0,00 €
Zum Warenkorb
  • Quintessence Publishing Deutschland
Filter
1190 Views

Durchbruch in der Erforschung gefürchteter Krankheitserreger – bislang unbekanntes Protein in einer Schlüsselrolle

Forscherinnen und Forschern der Universität Tübingen und des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) ist laut Pressemeldung auf IDW online ein Durchbruch bei der Entschlüsselung multiresistenter Krankheitskeime gelungen. Das Team um Prof. Andreas Peschel und Prof. Thilo Stehle konnte Struktur und Funktion eines bislang unbekannten Proteins aufklären, mit dessen Hilfe sich gefürchtete Erreger wie Staphylococcus aureus gegenüber dem menschlichen Immunsystem wie mit einer Tarnkappe schützen. Die Studie wurde im Fachmagazin Nature veröffentlicht.

Weltweite Todesfälle

Infektionen durch Bakterien wie Staphylococcus aureus verursachen weltweit zahlreiche Todesfälle. In Krankenhäusern gefürchtet sind vor allem die gegen das Antibiotikum Methicillin resistenten Staphylococcus aureus-Stämme, kurz MRSA genannt. Nach einer Anfang November veröffentlichten Untersuchung gab es allein im Jahr 2015 in der EU rund 670.000 Erkrankungen durch multiresistente Erreger. 33.000 Patienten starben.

In aller Regel kommt unser Immunsystem mit Krankheitserregern wie Bakterien oder Viren gut zurecht. Bei manchen Keimen aber versagen die Abwehrstrategien des menschlichen Körpers, besonders bei immungeschwächten Patienten. Antibiotika sind gegen resistente Erreger leider wirkungslos. Effektive Ersatzantibiotika und ein protektiver Impfstoff gegen MRSA sind bislang nicht in Sicht. Ein genaues Verständnis der Abwehrmechanismen könnte neue Therapien gegen die Bakterien ermöglichen.

Ein Protein verändert Muster von Zuckermolekülen

Forscherinnen und Forscher der Universität Tübingen haben nun beschrieben, wie sich MRSA-Keime für das Immunsystem unsichtbar machen. Sie konnten zeigen, dass viele der besonders häufigen MRSA-Keime ein bislang unbekanntes Protein erworben haben, das dazu führt, dass die Erreger nicht mehr durch Antikörper des Immunsystems erkannt werden. Die Tübinger Wissenschaftler gaben dem Protein den Namen TarP (kurz für teichoic acid ribitol P).

„TarP verändert das Muster von Zuckermolekülen auf der Erregeroberfläche auf eine bislang unbekannte Weise“, erklärte Profes Peschel vom Interfakultären Institut für Mikrobiologie und Infektionsmedizin der Universität Tübingen. „Dies führt dazu, dass das Immunsystem keine Antikörper gegen das wichtigste MRSA-Antigen, die Teichonsäure, bilden kann.“ Das Immunsystem werde so nicht nur „blind“ – es verliere auch die wichtigste Waffe gegen den Erreger.

Von Phagen umprogrammiert

Die Tübinger Forscher gehen davon aus, dass die bakterielle Tarnkappe das Ergebnis einer Auseinandersetzung zwischen den Krankheitserregern und ihren natürlichen Feinden, den sogenannten Phagen, ist. Als Bakteriophagen wird eine Klasse von Viren bezeichnet, die Bakterien befällt, diese als Wirtszelle nutzt und sich von ihnen ernährt. Im vorliegenden Fall haben Phagen offenbar ihren Wirt mit Hilfe des TarP-Proteins umprogrammiert und so die Oberfläche des Bakteriums verändert.

Ansatz: TarP blockieren

Den Erstautoren der Arbeit, David Gerlach und Yinglan Guo, gelang es, den Mechanismus und die Struktur von TarP genau aufzuklären. „Wir verstehen jetzt detailliert, wie das Protein auf der molekularen Ebene als Enzym funktioniert“, sagte Gerlach. Die Struktur-Funktionsanalyse von TarP bilde eine exzellente Basis, um neue Wirkstoffe zu entwickeln, die TarP blockieren und die Erreger wieder für das Immunsystem erkennbar machen. Besonders wichtig für den Erfolg dieser Arbeiten war ein interdisziplinärer Ansatz, an dem auch weitere Wissenschaftler aus Dänemark, Deutschland, Großbritannien, Italien, den Niederlanden und Südkorea beteiligt waren.

Überraschende Entdeckung

„Die Entdeckung von TarP kam für uns völlig überraschend. Sie erklärt sehr gut, warum das Immunsystem oft keine Chance gegen MRSA hat“, so Stehle vom Interfakultären Institut für Biochemie. „Die nun vorliegenden Ergebnisse werden uns helfen, bessere Therapien und Impfstoffe gegen die Erreger zu entwickeln.“ Peschel verwies auf den kürzlich bewilligten Tübinger Exzellenzcluster „Controlling Microbes to Fight Infections“ und die enge Einbindung in das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung: „Diese hervorragende Vernetzung wird uns helfen, die Erforschung von MRSA und von TarP weiter voranzutreiben.“

MRSA-Bakterien (Staphylococcus aureus) machen sich mit Hilfe eines Proteins unsichtbar für das Immunsystem. Bild: Fotolia/crevis
Reference: Universität Tübingen Bunte Welt

AdBlocker active! Please take a moment ...

Our systems reports that you are using an active AdBlocker software, which blocks all page content to be loaded.

Fair is fair: Our industry partners provide a major input to the development of this news site with their advertisements. You will find a clear number of these ads at the homepage and on the single article pages.

Please put www.quintessence-publishing.com on your „adblocker whitelist“ or deactivate your ad blocker software. Thanks.

More news

  
4. Jun 2025

Klinikspende für humanitäre Aktion: Zweites Leben für altes Klinikinventar

Dentale Netzwerker im Großeinsatz bei Räumung einer Klinik – vier LKW mit Hilfsgütern für die Ukraine gepackt
3. Jun 2025

Theater unter Druck: „Mehr Zahlen, mehr Projekte, mehr Unsicherheit“

„ladies dental talk“ zum 11. Mal in Berlin: Am 2. Juli 2025 mit der Talkgästin Karla Mäder, Leitende Dramaturgin am Deutschen Theater Berlin
30. May 2025

Einweg-Vapes: süß und bunt – aber nicht harmlos!

Zum Weltnichtrauchertag am 31. Mai informiert das Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit über gesundheitliche Risiken von Einweg-Vapes und anderen Nikotinprodukten
8. May 2025

So könnte die Ernährung der Zukunft aussehen

Fraunhofer Leitprojekt „FutureProteins“ gewinnt im Indoor-Anbau Proteine und Rohstoffe aus Pflanzen, Pilzen und Algen
7. May 2025

„Wir können zeigen, wie großartig Düsseldorf ist“

„ladies dental talk“ zum 22. Mal in Düsseldorf: Am 21. Mai 2025 mit der Talkgästin Claudia Monréal, Moderatorin bei Antenne Düsseldorf
7. May 2025

Immer mehr Hochbetagte im Krankenhaus

Krankenhausreport 2025 zeigt: Kliniken sind auf steigende Anzahl pflegeintensiver Patienten nicht vorbereitet
7. May 2025

Dentalstudio Sankt Augustin erhält Green Dental Award 2025

Auszeichnung für umfassendes, ressourcenschonendes Nachhaltigkeitskonzept beim Laborneubau
6. May 2025

Weniger Krebs durch umweltfreundliche Ernährung

Aktuelle Studie und Metaanalyse zeigen Zusammenhang zwischen nachhaltigen Ernährungsweisen und Krebsrisiko