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26. Prothetik Symposium zeigte wegweisende Entwicklungen in der Totalprothetik

Die Moderatoren und Referenten des 26. Prothetiksymposiums. Vorne von links: ZTM Ralph Riquier, Eric Standop, ZTM Karl-Heinz Körholz, Prof. Dr. Jan-Frederik Güth, ZTM Hans-Jürgen Stecher. Hintere Reihe von links: Prof. Dr. Andree Piwowarczyk, Dr. Gerhard Zips, ZTM Richard Zips, ZTM Stefan Sander, Dr. Karl-Uwe Jülich, MDT Shahab Esfarjani, ZTM Erwin Klampfer (nicht im Bild: Prof. Dr. Tonguꞔ Sülün).

(c) Nordquadrat PR + Marketing

„Merzblut und Leidenschaft“ – diese Kombi war sehr gut spürbar bei den Veranstaltern des 26. Prothetik Symposiums, der Merz Dental GmbH und dem Quintessenz Verlag, die am ersten Dezemberwochenende mehr als 300 Teilnehmende trotz eisigen Winterwetters im Marriott Hotel am Potsdamer Platz begrüßen konnten. Das diesjährige Symposium markierte nicht nur einen Meilenstein in der Wissensvermittlung für Zahnärzte, Zahntechniker, Berufs- und Meisterschüler, sondern transportierte auch durch den neuen Veranstaltungsort einen neuen Spirit. Ein Mix aus analogen und digitalen Erkenntnissen prägte die Atmosphäre, während Teilnehmer in den Pausen mit Referenten, Veranstaltern und Industrieausstellern in einen intensiven Austausch traten.
Es war ein emotionaler Moment, als Merz Dental Chairman Friedhelm Klingenburg nach 18 Teilnahmen den symbolischen Staffelstab an den Vertriebs- und Marketingleiter Timo Bredtmann weiterreichte. Mit herzlichen Wünschen übertrug Klingenburg nicht nur den Stab, sondern auch sein Vertrauen und die Verantwortung in die Hände seines Nachfolgers und seines Teams, die nun das Ruder für zukünftige Symposien fest in der Hand halten.

Totalprothetik: Glaskugel oder Prisma?

„Die Versorgung mit Totalprothesen war und ist die eigentliche Königsdisziplin in der Zahnmedizin und Zahntechnik!“ Damit diese auch vorhersagbar mit ästhetischen Gesichtspunkten hergestellt werden können, zeigten Dr. Karl-Uwe Jülich und ZTM Karl-Heinz Körholz ihre bewährte Prozesskette zur Herstellung passender Totalprothesen. Seit zwei Jahren arbeiten die beiden Experten zusammen und folgen konsequent der Arbeits-Systematik nach Prof. Dr. A. Gutowski, kombiniert mit der TIF-Systematik von Karl-Heinz Körholz. TIF bedeutet Totalprothetik in Funktion. Karl-Heinz Körholz beendete den leidenschaftlichen Teamvortrag mit drei Tipps an die Zahntechniker im Publikum: 1. Ab Montag alle Bissregistrate zu unterfüttern, 2. Keine Kunststoffwälle zu erstellen, wenn nicht vorher vermessen wurde und 3. frei nach Henry Ford: „Wenn Du immer nur das tust, was Du immer gemacht hast, wirst Du immer das bekommen, was Du immer hast.“ Er wird es wissen, denn er verhilft damit seit fast vierzig Jahren zahnlosen Patienten zu einem gesunden Lächeln. Sein Wissen stellt er übrigens bei Youtube unter „Kalle macht Prothesen“ jedem Interessierten zur Verfügung.

Der neue Goldstandard: Microlayering bei festsitzenden Versorgungen

„Vom Keramiker zum Microlayer“ hat sich MDT Shahab Esfarjani in den vergangenen Jahren entwickelt. Für den Oral-Designer ist die Umsetzung des Microlayering-Konzepts mit dem Mal- und Pastenkeramiksystem mµIllusion (Merz Dental) ein effektiver Prozessablauf bei festsitzenden Zirkonoxid-Versorgungen. Entscheidend ist für Esfarjani der Workflow magic matching, bestehend aus dem innovativen Farbmessgerät Optishade, der Matisse Software zur Farbbestimmung in Kombination mit dem Microlayering-Set mµIllusion. Basis dafür sind Fotos mit dem Optishade in Verbindung mit einem iPhone, die aus der Praxis an das Dentallabor gesendet werden. Die Farbbestimmung erfolgt mit einem „Anmisch-Rezept“ aus der Matisse Software, die Umsetzung mit der Pastenkeramik und den Malfarben von mµIllusion. Dieser Workflow funktioniert in der Kommunikation mit seinen Kunden in Hamburg, Frankfurt, Zürich und Innsbruck und ist zudem „farbecht“ mit hoher Qualität. „Kein Dentallabor sollte auf mµIllusion verzichten – ein Must-have für jedes Labor“, ist das Fazit des Oraldesigners.

Möglichkeiten der digitalen Totalprothetik

„Digital denture ist ein Tool, das uns viele Lösungen bringt, aber erschaffen muss es immer noch unser Kopf.“ Mit diesem Statement nahmen die Gebrüder Dr. Gerhard und ZTM Richard Zips das Publikum mit auf die Reise zur digitalen Totalprothese nach dem Baltic Denture System (Merz Dental). Die Indikationen reichen von Totalprothesen aller Angle Klassen sowie unimaxillären Totalprothesen über die Immediat-Totalprothese bis hin zur OK/UK Duplikat-Prothese. Dabei gibt es unterschiedliche Möglichkeiten: Try-in mit BDLoad TS, Nutzung des BDLoad mit integrierten Kunststoffzähnen und Okklusionskonzept, gefräste Basis und Aufstellen der Kunststoffzähne und BDLoad XP mit integrierten Seitenzähnen in Okklusion zur Individualisierung mit Frontzähnen.

Das Referentenduo zeigte anhand von zwei Patientenfällen den einfachen Prozessablauf mit einer Erstabformung des zahnlosen Kiefers sowie einer zweiten Variante durch Abformung mit der Altprothese. Die Vorteile liegen auf der Hand: Sehr gute Reproduzierbarkeit (auch für eine Reserve-/Reiseprothese), hohe Präzision (keine Polymerisationsschrumpfung), Entfall der dritten Sitzung in der Praxis (Zeitersparnis) und eine sichere und schnelle Prozesskette für Zahnarzt und Labor.

CAD/CAM meets BEL II – und wie wird abgerechnet?

Die Abrechnung einer digital angefertigten Totalprothese als Regelversorgung ist im Rahmen der BEL II nicht möglich. ZTM Stefan Sander ist Experte für die zahntechnische Abrechnung und gab fundiertes Hintergrundwissen zur Abrechnung der Totalprothese bei GKV-Patienten weiter. Die Prothese wird als gleichartige Versorgung abgerechnet, der Befund und der Festzuschuss für den Patienten bleiben gleich und die Abrechnung erfolgt weiterhin über die jeweilige KZV. Die nicht im Rahmen des BEL II erbrachten Leistungen werden über die BEB abgerechnet und im Labor individuell angelegt und kalkuliert. Sanders Tipps: „Sortieren Sie die neuen Leistungen in die richtige Hauptgruppe oder ergänzen Sie bestehende Leistungen um eine digitale Komponente (zum Beispiel 6001 Aufstellen Grundeinheit – auch digital), bestimmen Sie eigene Planzeiten zu den neuen Leistungen, kalkulieren Sie diese mit Ihrem eigenen Kosten-/Stundensatz und konzentrieren Sie sich auf die Prozesse und nicht auf das Endprodukt.“

Pilotstudie zu unimaxillären digital gefertigten Totalprothesen

Für die CAD/CAM gestützte Herstellung von unimaxillären Totalprothesen wird laut Prof. Dr. Andree Piwowarczyk an der Universität Witten/Herdecke nach einem definierten Behandlungsprotokoll vorgegangen. Dabei wird die funktionelle Abformung, die Kieferrelationsbestimmung sowie die Oberkieferübertragung in einer Behandlungssitzung durchgeführt. Im Rahmen einer randomisierten, kontrollierten klinischen Pilotstudie wurde ein Vergleich zwischen konventionell hergestellten und digital gefertigten Oberkiefer-Totalprothesen vorgenommen. Als Kriterium wurden vorhandene konventionell hergestellte und suffiziente Oberkiefer-Totalprothesen (≤ 4 Jahre) zugrundegelegt. Erhoben wurden die Funktion (Halt der 4er mit Frontzahn- und Zwei-Finger-Test, Okklusion), das ästhetische Empfinden und die Patientenzufriedenheit (OHIP) sowie die Durchführbarkeit und Zufriedenheit von Seiten der Zahnärzte.

In der Studie empfanden die Behandelnden in 10 von 12 Fällen die Anwendung des Baltic Denture Systems als einfach, lediglich zwei Fälle kamen zur Nachsorge in die Praxis. Bei der Prüfung stellte sich heraus, dass die Okklusion vergleichbar zu den konventionell hergestellten OK-Totalprothesen zu betrachten ist. Die Patienten beurteilten die Ästhetik sehr positiv (11 von 12 Patienten). Und auf die Frage, welche Prothese sie in Zukunft tragen, gaben alle Patienten die digital gefertigte Prothese an. Ein hervorragendes Ergebnis, zumal die BDS-Prothese aus Sicht von Piwowarczyk auch hinsichtlich der Nachhaltigkeit einen Meilenstein in der (digitalen) Totalprothetik setzt.

„Das Gesicht ist ein Buch, an dem wir ein Leben lang schreiben.“ Das zeigte „Gesichtsleser“ Eric Standop eindrucksvoll in seinem kurzweiligen Vortrag über „die Augen sind das Tor zur Seele.“ Die Augen spiegeln nicht nur Gefühle wider, sie weisen auch auf unsere Gesundheit hin. Eric Standop erkennt und interpretiert mit der Iris-Diagnostik die multi-dimensionalen Aspekte eines Individuums wie Persönlichkeit, versteckte Talente, Stärken und Schwächen, Krankheiten oder Nährstoffmangel. In seiner Präsentation zeigte Eric Standop in vielen Beispielen auf, welche Mangelerscheinungen in den Augen, aber auch im Gesicht zum Beispiel anhand von Falten erkennbar sind. Bestimmte Veränderungen in den Augen können auf Krankheiten wie Diabetes, Bluthochdruck oder sogar Krebs hinweisen. Und die Augen geben Aufschluss über Gedanken und Gefühle wie Freude, Angst oder Überraschung. Es war ein spannender Einblick in Gesichtslese-Techniken, mal ganz weg von den Zähnen hin zu den Augen, über die mehr Verbindungen aufgebaut werden als über Worte.

Die Wirkung des Gesichtsbogens bei Totalprothesen

Prof. Dr. Tonguꞔ Sülün ging in seinem Vortrag der Frage nach, in welchen Fällen die Anwendung von Gesichtsbögen nützlich ist. Zugrunde lagen Untersuchungen von der Universität Istanbul zur Qualität des Zahnersatzes sowie eigene Studien bei der Herstellung von Totalprothesen mit und ohne Gesichtsbogen. Er verwies dabei unter anderem auf die Studie von Omar et. al., der die Auswirkung auf die Patientenzufriedenheit untersucht hat. Dabei ging es um den Verzicht auf Verwendung des Gesichtsbogens. Sein Ergebnis: „Die befragten Patienten haben bei Totalprothesen keinen Unterschied zwischen mit und ohne Gesichtsbogen gefertigten Prothesen bemerkt. Das betraf sowohl die okklusalen Kontakte als auch die okklusalen Pfade.“ Sülün betonte: „Selbst bei festsitzendem Zahnersatz wie Einzelkronen und kleinen dreigliedrigen Brücken ist die Verwendung eines Gesichtsbogens nicht notwendig. Allerdings sollte bei größeren festsitzenden Restaurationen immer ein Gesichtsbogen verwendet werden.“

Zukunft Multimaterial 3-D-Druck

Die 3-D-Drucktechnologie entwickelt sich so rasant weiter, dass die Anwender schon mal den Überblick über bestehende Technologien, Verfahren und 3-D-Drucksysteme verlieren können. Hier konnte ZTM Ralph Riquier in einem fundierten Update weiterhelfen. Der Referent zeigte Indikationsgebiete und Verfahrenstechnologien für die Zahntechnik auf, zum Beispiel Powder Bad Fusion (SLM/SLS/LaserCusing), Vat Photopolymerisation (SLA/DLP/CIP) und Material Extrusion (FDM/FFF/PJM). Für die Integration der 3-D-Drucktechnologie in den Prozessablauf ist es wichtig, die Systeme zu verstehen, „damit man weiß, was man damit machen kann und was die Zukunft bringt.“ Stichwort Zukunft: Richtig spannend wurde Ralph Riquiers fokussierte Betrachtung der Zukunftsmaterialien. Aktuell läuft das Forschungsprojekt AIF in Zusammenarbeit vom Fraunhofer IGCV Institut Augsburg, der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung und der Ludwig-Maximilians-Universität München mit mehreren Industrieunternehmen zu Multimaterial-Druck (MMP). MMP 3-D-Druck setzt neue Möglichkeiten und ist die Schlüsseltechnologie zu definitivem Zahnersatz. Entwickelt wird das Multimaterial Polyjet in zwei Farben (Gingiva und Zähne) mit der LSD-Technik (layerwise slurry deposition). Zugelassen ist das Material aktuell in den USA. Die Zukunft wird zeigen, wann wir damit in Deutschland rechnen können.

Künstliche Intelligenz geht nicht ohne Menschen

Welche Einflüsse wirken zukünftig auf den dentalen Markt ein und mit welchen Veränderungen müssen wir rechnen? Diesen Fragestellungen ging ZTM Erwin Klampfer im Schlussvortrag nach. Die Patientenansprüche verändern sich. Heute stehen 70-Jährige noch voll im Leben, Wearables verbessern die Gesundheit, die Ansprüche an Ästhetik steigen und 58 Prozent der Patienten googeln vor ihrem Arztbesuch. Augmented Reality stellt mit visuellen Informationen über den eigenen Zahnersatz spannende Vorteile für den Patienten dar. Feedback, Sicherheit und Respekt sind dieser Generation besonders wichtig. Das sind Aspekte, die unbedingt in die Ausbildung und Mitarbeiterführung von dentalen Unternehmern mit eingebunden werden sollten. Die Chancen von KI sind vielfältig. Daten werden gesammelt und miteinander verknüpft, digitale Infrastrukturen führen zu Verbesserungen und Effizienz in Unternehmen, allerdings „Menschen werden nicht durch künstliche Intelligenz ersetzt sondern durch Menschen, die Künstliche Intelligenz einsetzen.“ 

Prothetik für zwischendurch: Lösungen in 30 Minuten

In der Mittagspause fanden vier parallele Workshops mit praktischen Ansätzen für den Praxis- und Laboralltag statt. Daniel Reinke demonstrierte den Medit i700 Intraoralscanner in der Zahnarztpraxis. Karl-Heinz Körholz demonstrierte die Zahn-zu-Zahn versus Zahn-zu-Zwei-Zahn Beziehung, Bedeutung und Gestaltung von Parametern wie transversale versus sagittale Kompensationskurve, Oberflächentextur und mehr. Jasmin Göppert und ZTM Pawlos Stilos stellten den Einstieg in das Baltic Denture System im Dialog mit der zahnärztlichen Praxis vor und MDT Shahab Esfarjani demonstrierte „Nachträgliche Farbveränderungen, sichere Korrekturen und individuelle Ergebnisse  durch Microlayering mit mµIllusion“.

In einem intensiven Ausklang beim Get-Together wurde lebhaft über die vielen Eindrücke und innovativen Erkenntnisse des 26. Prothetik Symposiums diskutiert. Die gewinnbringende Zusammenarbeit zwischen Merz Dental und dem Quintessenz-Verlag manifestierte sich in einem gelungenen Mix aus bewährtem Spirit und innovativem Umfeld. Die Begeisterung war so überwältigend, dass der Veranstaltungsort für 2024 bereits feststeht: Das Marriott Hotel am Potsdamer Platz in Berlin wird auch 2024 Ort dieses inspirierenden Events sein. Der Termin ist in den Kalendern markiert: 30. November 2024. Merz Dental und der Quintessenz-Verlag versprechen auch für die kommenden Jahre ein Prothetik Symposium, das die Zukunft der Prothetik gestaltet.

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