In der gemeinsamen EFP-AAP Session auf der EuroPerio 11 in Wien ging es am Donnerstagvormitttag um die Gesundheit und Zusammenhänge der Mikrobiome von Mund und Darm und ihren Einfluss auf Erkrankungen wie Parodontitis. Moderator Prof. Iain Chapple von der Universität Birmingham gab zunächst einen Überblick über die bisherigen Erkenntnisse.
Mund und Darm gehören zu einem Schleimhauttrakt, der von den komplexesten Mikrobiomen des menschlichen Körpers besiedelt wird. In Verbindung mit dysregulierten immun-inflammatorischen Reaktionen kann sich eine Dysbiose manifestieren, was zu ulzerativen Erkrankungen in beiden Organen und damit verbundener Morbidität und Mortalität führt. Das zeigt die Bedeutung der Standortspezifität und der Fähigkeit zur Nischensättigung der benachbarten mikrobiellen Gemeinschaften, die wir beherbergen, für die Gesundheit.
Orale und Darm-Meta-Transkriptom-Profile
Prof. Moritz Kebschull zeigte auf, wie Speichel-Meta-Transkriptom-Profile helfen, wirts- und mikrobielle Transkripte, die durch Speicheldiagnostik erstellt werden, gleichzeitig zu analysieren und zu bewerten. Diese Profile wiederum zeigten, dass Veränderungen in den Interaktionen zwischen Wirt und Mikrobiom in einer Umgebung die gleichzeitigen Veränderungen in der anderen widerspiegeln.
Dr. Haticew Hasturk befasste sich mit chronischen Entzündungen im Körper als Ursache entzündlicher Erkrankungen. Können Entzündungen nicht aufgelöst werden, entstehen Entzündungskrankheiten wie Diabetes, chronische Darmentzündungen oder Parodontitis. Die aktuellen Behandlungen für parodontale und periimplantäre Erkrankungen sind laut Hasturk unzureichend für die Prävention oder Regeneration. Spezialisierte Pro-Resolving-Mediatoren bieten alternative therapeutische Vorteile, indem sie die Immunfunktion und die Geweberegeneration unterstützen.
Habitatspezifität mikrobieller Gemeinschaften
Das Thema von Dr. Purnima Kumar war die Bedeutung der Habitatspezifität der mikrobiellen Gemeinschaften im Körper für die allgemeine Gesundheit und den Auswirkungen lokaler und systemischer Entzündungen auf die Habitatdynamik und umgekehrt. Die Mikrobiome von Mundhöhle und Darm sind sehr spezifisch, sie bilden sich sehr früh und ihre Zusammensetzung bleibt im gesunden Zustand oft bis lange in das Erwachsenenalter überraschend stabil. Dabei zeigt das Darm-Mikrobiom eine größere Plastizität als das orale Mikrobiom. Die bakterielle Besiedlung wird durch die Biologie des Ökosystems bestimmt und durch Genotyp und Genetik des Wirts personalisiert. Eine Dysbiose kann durch Wechselwirkungen zwischen Umwelt und Genotyp entstehen und durch systemische Faktoren verstärkt werden. Die Prinzipien der Ökosystemfunktion werden durch dysbiosevermittelte Entzündungen gestört.
Dr. Peter Rimmer zeigte abschließend bekannte und neue Ansätze zur Manipulation der Darmmikrobiota bei der Behandlung entzündlicher Darmerkrankungen (IBD) per Faceal Microbiota Transplantation (FMT) auf.
Entwicklung, Erwerb und Veränderung des menschlichen Mikrobioms waren auch in diversen weiteren Sitzungen auf der EuroPerio 11 ein wichtiges Thema. So befasst sich die Session zur (oralen) Gesundheit von Frauen ebenfalls mit diesem Thema, vor allem mit Blick auf Schwangerschaft und Aufbau des eigenen Mikrobioms vom Säuglingsalter an.
Karen Nathan, Berlin