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Franz Maier, neuer Vorsitzender des Bundesverbands nachhaltige Zahnheilkunde, über die Positionen und Interessen der investorgeführten Betreibergesellschaften von Z-MVZ

Franz Maier, Vorsitzender des BNZK und CEO und Managing Partner der Acura Zahnärzte GmbH

(c) Acura

Anfang September 2022 wurde Franz Maier, CEO und Managing Partner der Acura Zahnärzte GmbH, einstimmig zum neuen Vorsitzenden des Bundesverbands für Nachhaltige Zahnheilkunde (BNZK) gewählt. Im Verband sind 14 Betreibergesellschaften organisiert. Sie repräsentieren 267 der ca. 375 deutschen zahnärztlichen investorengeführten Medizinischen Versorgungszentren (i-MVZ) und beschäftigen nach eigenen Angaben mehr als 1.000 Zahnärztinnen und Zahnärzte in ganz Deutschland. Im Gespräch mit Dr. Marion Marschall, Chefredakteurin Quintessence News, gibt Maier Auskunft zu den Plänen und Zielen des BKNZ unter seinem Vorsitz und zur Situation der investorengeführten zahnärztlichen MVZ.


Herr Maier, um den im Oktober 2018 gegründeten BNZK war es in den vergangenen drei Jahren recht ruhig geworden. Auf der Homepage waren die letzten eigenen Beiträge von 2019. Ihre Wahl und die Wahl eines neuen Vorstandsteams ist wohl auch als Signal für einen Aufbruch zu verstehen. Was sind Ihre ersten Schritte und Ziele als neuer Vorsitzender?

Franz Maier: Der BNZK hat während der Pandemie die Arbeit bewusst ruhen lassen – es gab auch ehrlich gesagt keinen Bedarf an aktiver Interessenvertretung. Das hat sich unter anderem durch die Aktivitäten der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen und der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung in den vergangenen Monaten und die dadurch entstandene Aufmerksamkeit in Politik und Medien natürlich geändert. Wir haben das zum Anlass genommen, den BNZK neu aufzustellen – inhaltlich und personell.

Unser erster Schritt war gleichzeitig ein Signal für die gesamte Branche, der demographischen Entwicklungen, den veränderten Erwartungen Rechnung zu tragen. Unser neuer Vorstand setzt sich aus drei Frauen und vier Männer zusammen. So oder mit einem noch größeren Frauenanteil wünschen wir uns auch die Vorstände der KZVen und Landeszahnärztekammern. Wir haben uns hier mit dem neuen Grundsatzpapier „Die Zukunft der Zahnmedizin ist weiblich“ klar positioniert. Die fünf Verfasserinnen, alle Mitglieder im BNZK, stellen sich alten KZV-Strukturen entgegen und machen konkrete Modernisierungsvorschläge.

Zudem haben wir mit Prof. Dr. Julius Haucap einen Monopolexperten beauftragt, sich den Behauptungen, wir würden mit unserem geringen Marktanteil Monopolstrukturen bilden, wissenschaftlich auseinanderzusetzen. Wir sind sehr gespannt auf die Ergebnisse.
 

Für die investorengeführten Kliniken und MVZ im ärztlichen und zahnärztlichen Bereich gab es in den vergangenen Monaten auch aufgrund von Medienberichten mehr Aufmerksamkeit, gerade in der Dialyse und Augenheilkunde wurde von Monopolstrukturen berichtet. Aber auch über die i-MVZ wurde kritisch berichtet. Die Gesundheitsministerkonferenz der Länder hat daraufhin das Bundesgesundheitsministerium aufgefordert, gesetzliche Regelungen einzubringen, mit denen die Aktivitäten von Fremdinvestoren im Gesundheitswesen begrenzt werden sollten. Ist das auch ein Grund für die Wiederbelebung des Verbands? Als Lobbyverband hier auf der politischen Bühne mitspielen zu können?

Maier: Ja natürlich, denn genau dafür ist der BNZK 2018 gegründet worden und dafür ist der Verband nun mit neuem Vorstand angetreten. Die ersten erfolgreichen Gespräche haben wir bereits geführt. Diese machen uns Mut, dass Bedeutung unserer MVZ für die Versorgung mit der Fortführung bedeutender Praxen im Rahmen der Praxisübergabe, zur Schaffung von attraktiven Arbeitsplätzen gerade auch in Teilzeitmodellen und generell für eine moderne Patientenversorgung mit bestens ausgestatteten Praxen verstanden wird. Wir leisten mit unseren privaten Geldern einen wichtigen Beitrag für eine moderne, gut finanzierte Zahnmedizin in Deutschland.

Neutrale Ombudsperson als Anlaufstelle für Beschwerden

Unter den Forderungen, die aus Ärzte- und Zahnärzteschaft, aber auch aus der Politik kommen, stehen ein Transparenzregister und klare Angaben zur Eigentümerschaft einer Praxis weit oben. Patientinnen und Patienten sollen leicht erkennen können, ob sie es mit einer ärztlich/zahnärztlich privat geführten Praxis zu tun haben oder ob dahinter ein Unternehmen/ein Investor steckt. Was spricht aus Ihrer Sicht dagegen, das transparent zu handhaben?

Maier: Gar nichts – ganz im Gegenteil: Wir stehen für Transparenz und sind gern Beispiel für die gesamte Branche. Besonders würden wir uns wünschen, wenn auch die weiteren an der Zahnmedizin beteiligten Akteure sich unserer Forderung nach einer neutralen Ombudsperson als Anlaufstelle für Beschwerden anschließen würden.
 

Auf der Homepage des BNZK stehen viele Bekenntnisse, unter anderem eines zur Qualität. In der Pressemeldung zu ihrer Wahl steht, die Mitgliedsunternehmen des BNZK seien „die Treiber für Qualität im Sinne der Patienten, Digitalisierung und Gleichberechtigung von Frauen und Männern im Bereich der Zahnmedizin“. Die investorengeführten MVZ seien ein „wesentlicher Fortschrittsfaktor für die Zahnmedizin in Deutschland“. Wie begründen Sie diese doch recht vollmundigen Aussagen? Der Vorwurf aus der Standespolitik heißt ja, dass sich i-MVZ auf die lukrativen Regionen beschränken und zur Versorgung in der Fläche und/oder sogenannter vulnerabler Patientengruppen nur wenig beitragen.

Maier: Investoren in MVZ-Praxen übernehmen in der Regel bestehende Praxen und sichern so deren Fortbestand, am gleichen Ort, mit den gleichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und Patienten. Dabei holen sie zunächst meist aufgeschobene Modernisierungen der Praxisausstattung vom Wartezimmer bis zum Behandlungsstuhl nach. Der Vorwurf aus der Standespolitik ist deshalb irreführend. Er negiert nicht nur unser Engagement, sondern soll vor allem von den eigenen Versäumnissen ablenken: Von der mangelnden Repräsentanz von Frauen und der jüngeren Generation in ihren Gremien, vom Modernisierungsstau und der fehlenden Digitalisierung bei vielen – nicht allen! – gerade kleineren Einzel- und Zweierbehandlerpraxen. Das ist aus Sicht der Standesvertreter nachvollziehbar, aber nicht besonders ehrlich.

Was unsere eigenen Untersuchungen zeigen, ist, dass der Anteil an gesetzlich versicherten Patientinnen und Patienten nach dem Einstieg eines Investors deutlich ansteigt. Das ist nicht nur durch unsere in der Regel arbeitnehmerfreundlicheren, längeren Öffnungszeiten zu erklären, sondern auch damit, dass wir jedem Patienten die optimale Behandlung ermöglichen wollen.

Und – last but not least – faire Wettbewerbsbedingungen vorausgesetzt, würden unsere Mitglieder noch stärker auf dem Land investieren. Die Standesvertreter sollten also besser aktiv ihre eigenen Versäumnisse abarbeiten, anstatt abzulenken und den Fortschritt zu blockieren.
 

Gerne kommt auch aus dem Kreis der Betreiber von i-MVZ das Argument, vor allem junge Zahnärztinnen würden die Tätigkeit in Anstellung und Teilzeit in den MVZ bevorzugen. Schaut man auf die Ergebnisse von Erhebungen dazu – zum Beispiel die von der KZBV 2020 in Auftrag gegebenen Gutachten, ist die Zahl der Teilzeitstellen in allen MVZ insgesamt eher geringer als im Durchschnitt der Praxen und auch Frauen finden sich nicht in deutlich größerer Zahl unter den Angestellten. Zumindest bis vor zwei Jahren war der typische MVZ-Angestellte eher männlich und arbeitete Vollzeit. Ist das dann ein eher gefühlter Vorteil der MVZ? Gibt es dazu bei Ihrem Verband Zahlen oder beabsichtigen Sie, solche Daten zu den i-MVZ zu erheben?

Maier: Wir würden gerne die Quelle dieser Behauptung sehen. Wie Sie unserem Positionspapier „Die Zukunft der Zahnmedizin ist weiblich“ entnehmen können, machen wir in unseren Praxen ganz andere Erfahrungen und haben so einen vollkommen anderen Blick auf die Dinge. Das wollen wir in der Tat mit Zahlen untermauern und erstellen deswegen derzeit die „BNZK-Statistischen-Blätter“. Wir stellen dann den Behauptungen mancher Standespolitiker Transparenz und Qualität entgegen.

„Dass Druck auf unsere Behandler ausgeübt wird, ist schlicht nicht richtig“

Aus der Zahnärzteschaft wird immer wieder berichtet, dass angestellte Zahnärztinnen und Zahnärzte in – auch investorengeführten – MVZ mit Druck dazu angehalten werden, bei Patienten medizinisch nicht notwendige Leistungen durchzuführen beziehungsweise „zu verkaufen“, die mehr Umsatz bringen. Damit verstoßen sie am Ende gegen das zahnärztliche Berufsrecht. Sie betonen, dass die Mitglieder des BNZK als Treiber für Qualität im Sinne der Patienten stehen. Wie wollen Sie verhindern, dass in den MVZ Ihrer Mitglieder in solcher Form, die ja am Ende zum Schaden der Patienten ist, Druck auf die dort tätigen Zahnärztinnen und Zahnärzte ausgeübt wird?

Maier: Dass ein solcher Druck auf unsere Behandler ausgeübt wird, ist schlicht nicht richtig. Es gilt die gesetzliche Therapiefreiheit, was für uns eine wichtige, leicht verständliche Grundregel ist. Wir übernehmen erfolgreiche Praxen, um diese langfristig am gleichen Standort, mit den gleichen Mitarbeitern und Patienten fortzuführen. Deshalb sind wir rigoros in der eigenen Qualitätskontrolle. Die in der Presse bekannt gewordenen Verstöße betreffen deshalb auch gerade nicht die investorengeführten MVZ, sondern von einzelnen Zahnärzten geführte Praxen und MVZ, denen eine solche Kontrolle fehlt.

Deshalb setzen wir uns auch für die Einrichtung eines unabhängigen Ombudsmanns für Patientenbeschwerden ein.


Gibt es so etwas wie ein Leitbild für die Mitglieder Ihres Verbands – oder wird es eins geben?

Maier: Hier sprechen Sie einen wichtigen Punkt an: Wir haben uns als Vorstand gerade erst konstituiert. Einer der nächsten Schritte ist, unser Leitbild zu Papier zu bringen und dann auf der nächsten Mitgliederversammlung im März 2023 zu verabschieden.

„Transparenz ist uns wichtig“

Sie vertreten nach eigenen Angaben mit Ihrem Verband rund zwei Drittel der i-MVZ, deren Gesamtzahl sie mit ca. 375 angeben. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung zählt ähnlich viele, bei 1.400 Z-MVZ insgesamt. Wer gehört neben Acura, ZahnEins, AllDent und Patient21 noch dazu – beziehungsweise, wer gehört nicht dazu?

Maier: Transparenz ist uns wichtig: Unser Verband und unsere Mitglieder sind, wie es das Lobbyregister der Deutschen Bundestages erfordert, dort aufgelistet.

Natürlich würden wir uns wünschen, wenn alle investorenfinanzierten MVZ-Betreibergesellschaften bei uns Mitglied wären, aber anders als bei den freien Berufen gibt es keinen Zwang, sich von uns vertreten zu lassen. Für andere MVZ können wir daher nicht sprechen. Mit rund zwei Dritteln der i-MVZ vertritt der Verband aber schon heute einen substanziellen Teil der Branche.
 

Zahnarztpraxen stehen gerade mit Inflation, steigenden Energiekosten und Fachkräftemangel stark unter Druck. Diese Faktoren treffen ja auch die i-MVZ. Wie gehen Sie damit um?

Maier: Unsere Praxen und Betreibergesellschaften treffen all diese externen Faktoren natürlich auch. Anders als Einzel- oder Zweierbehandlerpraxen können wir diese aber sicherlich etwas besser auffangen, denn hinter uns stehen unsere Investoren und sichern langfristig Qualität im Sinne der Patienten und gute Arbeitsbedingungen auch in Krisenzeiten. Unsere Angestellten erleben dies als Vorteil.
 

Ältere Praxisinhaberinnen und -inhaber hoffen darauf, dass sie ihre Praxis ja immer noch teuer an einen Investor verkaufen können, wenn ihnen das alles zu viel wird. Ist das noch realistisch? Oder ist aus dem Verkäufermarkt von 2018/19 längst ein Käufermarkt geworden, bei dem die Betreiber sehr genau darauf schauen, was sie kaufen, und auch die Preise gerutscht sind?

Maier: Wir haben wohl als einziger Verband einen Überblick über den Praxenmarkt, weil wir uns natürlich im Rahmen der Wettbewerbsregeln über den Markt austauschen. Wir werden dazu im kommenden Jahr BNZK-Statistische-Daten herausgeben. Dem will ich heute nicht vorgreifen.

„Immer eine klare Minderheit der Praxen“

Wir erleben ja bereits Konzentrationsprozesse, Eigentümerwechsel und auch den Rückzug von Investoren aus dem deutschen Zahnarztmarkt. Auch der Zuwachs bei den i-MVZ ist eher moderat. So einfach scheint der Markt dann doch nicht zu sein. Vor einigen Jahren hieß es, bis 2025 könnten 10 Prozent der Zahnarztpraxen als MVZ von Investoren geführt werden, das wären rund 4.000 MVZ. Wie sieht Ihre Prognose aktuell aus?

Maier: Von wem auch immer diese Schätzung kommen mag – sie war immer viel zu optimistisch. Wir sehen in allen europäischen Ländern, dass i-MVZ zwar einen wichtigen Beitrag zur Versorgung leisten, aber immer eine klare Minderheit der Praxen darstellen. Wo immer auch der Anteil in der Zukunft liegen mag, ist reine Spekulation.
 

Investor ist offensichtlich nicht gleich Investor, gute Kenntnisse des – deutschen – Dentalmarkts und der zahnmedizinischen Versorgungslandschaft sind Voraussetzung für erfolgreiches Arbeiten. Daran scheint es bei einigen gehapert zu haben, Negativschlagzeilen und Fehlschlag inklusive. Aber noch immer steigen neue Investoren ein. Sie kennen den Dentalmarkt lange und gut – welche Fehler werden da aus Ihrer Sicht häufig gemacht?

Maier: Sie werden Verständnis dafür haben, dass ich als Vorsitzender des BNZK zu betriebswirtschaftlichen Erfolgen und Misserfolgen einzelner Betreibergesellschaften keine Stellung nehme. Grundsätzlich sind der Aufbau von Verwaltungsstrukturen und die digitale Transformation für jedes wachsende Unternehmen immer eine Herausforderung. Den einen gelingt dies besser, den anderen weniger gut.

Einige Vorurteile über den Politikbetrieb revidiert

Sie sind schon in der Lobbyarbeit sehr aktiv und haben sich dafür offiziell professionelle Unterstützung geholt. Wie sind Ihre Eindrücke aus den Begegnungen mit Politik und Ministerien?

Maier: Die KZVen haben eine sehr gute Basisarbeit zur Sensibilisierung der Politik auf das Thema „Beitrag der MVZ im Strukturwandel“ geleistet, wir finden auch deshalb offene Türen für unsere Anliegen vor. Dabei sind wir überrascht, wie interessiert man dort gegenüber unseren Argumenten ist. Ich persönlich muss konstatieren, dass ich inzwischen einige Vorurteile über den Politikbetrieb und Parteien revidieren musste. Das ist aber etwas, was die Basis für ein fortschrittsoffenes Denken ist. Dafür stehen mein Vorstandsteam und ich.

 

Reference: Wirtschaft Politik Praxis

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