0,00 €
Zum Warenkorb
  • Quintessence Publishing Deutschland
Filter
114 Views

Neue Erkenntnisse zur Entstehung und Entwicklung stressbedingter Erkrankungen

Die medizinische technische Assistentin Inge Reck (vorn) aus dem Team von Dr. Heike Weber (hinten) pipettiert eine PCR (Polymerase-Kettenreaktion). Bei der PCR werden kurze genau definierte Genregionen vermehrt. Das PCR-Produkt wird in den Massenspektrometer gelegt, auf einen Chip gespottet, mittels Laser ionisiert und in einem elektrischen Feld beschleunigt. Der Genotyp wird über die Masse anhand der Fluggeschwindigkeit bestimmt.

(c) Kirstin Linkamp/UKW

Das Erleben oder Beobachten eines traumatischen Ereignisses wie etwa ein schwerer Unfall, eine Naturkatastrophe, der Verlust eines geliebten Menschen oder Krieg und Gewalt kann der Seele eine große Verletzung zufügen. Die Symptome dieser sogenannten posttraumatischen Belastungsstörung, kurz PTBS, können unmittelbar nach dem traumatischen Ereignis auftreten oder erst Monate oder sogar Jahre später beginnen und das tägliche Leben erheblich beeinträchtigen.

Im Lauf ihres Lebens erkranken knapp acht Prozent aller Menschen an einer PTBS, wobei Frauen häufiger betroffen sind als Männer. Es gibt jedoch gute Aussichten auf Heilung. „Je eher eine PTBS professionell psychotherapeutisch behandelt wird, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, den Alltag wieder normal gestalten zu können“, sagt Prof. Dr. Jürgen Deckert, Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie am Uniklinikum Würzburg (UKW), die einen ihrer Schwerpunkte auf die Erforschung und Behandlung von PTBS gelegt hat. Erst kürzlich war Deckerts Team an der Veröffentlichung neuer Erkenntnisse beteiligt, die das Verständnis der biologischen Grundlagen von PTBS verbessern und neue Wege für zukünftige Forschungsprojekte und neue Behandlungsmöglichkeiten eröffnen.

Veranlagung entscheidet über Entwicklung

In der im Journal Nature Genetics veröffentlichten Studie analysierte die Mitglieder des Würzburger Zentrums für Psychische Gesundheit (ZEP) mit Kooperationspartnern aus dem ehemaligen Jugoslawien die genetischen Merkmale von PTBS. „Veranlagungsfaktoren können die Menschen resilienter oder vulnerabler gegenüber Extremerfahrungen machen“, erläutert Deckert. „Nicht alle entwickeln nach einem traumatischen Ereignis eine Posttraumatische Belastungsstörung.“

Insgesamt wurden die Daten von mehr als 1,2 Millionen Menschen unterschiedlicher Herkunft analysiert. „Wir haben 43 Gene identifiziert, die das Risiko erhöhen, nach einem Trauma eine Posttraumatische Belastungsstörung zu entwickeln“, berichtet PD Dr. Heike Weber. Die Biologin hatte in einer Kohorte aus Kriegsgebieten in Südosteuropa (SEE-PTBS-Kohorte) den relativen Beitrag genetischer Faktoren im Vergleich zur Schwere des Traumas und Bewältigungsstrategien untersucht. Demnach sind diese 43 Gene hauptsächlich für die Regulation von Nervenzellen und Synapsen, die Entwicklung des Gehirns, die Struktur und Funktion von Synapsen sowie für hormonelle und immunologische Prozesse zuständig. Weitere wichtige Gene beeinflussen Stress- und Angst- und Bedrohungsprozesse, von denen man annimmt, dass sie der Neurobiologie der PTBS zugrunde liegen.

Originalveröffentlichung:
Nikolaos P. Daskalakis et al. Systems biology dissection of PTSD and MDD across brain regions, cell types, and blood. Science 384,eadh 3707 (2024). DOI: 10.1126/science.adh3707

In einer weiteren Studie wurden die molekularen Ursachen von PTBS und Depressionen untersucht. Beide stressbedingten Störungen entstehen durch das Zusammenspiel von genetischer Anfälligkeit und Stressbelastung, die nach und nach zu Veränderungen im menschlichen Genom führen, die die Expression von Genen und Proteinen beeinflussen. Die Forschenden fanden die meisten Krankheitssignale im medialen präfrontalen Kortex (mPFC). Sie betreffen das Immunsystem, die Regulierung von Nervenzellen und von Stresshormonen.

Fazit: Die Ergebnisse zeigen gemeinsame und unterschiedliche molekulare Störungen im Gehirn bei PTBS und Depression, sie klären die Beteiligung spezifischer Zelltypen auf, ebnen den Weg für die Entwicklung blutbasierter Biomarker und unterscheiden zwischen Risiko- und Krankheitsprozessen. Das heißt: Die Erkenntnisse weisen auf stressbedingte Signalwege hin und liefern Hinweise auf neue therapeutische Ansätze in Ergänzung der bisherigen psychotherapeutischen Interventionen.

Reference: Bunte Welt Menschen

AdBlocker active! Please take a moment ...

Our systems reports that you are using an active AdBlocker software, which blocks all page content to be loaded.

Fair is fair: Our industry partners provide a major input to the development of this news site with their advertisements. You will find a clear number of these ads at the homepage and on the single article pages.

Please put www.quintessence-publishing.com on your „adblocker whitelist“ or deactivate your ad blocker software. Thanks.

More news

  
28. Jun 2024

Späte Diagnose liegt vor allem an fehlenden Daten

BVMed-Veranstaltung zur Frauengesundheit: Vernetzung stärken und Versorgungsforschung fördern
27. Jun 2024

Beitrag zur Feier für schwer kranke und beeinträchtigte Kinder

Henry Schein Dental hat zum Internationalen Kindertag das Fest „Festa e Fëmijëve“ im Kosovo unterstützt
26. Jun 2024

Bessere Möglichkeiten für lebenslanges Lernen schaffen

DIE zur „Bildung in Deutschland 2024“: Es besteht weiterhin bildungspolitischer Handlungsbedarf
25. Jun 2024

Kündigung ohne Abmahnung

RA Alexander Bredereck erklärt, warum es auch auf die Dauer der Beschäftigung und das Verhalten ankommt
21. Jun 2024

Kostenfallen im Sommerurlaub vermeiden

Tipps von Stiftung Warentest: Mit diesen Einstellungen, Datenpaketen und Sim-Karten die Handykosten senken
19. Jun 2024

Prokrastinieren – warum wir Unangenehmes gerne aufschieben

Max-Planck-Institut: Verständnis des Aufschiebens kann helfen, Produktivität wiederzuerlangen
19. Jun 2024

Teilzeitbeschäftigung liegt auf Rekordniveau

IAB: Jeder einzelne hat noch nie so wenig gearbeitet, aber alle gemeinsam noch nie so viel
18. Jun 2024

Fehlernährung bei Kindern und Jugendlichen bekämpfen

Offener Brief an Olaf Scholz: Schutz der Kinder vor ungesunder Lebensmittelwerbung jetzt gesetzlich verankern