Kinder und Jugendärzte betreuen zunehmend Familien, die sich und ihre Kinder vegetarisch oder vegan ernähren. Die Ernährungskommission der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) hat daher aktuell eine Stellungnahme zur Nährstoffversorgung des Kindes bei veganer oder vegetarischer Ernährung veröffentlicht, berichtet das Ärzteblatt in seinem Newsletter.
Die Autoren weisen in ihrer Stellungnahme auf methodische Probleme der evidenzbasierten Einschätzung der Ernährungsformen im Kindes- und Jugendalter hin: Es existierten nur wenige Studien zur Charakterisierung alternativer Ernährungsformen und deren gesundheitlichen Auswirkungen bei Kindern, die häufig nur kleine Kollektive umfassten. Viele Studien wurden laut den Autoren nicht in Deutschland durchgeführt und stammten aus den 1980er-und 1990er-Jahren und entsprächen nicht mehr den aktuellen Ernährungsangeboten und -gewohnheiten.
Fleischlose Kost mit Milch und Eiern
Gleichwohl kommen die DGKJ-Ernährungsexperten zu konkreten Aussagen. Zunächst sei eine ausgewogene lakto-ovo-vegetarische Kost – also eine fleischlose Kost, die aber Milchprodukte und Eier umfasst – „durchaus eine Alternative“ zur üblichen fleischhaltigen Mischkost, da sie bei guter Auswahl auch im Kindes- und Jugendalter den Nährstoffbedarf decke sowie ein normales Wachstum und eine altersentsprechende Entwicklung ermögliche. „Allerdings muss auf eine höhere Eisenzufuhr Wert gelegt werden, um die bei dieser Kostform niedrigere Bioverfügbarkeit zu kompensieren“, schreiben die Autoren.
B12-Mangel zwangsläufig
Wer sich für eine rein vegane Ernährung ohne jegliche tierische Lebensmittel entscheide, sollte sich sehr intensiv mit dem Nährstoffhaushalt befassen, um gesundheitliche Risiken zu vermeiden, heißt es. „Ohne konsequente Supplementierung führt vegane Ernährung über einen längeren Zeitraum regelmäßig zu einem Mangel an Vitamin B12“, so die Ernährungskommission. Besondere Beachtung sollten Veganer zudem der Zufuhr an Eisen, Zink, Jod, DHA, Calcium, Protein und grundsätzlich ihrer Kalorienzufuhr schenken.
„Das Risiko eines Nährstoffmangels ist umso größer, je restriktiver die Ernährung ist und je mehr Lebensmittelgruppen aus der Ernährung ausgeschlossen werden“, fasste der Vorsitzende der DGKJ-Ernährungskommission, Berthold Koletzko, die Auswertung zusammen. Zu beachten sei auch eine mögliche Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis: So könnten etwa Hülsenfrüchte bestimmte Nährstoffe liefern, was aber nichts nütze, wenn die Kinder Hülsenfrüchte ablehnten.
Kritischer Blick auch auf Fertigprodukte
Die Fachgesellschaft sieht die kritische Sicht vieler Jugendlicher auf die Ernährungsgewohnheiten der Gesellschaft aber durchaus als Chance. „Der skeptische Umgang mit dem riesigen Angebot an Lebensmitteln kann sehr sinnvoll sein, wenn sich Jugendliche zum Beispiel mit der Herkunft und den Produktionsbedingungen unserer Nahrung befassen“, sagte die Präsidentin der Fachgesellschaft, Ingeborg Krägeloh-Mann. Der kritische Blick sollte aber auch den neuen Fertigprodukten gelten, die Fleisch und Milch ersetzen sollen. Sie enthielten häufig enorm viel Zusatzstoffe, Fette, Zucker – und seien nicht immer gesund.