Mit der Richtlinie zur systematischen Behandlung von Parodontitis und anderer Parodontalerkrankungen (PAR-Richtlinie) wurde die vertragszahnärztliche parodontologische Versorgung im Juli 2021 auf eine neue Grundlage gestellt. Die Richtlinie berücksichtigt weitgehend die Vorgaben der DG PARO zur Diagnostik und Therapie der Parodontalerkrankungen. Für den Erfolg der hierbei eingeführten „sprechenden Zahnmedizin“ sind das Maß der Übereinstimmung der Verhaltensumsetzungen durch den Patienten mit den Empfehlungen des parodontalen Behandlungsteams bezüglich Adhärenz zu den vereinbarten unterstützenden Parodontitistherapie(UPT)-Terminen und Persistenz in der zahnärztlichen Praxis damit entscheidende Faktoren, neben den fachlichen Fähigkeiten der parodontologischen Behandler, geworden. Ziel dieser prospektiven Studie war die Bestimmung der Patienten-Adhärenz zur Parodontaltherapie in fachzahnärztlicher Behandlung über einen Zeitraum von 2 Jahren nach der antiinfektiösen Therapie. Risikofaktoren für Non-Adhärenz ebenso wie begünstigende Faktoren für Volladhärenz zur Parodontaltherapie sollten bestimmt und Vorschläge für die Weiterentwicklung der PAR-Richtlinie dargestellt werden. 275 Soldaten (darunter 33 Frauen) mit Parodontitis unterschiedlichen Schweregrades (Stadium) und unterschiedlicher Progressionsrate (Grad) absolvierten die antiinfektiöse Therapie und mindestens eine Sitzung der UPT nach 12 Wochen. Die jährlichen Zahnverlustraten im ca. 2-jährigen UPT-Zeitraum stiegen von Stadium I/II (0,04 ± 0,07) über Stadium III (0,13 ± 0,41) bis Stadium IV (0,24 ± 0,47) an. Unter den 223 Patienten mit schwerer Parodontitis, Stadium III und IV, lag der Anteil der Raucher bei UPT-Beginn bei 56,5 %. Die Patienten aus 64 Dienstorten hatten die Möglichkeit, die Behandlung über die gesamte PAR-Behandlungsstrecke wahrzunehmen. Die Wegstrecke zur Behandlung betrug für Patienten außerhalb des Dienst-/Wohnortes Koblenz 117 ± 100 km. Volladhärent zur Parodontaltherapie erwiesen sich 120 Patienten (43,6 %), die im UPT-Zeitraum 35 Zähne verloren. Dies entsprach einem Zahnverlust von 0,29 ± 0,79 Zähnen pro Patient. 21 dieser Patienten erschienen kurzfristiger zur UPT und absolvierten damit 25 % mehr UPT-Sitzungen. Die 47 teiladhärenten Patienten (17,1%) verloren im gleichen Zeitraum 23 Zähne (0,49 ± 0,86 Zähne pro Patient). Die 108 non-adhärenten Patienten (39,3 %, Durchschnittsalter 40 ± 11 Jahre) befanden sich 9,1 ± 10,1 Monate in der UPT. Anreisen von mehr als 2 Stunden zur Parodontalbehandlung, ein Tabakkonsum von ≥ 10 Zigaretten/Tag und leichtere Parodontitis im Stadium I und II bei jüngeren Soldaten, ohne für diese sichtbares Risiko für Zahnverlust, sind Risikofaktoren für Non-Adhärenz von Patienten bei der Parodontaltherapie. Eine flexiblere UPT-Gestaltung (3- bis 12-monatige Intervalle) und eine mehrjährige Verlängerung der durch die Kostenträger genehmigten UPT-Dauer bei Stadium-IV-Patienten, um prothetische, implantologische und kieferorthopädische Versorgungen und Nachsorgen begleiten zu können, wären bei vorhandener vollständiger Patientenadhärenz sinnvoll.
Schlagwörter: Parodontitisstadium III/IV, Parodontitisgrad, UPT, Adhärenz, Zahnverlust