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Prof. Dr. Kathrin Becker absolvierte von 2005 bis 2013 ein Studium der Zahnmedizin an den Universitäten Greifswald und Göttingen, das sie 2014 mit der Promotion abschloss. Zudem studierte sie parallel dazu von 2007 bis 2014 Applied Computer Science an der Georg-August-Universität Göttingen, das sie 2010 mit einem Bachelor und 2014 mit dem Master abschloss. Nach Stationen in den USA und der Schweiz begann sie 2014 als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Poliklinik für Kieferorthopädie des Universitätsklinikums Düsseldorf. Seit 2018 ist sie Fachzahnärztin für Kieferorthopädie, 2019 folgte die Habilitation „Computergestützte Analysemethoden zur automatisierten Berechnung der Knochenremodellierung an Titan-Implantaten“ an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Seit 2020 war sie Oberärztin der Poliklinik für Kieferorthopädie der Uniklinik Düsseldorf und dort verantwortlich für die Weiterbildungsassistenten sowie kieferorthopädische Leiterin der interdisziplinären Spaltsprechstunde. Prof. Dr. Kathrin Becker hat zum 1. Oktober die W3-Professur für Kieferorthopädie an der Charité angetreten. Damit ist zugleich die Leitung der Abteilung Kieferorthopädie und Orthodontie im Charité-Centrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde am Campus Benjamin Franklin.
Chirurgie in der Zahnmedizin - Herausforderungen und Chancen im Praxisalltag15. März 2024 — 16. März 2024Estrel Convention Center
Referenten: Bilal Al-Nawas, Kathrin Becker, Raphael Borchard, Claudia Gramenz, Christian Haase, Anke Handrock, Holger Janssen, Peer W. Kämmerer, Mendy Kasulke-Mittelstedt, Jonas Lorenz, Björn Ludwig, Keyvan Sagheb, Derk Siebers, Frank Peter Strietzel, Anette Strunz
Die Integration von 3-D-Druck-Technologien in den kieferorthopädischen Alltag ist ein wesentlicher Bestandteil des digitalen Workflows und erlaubt, digital geplante Arbeitsschritte in den Patientenmund zu übertragen. Filament- und Resindrucker bieten heutzutage für verschiedene Bereiche eine hinreichende Genauigkeit. Dazu zählen Übertragungsschablonen für Brackets, Insertionsschablonen für kieferorthopädische Miniimplantate sowie der Modelldruck für die Herstellung von Plattenapparaturen und Alignern. Ziel dieses Beitrags ist, eine Übersicht über die Möglichkeiten und Anwendungsbereiche der additiven Fertigung in der kieferorthopädischen Behandlung zu geben und die bestehenden Limitationen zu diskutieren.
Schlagwörter: Kieferorthopädie, additive Fertigung, 3-D-Druck, digitaler Workflow, CAD/CAM
Röntgenaufnahmen sind integraler Bestandteil der kieferorthopädischen Diagnostik. Da Kinder- und Jugendliche besonders strahlensensitiv sind und einen Großteil der zu untersuchenden Personen darstellen, hat die Dosisoptimierung hier einen sehr hohen Stellenwert. Für Orthopantomogramme (OPT), Fernröntgenseitenbilder (FRS) sowie die digitale Volumentomografie (DVT) bieten moderne Geräte vielfältige Optionen, um die Dosis indikationsbezogen und patientenspezifisch zu reduzieren. Während die Magnetresonanztherapie (MRT) vorwiegend zur Weichgewebediagnostik bei Kiefergelenkerkrankungen genutzt wird, könnte sie zukünftig möglicherweise auch für Hartgewebeuntersuchungen angewendet werden. Wenn autonomes Wachstum oder andere metabolisch-pathologische Aktivitäten im Knochen auszuschließen sind, kann eine nuklearmedizinische Diagnostik indiziert sein.
Schlagwörter: Kieferorthopädie, Röntgen, ALARA, ALADA-IP, Dosisoptimierung, DVT, OPT, FRS, MRT, Nuklearmedizin, Szintigrafie
Eine neue Technik zur maxillären Expansion und Protraktion
Die Hybrid Hyrax hat sich mittlerweile weltweit etabliert, nicht nur zur reinen Oberkieferexpansion, sondern auch im Rahmen einer frühen Klasse-III-Behandlung mit Gesichtsmaske oder Mentoplate. Während bei der konventionellen Hybrid Hyrax zunächst zwei Miniimplantate inseriert werden ("TADs First"), gibt es mittlerweile das Konzept, zunächst die GNE-Apparatur einzusetzen und erst im zweiten Schritt die Miniimplantate ("Appliance First"). Zu diesem Zweck wird eine neue Kopplungsmöglichkeit mittels eines Spezialgewindes vorgestellt, das eine winkelstabile Kopplung neuartiger Miniimplantate mit kieferorthopädischen Apparaturen ermöglicht. Anhand eines Patientenbeispiels wird diese neue Technik zur simultanen Gaumennahterweiterung und maxillären Protraktion demonstriert.
Schlagwörter: Hybrid Hyrax Direct, maxilläre Expansion, maxilläre Protraktion, "Appliance First", "TADs First"
Objectives: Whereas stationary stability of implants has been postulated for decades, recent studies suggested a phenomenon termed implant migration. This describes a change in position of implants as a reaction to applied forces. The present study aims at employing image registration of in-vivo micro CT scans from different time points, and to assess (i) if migration of continuously loaded implants is possible and (ii) migration correlates with the force magnitude.
Material & Methods: Two customized machined implants were placed in the dorsal portion of caudal vertebrae in n=61 rats, and exposed to standardized forces (0.5N, 1.0N, 1.5N) applied through a flat nickel titanium contraction spring, or no forces (control). Micro CT scans were performed at 0, 1, 2, 4, 6, and 8 weeks after surgery. The baseline image was registered with the forthcoming scans. Implant migration was measured as the Euclidean distance between implant tips. Bone remodelling was assessed between the baseline and the forthcoming scans.
Results: The findings confirmed a positional change of the implants at 2 and 8 weeks of healing, and a linear association between applied force and velocity of movement (anterior implant: X2=12.12, Df=3, p=0.007, posterior implant: X2=20.35, Df=3, p < 0.001). Bone apposition was observed around the implants and accompanied by formation of load-bearing trabeculae and a general cortical thickening close and also distant to the implants.
Conclusion: The present analysis confirmed that implants can migrate in bone. The applied forces seemed to stimulate bone thickening, which could explain why implants migrate without affecting stability.
Schlagwörter: implant migration, animal study, bone to implant interface
Mit Einführung der optischen Desktop- und Intraoralscanner, des 3-D-Facescans sowie der digitalen Volumentomografen (mit Ultra-Low-Dose-Protokollen) hält die virtuelle 3-D-Planung zunehmend auch Einzug in die Kieferorthopädie. Gerade für komplexe Fälle zeichnen sich therapeutische Vorteile ab, da hier gegenwärtig rechtfertigende Indikationen für digitale Volumentomografien gestellt werden können. Einfachere Fälle zeigen gegenwärtig insbesondere Vorteile in der Patientenkommunikation, da die Zielokklusion direkt mit dem Patienten besprochen und bei Bedarf adjustiert werden kann. Da mit einer Erweiterung der Indikationsspektren für volumetrische Röntgenaufnahmen sowie mit verbesserten Möglichkeiten der computergestützten Prognose von Zahnbewegungen gerechnet werden kann, ist zu erwarten, dass auch die therapeutischen Vorteile der computergestützten 3-D-Planung in den kommenden Jahren zunehmen werden.
Schlagwörter: 3-D-Planung, digitale Planung, virtuelles Set-up, kieferorthopädische Planung
In den letzten Jahren wurden Miniimplantate als neue Verankerungsoptionen in die Kieferorthopädie eingeführt. Neben klassischen Therapieaufgaben, wie die Distalisierung zur Platzbeschaffung oder die Mesialisierung für den Lückenschluss, können die Miniimplantate auch für präprothetische Aufgaben genutzt werden. Neben der Extrusion von Wurzeln oder verlagerten Zähnen kann die Aufrichtung von gekippten Zähnen oder die Intrusion von elongierten Molaren mittels Miniimplantat-Verankerung erfolgen. So kann die Mechanik ästhetisch unauffällig gestaltet und unerwünschte Bewegungen von Verankerungszähnen können gänzlich verhindert werden.
Schlagwörter: Präprothetik, Wurzelextrusion, Molarenaufrichtung, Molarenintrusion, elongierte Molaren, gekippte Molaren, verlagerte Zähne
Bei Patienten mit geringem palatinalem Knochenangebot, verlagerten Zähnen oder Lippen-Kiefer-Gaumenspalten kann eine virtuelle Planung auch für kieferorthopädische Implantate sinnvoll sein. So kann das Risiko einer Schädigung benachbarter anatomischer Strukturen möglichst niedrig gehalten und eine möglichst gute skelettale Verankerung erzielt werden. Dennoch unterstützen bisher nicht alle Produkte zur dentalen virtuellen Implantatplanung die Platzierung orthodontischer Implantate am Gaumen oder im Alveolarkamm. Der vorliegende Artikel soll zwei Konzepte vorstellen, mit denen Bohrschablonen für kieferorthopädische Implantate (semi-)digital geplant werden können. Eine speziell für die Kieferorthopädie entwickelte Variante erlaubt zudem die Insertion des Implantats und die Eingliederung des Behandlungsgeräts in nur einer Sitzung.
Schlagwörter: 3-D-Planung, Kieferorthopädie, Bohrschablone, DVT, digitale Planung
In allen medizinischen Disziplinen sowie auch in biologischen Fachrichtungen werden Tiere genutzt, um Grundlagen für die Entwicklung neuer Biomaterialien, Therapiekonzepte und Medikamente zu erforschen. Sowohl von Ethikkommissionen als auch von Zulassungsbehörden werden in der Regel tierexperimentelle Untersuchungen vor der Initiierung klinischer Studien am Menschen gefordert. Während mittels Zellkulturen bereits die Zytotoxizität neuer Materialien und Medikamente ausgeschlossen werden kann, sind Kleintiermodelle nötig, um komplexe immunologische Reaktionen zu untersuchen und die Sicherheit eines Therapeutikums zu prüfen. Je näher die verwendete Tierspezies mit dem Menschen verwandt ist, desto höher ist die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf den Menschen. Aus diesem Grunde werden Großtiere herangezogen, um die Effektivität neuer Materialien, Medikamente oder Therapieansätze zu überprüfen. Da kein Tiermodell die Wirkweise im Menschen vollständig widerspiegelt, sind Kenntnisse des jeweiligen Tiermodells und der spezifischen Limitationen vonnöten, um die Übertragbarkeit auf den Menschen zu beurteilen. Eine abschließende Validierung der Eignung oder Überlegenheit neuer Biomaterialien, Medikamente oder therapeutischer Ansätze sollte nach erfolgreichem Abschluss der tierexperimentellen Untersuchungen ergänzend im Rahmen kontrollierter, randomisierter klinischer Studien erfolgen.
Schlagwörter: Tierexperimente, Übertragbarkeit, Aussagekraft, Kleintiermodelle, Großtiermodelle
Eine genaue Befunderhebung und akkurate Planung sind wichtige Prädiktoren einer erfolgreichen kieferorthopädischen Therapie. Seit vielen Jahren werden dafür in aller Regel zweidimensionale Röntgenaufnahmen (Panoramaschichtaufnahmen, Fernröntgenseitenbilder), intra- und extraorale Fotografien sowie dreidimensionale Planungsmodelle aus Gips verwendet. In den letzten Jahren zeigten virtuelle Methoden einen rasanten Einzug in die Zahnmedizin und auch in die Kieferorthopädie. Heutzutage lässt sich die gesamte kieferorthopädische Befunderhebung und Planung digital durchführen, zudem können Apparaturen und Retainer sowie auch Schablonen für chirurgische Eingriffe virtuell und individuell geplant und anschließend im CAD/CAM-Verfahren oder auch mittels 3-D-Druck hergestellt werden1. Obwohl diese Neuerungen eine erhöhte Präzision, reduzierte "chair time" sowie eine kürzere Therapiedauer versprechen2, werden digitale Workflows bisher eher noch verhalten in die tägliche kieferorthopädische Routine implementiert. Mögliche Gründe könnten die relativ hohen Anschaffungskosten für Softwarelizenzen und neue Geräte darstellen. Zumal konventionelle Techniken seit vielen Jahren ebenfalls zum Erfolg geführt haben und der Mehrwert durch digitale, individuelle Planungen schwer zu quantifizieren scheint. Zudem wird initial eine größere Einarbeitungszeit benötigt. Auch die Vorstellung, weniger Zeit direkt am Patienten und mehr Zeit am Computer zuzubringen, könnte abschreckend wirken. Deshalb steht für viele Kieferorthopäden die Frage im Raum, ob und wann es therapeutische Vorteile gibt. Ist eine Implementierung digitaler Workflows in die eigene Praxis gegenwärtig schon sinnvoll?