Der folgende Beitrag stammt aus der aktuellen Ausgabe 1/2025 von „Quintessenz – Das Magazin“. In der exklusiven Rubrik „Hot Shit“ stellt das Team der Werkstoffkundeforschung der Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik des Klinikums der LMU, den Lesern eine – aus Teamperspektive – absolute Innovation vor. Im vorliegenden Teil der „Hot Shit“-Reihe fiel die Wahl auf den Filamentdruck (Fused Deposition Modelling oder kurz FDM), der auch Fused Filament Fabrication (FFF) genannt wird.
3D-Druck
3D-Druck gewinnt in der Zahnheilkunde immer mehr an Bedeutung. Auch das Angebot an verfügbaren 3D-Druckern und Druckmaterialien nimmt stetig zu. Hersteller versprechen eine immer kostengünstigere und zeiteffizientere Herstellung. Doch welche 3D-Drucksysteme eignen sich derzeit tatsächlich für die Anwendung in der Zahnheilkunde, und für welche Indikationsbereiche sind diese sinnvoll? In der Zahnheilkunde sind derzeit vor allem Technologien verbreitet, die der Vat-Fotopolymerisation (VPP) zuzuordnen sind. Zu den bekanntesten Verfahren gehören die Stereolithografie (SLA) und das Digital Light Processing (DLP), bei denen flüssiges Harz punkt- oder flächenweise fotoinduziert polymerisiert wird. Es gibt zahlreiche Systeme, die entweder mit Harzwannen oder Harzkartuschen arbeiten1. Bei diesen Systemen sind validierte Workflows für die Post-Processing-Schritte notwendig, da Studien von einer Beeinflussung der Endergebnisse durch das Post-Processing berichten2–6. Der Harzdruck wird im Moment zur Herstellung von Modellen, Schienen und Provisorien, mittlerweile aber auch für permanenten Zahnersatz verwendet7.
Filamentdruck
Filamentdruck kennt man als kostengünstige Alternative aus dem Hobbybereich. Allerdings werden heute auch Filamentdrucker in der Zahnmedizin eingesetzt. Beim Filamentdruck handelt es sich um ein extrusionsbasiertes Fertigungsverfahren, bei dem thermoplastisches Material mittels Extruder erhitzt und Schicht für Schicht auf eine Bauplattform aufgetragen wird. Ein aufwendiges Post-Processing, wie es bei dem SLA- oder dem DLP-Druck erforderlich ist, entfällt bei FDM oder FFF8. Einer der seit mehreren Jahren für den Dentalgebrauch verfügbaren 3D-Filamentdrucker ist das Simplex Drucksystem der Firma Renfert, für die Forschungsgruppe der Werkstoffkundeforschung der Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik eine sehr innovative Technologie mit vielen Möglichkeiten, um restmonomerfreie Kunststoffe zu drucken (Abb. 1).
In der Zahnheilkunde wird der Filamentdruck derzeit vor allem in der Modellherstellung für die Kieferorthopädie eingesetzt. Unsere Studie zeigt, dass die mit dem Simplex Drucksystem nach den Herstellerangaben gedruckten Modelle hinsichtlich Genauigkeit und Formstabilität mit dem Goldstandard Gipsmodell vergleichbar sind2. Dazu wurden die gedruckten Modelle aus zwei Filamenten mit einer unterschiedlichen Zahl an Schichten hergestellt und nachfolgend unterschiedlich dicke Folien darauf tiefgezogen. Die Ergebnisse waren äußerst vielversprechend, sodass das FDM oder die FFF für die Modellherstellung empfohlen werden kann9.
Mit dem Nachfolgermodel des Simplex (Vorstellung auf der IDS) wird das Portfolio der Filamentmaterialien zukünftig ergänzt und auch der Einsatzbereich der gedruckten Objekte erweitert. Neben Hilfsobjekten wie Modellen, Funktionslöffeln und Bissnahmen (Abb. 2) können damit zukünftig auch provisorische Restaurationen hergestellt werden (Abb. 3).
Nach dem Digitalisieren der jeweiligen Situation lässt sich mittels der zugehörigen Software eine entsprechende Druckdatei erstellen und an den Drucker übermitteln. Innerhalb kurzer Zeit druckt dieser die jeweilige Restauration, die fast ohne Nachbearbeitung sofort verwendbar ist. Unsere Forschungsgruppe arbeitet eng mit Renfert bei diesem Thema zusammen und kann nur von guten Ergebnissen berichten. Sowohl die Druckgenauigkeit als auch die Stabilität der FFF-Restaurationen ist hervorragend. Unser Zahntechniker freut sich stets über die guten und einfachen Poliermöglichkeiten. Im Moment befasst sich die Forschungsgruppe damit, wie derartige Restaurationen befestigt werden sollen.
Filamentdrucker überzeugen vor allem durch ihre niedrigen Anschaffungskosten und geringen laufenden Kosten. Zudem bieten sie eine zeiteffiziente Alternative, da kein aufwendiges Post-Processing erforderlich ist, sodass das mit dem Filamentdrucker gefertigte Objekt unmittelbar nach dem Druck einsatzbereit ist. Ein entscheidender Vorteil des FDM/der FFF ist der reduzierte Materialverbrauch, weshalb der Filamentdruck eine ressourcenschonende Herstellungsmethode ist. Ein weiterer Pluspunkt ist die Auswahl der Filamente, da beim Druck keine giftigen Dämpfe entstehen und der Restmonomergehalt deutlich niedriger als bei fotoinduzierten Polymerisationen ist8, 10.
Fazit und Ausblick
FFF ist für die Zahnmedizin eine kostengünstige und zeiteffiziente Alternative zu anderen 3D-Druckverfahren. Besonders zur Anwendung in der Zahnarztpraxis könnte sich das Nachfolgemodell besonders eignen, um schnell und ressourcenschonend nach erfolgter Präparation ein Provisorium für den Patienten herzustellen. Die ersten Ergebnisse sind vielversprechend!
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Literatur
1. Lüchtenborg J, Burkhardt F, Nold J, Rothlauf S, Wesemann C, Pieralli S, et al. Implementation of Fused Filament Fabrication in Dentistry. Applied Sciences. 2021;11(14):6444.
2. Mayer J, Reymus M, Wiedenmann F, Edelhoff D, Hickel R, Stawarczyk B. Temporary 3D printed fixed dental prosthesis materials: Impact of post printing cleaning methods on degree of conversion as well as surface and mechanical properties. Int J Prosthodont. 2021;34(6):784–95.
3. Mayer J, Stawarczyk B, Vogt K, Hickel R, Edelhoff D, Reymus M. Influence of cleaning methods after 3D printing on two-body wear and fracture load of resin-based temporary crown and bridge material. Clin Oral Investig. 2021;25(10):5987-96.
4. Reymus M, Stawarczyk B. Influence of Different Postpolymerization Strategies and Artificial Aging on Hardness of 3D-Printed Resin Materials: An In Vitro Study. Int J Prosthodont. 2020;33(6):634-40.
5. Li P, Lambart A-L, Stawarczyk B, Reymus M, Spintzyk S. Postpolymerization of a 3D-printed denture base polymer: Impact of post-curing methods on surface characteristics, flexural strength, and cytotoxicity. Journal of Dentistry. 2021;115:103856.
6. Reymus M, Stawarczyk B. In vitro study on the influence of postpolymerization and aging on the Martens parameters of 3D-printed occlusal devices. J Prosthet Dent. 2021;125(5):817-23.
7. Reymus M, Fabritius R, Keßler A, Hickel R, Edelhoff D, Stawarczyk B. Fracture load of 3D-printed fixed dental prostheses compared with milled and conventionally fabricated ones: the impact of resin material, build direction, post-curing, and artificial aging – an in vitro study. Clin Oral Investig. 2020;24(2):701-10.
8. Krey K, Mourad M, Rantzsch A, Ratzmann A. Fused Filament Fabrication(FFF)-3D-Druck in der Kieferorthopädie. Quintessenz Zahntech. 2023;49(9):818-25.
9. Lümkemann N, Klimenta M, Hoffmann M, Meinen J, Stawarczyk B.
Dimensional Stability and Reproducibility of Varying FFF Models for Aligners in Comparison to Plaster Models. Materials. 2023;16(13):4835.10. Born C. 3D-Filamentdruck für Modelle in der Kieferorthopädie. Quintessenz Zahntech. 2022;48(2):184-6.