3-D-Druck ist spätestens seit der IDS 2015 auch in der Zahntechnik ein wichtiger Trend. Aber nicht jeder Trend führt auch zum Erfolg. Zur generativen Fertigung – dies ist die eigentlich korrektere Bezeichnung für das Verfahren – gehören mehrere Komponenten. Zunächst muss man sich für einen Drucker entscheiden. Die meisten, an die der Zahntechniker hier denkt, sind klein, nicht horrend teuer und arbeiten mit lichthärtenden Harzen.7 Ohne eine vollständige Liste oder eine Wertung zu bieten, seien hier der Varseo-Drucker von Bego (Bremen), die Sheraeco-print-Reihe von Shera (Lemförde), baugleich mit den D30 und D40 von RapidShape (Heimsheim), die pro3dure-fab-Reihe von Dentona (Dortmund), baugleich mit den Printern von Kevvox (Singapur), der LukaPrint von Lukadent (Schwieberdingen), die Objet30 und Objet260 von Stratasys (Eden Prairie, MN, USA) sowie Xtreme, Xcede, Ultra und andere von EnvisionTEC (Gladbeck) genannt.
Die meisten dieser Drucker arbeiten nach dem DLP-Verfahren (DLP = Digital Light Processing). Dieses ist zwar sehr schnell, da stets eine ganze Fläche belichtet wird und nicht, wie bei der klassischen Stereolithographie, punktweise belichtet wird. Es gibt aber auch Schwächen des Verfahrens: zum einen werden die Bauteile an der Bauplattform hängend ausgehärtet und die neueste Schicht muss stets vom Boden abgelöst werden. Dabei treten Kräfte auf, die zu Baufehlern führen können. Zum anderen sind die Baufeldgröße und die Auflösung bei diesem Verfahren begrenzt. Ein größeres Baufeld kann nur mit einem Verlust an Genauigkeit erkauft werden. Doch für den Bedarf eines Labors ist das Baufeld in der Regel ausreichend. Dienstleister, z. B. für den Druck von Modellen, können Drucker mit größerem Baufeld und anderen Verfahren wie die Maschinen der Firma Prodways (Les Mureaux, Frankreich) nutzen.
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Die lichthärtenden Materialien, die auf kleineren, labortauglichen Druckern eingesetzt werden, sollen im vorliegenden Artikel einmal näher betrachtet werden, denn sie sind der zweite Baustein. Der dritte und letzte ist der Prozess, der neben dem Drucken auch die Reinigung und Nachhärtung der Produkte umfasst.
Wozu möchte der Zahntechniker den 3-D-Drucker, für den er ja immerhin einige Tausend, wenn nicht gar Zehntausend Euro in die Hand genommen hat, eigentlich nutzen? Und was muss das Harz leisten? Nun, wenn man genau hinschaut, sind die Anforderungen an die verschiedenen Anwendungsgebiete recht unterschiedlich. Darum bieten die Hersteller jeweils ein ganzes Sortiment von Harzen an, für Modelle, gegebenenfalls sogar mit herausnehmbarem Zahnfleischimitat, für ausbrennbare Gussmodelle, für Bohrschablonen und Aufbissschienen aller Art, für individuelle Abformlöffel, für temporären Zahnersatz und sogar für Prothesenbasen.
Als erstes muss hier zwischen Medizinprodukten3 und Labormaterialien unterschieden werden: Als Medizinprodukte werden im Falle der individualisierten Produkte die Materialien geprüft und zugelassen. Hier finden sich die einschlägigen Regularien im Medizinproduktegesetz und der Medizinprodukteverordnung. Von den obengenannten Anwendungsfällen sind nur die ersten zwei Laborprodukte.
Medizinprodukte müssen sicher für den Patienten sein. Dafür sind klinische Anwendbarkeit und Biokompatibilität gefordert. Letztere ist jedoch keine Materialeigenschaft. Der richtige Verarbeitungsprozess ist hier ebenso wichtig, wie die ausgelobte Anwendung. Denn Biokompatibilität beruht auf der Wechselwirkung zwischen Material und Organismus. Schon ein Blick auf die Flasche, in der das Harz geliefert wird, zeigt, dass es so nicht ungefährlich ist. Dort finden sich verschiedene Warnhinweise. Ein Ausrufungszeichen warnt vor allgemeinen Gesundheitsgefahren wie Haut- und Augenreizungen oder allergischen Reaktionen. Manche Materialien sind aber auch noch als umweltgefährdend, ätzend oder gar als gesundheitsschädlich gekennzeichnet. Im Sicherheitsdatenblatt2 sollten die Gefahren beschrieben und Schutzmaßnahmen empfohlen werden. All diese Gefahren sind einzelnen Komponenten (meist Monomeren, Oligomeren, Initiatoren und Additiven) geschuldet. Sie sollen im Sicherheitsdatenblatt explizit genannt werden.
Erst wenn die Rohstoffe durch die Bestrahlung weitestgehend zu einem Polymer, also Kunststoff, reagiert haben, sind sie ungefährlich. Um das sicherzustellen, wird das Material zusammen mit einem Prozess zugelassen. Dieser stellt auch die mechanischen Eigenschaften sicher, die für die klinische Anwendbarkeit notwendig sind. Er wird in der Gebrauchsanweisung beschrieben. Möchte der Zahntechniker, aus welchen Gründen auch immer, von diesem Prozess abweichen, muss er selbst sicherstellen, dass sein Prozess ebenfalls zu einem sicheren Produkt führt. Wenn nun einige Hersteller für verschiedene Materialien nur ein Sicherheitsdatenblatt zur Verfügung stellen, in der Gebrauchsanweisung aber weitere Gefährdungen aufführen, entspricht das nicht der Intention des Gesetzgebers, höchstmögliche Arbeitssicherheit zu gewährleisten.
Nachfolgend werden die einzelnen Anwendungsfälle dargestellt und erläutert, welche Eigenschaften das Material nach der Verarbeitung erreichen muss.
Zahntechnische Modelle
Ein gedrucktes Modell (Abb. 1) muss dieselben Funktionalitäten erbringen, wie ein herkömmliches Gipsmodell: Es muss die Mundsituation des Patienten mit hoher Genauigkeit abbilden. Je nachdem, wozu das Modell nun angewandt wird, muss es vielleicht auch noch den Temperaturen beim Tiefziehen einer Schiene standhalten. Manche Modelle für Kronen und Brücken enthalten herausnehmbare Einzelzähne. Diese werden einzeln gedruckt, müssen für die Anwendung aber sehr exakt platziert werden. Diese Exaktheit ergibt sich vor allem aus der Qualität des Druckers. Doch leisten auch die Viskosität und die Reaktivität des Harzes, ebenso wie der Druckprozess einen Beitrag. Neben der Präzision und gegebenenfalls der Temperaturbeständigkeit gibt es eigentlich keine höheren Anforderungen. Die Farbe ist für manche Anwender von Bedeutung. Meist liegt sie zwischen Elfenbein- und hellen Beigetönen, aber auch graue Materialien finden sich. Wichtig ist eine ausreichende Opazität, um Details der Oberfläche klar erkennen zu können.
Shera unterscheidet zwischen einem Material für schnell druckbare KFO-Modelle (Sheraprint model fast) und einem anderen für ästhetisch anspruchsvolle Arbeiten (Sheraprint model plus). Die beiden Materialien unterscheiden sich auch in ihrer Zusammensetzung von einander. Ähnlich ist es bei den zwei Modellmaterialien von NextDent, NextDent Model und NextDent Model Ortho. Hier ist das letztere Material weniger genau und wird vor allem für Vakuumgussanwendungen empfohlen. Dreve bietet ebenfalls zwei Harze an. Allerdings liegt der Unterschied hier in einem anderen Bereich: Eines ist für Drucker optimiert, die mit Licht der Wellenlänge 405 nm arbeiten, das andere härtet bei Licht der Wellenlänge 365 nm.
Zahnfleischimitate
Ein Zahnfleischimitat für ein zahntechnisches Modell (Abb. 2), auch Gingivamaske genannt, soll das Zahnfleisch bestmöglich imitieren. Dazu muss es nicht nur eine vergleichbare Elastizität aufweisen, sondern sollte auch beschneidbar sein. Um die Eingliederung von Zähnen zu gewährleisten, muss es eine gute Reißfestigkeit, aber auch eine ausreichende Weiterreißfestigkeit aufweisen. Das sind zwei durchaus unterschiedliche Eigenschaften: Die Reißfestigkeit oder Reißdehnung wird in Prozent angegeben und bezeichnet den Grad der Dehnung, bei dem das Material zu reißen beginnt. Die Weiterreißfestigkeit ist hingegen die Kraft, die pro Fläche benötigt wird, um eine gekerbte Probe weiter zu zerstören. Die Reißdehnung wird benötigt, um das Material zu dehnen, damit ein Zahn eingegliedert werden kann und fest in der Öffnung sitzt. Wenn das Material aber einen Riss bekommt, so ist es die Weiterreißfestigkeit, die verhindert, dass die Gingivamaske ganz durchreißt. Nachdem für den Druck von Dentalmodellen mit Modellzähnen und Modellgingiva der Dreve ProDiMed GmbH ein Patent5 erteilt wurde (EP2499990, US8506297 und JP2012196456), ist es erforderlich, hierfür eine Lizenz einzuholen. Wenn man das Material von Dreve einsetzt, ist die Zustimmung zum Einsatz selbstverständlich.
Ausbrennbare Gussmodelle
Das letzte Laborprodukt, das hier besprochen werden soll, sind ausbrennbare Gussmodelle (Abb. 3).4 Ebenso wie bei den zahntechnischen Modellen handelt es sich hier um eine recht häufig genutzte Anwendung. Sie wird in vergleichbarer Weise schon seit längerem in der Schmuckherstellung eingesetzt: Das geplante Bauteil wird nach Aufnahme der Patientensituation am Computer modelliert und dann gedruckt. Die Stützen werden entfernt und das Kunststoffteil wird eingebettet.
Wenn das Kunststoffteil im Gussprozess mit dem geschmolzenen Metall in Kontakt kommt, verbrennt es innerhalb kürzester Zeit rückstandsfrei. Wenn dabei größere Gasmengen entstehen, kann das zu Rissen in der Vergussmasse führen, die dann ebenfalls mit Metall gefüllt werden. Im schlimmsten Fall muss der gesamte Prozess wiederholt werden. Hier werden also wieder ganz andere Anforderungen an das Material gestellt: Der Schrumpf bei der Polymerisation, der zu Spannungen im Bauteil führt, muss möglichst gering sein, da es sonst zum Verzug des Kunststoffmodells kommt (Abb. 4). Diesem kann auch durch geschickten Einsatz von Stützstrukturen entgegengewirkt werden.
Das Verbrennungsverhalten des Materials muss bekannt sein – Rückstände oder Gasbildung im Kontakt mit der Metallschmelze sind nicht akzeptabel. Schließlich muss das Material auch fest genug sein, um sich beim Einbetten nicht zu verformen. Die Präzision ist bei allen zahntechnischen Anwendungen eine grundlegende Anforderung. Bego wirbt für sein VarseoWax CAD/Cast mit der hohen Grünkörperfestigkeit. So kann auf das Nachhärten verzichtet werden, was den Vorteil der Zeitersparnis bietet. Empfohlen wird die Nachhärtung allerdings trotzdem. Zudem wird eine Einbettmasse angeboten, auf die das Harz abgestimmt wurde.
Bohrschablonen
Hier handelt es sich um das erste Medizinprodukt in der Reihe der Anwendungen, die hier beschrieben werden. Es ist als Produkt der Klasse I eingestuft, da der Körperkontakt begrenzt ist. Dennoch ist die Biokompatibilität des Materials zwingend erforderlich.
Während der Anwendung dürfen keine schädlichen Bestandteile wie nicht abreagierte Monomere oder Initiatoren in den Speichel oder die Schleimhaut des Patienten gelangen. Diese Gefahr besteht stets, wenn die Polymerisation durch zu kurze Nachhärtezeiten, eine falsche Wellenlänge oder zu geringe Leistung des Nachhärtegerätes unvollständig ist. Wird jedoch zu lange belichtet, kann es in Abhängigkeit von der Harzzusammensetzung zum Verzug kommen, zumal die Bohrschablone meist einen ganzen Kiefer abdeckt und daher vergleichsweise groß ist.
Das Material sollte transparent sein, um dem Chirurgen einen guten Blick auf den Operationsort zu erlauben (Abb. 5). Andererseits ist ein gewisser farblicher Kontrast zu Zähnen und Zahnfleisch meist gewünscht. So sind beispielsweise das Sheraprint-sg und das NextDent sg orange (hier handelt es sich wahrscheinlich um das gleiche Material), das FotoDent guide von Dreve (Abb. 6) und das Varseo Wax Surgical Guide von Bego bläulich eingefärbt. Das Material muss hart genug sein, um fest auf den Zähnen oder dem Kiefer aufzuliegen und die Bohrhülsen festzuhalten. Ansonsten sind die mechanischen Anforderungen nicht sehr hoch. Die Bohrhülse braucht eine hohe Genauigkeit, da Fehler zu Problemen bei der Passung der Implantate führen können.3 Und das zu vermeiden ist ja gerade der Zweck der Bohrschablone. So muss das Produkt fest und ohne zu wackeln im Mund des Patienten sitzen. Auch die Bohrhülsen dürfen nicht wackeln. So sollten die Löcher dafür eher zu klein als zu groß ausfallen, selbst wenn das Mehraufwand durch manuelle Arbeit bedeutet. Die erreichbare Präzision wird durch den Drucker, den Druckprozess und die Möglichkeiten des Harzes bestimmt.
Da die Bohrschablone beim Einsatz mit Blut in Kontakt kommt, muss sie möglichst steril sein. Zu diesem Zweck kann sie nach dem Einsetzen der Bohrhülsen entweder desinfiziert oder sterilisiert werden. Bei der Dampfsterilisation kommt es zu einer thermischen Belastung, die sowohl zum Verzug als auch zu einer Veränderung der mechanischen Eigenschaften führen kann. Bei der Sterilisation mittels Ethylenoxid (EO) kann das giftige Gas unter Umständen an das Material gebunden werden, wenn noch freie Doppelbindungen existieren. Dadurch können die Materialeigenschaften beeinflusst werden. Schließlich muss bei einer EO-Sterilisation sichergestellt sein, dass eventuell vom Kunststoff absorbiertes Ethylenoxid vor dem Einsatz wieder abgegeben wurde. Das macht eine längere Lagerung erforderlich. Strahlensterilisation durch β- oder γ-Strahlen beeinflusst alle Kunststoffe (abgesehen von PEEK und PPS) nachhaltig, da durch die sehr energiereiche Strahlung Bindungen gelöst und neue geknüpft werden. Das führt in der Regel zur Versprödung und kann auch Präzision und Biokompatibilität beeinträchtigen. Empfehlenswert ist daher am ehesten eine Desinfektion mittels Ethanol, ein schnelles, effizientes und unschädliches Verfahren.
Aufbissschienen
Aufbissschienen hingegen müssen den hohen Kräften des Gebisses standhalten. Gerade Knirscherschienen gehören hier zu den anspruchsvollsten Applikationen. Daher dauert es auch länger, bis hier wirklich geeignete Materialien verfügbar sind. Da die Anfertigung solcher Schienen mit generativen Verfahren aber naheliegt, ist die Nachfrage des Marktes hier besonders groß. Daher wurden auch Bohrschablonenmaterialien hier eingesetzt, freilich mit enttäuschendem Ergebnis. Neben ausreichender Festigkeit ist hier auch auf eine hohe Dehnbarkeit des Materials (> 10 % sind ein Minimum) und eine ausreichende Schlagzähigkeit (> 15 kJ/m2) zu achten, um ein Zerbrechen zu vermeiden. Scharfe Bruchkanten bergen ein hohes Verletzungsrisiko für den Patienten.
Die Abriebfestigkeit ist von besonderer Bedeutung. Schienen sind Medizinprodukte der Klasse I, da sie nicht dauernd im Mund verbleiben. Doch sind die Verweilzeit und damit das Gefahrenpotential höher als bei Bohrschablonen. Aus ästhetischen Gründen und um mit den tiefgezogenen Schienen konkurrieren zu können, ist auch eine hohe Transparenz des Materials erforderlich. Gerade bei Schienen, die der Patient über längere Zeit einsetzt, ist es wünschenswert, dass der Hersteller auch ein geeignetes Reparaturmaterial anbietet und die Reparaturmöglichkeit auch getestet hat.
Wichtig für die Passgenauigkeit ist auch die Frage, wo die Stützstrukturen platziert werden: Auf der Zahnseite sind sie nicht akzeptabel, aber auch auf der Außenseite machen sie eine Nachbehandlung erforderlich. NextDent hat außer dem NextDent Ortho Splint auch noch das NextDent Ortho Rigid. Dieses Material ist nicht einfach nur härter, sondern hat auch noch eine geringfügig höhere Schlagzähigkeit. Allerdings ist das Material nicht so farblos, wie das OrthoDent Splint. Interessanterweise sind alle Materialien von NextDent als Klasse-IIa-Produkte zugelassen. Medizinprodukte der Klasse IIa haben ein mittleres Risikopotential. In diesem Fall sind es Produkte, die unbegrenzt im Mund getragen werden, wie Prothesen oder Zahnfüllungen.
Für manche Anwendungen sind auch weichere, hochelastische Schienen indiziert. Für das Tiefziehen werden Kunststoffe wie EVAL eingesetzt. Hier kann der Elastizitätsmodul im Bereich von 1000 MPa liegen, die Dehnung hingegen bei 20 %. NextDent ist hier der einzige Anbieter mit NextDent Ortho IBT, das auch für kieferorthopädische Anwendungen beworben wird.
Individuelle Abformlöffel
Materialien für diese Anwendungen werden von fast allen Herstellern angeboten. Die generative Fertigung solcher Löffel bietet die Möglichkeit, auch komplexere Geometrien rasch herzustellen (Abb. 7). Obwohl es sich auch hier um Medizinprodukte handelt, sind die Anforderungen wegen des kurzen Patientenkontaktes vergleichsweise gering. Die vollständige Aushärtung ist hier, wie schon bei den Bohrschablonen beschrieben, von besonderer Bedeutung, da die Löffel fest genug sein müssen, um auch bei hoher Haftung des Abformmaterials nicht zu brechen. Daher ist eine ausreichend stabile Auslegung des Löffelgriffs wichtig. Von Bedeutung ist auch die Haftung des Silikons (bzw. anderer Abformmaterialien) am Löffel. Selbstverständlich darf es nicht im Mund des Patienten verbleiben. Um die Behandlung nicht unnötig lang zu unterbrechen, ist hier eine geringe Bauzeit wichtig.
Temporärer Zahnersatz
Generativ gefertigte Kronen und Brücken sind eine weitere Anwendung im zahnmedizinischen Bereich. Die meisten Zahnärzte werden schon aus Gründen der Zeitersparnis die temporäre Patientenversorgung auf klassische Weise durchführen. Dazu kommt, dass hochgefüllte Materialien, mit denen der Patient unbesorgt zubeißen kann, zumindest mit den meisten der oben aufgeführten Drucker nicht adäquat verarbeitet werden können. Dennoch finden sich solche Produkte am Markt, wie z. B. das Sheraprint-cb. Rik Jacobs, der CEO von NextDent, einem namhaften Hersteller dentaler 3-D-Druckharze, hat sich selbst eine Krone aus dem vom NextDent vertriebenen MFH-Material (MFH = Micro Filled Hybrid Material) einsetzen lassen. Diese wurde mit Hilfe eines Druckers des niederländischen Forschungsinstituts TNO hergestellt. Außer diesem MFH-Material bietet NextDent auch noch ein weiteres Harz für den Druck von temporären Kronen und Brücken an, NextDent C&B. Die mechanischen Eigenschaften sind schlechter als die des MFH-Materials. Die Biegefestigkeit von NextDent C&B beträgt 85–100 MPa, die von NextDent C&B MFH 100–130 MPa. Klassisches Material wie FixTemp (Dreve) hat eine Biegefestigkeit von 90 MPa nach 24 Stunden und 120 MPa final. Für die beworbene Abriebfestigkeit werden gar keine Messwerte angegeben. Die Materialien können nach Herstellerangaben mit gängigen Farben eingefärbt werden. Der Autor hat allerdings die Erfahrung gemacht, dass eine Einfärbung das Härtungsverhalten des Harzes und damit die Biokompatibilität des generativ gefertigten Produktes beeinträchtigen kann.
Auch EnvisionTec bietet mit E-Dent ein mikrohybridgefülltes Material für diese Anwendung an. Auch das Drucken von Veneers mit diesem Werkstoff wird nahegelegt. Er wird in drei Farbeinstellungen, A1, A2 und A3, vertrieben. Der Fülleranteil ist mit knapp 50 Gew.-% recht hoch. Daher gibt es für die Aushärtung ein spezielles Voxel-für-Voxel-Verfahren, das in der Gebrauchsanweisung detailliert beschrieben wird. Die mechanischen Eigenschaften, die im Datenblatt angegeben werden, sind denen von NextDent C&B MFH noch überlegen und erreichen damit auch die Anforderungen, die an Materialien für die herkömmliche Verarbeitung gestellt werden.
Prothesenbasen
Auch der Einsatz generativer Verfahren für die Herstellung von Prothesen (Abb. 8) wirft Probleme auf: Eine wirkliche Beschleunigung der Prothesenentwicklung ist nach Ansicht des Autors erst möglich, wenn auch die Aufstellung mit der notwendigen Qualität digital vorgenommen werden kann (Abb. 9). Denn auch in eine gedruckte Prothese müssen verfügbare Zähne eingesetzt werden, und vor allem muss der Patient mit seiner Prothese essen und sprechen können.1 Doch wenn der Herstellungsprozess geklärt ist – was muss das Material dann leisten?
Zum ersten muss die Biokompatibilität auch über lange Zeit gewährleistet sein. Eine Prothese wird viele Jahre getragen. Kritische Bestandteile, die ausgelaugt werden können, werden in solch einem Produkt nicht akzeptiert. Doch haben die generativ gefertigten Produkte den Vorteil, dass sie von vornherein kein Methylmethacrylat enthalten. Dieser Rohstoff klassischer Prothesenmaterialien ist ein bekanntes Allergen, auf das vergleichsweise viele Menschen reagieren. Auch der geringere Schrumpf kann als Vorteil gegenüber der klassischen Herstellungsmethode aufgeführt werden.
Die mechanischen Eigenschaften müssen besonders kritisch hinterfragt werden. Wenn der Kunststoff die von der ISO 20795-1 geforderten mechanischen Eigenschaften (E-Modul > 2000 MPa, Biegefestigkeit > 65 MPa) erfüllt, stellt das erfahrungsgemäß noch nicht sicher, dass er beim Herabfallen oder bei einer Reparatur nicht bricht. Auch hier sind die Bruchdehnung (mind. 10 %) und die Schlagzähigkeit (> 15 kJ/m2, besser 20 kJ/m2) aussagekräftige Kenngrößen.
Weiterhin ist gerade die Ästhetik von Prothesen wichtig. Und hierzu tragen auch die Farbe und die Oberflächenqualität der Basis bei. Wenn der Tragekomfort nicht ausreichend ist, wird der Patient die Prothese nicht nutzen. Hierzu leistet die Unterfütterung einen wesentlichen Beitrag. Folglich muss eine gute Anbindung an die Prothesenbasis gewährleistet sein. Die Verbindung eines Silikons mit einem harten Kunststoff ist jedoch nicht trivial: Der Verbund wird in der Regel über methylmethacrylatbasierte Kleber hergestellt. Harze für die generative Fertigung quellen aber mit MMA weniger als PMMA-basierte Kunststoffe.
Fazit
Das Potential der generativen Fertigung wurde auch für die Zahntechnik erkannt. Individuelle Produkte können mit großer Genauigkeit und unabhängig vom handwerklichen Geschick des Personals in möglicherweise kürzerer Arbeitszeit angefertigt werden. Für acht verschiedene Anwendungsfelder werden mittlerweile von verschiedenen Herstellern angepasste Harze angeboten. Noch können diese nicht in allen Fällen vollständig überzeugen. So werden in den nächsten Jahren sowohl Verbesserungen als auch Erweiterungen der Produktpaletten zu erwarten sein.
Die Dokumente und die Unterstützung, die den Anwendern von den am Markt vertretenen Anbietern zur Verfügung gestellt werden, sind durchaus unterschiedlich. Offensichtlich ist das bei der Dokumentation, die man im Internet zu den Produkten bekommt. Teils findet sich nur ein Sicherheitsdatenblatt für die gesamte Materialpalette. Auch die Detailtiefe der Gebrauchsanweisungen ist sehr unterschiedlich. Ob der Anwender die bis zu acht Seiten wirklich liest, steht auf einem anderen Blatt.
Um zu der anfangs gestellten Frage zurückzukommen, ob die generative Fertigung den Zahntechniker zum Erfolg führt: Dazu tragen viele Faktoren bei. Jedes Labor muss bedenken, ob es eine ausreichende Anzahl von Anwendungsfällen gibt, so dass sich die Anschaffung eines Druckers und der Kauf der Gerätschaften für die Reinigung und Nachhärtung lohnen. Nicht zu vergessen die Zeit, die für die Schulung der Mitarbeiter und den Aufbau der notwendigen Erfahrung erforderlich ist. Doch wenn man diese Investitionen getätigt hat, eröffnen sich dem Labor viele Möglichkeiten, und schon bei mancher neuen Technologie hat sich ein frühzeitiger Einstieg rentiert. Die Auswahl des richtigen Druckers wie auch der dazu passenden Materialien sind sicher entscheidende Faktoren, in die man nicht zu wenig Zeit investieren sollte.
Zumindest für kleinere Labore könnte es aber auch besser sein, solche Arbeiten bei Dienstleistern in Auftrag zu geben. Hier stehen oft optimierte Abläufe zur Verfügung, so dass man mit sehr geringem Aufwand schon in maximal zwei Tagen eine qualitativ hochwertige Arbeit in Händen hält.
Ein Beitrag von Dr. D. Hinrich Wiese, Unna
Literatur
1. Chen J, Ahmad R, Suenaga H, Sasaki W LK, Swain M, Li Q. Shape Optimization for Additive Manufacturing of Removable Partial Dentures – A New Paradigm for Prosthetic CAD/CAM. PLoS ONE 2015;10(7):e0132552. DOI: 10.1371/journal.pone.0132552.
2. Janssen G. Das Sicherheitsdatenblatt nach REACH. Was Ersteller und Anwender wissen müssen. 6. Auflage. Landsberg: Ecomed Sicherheit, 2015.
3. Kernen F, Benic GI, Payer M, Schär S, Müller-Gerbl M, Filippi A, Kühl S. Accuracy of Three-Dimensional Printed Templates for Guided Implant Placement Based on Matching a Surface Scan with CBCT. Clin Implant Dent Relat Res 2015; DOI: 10.1111/cid.12348.
4. Kistler S, Adler S, Kistler F, Neugebauer J. Die Additive oder Generative Fertigung von Metallgerüsten. ZWR – Das deutsche Zahnärzteblatt 2016;125(6):268–273.
5. Klare M, Kaiser M, Gischer F. Dentalmodell. EP2499990, 2012.
6. Medizinproduktegesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. August 2002 (BGBl. I S. 3146), zuletzt geändert durch Artikel 278 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474).
7. Melchels FPW, Feijen J, Grijpma DW. A review on stereolithography and its applications in biomedical engineering. Biomaterials 2010;31(24):6121–6130.