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Neubewertung von Lehrmeinungen – Tipps für die richtige Auswahl – Hinweise zur Putztechnik, -systematik und -dauer
Zahnbürste mit einem kompakten Borstenfeld und darüber hinausragenden dünneren Borsten. Sie können Interdentalräume, Fissuren und den gingivalen Sulkus besser reinigen als eine konventionelle Bürste.
Mundhygiene mit mechanischen Hilfsmitteln zählt zu den ältesten kulturellen Errungenschaften und wurde bereits vor rund 9.000 Jahren ausgeübt. Die benutzten Hilfsmittel werden jedoch erst seit wenigen Jahrzehnten in Bezug auf ihre Effektivität wissenschaftlich untersucht. Das erfordert eine Neubewertung von Lehrmeinungen, die vor allem auf Überlieferungen und theoretischen Überlegungen beruhen. Davon betroffen sind nahezu alle Konstruktionsmerkmale einer Handzahnbürste. Auch das Beharren auf der Putztechnik nach Bass ist wissenschaftlich nicht haltbar. Wichtiger als die Putztechnik scheint nach neueren Forschungsergebnissen die Putzsystematik zu sein. Die Putzkraft sollte bei ca. 1 N (entspricht 100 Gramm, g) liegen. Als Putzdauer sollten nicht stereotyp zwei oder drei Minuten empfohlen werden. Vielmehr sollte jeder Mensch die für ihn individuell richtige Putzdauer selbst bestimmen, empfehlen Prof. Dr. Stefan Zimmer und Prof. Dr. Mozhgan Bizhang in ihrem Beitrag für das Team Journal 6/2024.
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Die Ausübung der Mundhygiene unter Einsatz von mechanischen Hilfsmitteln ist eine sehr alte kulturelle Errungenschaft. Es gibt Hinweise, dass Hilfsmittel wie Zahnstocher bereits in der Jungsteinzeit im Industal um 7.000 v. Chr. benutzt wurden1. Aus dem Zahnstocher entstand um 3.500 v. Chr. in Babylon der Vorläufer der Zahnbürste, indem ein Ende des benutzten Hölzchens so zerkaut wurde, dass die Holzfasern die Funktion einer Bürste erfüllen konnten2. Derartige Zahnputz-Hölzchen finden in manchen Kulturen bis heute Anwendung. Sie werden im Arabischen mit Siwak und im Persischen mit Meswak bezeichnet. Im Internet findet sich eine große Zahl an Bezugsquellen. Die erste Zahnbürste, die in etwa heutigen Vorstellungen entsprach, wurde wohl um 1.000 v. Chr. in China hergestellt und bestand aus einem Elfenbeinhandgriff mit Borsten aus Pferdemähne2.
Forschung zur Effektivität von Zahnbürsten in der Entfernung von oralem Biofilm setzte erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein, weshalb die Vorstellung, wie eine gute Zahnbürste aussehen sollte, auch heute noch sehr von Traditionen ohne wissenschaftlichen Hintergrund geprägt ist. Da es mittlerweile jedoch eine Fülle an Evidenz für die verschiedenen Konstruktionsmerkmale manueller Zahnbürsten gibt, ist eine Bewertung nach wissenschaftlichen Kriterien wichtig, um unseren Patientinnen und Patienten das bestmögliche Produkt empfehlen zu können.
Die Zahnbürste
Die verbreitete Vorstellung, dass eine „gute“ Handzahnbürste über einen kurzen Kopf, ein ebenes Borstenfeld mit vielen Borstenbüscheln („multitufted“) sowie über parallel stehende, endgerundete Nylonborsten verfügen sollte (Abb. 1), basiert im Wesentlichen nicht auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und wird daher nachfolgend anhand der Literatur überprüft.
Abb. 1: Merkmale einer klassischen Handzahnbürste sind kurzer Kopf, ebenes Borstenfeld mit vielen Borstenbüscheln („multitufted“) und parallel stehende, endgerundete Kunststoffborsten.
Abb. 2: In einer klinischen Studie über acht Wochen wurden zwei Zahnbürsten untersucht, die sich nur in der Größe ihres Bürstenkopfes unterschieden. Mit der Bürste mit dem größeren Kopf wurde tendenziell mehr Biofilm entfernt. Bezüglich der Reduktion einer Gingivitis ergab sich eine signifikante und klinisch relevante Überlegenheit gegenüber der Bürste mit dem kleineren Kopf [6].
Bürstenkopf
Die Empfehlung von Zahnbürsten mit kurzem Bürstenkopf ist angesichts der Tatsache, dass die Mundhöhle ein enger Raum mit schwer zu erreichenden Biofilm-Nischen ist, im Prinzip vernünftig. Es liegt aber auf der Hand, dass eine größere Bürste in der gleichen Zeit eine größere Fläche reinigt. Da die für das Zähneputzen aufgewendete Zeit einer der kritischsten Faktoren ist und üblicherweise nicht lange genug geputzt wird3,4, haben wir in einer klinischen Studie über acht Wochen untersucht, ob nicht ein größerer Zahnbürstenkopf von Vorteil sein könnte. Dazu wurden zwei Zahnbürsten, die sich nur in der Größe ihres Bürstenkopfes unterschieden, untersucht (Abb. 2).
Bei der Biofilmentfernung war nach acht Wochen eine tendenzielle, allerdings nicht statistisch signifikante Überlegenheit der Zahnbürste mit dem größeren Kopf zu konstatieren. Bezüglich der Reduktion einer Gingivitis, gemessen mit dem Papillen-Blutungs-Index (PBI)5, ergab sich eine signifikante Überlegenheit der größeren Zahnbürste. Die ermittelte Verbesserung des PBI betrug 0,426 im Verhältnis zu 0,178, was auch klinisch als relevanter Unterschied zu werten ist6.
Abb. 3: Zahnbürste mit längeren äußeren und kürzeren zentralen Borstenbüscheln; diese Zahnbürste verfügt außerdem über einen dreigeteilten Bürstenkopf, dessen Teile sich bei der Anwendung bewegen und so eine bessere Anpassung an die Zahnoberflächen ermöglichen.
Abb. 4: Zahnbürste mit einem Wechsel aus längeren und kürzeren Borstenbüscheln
Abb. 5: Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme einer Zahnbürste mit ebenem und dichtem Borstenfeld, die fest auf die Kaufläche eines Molaren gepresst wurde – der Fundus der Fissur kann aufgrund des Verkeilungseffekts nicht erreicht werden.
Abb. 6: Lichtmikroskopische Aufnahme einer Zahnbürste mit weniger dicht stehenden Borsten – es ist im Vergleich zu Abb. 5 erkennbar, dass die Tiefe der Fissur deutlich besser erreicht werden kann.
Abb. 7: Zahnbürste mit einem kompakten Borstenfeld und darüber hinausragenden dünneren Borsten – sie können Interdentalräume, Fissuren und den gingivalen Sulkus besser reinigen als eine konventionelle Bürste.
Borstenfeld
Das lange als ideal angesehene ebene Borstenfeld einer Zahnbürste ist grundsätzlich eher schlecht geeignet, Zähne zu säubern. Da eine Zahnoberfläche keine flachen, sondern nur konvexe Oberflächen besitzt und die optimale Reinigung nur durch maximalen Kontakt zwischen Bürste und Zahn beziehungsweise Zahnbogen erreicht werden kann, sollte eine gute Zahnbürste eher ein Borstenfeld besitzen, das sich der Form der Zähne und des Zahnbogens anpassen kann. Dies lässt sich zum Beispiel dadurch erreichen, dass die äußeren Borsten länger als die inneren sind (Abb. 3) oder dass es einen Wechsel von längeren und kürzeren Borstenbüscheln gibt (Abb. 4).
Eigene Untersuchungen haben außerdem gezeigt, dass sich mit einer Zahnbürste mit dichtem ebenem Borstenfeld die Fissuren nicht optimal reinigen lassen. Beim Aufsetzen der Zahnbürste auf der Kaufläche des Zahns kommt es zu einer Verkeilung, was ein tieferes Eindringen der Borsten in die Fissur verhindert (Abb. 5). Sind die Borsten weniger dicht gepackt, gelingt das wesentlich besser (Abb. 6). Allerdings lässt sich der Fundus einer Fissur auch dann nur unzureichend reinigen.
Auch die Zahnzwischenräume und der gingivale Sulkus sind besonders im Hinblick auf die Entstehung von Gingivitis und Parodontitis kritische Bereiche. Eine Zahnbürste mit kürzeren Borsten und darüber hinausragenden, weniger dicht gepackten, dünnen Borsten kann diese schwierig erreichbaren Areale besser reinigen als eine konventionelle Bürste7,8(Abb. 7). Dies sind aber nur einige Beispiele für moderne Handzahnbürsten mit verbesserter Reinigungswirkung.
Griff und Borsten
Der Griff von Zahnbürsten besteht üblicherweise aus Kunststoff auf Erdölbasis. Aus Gründen der Nachhaltigkeit werden zunehmend Holz, insbesondere Bambus, oder Biokunststoffe, die zum Beispiel aus Zuckerrohr hergestellt werden, eingesetzt. Es gibt sogar Zahnbürsten mit Holzgriff, bei denen der aus einem Biokunstoff bestehende Bürstenkopf ersetzt werden kann. Das ist besonders nachhaltig und vermeidet den von manchen Menschen als unangenehm empfundenen direkten Kontakt der Mundschleimhaut mit Holz (Abb. 8).
Obwohl es keine wissenschaftlichen Untersuchungen gibt, besteht Einigkeit darüber, dass die Borsten einer Zahnbürste aus Nylon oder einem vergleichbaren Kunststoff bestehen sollen. Naturborsten sind aus hygienischen Gründen (bakterielle Besiedelung der Markkanäle der Borstenhaare) und weil sie schnell spleißen abzulehnen. An dieser Einschätzung ändert auch die Tatsache nichts, dass im Zuge des Strebens nach nachhaltiger Ressourcenwirtschaft wieder vermehrt auf Borsten aus Tierhaaren (Dachs, Schwein, Ziege) zurückgegriffen wird.
Allerdings gibt es auch nachhaltig hergestellte Nylonborsten, die in der Regel aus Rizinusöl produziert werden. Diese dürften in ihrer Funktionalität den klassischen Nylonborsten ebenbürtig sein, haben aber den Vorteil, dass sie aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden. Zahnbürsten können also insofern nachhaltig sein, als sie aus nachwachsenden Rohstoffen produziert werden. Recyclingfähig sind sie nicht, weil sie aus verschiedenen Materialien (Griff, Borsten und Metallklammern zu deren Verankerung) bestehen, die nicht ohne Weiteres getrennt werden können.
Die Endrundung der Zahnbürstenborsten ist oft Gegenstand von Beratungsgesprächen. Auch wenn es nahezu keine Evidenz über den Zusammenhang zwischen Endrundung und einem Verletzungsrisiko von Weichgewebe beim Zähneputzen9 gibt, spricht dennoch einiges dafür, dass eine Endrundung der Borsten gewährleistet sein sollte, zumal das heute bei nahezu allen handelsüblichen Zahnbürsten der Fall ist.
Abb. 8: Zahnbürste mit einem Holzgriff aus Buchenholz, auf den Wechselköpfe aufgeschraubt werden können – die Vorteile liegen in einer verbesserten Nachhaltigkeit und der Vermeidung des direkten Kontakts zwischen Mundschleimhaut und Holzgriff, der von manchen Nutzern als unangenehm empfunden wird.
Abb. 9: Keilförmige Defekte am Zahnhals als Folge einer vermutlich mit zu viel Kraft und falscher Putztechnik ausgeübten Mundhygiene
Abb. 10: Zahnfleischverletzungen (Pfeile) als Zeichen einer zu aggressiven Zahnputztechnik – harte Borsten führen zu mehr Gingivaschäden als weiche oder mittelharte Borsten (13).
Borstenhärte
Über Jahrzehnte hinweg ist in der Bevölkerung Deutschlands zu beobachten, dass die Mundhygiene insgesamt intensiver betrieben wird. Als unerwünschte Nebenwirkung haben leider Putzschäden am Zahnhals, die sogenannten keilförmigen Defekte (Abb. 9), zugenommen10. Als Reaktion darauf werden oft weiche Zahnbürsten empfohlen, weil fälschlicherweise davon ausgegangen wird, dass sie weniger Putzschäden verursachen und genauso gut reinigen wie Zahnbürsten mit härteren Borsten. Tatsächlich ist für einige weiche Zahnbüsten nachgewiesen, dass sie bei geringerer Zahnfleischtraumatisierung genauso gut reinigen wie die verglichenen Bürsten mit mittelharten Borsten11,12.
Da sich diese Vergleichszahnbürsten jedoch nicht nur in der Härte, sondern unter anderem auch in der Form des Borstenfeldes unterschieden, konnte die gleich gute Reinigungseffizienz nicht zweifelsfrei durch den Härtegrad der Zahnbürsten begründet werden. Daher haben wir Zahnbürsten, die sich ausschließlich in der Borstenhärte unterschieden (hart, mittel, weich), in einer klinischen Studie in Bezug auf Reinigungseffizienz und Zahnfleischtraumatisierung untersucht. Das Ergebnis war eindeutig. Harte Zahnbürsten verursachten gegenüber weichen zwar mehr Zahnfleischverletzungen (Abb. 10), zeigten aber auch eine wesentlich bessere Reinigungswirkung.
Mittelharte Zahnbürsten lagen für beide Parameter in der Mitte13. In einer von unserer Arbeitsgruppe durchgeführten In-vitro-Studie hat sich aber auch gezeigt, dass weiche Zahnbürsten zu mehr Abtrag an der Zahnhartsubstanz führen als harte oder mittelharte Zahnbürsten14. Das klingt zunächst unlogisch, allerdings ist klar, dass die Borsten selbst nicht unmittelbar die Abrasion von Dentin verursachen können, weil das Borstenmaterial Nylon sehr viel weicher als Dentin und erst recht weicher als Schmelz ist. Das substanzabtragende Medium ist der Abrasivstoff in der Zahnpasta. Weiche Borsten biegen sich beim Zähneputzen durch den Anpressdruck an den Enden um und bringen dadurch die Zahnpasta in flächigeren Kontakt mit der Zahnoberfläche als das bei harten Borsten der Fall ist. Dadurch wirkt die Zahnpasta abrasiver. Diese Beobachtung wird durch eine Studie von Wiegand et al. gestützt15.
Konstruktionsmerkmale für die Auswahl einer Handzahnbürste
Zusammenfassend lassen sich folgende Konstruktionsmerkmale für die Auswahl einer Handzahnbürste ableiten:
endgerundete Nylonborsten,
der Form des Zahns und des Zahnbogens angepasstes Borstenfeld (Formkongruenz); dies kann zum Beispiel durch ein weniger dicht gepacktes Borstenfeld oder eine Kombination von längeren und kürzeren Borstenbüscheln erreicht werden,
bedarfsorientierte Borstenhärte – Patienten mit schlechter Mundhygiene, bei denen keine Putzdefekte am Zahnfleisch vorliegen, sollten eine harte Zahnbürste verwenden. – Patienten mit guter Mundhygiene und bestehenden Putzdefekten am Zahnfleisch sollten eine weiche Zahnbürste verwenden. – Als Kompromiss kann bei anderen Ausgangssituationen zunächst eine mittelharte Zahnbürste empfohlen werden.
beim Vorliegen von Putzdefekten an der Zahnhartsubstanz Benutzung einer schwach abrasiven Zahnpasta, am besten in Kombination mit einer harten Zahnbürste (es sei denn, es liegen gleichzeitig Defekte am Zahnfleisch vor),
ein etwas größerer Bürstenkopf
Putztechnik und -systematik
In einer Studie von Wainwright und Sheiham wurden die Empfehlungen zu Zahnputztechniken untersucht, die von zahnmedizinischen Fachgesellschaften, Herstellern von Mundhygieneprodukten und in Fachbüchern weltweit gegeben wurden16. Von insgesamt 66 Quellen wurde 19-mal die modifizierte Bass-Technik, 11-mal die Bass-Technik17, 10-mal die Fones-18, 5-mal die Schrubb- und 2-mal die Stillman-Technik19 empfohlen. 19 dieser professionellen Quellen hatten keine Putztechnik empfohlen. Insgesamt waren also die Bass- und die modifizierte Bass-Technik mit zusammen 30 von 47 Nennungen am häufigsten vertreten.
Obwohl auch in Deutschland die Bass-Technik vermutlich am häufigsten empfohlen wird, gaben in einer Befragung, die in Kooperation mit dem Marktforschungsinstitut Forsa durchgeführt wurde, nur 4 Prozent der Befragten die Bass-Technik als die ausgeübte Technik an20. Viel häufiger wurden kreisende (Fones-Technik, 57 Prozent), schrubbende (keine beschriebene Technik, 33 Prozent) und fegende Bewegungen (Stillman-Technik, 28 Prozent) genannt. Es besteht also eine deutliche Diskrepanz zwischen dem, was Fachleute als richtige Zahnputztechnik empfehlen, und dem, was tatsächlich in der Bevölkerung umgesetzt wird.
Poyato-Ferrera et al. hatten die Effektivität der modifizierten Bass-Technik im Vergleich zur „normalen“ Zahnputztechnik an 46 Studierenden jeweils 21 Tage lang untersucht21. Zwischen der Putztechnik, die die Studienteilnehmer bereits vorher ausgeübt hatten, und der intensiv instruierten modifizierten Bass-Technik bestand ein signifikanter Unterschied zugunsten der Bass-Technik. Dieser betrug 27,8 Prozent, bezogen auf den Quigley-Hein-Index in der Turesky-Modifikation22. Das Studiendesign (keine Instruktion vs. intensive Instruktion; Placebo- vor Verum-Verfahren in einem unverblindeten Design) hatte die modifizierte Bass-Technik bevorzugt. Trotzdem kann davon ausgegangen werden, dass mit einer gut umgesetzten modifizierten Bass-Technik ein sehr gutes Ergebnis erzielt werden kann. Allerdings ist die Technik manuell anspruchsvoll.
Vergleich der Fones-Technik mit modifizierter Bass-Technik und negativer Kontrollgruppe
Um zu klären, ob die theoretisch beste Zahnputztechnik unter gleichen Bedingungen im Vergleich mit einer als weniger effektiv geltenden auch real die beste ist, haben Harnacke et al. die Fones-Technik mit der modifizierten Bass-Technik und einer negativen Kontrollgruppe verglichen23. Insgesamt 67 Probanden wurden randomisiert auf die drei Gruppen verteilt und erhielten eine PC-basierte allgemeine Information zur Mundhygiene (alle Gruppen) sowie eine intensive Schulung mit praktischen Übungen in den jeweiligen Mundhygienetechniken (nur Bass- und Fones-Gruppe).
Nach sechs, zwölf und 28 Wochen wurden nicht nur Parameter für Biofilm und Gingivitis untersucht, sondern auch, wie gut die erlernte Technik reproduziert werden konnte. Eine signifikante Überlegenheit der Fones- gegenüber der modifizierten Bass-Technik wurde in Bezug auf Gingivitis nach zwölf Wochen und in Bezug auf die Reproduzierbarkeit nach sechs, zwölf und 28 Wochen beobachtet. Diese Ergebnisse zeigten, dass die Fones-Technik erfolgreicher unterrichtet werden konnte und dass sie wahrscheinlich deshalb auch zu teilweise besseren, aber nie schlechteren Ergebnissen als die Bass-Technik führte.
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Untersuchung der Adhärenz zur unterrichteten Zahnputztechnik. In der Bass-Gruppe hatten 61 Prozent der Teilnehmer berichtet, dass sie wegen verschiedener Schwierigkeiten nicht über die gesamte Studiendauer bei der erlernten Technik geblieben sind, in den beiden anderen Gruppen waren es jeweils nur 26,3 Prozent23. Auch dies kann eine Erklärung dafür sein, dass sich die modifizierte Bass-Technik als nicht so effektiv erwiesen hat wie erwartet. Es kann möglicherweise auch erklären, warum nur so wenige Menschen die Bass- oder modifizierte Bass-Technik anwenden, obwohl sie – wie die Studie von Wainwright und Sheiham zeigt – die überwiegend von Fachleuten empfohlenen Techniken sind.
Wichtig: alle Zahnabschnitte gleichlang putzen
Aus den zitierten Studien wird ersichtlich, dass die Bass- beziehungsweise die modifizierte Bass-Technik zwar grundsätzlich die effektivste Methode der mechanischen Mundhygiene sein dürfte, in der Realität jedoch nicht erfolgreich umgesetzt wird. Deshalb muss darüber nachgedacht werden, welche Zahnputztechnik alternativ in der Zahnarztpraxis empfohlen werden sollte. Nach neueren Erkenntnissen von Schlüter et al. ist aber ohnehin nicht die Technik, sondern die Systematik des Zähneputzens entscheidend24.
In einer klinischen Studie wurde gezeigt, dass insbesondere die Innenseiten der Zähne (Oralflächen) trotz einer insgesamt angemessenen Putzdauer nur wenige Sekunden erreicht wurden25. Als Konsequenz ist bei der Mundhygiene-Instruktion insbesondere darauf zu achten, dass alle Zahnabschnitte gleichlang geputzt und keine Areale vergessen werden. In Bezug auf die Technik sollte darauf geachtet werden, dass nicht horizontal geputzt (geschrubbt) wird und dass die beim Zähneputzen aufgewendete Kraft auf etwa 1 N (entspricht 100 g) limitiert wird.
Hamza et al. konnten in einer In-vitro-Studie zeigen, dass die Abrasivität (RDA-Wert) einer Zahnpasta erst eine Rolle spielt, wenn die Putzkraft 1 N übersteigt. Die Autoren empfehlen daher, die Patienten zu veranlassen, sich auf eine Putzkraft von 1 N zu kalibrieren26. Dies lässt sich mit einer Küchenwaage trainieren. Zunächst sollte die Zahnbürste mit geschlossenen Augen so fest wie beim Zähneputzen auf die Waage gepresst werden. Danach werden die Augen geöffnet und die eingesetzte Kraft wird überprüft. Wenn die Kraft deutlich von 1 N abweicht, sollte durch wiederholtes Aufdrücken eruiert werden, wie sich 1 N anfühlt (Abb. 11). Durch diese Übung kann ein Gefühl dafür entwickelt werden, mit welcher Kraft die Zähne geputzt werden sollten.
Abb. 11 Mithilfe einer Küchenwaage lässt sich der optimale Anpressdruck der Zahnbürste von 1 N trainieren.
Abb. 12 Mit Plaquefärbemitteln lässt sich der orale Biofilm anfärben. Beim anschließenden Zähneputzen kann die Zeit gestoppt werden, die benötigt wird, bis die Beläge entfernt sind. Das gelingt meist nicht vollständig und kann unterschiedlich viel Zeit in Anspruch nehmen.
Putzdauer
Klinische Studien belegen sowohl für Hand- als auch für elektrische Zahnbürsten, dass eine längere Zahnputzzeit innerhalb bestimmter Grenzen signifikant positiv mit einer effektiveren Entfernung des Biofilms korreliert4,27–29. Es wurde aber auch gezeigt, dass die zur Mundhygiene aufgewendete Zeit zumeist deutlich falsch eingeschätzt wird30, was in der Regel zu einer signifikanten Unterschreitung der notwendigen Zahnputzdauer führt3.
Da für jeden Menschen von einer individuellen Effizienz der Biofilmentfernung und unterschiedlichen dentalen Verhältnissen ausgegangen werden muss, lässt sich keine einheitliche Empfehlung für eine Zahnputzdauer aussprechen. Hawkins et al. hatten in einer Studie an Zahnmedizin-Studierenden für Handzahnbürsten eine mittlere Putzdauer von 5,1 Minuten als „ideal“ bestimmt, allerdings mit einer nicht unerheblichen individuellen Streuung von 3,25 bis 8,5 Minuten (StA: 1,09).
Effektives Zähneputzen ist keine einfache Maßnahme
Die Biofilmreduktion auf den äußeren Zahnflächen (bukkal und lingual) lag, gemessen an dem O’Leary-Index, bei 59,5 Prozent (Oberkiefer, OK) beziehungsweise 65,9 Prozent (Unterkiefer, UK). Am Ende der Putzzeit waren immer noch 5,7 Prozent (OK) beziehungswiese18,5 Prozent (UK) der freien Glattflächen von Biofilm bedeckt4. Trotz des hohen zeitlichen Aufwandes war es also selbst den als geübt anzusehenden Zahnmedizin-Studierenden nicht gelungen, auch nur die freien Glattflächen (bukkal und lingual) perfekt von Biofilm zu befreien. Das zeigt, dass effektives Zähneputzen keine einfache Maßnahme ist.
Aufgrund der sehr unterschiedlichen Zeiten, die als „ideale“ Putzdauer ermittelt wurden, erscheint es angebracht, dass jeder Mensch seine individuelle Putzzeit selbst bestimmt. Dazu kann der Biofilm zunächst mit einer handelsüblichen Plaque-Färbetablette angefärbt werden (Abb. 12). Anschließend wird die Zeit gestoppt, die benötigt wurde, um den angefärbten Biofilm möglichst restlos zu entfernen. Zum Schluss sollten die Zähne nochmals eingefärbt werden, um sicherzustellen, dass auch tatsächlich das erwünschte Ergebnis erreicht worden ist. Diese so ermittelte individuelle Putzdauer ist ein realistisches Maß für die Zeit, die täglich zweimal für eine gute Mundhygiene aufgewendet werden muss.
Ein Beitrag von Prof. Dr. Stefan Zimmer und Prof. Dr. Mozhgan Bizhang, beide Witten/Herdecke
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