Die Nahrungsergänzung mit Vitamin D verhindert keine Frakturen oder Stürze, und sie verbessert auch die Knochenmineraldichte bei Erwachsenen nicht. Das berichten Wissenschaftler um Mark Bolland von der University of Auckland, Neuseeland, nach einer Metaanalyse mit Daten aus 81 randomisierten kontrollierten Studien, so eine Meldung im Deutschen Ärzteblatt vom 8. Oktober.
Die Forscher fanden keine Unterschiede in der Wirkung von höheren und niedrigeren Dosen von Vitamin D. Ihre Auswertung wurde in der Zeitschrift The Lancet Diabetes & Endocrinology veröffentlicht (doi: 10.1016/S2213-8587(18)30265-1).
Evidenzbasis wurde verdoppelt
Vitamin-D-Ergänzungen werden seit Langem älteren Menschen zur Behandlung oder Vorbeugung von Osteoporose empfohlen. „Seit der letzten großen Überprüfung der Evidenz in 2014 wurden mehr als 30 randomisierte kontrollierte Studien zu Vitamin D und Knochengesundheit veröffentlicht, was die verfügbare Evidenzbasis fast verdoppelt hat. Unsere Metaanalyse zeigt, dass Vitamin D Frakturen oder Stürze nicht verhindert, egal ob bei hoher oder niedriger Dosis“, so Bolland.
Er kommt daher zu dem Schluss, „dass es wenig Gründe gibt, Vitamin-D-Präparate zur Erhaltung oder Verbesserung der Gesundheit des Bewegungsapparates zu verwenden“. Eine Ausnahme gelte für die Prävention seltener Erkrankungen wie Rachitis und Osteomalazie in Hochrisikogruppen.
Sturzdaten unterschiedlich erhoben
Die Autoren stellen fest, dass die Daten für Stürze in verschiedenen Studien unterschiedlich erhoben wurden, was sich auf die Studienergebnisse auswirken könnte. Sie merken zum Beispiel an, dass kleinere Studien mit kürzerer Dauer tendenziell eine stärkere Wirkung von Vitamin D fanden als größere Studien mit längerer Dauer.
In Analysen zur Knochendichte gab es laut der Arbeit kleine Unterschiede für die Lendenwirbelsäule, den Oberschenkelhals und den gesamten Körper, aber keine davon war laut den Autoren klinisch relevant. Darüber hinaus führten die Autoren mehr als 60 Untergruppenanalysen durch, um ihre Ergebnisse zu überprüfen. Die Wissenschaftler fordern nun, klinische Richtlinien, die weiterhin eine Vitamin-D-Supplementierung für die Knochengesundheit empfehlen, zu ändern, „um die besten verfügbaren Erkenntnisse widerzuspiegeln“.
Vitamin D ist kein Allheilmittel
„Viele Patienten (und Ärzte) wurden von verschiedenen Studien und sozialen Medien überzeugt, dass Vitamin D ein Allheilmittel ist. Dieses Denken erinnert an den Eifer, der vor Jahren den weit verbreiteten Einsatz von Vitamin A, Vitamin C und Vitamin E unterstützte“, schreibt Chris Gallagher vom Creighton University Medical Centre, Omaha, USA, in einem Kommentar zu der Metaanalyse in der gleichen Zeitschrift [doi: 10.1016/S2213-8587(18)30269-9].
Zwar gebe es weiterhin offene Fragen „und schon jetzt kann ich die glühenden Unterstützer hören – was ist mit den extraskelettalen Vorteilen von Vitamin D?“, schreibt Gallagher. Er weist darauf hin, dass es derzeit etwa 100.000 Teilnehmer gebe, die an randomisierten, placebokontrollierten Studien zur Vitamin-D-Ergänzung teilnähmen. „Ich freue mich auf diese Studien, die uns das letzte Wort über Vitamin D geben werden“, so der Wissenschaftler.
Bewegung wichtiger als Pillen
Diese Studie bestätigt auch eine aktuelle Übersichtsstudie, die belegt, dass Nahrungsergänzungsmittel wie Vitamine und Mineralstoffe nicht das Risiko für Herzinfarkte oder Schlaganfälle senken. Vielmehr kann hier Bewegung und eine gesunde Ernährung bewirken. Eine andere Studie zeigt sogar einen statistisch signifikanten positiven Einfluss von Balance- und Kraftübungen auf die Knochenqualität und eine verringerte Sturzgefahr bei Senioren.