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ZTM Hubert Schenk, Präsident der Fachgesellschaft für Zahntechnik (FZT), im Interview zu aktuellen Themen der Zahntechnik

In der Zahnmedizin ist derzeit viel in Bewegung – Demografie, ein steigender Anteil von Frauen in Praxen und Laboren, ein rasanter technischer Wandel hin zu digitalen Workflows mit neuen Materialien, neue minimal-invasive und komplexe zahnmedizinische Behandlungen und veränderte Ansprüche und Erwartungen der Patienten sind nur einige Stichworte. Das verändert das Berufsbild und den Alltag der Zahnärzte, des Fachpersonals in den Zahnarztpraxen, aber ebenso das des Zahntechnikers im Labor – und nicht zuletzt das Verhältnis und die Zusammenarbeit untereinander und die Beziehung zum Patienten.

Diesen rasanten Wandel aus Sicht des Zahntechnikerhandwerks positiv-konstruktiv zu gestalten und den vielfältigen Beziehungen zu den Zahnärzten – und den Patienten – eine moderne, zeitgemäße Grundlage zu geben, ist eine der Aufgaben, die sich die vor zwei Jahren gegründete Fachgesellschaft für Zahntechnik, kurz FZT, gestellt hat. ZTM Hubert Schenk, Präsident der FZT und Zahntechnikermeister mit eigenem Labor in München, gibt im Interview mit Quintessence News Auskunft zur FZT und ihren Zielen.

„Fachgesellschaft mit Richtlinienkompetenz“

Herr Schenk, die FZT hat in der vergleichsweise kurzen Zeit ihrer Existenz schon viele Themen angepackt. Was macht aus Ihrer Sicht die Gesellschaft aus und was sind aktuell die wichtigen Themen?

Hubert Schenk: Es gab für uns Zahntechniker bislang keine eigene Fachgesellschaft. Wir waren standespolitisch immer gut aufgestellt, aber die fachliche Komponente hatte gefehlt oder wurde eher in kleinen Arbeitskreisen gepflegt. Das haben wir korrigiert und eine Fachgesellschaft mit Richtlinienkompetenz ins Leben gerufen. Schließlich ist es das zahntechnische Fachwissen und -können, das unseren Beruf ausmacht. Die zahntechnische Expertise gilt es zu pflegen und weiter zu entwickeln. Dazu gehört der Erhalt zahntechnischer Handwerkskunst genauso wie die Implementierung von neuen Technologien. Und wir müssen uns auch auf die veränderten Serviceanforderungen unserer zahnärztlichen Kundschaft einstellen. Ein besonders dringendes Thema ist die Nachwuchsförderung für uns, denn wir werden immer weniger.

Für alle Zahntechniker

Verstehen Sie sich als Vertreter aller Zahntechniker – Selbstständige, Angestellte, Techniker im Praxislabor? Wie viele Mitglieder hat die FZT derzeit? Und wie viele Labore und Zahntechniker haben bis jetzt die verschiedenen Initiativen gezeichnet?

Schenk: Wir Zahntechniker sind eine Berufsgruppe – und die kann man nicht auseinanderdividieren. Schon unser Slogan sagt aus, was für uns Programm ist: „Eine für alle.“ Jeder Zahntechniker kann in der FZT Mitglied werden. Wir vertreten derzeit ca. 350 Laboratorien. Bislang haben sich uns fast ausschließlich selbstständige Zahntechniker angeschlossen.

Die diversen Initiativen der vergangenen Jahre werden aber von einer sehr breiten Kollegenschaft gestützt. Das merken wir nicht zuletzt an Verbreitungszahlen von im Schnitt über 10.000 erreichten Kolleginnen und Kollegen bei unseren Facebook-Beiträgen. Das Online-Portal der FZT unter www.dentalnetworx.eu haben bereits mehr als 3.000 Kolleginnen und Kollegen abonniert. Kurz gesagt: Es bewegt sich was, aber es darf noch mehr werden.

„Wir werden den VDZI unterstützen“

Wir haben in Deutschland laut Mitteilung des Verbands Deutscher Zahntechnikerinnungen mehr als 8.000 gewerbliche Labore mit mehr als 66.000 Beschäftigten, davon mehr als 5.500 Auszubildende. Damit vertritt die FZT derzeit nur einen Bruchteil davon. Wie weit tragen die die anderen Vertretungen des Zahntechnikerhandwerks, vor allem die Innungen und der Verband Deutscher Zahntechnikerinnungen, Ihre Ideen und Initiativen mit?

Schenk: Es wäre naiv, die Bedeutung einer Fachgesellschaft auf die bloße Zahl der Mitglieder zu reduzieren. Die Frage ist: Wer ist dabei und was ist Programm? Sein Sie sicher – wir gestalten die Zukunft der Zahntechnik mit. Und der prozentuale Zuwachs unserer Mitglieder ist deutlich zweistellig. Welcher Verband kann das heute noch von sich behaupten?

Mit dem VDZI und den Innungen arbeiten wir intensiv zusammen, aber wir machen keine Standespolitik. Wir unterstützen die Standespolitik mit unserer Expertise und zweifellos gibt es auch viele Themen, die standespolitische und fachliche Kompetenz benötigen. Für uns ist der VDZI die legitime standespolitische Vertretung der Zahntechniker. Wir werden den VDZI und sein neugewähltes Präsidium unterstützen.

Sie betonen in Ihrer Initiative zum Patientenkontakt, dass mit dem Kontakt zum Patienten nicht die Behandlung des Patienten durch den Zahntechniker gemeint ist. Schon heute werden ja Zahntechniker – auf Wunsch oder Forderung des Zahnarztes oder weil sie sich zum Beispiel unter Druck sehen, sonst Aufträge zu verlieren – am Patienten tätig und bewegen sich damit in einer rechtlichen Grauzone bis hin zum Gesetzesverstoß. Wie weit soll der Patientenkontakt denn gehen?


ZTM Hubert Schenk: „Die Grauzone ist auf Dauer keine Lösung. Vor allem nicht für die Zahnärzte.“ (Foto: FZT)

Schenk: Das Wohl des Patienten steht für uns und unsere Zahnärzte an erster Stelle. Also ist die einzig relevante Frage: Wer kann was bei welcher Aufgabenstellung am besten abdecken? Damit geht der Patientenkontakt so weit, wie es die Aufgabenstellung und der Auftrag verlangen. Und den erteilt der Zahnarzt.

Wir Zahntechniker wollen nichts anderes als so gut wie nur möglich unsere Arbeit machen. Ohne Patient sind wir jedoch blind. Wer möchte schon blind arbeiten? Und Sie haben natürlich recht – die Grauzone ist auf Dauer keine Lösung. Vor allem nicht für die Zahnärzte. Die Schnittstelle Zahnmedizin zu Zahntechnik ist reif für eine Novellierung.

„Der Zahnarzt trägt die Verantwortung“

Und wie soll dieser Patientenkontakt geregelt werden? Über das Delegationsrecht des Zahnarztes?

Schenk: Selbstverständlich. Der Zahnarzt trägt die Verantwortung. Wir stehen fest an seiner Seite.

Wie weit muss sich dafür dann auch die Ausbildung der Zahntechniker und die Ausrichtung der Dentallabore verändern?

Schenk: Erfahrene Zahntechniker sind auch in diesen Serviceleistungen versiert. Gelernt haben sie das nicht in der Ausbildung, sondern durch zusätzliche Schulungen und bei ihren zahnärztlichen Partnern. Viele von uns haben zeitweise in Praxislaboratorien gearbeitet. Ganz nah dran. Und wenn man dieses Wissen teilt, wird es mehr.

Unsere Fachgesellschaft bietet seit geraumer Zeit Kurse zum Thema Patientenkommunikation, Hygienemanagement sowie zahntechnische Analyse und Diagnostik an. Wir bereiten unsere Mitglieder auf die Anforderungen ihrer Kundschaft vor. Wir sehen das als eine unserer Aufgaben, die wir zum Beispiel zukünftig auch gemeinsam mit zahnärztlichen Fachgesellschaften angehen werden.

Und wie reagieren die Zahnärzte auf diese Initiative? Es hat ja im Vorfeld der diesjährigen Jahrestagung der DG Pro ein Treffen dazu gegeben – mit welchem Ergebnis?

Schenk: Ich habe Ihren Kommentar unlängst aufmerksam gelesen. Das Spannungsfeld Zahnmedizin/Zahntechnik gibt es für uns nicht. Beide Berufsstände sehen längst die Notwendigkeit, den Zahntechniker zeitgemäß in die Behandlungsabläufe einzubinden. Und daher gab es das Treffen, das von Ralf Suckert und Prof. Dr. Florian Beuer initiiert wurde. Dankenswerterweise hat sich auch der VDZI bereit erklärt mitzuwirken und war eine echte Bereicherung der Runde.

Hinsichtlich der Details muss ich Sie vertrösten: Die gibt es von Florian Beuer erst auf dem Expertise-Kongress im September.

Mangel an Nachwuchs ist Problem der ganzen Branche

De FZT engagiert sich sehr stark im Azubi-Bereich – mit dem eigenen Azubi-Forum, mit der Initiative für Patenschaften, Fortbildungsangeboten etc. Wie sehen Sie die Perspektiven für den Berufsnachwuchs? Auch im Praxislabor?

Schenk: Die Zahntechnik hat – auch aufgrund einer diffusen Perspektive – ein Nachwuchsproblem. Als Fachgesellschaft können wir das Nachwuchsproblem nicht lösen, aber wir können dazu beitragen den Nachwuchs zu motivieren, nach erfolgter Ausbildung dem Beruf erhalten zu bleiben. Denn der Schwund an Auszubildenden nach erfolgter Ausbildung ist immens.

Die verbliebenen Jungtechniker teilen sich dann die gewerblichen Laboratorien, die Praxislaboratorien und die Industrie. Ausgebildet wird der Nachwuchs aber ausschließlich in den gewerblichen Laboratorien. Praxislaboratorien und Industrie bedienen sich aber kräftig aus dem Fundus. Wir versuchen derzeit, die Industrie und die Zahnärzteschaft verstärkt für die zahntechnische Nachwuchsförderung zu interessieren. Der Mangel an Nachwuchs ist ein Problem der ganzen Branche.

Inzwischen haben auch die angestellten Zahntechniker begonnen, sich zu organisieren, so im Verband medizinischer Fachberufe. Wie sehen Sie diese Entwicklung einer Arbeitnehmervertretung in der Zahntechnik?

Schenk: Positiv. Das wichtigste Kapital eines Unternehmens sind seine Mitarbeiter.

Zusammenarbeit mit Labor produktiver als Chairside

Das Verhältnis zwischen den Zahntechnikern im gewerblichen Labor und der Dentalindustrie ist ja seit einiger Zeit nicht ganz spannungsfrei – gerade international ausgerichtete Unternehmen gehen verstärkt mit Chairside-Lösungen für die Zahnarztpraxis auf den Markt. Wie sieht sich die FZT im Verhältnis zur Industrie?

Schenk: Eine Chairside-Praxis ist für die meisten Zahnärzte kein Erfolgskonzept und für uns kein wirkliches Thema. Es sind zwar viele Systeme im Markt, aber sie werden wenig genutzt. Und wenn, dann meistens für Inlays und Onlays. Die produzierten Einheiten ersetzen vorwiegend Composite-Füllungen.

Wir werden zu der Erkenntnis beitragen, dass die Zusammenarbeit mit einem guten zahntechnischen Labor produktiver und problemloser funktioniert als jede Chairside-Lösung. Wer meint, man könne Assistenzpersonal an Wochenendkursen für Zahnersatz fit machen, der unterschätzt die Komplexität der prothetischen Zahnheilkunde gewaltig.

Die FZT war ja auch angetreten, die wissenschaftliche Basis des Zahntechnikerhandwerks zu stärken und wissenschaftliche Erkenntnisse zu verbreiten. Die eher wissenschaftlich ausgerichtete EADT war Gründungsmitglied der FZT, ist aber inzwischen nicht mehr dabei. Wie besetzen Sie diesen Part jetzt?

Schenk: Gar nicht. Die EADT macht einen guten Job und wir arbeiten weiterhin zusammen. Das erkennen Sie auch daran, dass auf unserem Kongress auch EADT-Referenten auftreten. Der feine Unterschied: Wir sind eine zahntechnische Fachgesellschaft, die EADT ist interdisziplinär aufgestellt. Bei der EADT gibt´s mehr Wissenschaft, wir unterstützen das Handwerk durch praktische Expertise. Wir pflegen einen guten Kontakt.

Aktuell werben Sie für Expertise, den Kongress der FZT im September 2018. Was erwartet die Teilnehmer?

Schenk: Die Zukunft der Zahntechnik. Gemeinsam mit dem VDZI, dem VZLS (Swiss Dental Laboratories) und der SZV (Arbeitnehmerverband der Schweiz) und unserer Kollegenschaft aus Österreich geht unsere Fachgesellschaft dieses Thema an. Dabei integrieren wir erstmals den Nachwuchs in unseren Fachkongress: Es treffen „alte Hasen auf junge Füchse“. Hier gibt es Motivation, Inspiration und jede Menge fachliches Knowhow.

Zudem starten wir die „Initiative ProZahntechnik“ – ein Bündnis der FZT mit der Dentalindustrie – und wir skizzieren eine zeitgemäße Interpretation der Schnittstelle von Zahnmedizin zu Zahntechnik. Ein Kongress mit vielen Facetten, der ein dickes Kreuz im Veranstaltungskalender verdient. Unbedingt mitmachen!

Titelbild: ZTM Hubert Schenk (Foto: FZT)
Zahntechnik Unternehmen Dentallabor Politik

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