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Teil 2 – Schutz, Aufklärung und Vorsorge bezüglich Stichverletzungen sind zentrale Punkte im Qualitätsmanagement einer kieferortho­pädischen Praxis

(c) shutterstock.com/simon jhuan

Nadelstichverletzungen können zu erheblichen rechtlichen Schwierigkeiten für Praxisinhaber führen. Gleichzeitig können derartige Arbeitsunfälle beim Verletzten langfristige gesundheitliche, arbeits­rechtliche und wirtschaftlich existenzbedrohende Situationen verursachen. Aus diesen Gründen sollten alle Arten von Stichverletzungen ernst genommen, schriftlich dokumentiert und beim Arbeitgeber gemeldet werden. Um das Verletzungsrisiko und eine anschließende Infektion zu reduzieren, sind die Basishygiene (insbesondere die Händedesinfektion), persönliche Schutzmaß­nahmen, standardisierte Arbeitsabläufe und regelmäßige Schulungen zum Arbeitsschutz von größter Bedeutung. Vor diesem Hintergrund ist jeder kieferorthopädischen Praxis anzuraten, ein entsprechendes Melde- und Dokumentationsverfahren im Rahmen der Praxisorganisation einzurichten. Darüber hinaus ist es die Pflicht des Praxisinhabers, dass für jede Tätigkeit eine Gefährdungsbeurteilung vorliegt und Schutzmaßnahmen festgelegt werden. Hierzu gehört beispielsweise das zur Verfügung stellen von vollständigen Verbandskästen. Weiterhin muss das Personal mündlich und schriftlich über die der jeweiligen Tätigkeit angemessenen Arbeits­schutzvorrichtungen und die festgelegten Vorgehensweisen bei Unfällen unterrichtet werden. In Anbetracht dieser Umstände sollte in kieferorthopädischen Praxen ein Bewusstsein entstehen, dass die Verantwortung zur Regelung von Arbeitsunfällen und die dadurch entstehenden arbeitsrechtlichen Konsequenzen beim Praxisinhaber liegen.

Die „Kieferorthopädie“ informiert viermal im Jahr über die neuesten Erkenntnisse und Entwicklungen aus Praxis und Wissenschaft. Die Beiträge befassen sich mit allen Sachgebieten der modernen Kieferorthopädie. Praxisnahe Patientenberichte und Übersichtsartikel bilden das Herzstück jeder Ausgabe. Kongressberichte, Buchbesprechungen, Praxistipps, Interviews und eine ausführliche Übersicht über kieferorthopädische Fortbildungsveranstaltungen runden das redaktionelle Spektrum ab. Eine Vielzahl von anschaulichen, zum größten Teil farbigen Abbildungen in optimaler Reproduktionsqualität illustriert die einzelnen Beiträge. Mit kostenlosem Zugang zur Online-Version recherchieren Abonnenten komfortabel online – auch rückwirkend ab 2003 im Archiv. Kostenloser Zugang zur App-Version für Abonnenten. Mehr Infos zur Zeitschrift, zum Abo und zum Bestellen eines kostenlosen Probehefts finden Sie im Quintessenz-Shop.

Einleitung

Stichverletzungen durch Drahtligaturen, Drahtbögen oder scharfkantige Materialien, insbesondere Sonden und Nadeln gehören zu den häufigsten Arbeitsunfällen im intraoralen kieferorthopädischen Behandlungsverlauf1,2. Der persönliche Schutz, die Aufklärung und die Vorsorge bezüglich intraoraler Stichverletzungen gehören zu den wich­tigsten arbeitsschutzrechtlichen Themen, welche beim Qualitätsmanagement einer kieferortho­pädischen Praxis eine zentrale Bedeutung einnehmen müssen. Im praxisinternen Qualitätsmana­gement sollten daher die Versorgung dieser Verletzung und eine schnellstmögliche Einleitung von Sofortmaßnahmen für jedes Teammitglied schnell verfügbar und durchführbar sein.

Dokumentation und Meldung einer Stichverletzung

Kommt es zu einer berufstypischen Infektionserkrankung im Behandlungsteam, ist die Kausalität zu der Verletzung und der konkrete Patientenbezug dieser Berufserkrankung schwierig nachweisbar. Die Inzidenz einer nachgewiesenen Infektionsübertragung von Patienten auf Zahnärzte und Mitarbeiter durch Stichverletzungen ist gering. Ursache hierfür ist, dass die gebotene Dokumentationspflicht meist nicht eingehalten wird. Nur ein geringer Anteil der betroffenen Mitarbeiter dokumentiert derartige Verletzungen1,3–5. Dabei ist auffallend, dass Stichverletzungen häufiger beim nicht ärztlichen Personal als beim ärztlichen Personal gemeldet werden3.

Aus oben genannten Gründen sollte in jeder kieferorthopädischen Praxis immer ein Verbandbuch zur Verfügung stehen (zum Beispiel im Verbandskasten), um jede Stichverletzung zu erfassen und eine ausreichende Dokumentation sicherzustellen. Das Verbandbuch sollte mindestens fünf Jahre nach der letzten Eintragung aufbewahrt werden (Tab. 1a und b)5–9.

 

Tab. 1a Dokumentation von Nadelstichverletzungen (Verbandbuch) [6,8].
Tab. 1a Dokumentation von Nadelstichverletzungen (Verbandbuch) [6,8].

Tab. 1b Dokumentation von Nadelstichverletzungen (Meldeblock zur Dokumentation von Erste-Hilfe-Leistungen) [6,7,9].
Tab. 1b Dokumentation von Nadelstichverletzungen (Meldeblock zur Dokumentation von Erste-Hilfe-Leistungen) [6,7,9].

Ursachen von Stichverletzungen

Stichverletzungen werden meist durch einfache, vermeidbare Fehler bei der Handhabung von kieferorthopädischem Zubehör verursacht. Hierzu gehören alle spitzen, scharfen und rotierenden Instrumente, wie zum Beispiel Kanülen, Skalpelle, Bögen, Drahtligaturen beziehungsweise andere Drahtelemente, Diamant-/Polierstreifen, Segmentscheiben, Bohrer, Hartmetallfinierer, Scaler, Ultraschallansätze, die täglich in der Praxis von Kieferorthopäden oder deren Mitarbeitern im Rahmen der kieferorthopädischen Behandlung verwendet werden10–15,19.

Die Inzidenz von intraoralen Stichverletzungen kann durch eine unstrukturierte Arbeitsvorbereitung und einen chaotischen Arbeitsablauf im Mund von Patienten erhöht werden. Mangelhafte Konzentration im Arbeitsumfeld, schlechte intraorale Lichtverhältnisse und unruhige Patienten stei­gern die Verletzungsgefahr für Kieferorthopäden.

Die häufigsten Ursachen von Infektionsübertragungen

Häufig findet eine Übertragung von Infektionserregern durch die Hände des medizinischen Personals statt16. Aus diesem Grund ist die wichtigste vorbeugende Maßnahme die Umsetzung der klas­sischen „Standardhygiene“17. Der bedeutendste Vorgang bei der Standardhygiene ist die Händedesinfektion11,18,19.

In der kieferorthopädischen Praxis wird diese Präventionsmethode, die bekanntermaßen zu den einfachsten gehört, teilweise unterlassen, weshalb sich in manchen Fällen schwerwiegende Erkrankungen und vermeidbare Risiken zunächst unbemerkt entwickeln. Daher sollten vor und nach jedem intraoralen kieferorthopädischen Behandlungsverlauf, nicht nur die Handschuhe ausgetauscht werden, sondern zusätzlich eine Händedesinfektion vor­genommen werden. Hierbei wird angestrebt, der mikrobiellen Besiedelung von schädlichen Keimen auf der Haut entgegenzuwirken. Die Rate von noso­komialen Infektionen wird durch dieses Vor­gehen reduziert und kann gleichzeitig gänzlich ausgeschlossen werden11,16,18–20.

Als problematisch einzustufen ist, dass die in der Praxis verwendeten Handschuhe selbst häufig undicht sind. Weiterhin besteht die Gefahr sich während des Handschuhwechsels unbewusst zu kontaminieren. Klinisch nachgewiesen wurde, dass trotz der Verwendung von Handschuhen viele Erreger weiterhin auf den Händen des behandelnden Arztes vorzufinden sind (in 29 Prozent der Fälle)11,21.

Um das hieraus entstehende Infektionsrisiko minimieren zu können, sollten bei der Behandlung von Hochrisikopatienten, die Träger von infektiösen Erregern sind, vorbeugend eine doppelte Behandschuhung oder Indikatorhandschuhe verwendet werden22.

Festzuhalten ist, dass die hygienische Händedesinfektion effektiver ist, als eine einfache Handwäsche mit Wasser und Seife17,20. Zu den Handbereichen, die einer besonderen Aufmerksamkeit bedürfen, gehören die Fingerkuppen, die Nagelfalze und der Daumen. Diese haben den größten direkten Kontakt mit den Patienten und sind daher regelmäßig der größten Menge von Erregern ausgesetzt18,23,24.

Schutzmaßnahmen bei der Behandlung11,13,22,25–28

  • ca. 10 Minuten vor dem Behandlungsbeginn sollte man den Patienten seinen Mund mit 0,12–0,2-prozentiger Chlorhexidindigluconat-Lösung 30–60 Sekunden lang ausspülen lassen
  • unfallträchtige Materialien austauschen (zum Beispiel Drahtligaturen)
  • abgerundete und polierte Arbeitsmaterialien einsetzen
  • Drahtbögen vor dem Einsetzen im Mund am Modell ablängen
  • die direkte Weitergabe von spitzen und scharfen Objekten von Hand zu Hand ausschließen
  • Stress, Hektik, Zeitdruck, Ablenkung am Patienten vermeiden
  • unerwartete Patientenreaktionen einüben
  • das generelle Anlegen von Schutzausrüstung (Handschuhe, Mundschutz) beachten
  • Stich- und Schnittverletzungen schnellst­möglich reinigen, desinfizieren, versorgen und dokumentieren

Schutzmaßnahmen bei der Praxisorganisation2,5,22,25,27

  • beengte räumliche Arbeitsbedingungen vermeiden
  • intraorale Arbeitsabläufe strukturieren
  • unruhige Patienten separieren und getrennt behandeln
  • die Anzahl von Patienten beschränken (pro Stunde und Tag)
  • personelle Unterbesetzung vermeiden
  • Sicherheitsentsorgungsbehälter aufstellen
  • eine regelmäßige Hygieneinstruktion und Arbeitsschutzaufklärung organisieren
  • Mitarbeitertrainings zu intraoralen Arbeitstechniken durchführen
  • aktuelle Entwicklungen zum Thema Arbeitsschutzmaßnahmen verfolgen und in der Praxis umsetzen (im Rahmen von Schulungen und Fortbildungen)

Vorbeugung einer Stichverletzung und eines Infektionsrisikos am Arbeitsplatz

Um das Auftreten von arbeitsbedingten Infek­tionen nach Nadelstichverletzungen in der kieferorthopädischen Praxis zu vermeiden, sollten folgende arbeitsorganisatorische Maßnahmen in die Wege geleitet werden2,5,11,13,14,18,19,22,25,29–32:

  • die im Qualitatsmanagment-Katalog (QM-Katalog) festgelegten Hygiene-Standards jährlich prüfen
  • sichere und standardisierte Arbeitsabläufe inklusive Verfahrens- oder Betriebsanweisungen einhalten
  • persönliche Schutzmöglichkeiten (Verwendung von Handschuhen, Mundschutz und Schutzbrillen) müssen jederzeit zur Verfügung stehen
  • alle Mitarbeiter und Beschäftigte müssen regelmäßig im Hinblick auf berufsbedingte Infektionsgefährdungen geschult und weitergebildet werden
  • alle Mitarbeiter mit direktem Patientenkontakt oder mit Kontakt zum Patientenmaterial sollten einen suffizienten Hepatitis B-Immunschutz auf­weisen beziehungsweise gegen Hepatitis B geimpft werden
  • ausschließlich saubere und desinfizierte Instrumente verwenden
  • stichsichere Abwurfbehälter für scharfe Instrumente und Materialien aufstellen
  • vor der Instrumentenaufbereitung und Instrumentenentsorgung geeignete Schutzausrüstung anlegen

In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass die Inzidenz von Verletzungen beim medizinischen Personal durch die Verwendung von sicheren Me­dizinprodukten und Arbeitsinstrumenten durchschnittlich um ca. 36,4 Prozent reduziert werden kann3,15.

 

Tab. 2 Inhalt der Verbandskästen [7,33,34].
Tab. 2 Inhalt der Verbandskästen [7,33,34].

Verbandskasten6,7,33,34

In jeder kieferorthopädischen Praxis besteht die Pflicht, dass ausreichend Erste-Hilfe-Materialen zur Verfügung stehen. Die Art, die Menge und die Aufbewahrungsorte der Verbandskästen richtet sich nach der Praxisgröße und Praxisstruktur sowie den vorhandenen betrieblichen Gefahren. Das Erste-Hilfe-Material muss regelmäßig auf Vollständigkeit und Verfallsdatum überprüft und erneuert werden. Die Regelungen zum Inhalt und zur Haltbarkeit der Materialien in Verbandskästen für den betrieblichen Arbeitsschutz sind eindeutig genormt und unterliegen den Bestimmungen der DIN-Normen 13157 und 13169 (Vorschriften, Menge, Verpackungsform, Größe, Art von Materialien etc. werden hier genauestens festgehalten) (Tab. 2).

Ausgehend von der Gefährdungsbeurteilung in Abstimmung mit dem Betriebsarzt können neben der Grundausstattung der Verbandskästen auch ergänzende Mittel zur Ersten Hilfe, wie darüber hinaus erforderliche medizinische Geräte, Arzneimittel und Spülflüssigkeiten notwendig werden.

Das Erste-Hilfe-Material soll jederzeit schnell erreichbar, leicht zugänglich und sicher aufbewahrt sein, sodass es vor schädigenden Einflüssen (zum Beispiel Verunreinigungen, Nässe, hohe Tempera­turen) geschützt ist. Der Standort der Verbandskästen muss deutlich erkennbar und dauerhaft gekennzeichnet werden.

Arbeitsrechtliche Pflichten für den Praxisinhaber

Pflichten als Arbeitsgeber4,18,29,31,32,35,36

Der Praxisinhaber ist als Arbeitgeber verpflichtet, für jede Tätigkeit eine Gefährdungsbeurteilung, das heißt, eine etwaige Gefährdung am Arbeitsplatz zu erfassen und Schutzmaßnahmen (technische, organisatorische und personenbezogene Maßnahmen) festzulegen. Die Schriftform ist anzuraten. In regelmäßigem Turnus ist dabei die Richtigkeit dieser Maßnahmen auf deren Wirkung in der jeweiligen Praxisumgebung hin zu überprüfen.

Jeder Mitarbeiter ist mündlich und schriftlich über die aktuellen und verbindlichen Vorgehensweisen bei Unfällen in Form eines Vorgabedokuments zu informieren. Dabei muss dem Beschäftigten der Inhalt dieses Vorgabedokuments verständlich und sprachlich nachvollziehbar erläutert und dessen Kenntnis darüber geprüft werden. Die Aufklärung sollte den Umgang und eine realitätsnahe Übung zur sicheren Handhabung mit den Arbeitsinstrumenten beinhalten. Diesbezüglich müssen auch weiterführende Schulungen in der kieferorthopädischen Praxis oder alio loco veranlasst beziehungsweise angeboten werden.

Alle Mitarbeiter, die aus organisatorischen oder zeitlichen Gründen nicht an derartigen Schulungen beziehungsweise Dienstberatungen teilnehmen konnten, sind zu verpflichten, dass die Inhalte dieser Veranstaltungen nachträglich selbstständig erlernt und zur Kenntnis genommen werden. Dies beinhaltet auch das Wissen um aktualisierte Anweisungen aus neuen Vorgabedokumenten. In den besten Fällen orientiert sich der Zeitpunkt und die Dauer des Kurses an den Schichtzeiten, den Dienstplänen und den zeitlichen Arbeitsumständen, wodurch derartige Termine von allen Mitarbeitern wahrgenommen werden können.

Für neue Arbeitsmittel oder Technologien ist eine schriftliche Unterweisung zu erstellen. Hierzu gehören beispielsweise auch Veränderungen im Aufgabenbereich und der Tätigkeit von einzelnen Personen. In diesem Zusammenhang hat sich bewährt, dass die Unterweisungen regelmäßig erneuert (mindestens einmal pro Jahr) und dokumentiert werden, sodass kontinuierlich eine Anpassung und ein Abgleich mit den aktuellen Arbeitsumständen stattfindet.

Gesetze und Verordnungen37–47

Zusätzlich sind die vertragszahnärztlichen Pflichten und die kieferorthopädische Berufsausübung durch folgende Gesetze und Verordnungen geregelt:

  • Gesetz über die Ausübung der Zahnheilkunde
  • Berufsordnungen der jeweiligen Landeszahnärztekammern
  • Hygieneverordnungen der jeweiligen Bundesländer
  • Richtlinien des GBA für die vertragszahnärztliche Versorgung
  • Richtlinie des GBA zum Qualitätsmanagement
  • Bundesmantelvertrag der Zahnärzte (BMV-Z)
  • Patientenrechtegesetz (§ 630 a-h BGB)
  • Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V)
  • Infektionsschutzgesetz
  • Röntgenverordnung
  • Medizinproduktegesetz
  • Medizinprodukte-Betreiberverordnung

Arbeitsrechtliche Risiken für den Praxisinhaber

In Fällen, in denen der Praxisinhaber oben erwähnte Pflichten vernachlässigt oder die Anwendung nicht nachweisen kann, trägt er die wirtschaftlichen und rechtlichen Konsequenzen für eventuelle Arbeitsunfälle31,32.

Arbeitgeber oder Praxisinhaber tragen die Hauptverantwortung für den Umgang und die Sicherheit beim Thema Arbeitsschutz. Bei Genese von chronischen Erkrankungen ergeben sich teilweise gravierende Folgen für die Berufs- und/oder Erwerbsfähigkeit4,32.

Sollten die Schulungen zum Arbeitsschutz in der Praxis nicht regelmäßig durchgeführt und nachweisbar dokumentiert worden sein, kann bei einem Arbeitsunfall der Praxisinhaber angeklagt und zur Zahlung von Schadensersatz verpflichtet werden. Die Höhe der Zahlung wird dabei individuell unter Berücksichtigung des entstanden Schadens und möglicher Versorgungsansprüche festgesetzt. Diese von Gerichten festgelegten Schadenssummen können bis zu 150.000 Euro betragen (Landes­arbeitsgericht Nürnberg, AZ: 7 Sa 231/16)48,49. Abhängig von der Schadenshöhe kann dies unter Umständen zu einer Zahlungsunfähigkeit des Praxis­inhabers führen.

Falls sich der Praxisinhaber im Schadensfall zusätzlich mit einem arztunwürdigen Verhalten aufgrund einer unterlassenen Hilfeleistung belastet, kann die Approbationserlaubnis zur Ausübung des ärztlichen Berufs entzogen werden38.

Langfristige Konsequenzen eines Arbeitsunfalls

Berufstätigen, die eine arbeitsbedingte chronische Viruserkrankung erlitten haben, können Einschränkungen bei ihrer Berufsausübung vorgeschrieben werden. Sobald ein Arzt oder ein medizinischer Mitarbeiter unter einer chronischen Infektion leidet, kann seine klinische Tätigkeit am Patienten untersagt werden1,4,5. Bei einer solchen Situation besteht die Gefahr, dass die Patienten das Vertrauen in die medizinische Behandlung durch den Arzt verlieren. Im schlimmsten Fall kann eine chronische Infektion zu existenzbedrohenden Situationen führen1,10,25,48.

 

Tab. 3  Dokumentation der Teilnahme an der Mitarbeiterschulung (Schulungsinhalte siehe Anlage) [31].
Tab. 3  Dokumentation der Teilnahme an der Mitarbeiterschulung (Schulungsinhalte siehe Anlage) [31].

Schlussfolgerungen

Arbeitgeber sind verpflichtet mindestens einmal pro Jahr eine individuelle Mitarbeiterschulung zum Arbeitsschutz durchzuführen. Der Praxisinhaber hat die Aufklärung bezüglich des genauen Vorgehens nach Nadelstichverletzung, die Informationen zu berufsbedingten Infektionsgefährdungen, die Anweisung zur Arbeit und zum Umgang mit sicheren Instrumenten und die Erläuterung von arbeitsbedingten Schutzmaßnahmen nachweislich zu erbringen. In diesem Zusammenhang müssen der Inhalt, der Zeitpunkt und die Teilnahme an einer derartigen Mitarbeiterschulung dokumentiert und von den Mitarbeitern gegengezeichnet werden (Tab. 3).

Ein Beitrag von Katarzyna Strzyz und Prof. Dr. Robert A. W. Fuhrmann, beide Halle (Saale)

Literatur auf Anfrage über news@quintessenz.de

Reference: Prävention und Prophylaxe Kieferorthopädie Praxis

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