechtliche Beratung

Der Verkauf eines Dentallabors ist ein komplexer rechtlicher Prozess, der eine gründliche Prüfung und Beratung erfordert. Der Mangel an rechtlicher Expertise kann zu schwerwiegenden Konsequenzen führen, einschließlich rechtlicher Auseinandersetzungen und finanzieller Verluste. Hier sind einige Aspekte zu beachten.

Verträge und Vereinbarungen: Unklare oder unvollständige Verträge können zu Missverständnissen führen und die Grundlage für spätere Streitigkeiten legen. Eine sorgfältige Formulierung und Überprüfung aller Verträge, einschließlich Kaufvertrag, Mitarbeitervereinbarungen, Lieferverträge und Mietverträge, ist von entscheidender Bedeutung.

Compliance und Lizenzen: Überprüfen Sie sorgfältig, ob Ihr Dentallabor alle erforderlichen Lizenzen und Genehmigungen besitzt. Dies ist besonders wichtig, da der Verkauf von medizinischen Einrichtungen bestimmten gesetzlichen Bestimmungen unterliegt. Unzureichende Compliance kann zu rechtlichen Konsequenzen führen.

Haftungsfragen: Klären Sie im Vorfeld, wie Haftungsfragen im Zusammenhang mit dem Verkauf behandelt werden sollen. Dies betrifft nicht nur vergangene Angelegenheiten, sondern auch zukünftige Verpflichtungen, die aus dem Verkauf resultieren könnten. Eine klare Haftungsausschlussklausel im Kaufvertrag ist oft entscheidend.

Mitwirkung von Mitarbeitern: Stellen Sie sicher, dass die Mitwirkung der Mitarbeiter während des Verkaufsprozesses rechtlich abgesichert ist. Dazu gehört die Einhaltung von Datenschutzbestimmungen, Mitarbeiterrechten und arbeitsrechtlichen Aspekten.

Steuerliche Implikationen: Berücksichtigen Sie alle steuerlichen Auswirkungen des Verkaufs und prüfen Sie, wie sich die Transaktion auf Unternehmenssteuern, Umsatzsteuern und andere steuerliche Verpflichtungen auswirken kann. Eine frühzeitige Abstimmung mit einem Steuerexperten ist hier unerlässlich.

Tipp: Investieren Sie in qualifizierte rechtliche Beratung. Ein erfahrener Anwalt, der sich auf den Verkauf von Dentallaboren spezialisiert hat, kann sicherstellen, dass alle rechtlichen Aspekte abgedeckt sind und potenzielle Risiken minimiert werden.

Die Nachfolgersuche

Die tatsächliche Suche nach einer Nachfolgerin/einem Nachfolger ist ein komplexes und mit hohem Schwierigkeitsgrad behaftetes Thema, das keine allgemeingültige und deshalb nur eine laborindividuelle Lösung kennt. Aus einer langjährigen Erfahrung heraus lassen sich aber einige Ansätze entwickeln.

Verwandte Nachfolger: Häufig ist es nahezu ein Glücksfall, wenn sich eigene Abkömmlinge oder Familienmitglieder interessiert zeigen, den (elterlichen) Betrieb zu übernehmen. Natürlich gilt es, keine Erbhöfe durch verpflichtende eigene Erwartungen zu kreieren. Mehr Erfolg verspricht es, eine familienintern positive Haltung zum eigenen Labor und zur eigenen unabhängigen und selbstständigen Tätigkeit zu zeigen. Eine erfüllende und befriedigende Berufsausübung ist wohl der beste Markenbotschafter in eigener Sache.

Angestellte Meister/Meisterinnen: Die angestellten Meister/Meisterinnen kommen naturgemäß als potenzielle Nachfolger in Betracht. Sie erfüllen regelmäßig die handwerksrechtlichen Voraussetzungen, kennen den Betrieb in all seinen Abläufen und natürlich auch die Beziehungen zu den beauftragenden Praxen. Es empfiehlt sich, in regelmäßigen persönlichen Gesprächen den Planungs- oder Zielhorizont der mitarbeitenden Meister zu ermitteln. Auf diese Weise lässt sich erkennen, wer für eine Labornachfolge in Betracht kommt und wer nicht.

Häufig fällt es den jungen Meisterinnen/Meistern leichter, sich einem Modell einer kollegialen Laborfortführung zu nähern, zum Beispiel durch einen Einstieg gemeinsam mit dem bisherigen Eigentümer oder durch eine gemeinschaftliche Laborübernahme mit Kollegen.

Tipp: Hier gilt es, innovative Konzepte zu entwickeln, die potenziellen Nachfolger frühzeitig in die Planungen einzubeziehen und sie motivierend in die Prozesse zu begleiten.

Benachbarte Mitbewerber-Labore: Nicht selten kommen umliegende Mitbewerber-Labore als Laborübernehmer in Betracht. Ihr Interesse konzentriert sich zwar regelmäßig auf die Praxisbeziehungen und/oder auf das angestellte Personal; gleichwohl aber können vertrauliche Gespräche und gemeinsame Planungen von Erfolg gekrönt sein. Da es nicht selten an der Kenntnis möglicher Übernahmekonstruktionen beziehungsweise zielführenden Vorschlägen fehlt, sollten erfahrene Berater mit Kenntnissen in der Mediation hinzugezogen werden.

Ausschreibungen in den (sozialen) Medien: Der klassische Weg der Annoncierung kommt natürlich immer in Betracht, wenngleich damit regelmäßig eine frühe „Veröffentlichung“ des Vorhabens verbunden ist.

Tipp: Bitten Sie ihre angestellten Meister, die selber eine Übernahme sich nicht vorstellen können, ihr Vorhaben in deren sozialen Medienkanälen zu veröffentlichen.

Verkauf an Investoren: Der Verkauf an einen Fremdinvestor oder eine inhabergeführte Laborkette sollte auch in Betracht gezogen werden. In diesem Spielfeld gelten besondere Regeln. Die mitspielenden Investoren sind in Deutschland von höchst unterschiedlicher Qualität. So trennt beispielsweise die Frage nach der „Fachqualität“ („Zahlenknechte“ oder Marktexperten?) häufig die Spreu vom Weizen.

Da Investoren häufig ihren Ankauf von der weiteren Mitarbeit des Abgebenden abhängig machen, stellt sich die wichtige Frage für den Verkäufer, in wessen Hände er sich nach dem Verkauf begibt.

Tipp: Verhandeln Sie mit mehreren Marktteilnehmern; denken Sie daran, dass der Verkaufspreis nicht unbedingt das Wichtigste ist, und nehmen Sie Berater an ihre Seite, die diesen besonderen Markt mit seinen Bedingungen kennen und damit umgehen können.

In der nächsten Folge wird der sogenannte Verkaufsordner mit den notwendigen Unterlagen genauer vorgestellt.

Dr. Karl-Heinz Schnieder, Moritz Pohlmeier, Münster

Dr. Karl-Heinz Schnieder ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht und Mediator (cfm). Nach seinem Studium war er zwei Jahre als Referatsleiter Recht der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe tätig, seit 1994 ist er als Rechtsanwalt zugelassen.
Schnieder ist Geschäftsführender Partner der Rechtsanwaltskanzlei „KWM LAW“ mit Standorten in Münster, Berlin, Hamburg, Hannover, Bielefeld, Essen. Er ist Lehrbeauftragter der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und der privaten Hochschule für Logistik und Wirtschaft, SRH Hamm. Schnieder ist auch als Autor und Referent tätig mit zahlreichen Publikationen zum Arzt-, Zahnarzt- und Tierarztrecht und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im Deutschen Anwaltsverein; der Deutschen Gesellschaft für Kassenarztrecht e.V. und der Deutschen Gesellschaft für Recht und Politik im Gesundheitswesen.
Neben seiner juristischen Tätigkeit ist er auch Strategieberater für den dentalen Markt und Initiator und Gründer der Gesundheitsregion-Stadt e.V., medizinische Netzwerke in Deutschland mit zurzeit zehn Gesundheitsregionen in Deutschland www.gesundheitsregion-deutschland.de. Kontakt zum Autor unter schnieder@kwm-law.de. (Foto: KWM LAW)

Moritz Pohlmeier studierte Rechtswissenschaften an der Georg-August-Universität in Göttingen und befasste sich bereits während des Studiums im Rahmen seiner Studien- und Seminararbeit mit medizinrechtlichen Fragestellungen. Nach Abschluss seines Studiums war er wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Healthcare-Abteilung einer internationalen Großkanzlei in Düsseldorf. Im Anschluss an sein Referendariat kehrte Moritz Pohlmeier 2021 in seine Heimatstadt Münster zurück. Hier ist er seitdem als Rechtsanwalt bei KWM LAW tätig und absolviert derzeit berufsbegleitend den medizinrechtlichen Masterstudiengang der JurGrad Universität Münster. Kontakt zum Autor unter pohlmeier@kwm-law.de. (Foto: KWM LAW)

 

Bibliografía: KWM LAW/Quintessence News Unternehmen Dentallabor Zahntechnik

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