Australische Wissenschaftler haben ein Bakterium entdeckt, das nahezu unbehandelbare Infektionen verursacht, berichtet das Ärzteblatt vom 6. September. In Proben aus 78 Einrichtungen in 10 Ländern – Deutschland eingeschlossen – fanden sie drei Varianten des multiresistenten Staphylococcus epidermidis (S. epidermidis). Die Ergebnisse wurden 2018 in Nature Microbiology publiziert.
Ursprünglich auf Australien beschränkt
Die Studie habe sich zunächst auf Australien beschränkt, sagte Ben Howden, Leiter der mikrobiologischen Diagnoseabteilung der Universität. Später habe sich herausgestellt, dass der Krankheitserreger in vielen Ländern weltweit zu finden sei: „Er scheint sich ausgebreitet zu haben.“ Ihre Resistenz gegen häufig verwendete Antibiotika wie Rifampicin erhielten die Bakterien durch rpoB-Mutationen. Diese Mutationen reduzierten aber auch die Empfindlichkeit für Glycopeptid-Antibiotika, Vancomycin und Teicoplanin. „Unsere Studie hat die bisher unbekannte internationale Ausbreitung eines nahezu panresistenten und opportunistischen Erregers aufgedeckt, der durch einen rifampicinresistenten Phänotyp identifizierbar ist“, verkünden die Studienautoren.
Normalerweise typisches Hautbakterium
S. epidermidis ist mit dem bekannteren und tödlicheren methicillinresistenten Staphylococcus aureus (MRSA) verwandt. Es kommt normalerweise auf menschlicher Haut vor und infiziert meist ältere Menschen oder Patienten, die prothetische Materialien implantiert bekommen haben. Noch ist über den Erreger, der für viele Krankenhausaufenthalte sorgt, weit weniger bekannt als über MRSA. Resistenzentwicklungen in der Gruppe der koagulasenegativen Staphylokokken (KNS), zu der auch S. epidermidis gehört, hätten in der öffentlichen Wahrnehmung aber auch in krankenhaushygienischen Überwachungen nicht den gleichen Stellenwert wie MRSA erhalten, weiß auch Jan Rupp, Direktor der Klinik für Infektiologie und Mikrobiologie an der Universität zu Lübeck.
Deutschlandweit ähnliche Entwicklungen
„Dabei lassen sich bei den Resistenztestungen von KNS bundesweit ähnliche Entwicklungen beobachten wie jetzt in der Nature-Microbiology-Studie geschildert“, erklärt der Experte der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie (DGI). Allerdings fehlen bislang umfassende systematische Analysen zur Verbreitung und dem genetischen Hintergrund von mehrfach resistenten KNS in Deutschland.
Rupp hebt vor allem die Bedeutung des Keims bei Katheter- und Prothesen-assoziierten Infektionen hervor und weist auf die limitierte Anzahl antimikrobieller Substanzen hin, die für eine Kombinationstherapie noch infrage kommen. Die Entstehung panresistenter Erreger war zuletzt insbesondere ein Problem bei gramnegativen Erregern (4MRGN). „Es verdeutlicht aber einmal mehr, dass gerade bei opportunistischen Keimen, die auch als physiologische Flora auf der Haut gesunder Menschen vorkommen, jede Antibiotikagabe, auch in jungen Lebensjahren, wohl überlegt sein muss.“