WissenschaftPages 278-287, Language: GermanHentgen, Vera / Stoilov, Milan / Stark, Helmut / Weigl, MatthiasEinführung: In der zahnmedizinischen Versorgung ist die Identifikation unerwünschter Ereignisse eine zentrale Maßnahme zur Verbesserung der Patientensicherheit. Doch im deutschsprachigen Raum gibt es dafür bislang kein geeignetes Instrument. Das Ziel der Studie waren die Entwicklung und der Einsatz eines Screening-Fragebogens zu unerwünschten Ereignissen aus Sicht der Behandelnden.
Material und Methode: In einem zweistufigen sowie Mehr-Methoden-Design wurden halbstandardisierte Interviews wie auch eine standardisierte Befragung durchgeführt. Dazu wurde auf der Basis eines etablierten Klassifikationssystems aus den USA eine verkürzte Liste von unerwünschten Ereignissen in der zahnmedizinischen Versorgung extrahiert und durch Behandelnde validiert. In einer Onlinebefragung einer Gelegenheitsstichprobe von Zahnärzten aus Deutschland wurden Häufigkeit und Schweregrade bewertet.
Ergebnisse: Auf der Basis von acht halbstandardisierten Interviews wurden 15 maßgebliche unerwünschte Ereignisse zusammengetragen, die daraufhin von 73 Befragten bewertet wurden. Geringe Häufigkeiten wurden berichtet für Verschlucken eines Fremdkörpers (72,6 % mit „nie“), die Fraktur nach Extraktion (57,5 %) sowie die Synkope (56,2 %). Häufige unerwünschte Ereignisse waren Zahnschmerzen (13,7 % mit „immer“), Zahnfleischschmerzen (11 %) und Würgereiz (4,1 %). Geringste Schweregrade wurden Reaktionen an der Injektionsstelle (87,8 %), der Synkope (87,5 %) und dem Würgereiz (86,6 %) zugewiesen. Dagegen wurden tendenziell höhere Schweregrade bei Perforation eines Zahns, bei Feilenbruch und iatrogener Eröffnung der Pulpa berichtet. Zusammenhänge mit soziodemografischen und Kontextvariablen der Behandelnden waren inkonsistent.
Diskussion: Die Screening-Studie diente der Entwicklung und erstmaligen Erprobung eines Kurzfragebogens zu maßgeblichen unerwünschten Ereignissen in der zahnmedizinischen Routineversorgung in Deutschland. Ungeachtet vieler Limitationen können die Ergebnisse und die erprobte Methode für zukünftige Studien zur Versorgung von Patienten in Deutschland herangezogen werden.
Schlussfolgerung: Vor dem Hintergrund des bisherigen Mangels an verlässlichen Daten aus Deutschland zu der Frage, wie häufig Patienten in der zahnärztlichen Versorgung von unerwünschten Ereignissen betroffen sind, stellt diese Untersuchung eine erste Pilotierung eines an das deutschsprachige Versorgungsgeschehen angepassten Erhebungsinstruments vor.
Keywords: Fehler, Klassifikation, Patientensicherheit, Schaden, unerwünschtes Ereignis, Zahnmedizin