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Das Design des FMA lässt sich gut in einen vollständig digitalen Workflow überführen und sogar optimieren

Finishing und dentoalveoläre Unterkiefermittenkorrektur durch Inhouse-­ Aligner: Digital und im Metalldruck hergestellter FMA Inhouse-Aligner.

Der Functional Mandibular Advancer (FMA) hat sich klinisch und wissenschaftlich seit mehr als zwei Jahrzehnten bei diversen Angle Klasse-II-Therapieaufgaben bewährt. Anhand eines komplexen Patientenbeispiels beschreiben Prof. Gero Kinzinger et al. in ihrem Beitrag für die Kieferorthopädie 2/2021 die vollständig digitale Umsetzung des FMA. Der gezeigte CAD/CAM-Arbeitsablauf des FMA erhöht die Ökonomie, Individualität und Einsatzbreite.

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Einleitung

Die Korrektur einer Angle Klasse-II-Anomalie – skelettalen, dentalen oder kombinierten Ursprungs – ist eine sehr häufige Behandlungsaufgabe im kieferorthopädischen Alltag1. Vor und um den pubertären Wachstumsgipfel herum werden traditionellerweise bignath wirkende herausnehmbare funktionskieferorthopädische Apparaturen eingesetzt, die im weitesten Sinne als Modifikationen des Aktivators nach Andresen und Häupl angesehen werden können2–5

Bei komplexeren Klasse II-Behandlungsaufgaben, eingeschränkter Mitarbeit des Patienten oder zeitlich ungünstigem Behandlungsbeginn sind festsitzende Behandlungsapparaturen zu bevorzugen5. Diese haben sich klinisch und wissenschaftlich in vielfältigen unterschiedlichen Konfigurationen bewährt6,7

  • Starre teleskopierende Apparatur mit permanenter Verbindung zwischen ersten oberen Molaren und unteren Seiten- beziehungsweise Eckzähnen (Herbst-Apparatur),
  • Elastisch-federnde, flexible und semiflexible permanente Verbindung zwischen ersten oberen Molaren und unteren Eckzähnen (beispielsweise Forsus-Feder, SUS-Feder),
  • Vorschubstäbchen und Widerlager ohne permanente Verbindung zwischen oberen und unteren ersten Molaren (MARA-Apparatur),
  • Vorschubstege und schiefe Ebene ohne permanente Verbindung zwischen oberen und unteren ersten Molaren (Functional Mandibular Advancer, FMA).

Wesentliche Bestandteile des FMA8 sind also Vorschubstege und schiefe Ebenen, die bei der im Jahr 2000 erstmals beschriebenen Ursprungsvariante beidseits vestibulär im Bukkalkorridor an gegossenen Schienen oder konfektionierten Bändern angebracht wurden, ohne dabei permanent verbunden zu sein. Die Vorschubstege des FMA werden an Gewindebuchsen fixiert und zur Horizontalen in einem Winkel von etwa 60 Grad ausgerichtet, wodurch beim Kieferschluss eine aktive Führung des Unterkiefers nach anterior erfolgt und auch bei nur partiellem Kieferschluss eine Führung durch die Apparatur gesichert ist. Vorteilhaft bei der klinischen Anwendung ist die friktionslose Führung des Unterkiefers in die therapeutische Position. Während einer sechs bis neun Monate dauernden Behandlung wird der Unterkiefer permanent in einer therapeutischen Vorschublage gehalten. In wissenschaftlichen Studien und klinischen Fallbeispielen wurde die Effizienz des FMA zur kooperationsunabhängigen Behandlung von Klasse II-Anomalien aufgezeigt9–13. Zu den Vorteilen bei der klinischen Anwendung zählen eine niedrige Komplikationsrate und eine gute Akzeptanz durch den Patienten. 

Ziel

Die analog aus Fertigteilen hergestellte FMA-Apparatur hat sich klinisch und wissenschaftlich bewährt. Der vorliegende Artikel beschreibt anhand eines komplexen Patientenbeispiels die vollständig digitale Umsetzung (CAD/CAM) des FMA (Abb. 1). Das Ziel ist die Ökonomisierung und höchstmögliche Individualisierung der Apparatur.

Patientenbeispiel

Die erwachsene Patientin stellte sich mit einer asymmetrischen Klasse II-Verzahnung vor. Sowohl im Ober- als auch im Unterkiefer waren die Mitten stark abweichend (zusätzlich lag eine Hypoplasie der Zähne 12 und 22 vor). Die diagnostischen Unterlagen ergaben einen kombiniert skelettalen und dentalen Ursprung dieser Zahn- und Kieferfehlstellung. Der kausal geplante dysgnathiechirurgische Ansatz kam aus allgemeinmedizinischen Gründen nicht infrage, weshalb alternativ als Kompromiss die dentoalveoläre Kompensation gewählt wurde. Der patientenseitige Hauptfokus lag dabei aus ästhetischen Gründen auf einer Korrektur der Frontmitten. Im Oberkiefer wurde durch eine unilaterale knochengetragene Distalisationsapparatur Platz zur Mittenkorrektur geschaffen. Hier wurde zusätzlich eine lingual festsitzende Apparatur eingesetzt. Diese musste aufgrund mehrfacher radiologischer Interventionen (Schädel-MRT und CT) frühzeitig entfernt werden. Daher wurde ein großer Teil der noch ausstehenden Behandlungsaufgaben mit „Inhouse“-Alignern und einer im Unterkiefer vollständig CAD/CAM-gefertigten FMA-Apparatur durchgeführt. Während des Finishings wurden die lateralen Inzisivi des Oberkiefers durch provisorische CAD/CAM-Veneers umgeformt. Feinkorrekturen erfolgten mit Inhouse-Alignern, die zur Stabilisierung der Okklusion mit FMA-ähnlichen Dreiecken ausgestattet wurden. Sämtliches CAD-Design wurde mit OnyxCeph³ (Image Instruments) ausgeführt (Abb. 2 bis 5).

Arbeitsablauf und Konstruktion der FMA-Varianten

Festsitzender metallgedruckter FMA

Der FMA nach Kinzinger bildete die Designgrundlage zum Überführen in einen routinemäßigen CAD/CAM-Prozess. Ausgehend von einem intraoralen Scan in Zielbissposition (Konstruktionsbiss) und der Erstellung der digitalen Modelle (OnyxCeph³) erfolgten die weiteren Bearbeitungsschritte im Programmmodul Ortho Apps 3D (Image Instruments).

Die Bänder werden halbautomatisiert auf die segmentierten vorderen Molaren mit einer Stärke von 0,7 mm gelegt. Alle Bestandteile des metallgedruckten FMAs werden aus individualisierten Objekten der 3-D-Bibliothek modelliert. Die rechteckigen Tubes an den Bändern haben folgende Maße: außen ca. 7,5 × 3,5 × 3,5 mm (L × B × H), innen: 2,4 × 2,4 mm. Der rechteckige Schenkel des Vorschubbügels wird in der Dicke den Innenmaßen des Tubes angepasst, die Länge wird nach Bedarf bestimmt. Der runde Schenkel hat einen Durchmesser von 1,8 mm und steht in einem ca. 60-Grad-Winkel zur Okklusalebene. Der Steg an den Unterkieferbändern hat einen Durchmesser von 1,8 mm, die Länge wird ebenfalls individuell bestimmt. Um eine größere Stabilität der Apparatur zu bekommen, können die Bänder durch distale Erweiterungen verlängert werden. Für den 3-D-Druck werden die STL-Dateien an einen Druckdienstleister (wie beispielsweise Ortholize; Denttech oder Bego) gesendet. Als Material eignet sich unter anderem Remanium Star (Dentaurum) oder Wirobond C+ (Bego).

Klinisches Vorgehen

Die Bänder der oberen und unteren ersten Molaren werden klinisch anprobiert und können beispielsweise anschließend mit einem ungefüllten Komposit mittels Säure-Ätz-Technik eingesetzt werden. Abschließend erfolgt beidseits die Positionierung der Vorschubbügel und die Fixierung mit elastischen Ketten, eventuell zusätzlich mit einer Drahtsicherheitsligatur. 

Inhouse-Aligner, FMA-Erweiterung

Auch der Inhouse-Aligner FMA orientiert sich am Design des Functional Mandibular Advancer nach Kinzinger. Die digitalen Modelle werden analog zum beschriebenen Vorgehen des festsitzenden metallgedruckten FMAs erstellt (Scan im Zielbiss, Erstellung der digitalen Modelle).

Die Bearbeitungsschritte werden ebenfalls im OrthoApps-Modul durchgeführt. Die oberen Bisskorrekturdreiecke werden in Höhe der hinteren Molaren platziert, die unteren auf Höhe der vorderen Molaren. Die Dreiecke können aus verschiedenen, in OnyxCeph³ vorhandenen, 3-D-Objekten erstellt und zusammengefügt werden. Die verwendeten Dreiecke haben eine Länge von ca. 10 mm pro Seite und eine Stärke von ca. 3 mm, die Länge der Verbindungszylinder wird individuell durch die Lage der oberen und unteren Molaren zueinander bestimmt, die Kontaktflächen der Dreiecke haben einen Abstand von ca. 2 mm, was ungefähr der zweifachen Tiefziehfolienstärke entspricht. Die Dreiecke im 1. und 2. Quadranten werden parallel ausgerichtet, um einen gleichmäßigen Druck auf den Unterkiefer zu erhalten. Um eine leichtere Weiterverarbeitung nach dem Druck und Tiefziehen zu gewährleisten, werden die Verbindungszylinder unmittelbar am Dreieck perforiert. Es entsteht so eine Sollbruchstelle, an der die Dreiecke nach dem Tiefziehvorgang abgebrochen werden können.

Die Konstruktion der einzelnen Bisslagekorrekturdreiecke ist nur einmal notwendig, da Vorlagen gesichert und geladen werden können. Hier werden neben den Objekten die Größe, die Ausrichtung und die Position gesichert und können bei nachfolgenden Fällen verwendet werden. 

Die Modelle mit den Bisslagekorrekturdreiecken können mit dem 3-D-Drucker (Formlabs Form 2) wahlweise in einem biokompati­blen Material (beispielsweise Formlabs LT Clear, Formlabs) oder in einem Standardmaterial (beispielsweise Resin White, Formlabs) gedruckt werden. Nach der Drucknachbearbeitung werden die Modelle mit einer 1 mm dicken Tiefziehfolie (Track A 1 mm, Forestadent) gezogen.

Wurden die Modelle mit einem Standardmaterial gedruckt, werden die Dreiecke nach dem Tiefziehen entfernt und mit einem Polymerkunststoff (beispielsweise Orthocryl white Pulver, Dentaurum) zur Stabilisierung gefüllt. Wurden die Modelle mit biokompatiblem Material gedruckt, können die Dreiecke an der perforierten Stelle abgebrochen werden und in der Schiene verbleiben. 

In Einzelfällen ist die Distanz zwischen Dreieck und Zahn zu groß, sodass die Dreiecke inklusive Schiene im Patientenmund brechen können. In diesem Fall wird der Raum zwischen der zahnseitigen Schienenseite und der dreiecksseitigen Schienenseite mit Polymerkunststoff gefüllt. Die weitere Verarbeitung des FMA Inhouse-Aligners orientiert sich an der Ausarbeitung einer Retentionsschiene (Abb. 6 bis 10).

Schlussfolgerung

Das Design des FMA lässt sich gut in einen vollständig digitalen Workflow überführen und sogar optimieren. Als wesentliche Verbesserung – neben der Individualisierung – kann die Möglichkeit einer Aktivierung in kleinen Schritten gesehen werden. Die Grundlage hierfür bildet das Design des Tubes an den oberen Molaren. Durch die lange Führung entsteht eine „Aktvierungsreserve“ der Vorschubstege durch einfaches Einsetzen kleiner Distanzhüllen. Diese stufenweise Aktivierung zur Einstellung des Unterkiefers fand ihre Ursprünge in den Ideen von Fränkel14. Fränkel lehnte das „Jumping the bite“ mit einem starr vorgegebenen Zielbiss mit dem Argument ab, dass vor allem die Weichteilkapsel zu stark gefordert wird und eine allmähliche Adaptation erfolgreicher sei. Aras et al.15 konnten in einer aktuellen Untersuchung an insgesamt 34 wachsenden Angle Klasse II-Patienten nachweisen, dass bei dem Einsatz eines FMA mit einer schrittweisen Aktivierung nach zehnmonatiger Behandlung eine signifikant stärkere skelettale Reaktion der Mandibula im Vergleich zu einer einmaligen Einstellung in eine Klasse I-Relation erreicht werden konnte.

Durch die CAD/CAM-Technologie wird die bewährte FMA-Apparatur klinisch deutlich einfacher anzuwenden und bietet unter anderem folgende Vorteile:

  • wirtschaftlich, da keine Einzelteile notwendig,
  • schnelle Verfügbarkeit bei geringem Zeitaufwand am Patienten,
  • vollständige Individualisierbarkeit,
  • leichte Aktivierung, vor allem bei seitenungleicher Verzahnung,
  • Herstellung der Bänder in einem Stück,
  • keine Schweißung oder Lötungen notwendig.

Ein Beitrag von Apl.-Prof. Dr. Gero Kinzinger, Homburg/Saar, Dr. Jens J. Bock, Fulda, Christian Gehrke, Dr. Björn Ludwig, beide Traben-Trarbach

Literatur auf Anfrage über news@quintessenz.de

Bibliografía: Quintessenz Kieferorthopädie 02/2021 Kieferorthopädie

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